G 463 Gasleitungen aus Stahl mit einem Betriebsdruck von > 16 bar - aktuelle Entwicklungen Dipl.-Ing. Lutz Reimann 22.06.2017 Agenda Einleitung Zweck und Bedeutung des DVGW-Regelwerks Geschäftsordnung GW 100 und Festlegung der DVGW-Gremien DIN EN 1594 Die europäische Basisnorm Wesentliche Änderungen des G 463 Aktuelle Entwicklungen 2
Einleitung DVGW-Arbeitsblatt G 463 ist mit Stand 07/2016 neu erschienen. Anpassungsbedarf bestand aus verschiedenen Gründen: Regularien des DVGW Gelebte Praxis Veränderungen in der Basisnorm DIN EN 1594 Seit der letzten Fortschreibung hat sich Konkretisierungs- und Änderungsbedarfsbedarf aus Erfahrungen bei der Umsetzung von verschiedenen Pipelineprojekten ergeben. Präzisierung und Festlegung einer Vielzahl von Maßnahmen, die die Sicherheit der Gastransportleitung sowie Mensch und Umwelt zusätzlich festlegen. 3 Zweck und Bedeutung des DVGW-Regelwerks Zentrales Instrument zur Erfüllung des Zwecks und der Aufgaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e.v., kurz DVGW Grundlage Gesetzliche Bestimmungen Insbesondere sicherheitstechnische, hygienische, umweltschutzbezogene und organisatorische Anforderungen an die Gas- und Wasserversorgung sowie Gas- und Wasserverwendung Umfang der technischen Regelsetzung auf das notwendige Mindestmaß beschränkt Mit dem Technischen Regelwerk entspricht der DVGW der Eigenverantwortung, die der Gesetzgeber der Versorgungswirtschaft für die technische Sicherheit und Hygiene zugewiesen hat. 4
Zweck und Bedeutung des DVGW-Regelwerks Ausdruck der dem Regelwerk gesetzlich zukommenden Bedeutung ist die dort festgelegte, mit der Erfüllung der technischen Regeln verbundene Vermutungswirkung. Des Weiteren trägt das DVGW-Regelwerk auch den sicherheitstechnischen und hygienischen Anforderungen aus dem europäischen Rechtsvorschriften Rechnung. 5 Vorgehen zur Erstellung, Überarbeitung bzw. Revision des Regelwerks nach GW 100 Geschäftsordnung GW 100 Tätigkeit der DVGW-Fachgremien und Ausarbeitung des DVGW-Regelwerkes : Beginnend mit der Veröffentlichung spätestens alle 5 Jahre Prüfung auf Aktualität und Praxisrelevanz Regelwerksdokumente müssen den Stand der Technik wiedergeben Alle Erkenntnisquellen sind einzubeziehen z.b. Publikationen, Ereignisse, Erfahrungen, Ausland Berücksichtigung der Ereignisse und Ergebnisse aus Schadensstatistiken (DVGW-Schadens- und Unfallstatistik (G 410), EGIG etc.) Schadensszenario Worst Case (z.b. Vollabriss) zu berücksichtigen Überarbeitung erfolgt in DVGW-Fachgremien oder in Zusammenarbeit mit anderen technisch-wissenschaftlichen Regelsetzern Inhalte müssen Kriterien der GW 100 entsprechen, z.b. widerspruchsfrei, Beachtung der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit Vorlage der Fachöffentlichkeit als Entwurf mit Einspruchsfrist (i.d.r. 3 Monate) 6
Festlegungen der DVGW-Gremien Deterministisches Sicherheitskonzept wird beibehalten probabilistische Ergänzungen möglich Der Schutz von Mensch und Umwelt ist durch das Regelwerk zu sichern und bereits heute in der Praxis angewandte Schutzmaßnahmen aus der Anwendungspraxis sind in das Regelwerk aufzunehmen sicherheitstechnischen Maßnahmen verbindlich vorgegeben Bewertung in ihrer Wirksamkeit, Verfügbarkeit und Genauigkeit Berücksichtigung des potenzielle Risiko bei Art, Anzahl und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen Inhalte müssen verhältnismäßig sein und haben sich insbesondere an den notwendigen, geeigneten und angemessenen Anforderungen an die technische Sicherheit, Umweltschutz,, Organisation und Qualifikation unter wirtschaftlicher Abwägung zu orientieren 7 DIN EN 1594 Die europäische Basisnorm Anwendung des G 463 in Verbindung mit DIN EN 1594 da europäische Basisnorm beschreibt allgemeine Grundsätze für Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von Gashochdruckleitungen Mindestanforderungen der an der Norm beteiligten europäischen Fachleute Umsetzung und inhaltliche Präzisierung hat durch nationale Normen und detailliertere Technische Regeln stattzufinden Die Ausführung und Umsetzung erfolgt in dem DVGW-Arbeitsblatt G 463 auf Grundlage der bewährten, auf langjährige Erfahrungen beruhenden Sicherheitsphilosophie des deutschen Gasfaches. Die in dem DVGW-Arbeitsblatt aufgeführten Anforderungen sind grundsätzlich als die DIN EN 1594 ergänzenden, verbindlich zu betrachtende Anforderungen zu verstehen. 8
Wesentliche Anpassung der G 463 9 Anwendungsbereich, