Die Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen: Herbstzeitlose, Weiße Taubnessel, Immergrün, Maiglöckchen und Waldbingelkraut Dr.

Ähnliche Dokumente
Organische Stickstoff-Düngung zu Feldsalat

Einfluss von Saatstärke und Gemengepartner auf Ertrag und Unkrautunterdrückung von Winterackerbohne 2014

Produkte aus ökologischem Landbau beschaffen

Miscanthus-Anbautelegramm

Stickstoffdüngung mit Ackerbohnenschrot zu Kartoffeln

Perspektiven für die Zukunft: - Entwicklung neuer Anbausysteme => Wir brauchen Zeit - Kein Maismonoanbau durch Cross-Compliance Regelungen!

Weleda Gruppe - International Biologische Vielfalt, Nachhaltige Rohstoffbeschaffung, Fairer Handel & gerechter Vorteilsausgleich

Statischer Nährstoffmangelversuch (D IV) Forschungsthema

Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Einflussfaktoren auf Ertrag und Inhaltsstoffe der Kartoffel

Entwicklung der Nährstoffsituation im Biolandbau. Entwicklung der Nährstoffsituation im Biolandbau

Grundwasserschutz. mit Yara N-Tester und N-Sensor

YaraMila MAIS. Der Unterfußdünger der Mehr kann

Hacken von Getreide Ertragsauswertung

Nährstoffbilanzen und -gehalte im Boden. Karl Severin und Luise Engelke

Dauerfeldversuche in Deutschland. Überblick und Forschungspotentiale

Bodenverbesserer eine neue Produktegruppe Stähler Suisse SA Neuheiten

Produktivität und Nährstoffverluste bei unterschiedlichen Produktionsverfahren

Integrierter Pflanzenschutz in Bayern - Ergebnisse aus Feldversuchen Unkrautbekämpfung im Ackerbau und Grünland

Blattdüngung in Getreide und Rapsprophylaktisch

Leben mit dem Klimawandel Anpassung in der Landwirtschaft. Prof. Dr. Urs Scheidegger, Leiter Masterstudien BFH-HAFL

Kalkformen? Auswirkung auf Hopfenertrag?

Teilprojekt 2: Pflanzenbauliche Strategien zur Minderung der Verunkrautung bei Mulchsaat von Ackerbohnen ( ) FKZ 11OE088

Effektive Mikroorganismen Versuchsergebnisse aus Bamberg Birgit Rascher

Fertigation von Einlegegurken - Düngen nach Bedarf 1

Versuchsergebnisse aus Bayern

Erste Ergebnisse zum Holunderversuch aus Gülzow

Versuchsergebnisse aus Bayern 2001 bis 2005

Dipl. Agraringenieur (FH) Jürgen Schwarzensteiner

Bodenverbesserer eine neue Produktegruppe von Stähler

Zur Berechnung von N-Sollwerten 1

Thema: Ökonomie und Produktion. K. Eckstein, H. Hoffman Technische Universität München Bonn 24./

Naturraum: Nördlicher Unterer Vogelsberg Hofgeismarer Rötsenke Niederschlag ( ): Temperatur ( ): 650 mm 7,7 C

Organische Düngung und Biokräutersubstrate im ökologischen Topfkräuteranbau Versuchsergebnisse und Erfahrungen aus Heidelberg

Ergebnisse der Demonstrationsversuche des Düngers AGROSOL bei Weintrauben im Jahr 2011

LAKO - Landwirtschaftliche Koordinationsstelle für Bildung und Forschung Versuchsberichte

Seite 2. Allgemeine Informationzu Basilikum. Kontakt. Vorwort. ingana Shop

Wirksamkeit von verschiedenen organischen Düngern und Bodenverbesserungsmitteln

Der Versuch im Bild. März 2008

LAKO - Landwirtschaftliche Koordinationsstelle für Bildung und Forschung Versuchsberichte

Effiziente Nährstoffversorgung unter den Rahmenbedingungen der neuen Düngeverordnung

1. Der Boden. Lehrziele. 1.1 So entsteht ein Boden (S.55) Am Ende dieses Themenbereiches kann ich...

Wirkung von AKRA, ein deskriptiver Vergleich

Soilmod Handbuch zur Norgeholm 2015

Praxisbericht zu Strategien der Bodenbearbeitung und Düngung

BIO kinderleicht erklärt!

RATING DER BAUMÄRKTE IN DER SCHWEIZ ZUSAMMENFASSUNG

Pflanzenschutz. Unterlagen zum Vortrag vom Gartenfestival Liebe deine Feinde; denn sie sagen dir deine Fehler.

Versuchsergebnisse aus Bayern Ernte 2003 bis 2005

Auftreten von Kleekrankheiten und Anzeichen von Kleemüdigkeit

YARA Plan. Computergestützte Düngeplanung und Nährstoffbilanz

Abschlussprüfung der Berufsschule und Berufsabschlussprüfung 2005 im Ausbildungsberuf Landwirt/Landwirtin

Düngungsverfahren bei Bodenkulturen am Beispiel Freilandschnitt

Stickstoffdüngeempfehlungen für das Saarland 2016

Selen-Düngungsversuch auf Grünland im Jahr 2000

Johanniskraut im mehrjährigen Anbau (Hypericum perforatum L.) Hartheugewächs

Grundprinzipien des Pflanzenschutzes im Öko-Landbau

Waldboden. Sucht unter einem Laubbaum Blätter in unterschiedlichem Zersetzungsgrad und klebt sie nacheinander auf ein großes Blatt Papier!

Bundesverband BioEnergie. Stellungnahme des Bundesverband BioEnergie e.v. (BBE)

Bodenfruchtbarkeit im Focus -An welchen Stellschrauben kann der

2016 in Deutschland im Vergleich zum langjährigen Mittel Quelle:

Konrad Martin/Joachim Sauerborn. Agrarökologie. 192 Abbildungen 21 Tabellen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart

Anbau von Zuckerrüben auf Dämmen

DCM Xtra-MIX 1 Organisch-mineralischer Dünger mit extra langer Wirkungsdauer

Faktoren zum Erfolg im Zuckerrübenbau Aussaat, Düngung und Pflanzenschutz

02a / Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Historischer Hintergrund der Landwirtschaft

Warum ist es wichtig, dass die Haut gut mit Feuchtigkeit versorgt wird?

Ideen zum Unterrichtsthema: Wir legen einen Schulgarten an. Dr. Anke Langner

II. Experiment Mini Streuobstwiese auf der Düne

Schulobst- und Gemüseprogramm

Alles Bio oder was? Wir vergleichen traditionelle und ökologische Landwirtschaft (Klasse 5 6) VORANSICHT

Schnellbericht Elbe. Sächsischer Elbe - Längsschnitt. Dresden

Eine bessere Zukunft für Kinder, Jugendliche und Bauern im Süden Mexikos

Vergleich Bio*- vs. konventioneller Betrieb

Bodenbearbeitung nach der Ernte von spät räumenden Kulturen

Doppelt genäht hält besser! Gilt dies auch für den Schwefelzusatz zu organischen Fungiziden bei der Oidium-Bekämpfung?

Mischkultur im Hobbygarten

Biomasseanbau in Deutschland - Standpunkte und Positionen

Boden und Witterung in Hessen (Stand )

Ackerunkräuter im Klimawandel Herausforderungen zwischen pflanzenbaulichen Strategien und klassischem Pflanzenschutz

Mal zu trocken mal zu nass... Konsequenzen unterschiedlicher Wasserverfügbarkeit

Versuchsergebnisse aus Bayern 2009 bis 2011

Veredlungsunterlagen und Sorten im ökologischen Obstbau

YaraBela OPTIMAG 24. Nährstoffkombination für sicheres Wachstum

Versuche zu Intensivierungsmaßnahmem im Weizenanbau

Anbauempfehlungen für Neupflanzungen im Rebbau

Zierpflanzen Achtung Trockenschaden an Thuja & Co

4.4. Mechanische Beikrautregulierung in Getreide und Körnererbsen

Andreas Paffrath, Landwirtschaftskammer NRW, Gartenstr. 11, Köln-Auweiler (0221) , Fax: ,

Anbau von Energie- und Faserpflanzen auf landwirtschaftlich rekultivierten Kippenflächen

Ökologischer Landbau - Rechtliche Rahmenbedingungen, Umsetzung und Förderpolitik Erfahrungen aus Deutschland

Der Blühzeitpunkt von Primeln ist auch abhängig von der Düngung

Versuchsergebnisse aus Bayern

Kurz- und längerfristige Stickstoffwirkung nicht separierter und separierter Biogasgärreste zu Weidelgras nach einmaliger und wiederholter Ausbringung

3.3 Populationswachstum des Menschen

Pflanzenbiotechnologie bei BASF Dr. Hans Kast Geschäftsführer BASF Plant Science

Welche Perspektive hat die teilflächenspezifische Grunddüngung?

Abfallverwertung. Verwertungsmöglichkeiten von Holzaschen aus Biomasseheizwerken zu Düngezwecken

LAKO - Landwirtschaftliche Koordinationsstelle; Versuchsberichte

Nutzen von Pflanzenschutzmitteln für die Landwirtschaft

Transkript:

AArzneipflanzenMaiglöckchen Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen 55 Die Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen: Herbstzeitlose, Weiße Taubnessel, Immergrün, Maiglöckchen und Waldbingelkraut Dr. Stefan Zimmer Seit Urzeiten werden Arzneipflanzen wegen ihrer schmerzlindernden und heilenden Eigenschaften vom Menschen hoch geschätzt und eingesetzt. In der heutigen Zeit steht das Bewußtsein für eine gesunde und natürliche Lebensweise wieder mehr im Vordergrund und somit nimmt das Interesse an Phytopharmaka wieder zu. Weitere Gründe für das zunehmende Interesse an nebenwirkungsarmen Naturheilmitteln liegen in der hohen Wertschätzung des Verbrauchers an der Phytotherapie und an dem Bestreben nach Selbstmedikation. Der durch die große Nachfrage entstandene Mehrbedarf an Drogen kann durch die teilweise gängige Wildsammlung der Arzneipflanzen und durch den inländischen Anbau nicht mehr sichergestellt werden. Für einen heimischen Anbau von Arzneipflanzen sprechen darum die steigenden Qualitätsansprüche der verarbeitenden Industrie und eine immer strengere Naturschutz-gesetzgebung, welche die Wildsammlungen mehr und mehr einschränkt. Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes der WELEDA AG und des Instituts für Pflanzenbau wurden seit 1999 auf dem Versuchsgut Dikopshof und dem Versuchsfeld Bonn-Poppelsdorf Anbauversuche mit den ausgewählten Arzneipflanzen - Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), - Weiße Taubnessel (Lamium album), - Immergrüne Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi), - Maiglöckchen (Convallaria majalis) und - Waldbingelkraut (Mercurialis perennis) durchgeführt. Abb. 1: Herbstzeitlose, Weiße Taubnessel, Immergrüne Bärentraube, Maiglöckchen und Waldbingelkraut (Quelle: Thomé, 1885) Ziel des Projekts war es, die oben aufgeführten wildwachsenden Pflanzen in einen feldmäßigen Anbau zu überführen, der sich an den Richtlinien des Ökologischen Landbaus orientieren sollte. In den Versuchen wurde geprüft, welchen Einfluß

AArzneipflanzenMaiglöckchen Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen 56 Bodenart, Pflanzmaterial, Pflanztermin, Düngung, Anbausystem und Erntezeitpunkt auf das Wachstum und die Ertragsstruktur der ausgewählten Arzneipflanzen haben. Um das Wachstum der einzelnen Arzneipflanzen zu beschreiben und mit anderen Versuchsergebnissen vergleichen zu können, wurde für jede Art in Anlehnung an die BBCH-Skalen ein Schema der einzelnen Entwicklungsstadien erstellt. Mit Hilfe dieses Schemas wurden in regelmäßigen Abständen das Wachstum der Arzneipflanzen bonitiert und zusätzlich die spezifischen Ertragsparameter erfaßt. Die gewonnenen Versuchsergebnisse sind abschließend zu einer für jede Arzneipflanze erstellten Anbauempfehlung zusammengefaßt worden. Abb. 2: Boniturschemen der ausgewählten Arzneipflanzen (Quelle: Zimmer 2003) In den Versuchen hat sich gezeigt, daß es sehr schwer zu bewerten ist, welcher Einfluß letztendlich von den Testfaktoren ausging und inwieweit die Unterschiede nicht doch durch das Pflanzmaterial bedingt waren. Über die Standortansprüche der ausgewählten Arzneipflanzen konnten in der Literatur nur wenige und dann teilweise gegensätzliche Aussagen gefunden werden. Diese Angaben wurden nicht immer durch die Versuchsergebnisse bestätigt. Zum Beispiel wird bei einer Inkulturnahme die Konkurrenz der Beikräuter gebrochen und so kann sich die Arzneipflanze auch auf Standorten ausbreiten, an denen sie sich sonst nicht gegenüber anderen Pflanzen durchsetzen könnte. Das Klima auf dem Versuchsgut Dikopshof ist für das Wachstum der untersuchten Arzneipflanzen überwiegend als geeignet zu bewerten. Es fehlt allerdings der Vergleich zu anderen Standorten. Für einen optimalen Vergleich der verschiedenen Bodenarten im Gefäßversuch Boden hätten diese auf gleiches Nährstoff- und ph-wertniveau aufgedüngt werden müssen. Daher konnte keine klare Aussage über den Einfluß der Bodenart gemacht werden, sondern nur über den Boden als Summe der unterschiedlichen physikalischen, chemischen und biologischen Bestandteile. Auf Grund der durchgeführten Düngungsversuche können zwar Aussagen über die Verträglichkeit einer Düngung und deren Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum gemacht werden, doch müssen diese Erkenntnisse durch Steigerungsversuche der einzelnen Nährstoffe ergänzt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß sich die ermittelten Nährstoffentzüge der untersuchten Arzneipflanzen - mit

Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen 57 Ausnahme der Weißen Taubnessel - auf einem sehr niedrigen Niveau befanden. Weiterhin ist zu beachten, daß die Nährstoffentzüge aus Gefäß- und Parzellenerträgen errechnet wurden und daher schwer auf einen großflächigen Anbau übertragbar sind. Der Standort Dikopshof ist als sehr fruchtbar zu bewerten, und die ohnehin schon geringen Nährstoffgaben der organischen Dünger konnten daher nur teilweise ihre Wirkung zeigen. Außerdem muß beachtet werden, daß sich die Nährstoffgehalte der organischen Dünger sehr stark unterscheiden können und deren Wirksamkeit von Rottegrad, Witterung, Bodenlebewesen und Ausbringungszeitpunkt abhängig ist. Daher kann keine pauschale Empfehlung der Düngermengen gegeben werden. Die organische Düngung sollte vielmehr als Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit angesehen werden und sich nach den Versorgungsstufen des Standortes und den Nährstoffentzügen der Arzneipflanzen richten. Die geprüften und empfohlenen Anbausysteme umfassen nicht alle Möglichkeiten einer Inkulturnahme und müssen durch weitere ergänzt werden. Es zeigte sich jedoch, daß durch recht einfache Lösungen, wie z.b. die Beschattung des Waldbingelkrauts, ein erheblich besseres Pflanzenwachstum erzielt werden kann. Beim Anbau solcher Wildpflanzen bedarf es des pflanzenbaulichen Geschickes und der Bereitschaft zur Improvisation und Handarbeit. Gerade bei der Beikrautkontrolle ist das Jäten von Hand unerläßlich. Hier sollte jedoch abgewogen werden, inwieweit das Beikraut die Kultur schädigt oder durch eine Artenvielfalt Nützlinge fördert. Abb. 3: Beschattungsversuch Waldbingelkraut Im Feldanbau sind bis auf wenige Ausnahmen keine nennenswerten Krankheiten und Schädlinge aufgetreten. Dies kann zum einen durch die kleine Anbaufläche und den Anbau von sehr unterschiedlichen Kulturen bedingt sein. Zum anderen müssen aber noch längerfristige Anbauversuche abgewartet werden, um fundierte Aussagen treffen zu können. Die ermittelten Erträge der Arzneipflanzen sind nur schwer auf einen feldmäßigen Anbau zu übertragen. Es handelt sich hier um Erträge aus Versuchsparzellen, welche in der Regel über den Praxiserträgen liegen. Auch hier müssen die Ertragszahlen noch durch langjährige Ergebnisse bestätigt werden. Die geprüften und diskutierten Erntemethoden sind im Praxiseinsatz zu erproben und durch genaue Datensammlungen wie Qualitäts-beeinflussung, Trocknungstemperaturen und Sortiereigenschaften zu ergänzen.

Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen 58 Über eine Mechanisierung des Anbaues entscheidet letztendlich die auf dem Betrieb vorhandene Technik, welche eventuell für die entsprechende Kultur modifiziert werden muß. Auch hier sollte der Anbauer über ein gewisses Improvisationstalent verfügen. Die Bestandsetablierung der Herbstzeitlose war in den durchgeführten Versuchen als positiv zu bewerten, und es konnten stabile Erträge ermittelt werden. Auffällig war dabei, daß im Gegensatz zu den übrigen Arzneipflanzen mit einer Düngung eine Ertragssteigerung erzielt wurde. In dem Mechanisierungsversuch ist es gelungen, die Herbstzeitlose unter praxisnahen Bedingungen anzubauen und die anfallende Handarbeit zu reduzieren. So konnte für diese Arzneipflanze eine umfassende Anbauempfehlung erstellt werden, mit der diese sicher angebaut werden kann. Abb. 4: Mechanisierungsversuch Herbstzeitlose Mit der Weißen Taubnessel wurden nur Gefäßversuche durchgeführt. Die Versuchsergebnisse sind daher nicht durch Ergebnisse eines Feldanbaues bestätigt worden. Im Vergleich zu den anderen Arzneipflanzen war die Taubnessel besonders anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Ein weiteres Problem für eine kommerzielle Nutzung ist der erhebliche Arbeitsaufwand bei der Blütenernte. Auf Grund der starken Verbreitung in Deutschland müßte die Weiße Taubnessel mit dem vorliegenden Anbautelegramm dennoch feldmäßig angebaut werden können. Die Immergrüne Bärentraube erwies sich im Anbau als eine sehr unproblematische Pflanze und etablierte sich bereits nach einer Vegetationsperiode vollständig auf den Versuchsflächen. Sie sollte auf eher trockenen Standorten oder auf schweren Böden in Dammkultur angebaut werden. Eine Düngung erwies sich nicht als ertragssteigernd und ist daher auf gut versorgten Standorten nicht notwendig. Der Anbau des Maiglöckchens war in den Versuchen als nicht gelungen zu bewerten. Nicht zuletzt die geringen Triebzahlen wiesen auf eine nicht gelungene Bestandsetablierung hin. Eine Beschattung des Maiglöckchens hatte zwar einen positiven Einfluß auf dessen Wuchs, erbrachte jedoch nicht den erwünschten lückenlosen Bestand. Es zeigte sich, daß das Maiglöckchen keine besonderen Ansprüche an die Bodenart stellt und auf schweren und leichten Böden gleichermaßen gut angebaut werden kann. Eine Düngung hatte keinen positiven Einfluß auf das Wachstum. Nach derzeitigem Kenntnisstand kann das Maiglöckchen feldmäßig nicht sicher angebaut werden.

Inkulturnahme ausgewählter Arzneipflanzen 59 Mit Hilfe einer Beschattung konnte sich das Waldbingelkraut im Feldversuch schnell etablieren und zeigte einen deutlich vitaleren Wuchs als beim Anbau in praller Sonne. Eine solche einfache Maßnahme zeigt, daß durch die Simulation der Bedingungen am natürlichen Standort in diesem Falle lichte Laub- und Mischwälder erhebliche Ertragssteigerungen erzielt werden konnten. Das Waldbingelkraut sollte eher auf schwereren Böden angebaut werden, der Anbau auf einem Sandboden erwies sich im Versuch als weniger geeignet. Beim Waldbingelkraut empfiehlt sich besonders eine Herbstpflanzung. Außerdem sollte stets auf eine ausreichende Wasserversorgung geachtet werden. Die Düngung hatte in den Versuchen eine leicht positive Wirkung auf die Wachstumsparameter. Der Nährstoffentzug des Waldbingelkrauts ist jedoch sehr gering. Die auf den Versuchsergebnissen basierenden Anbautelegramme müssen durch weitere Anbauversuche und letztendlich durch einen großflächigen Anbau bestätigt und ergänzt werden. Schließlich sollte geprüft werden, inwieweit sich die pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe der einzelnen Arzneipflanzen durch die pflanzenbaulichen Maßnahmen in ihrer Konzentration und Zusammensetzung verändern. Letztendlich entscheidet aber trotz vorliegender Anbauempfehlungen der Anbauer mit seinem pflanzenbaulichen Geschick und der Bereitschaft zur Improvisation über das Gelingen der Anlage einer Arzneipflanzenkultur.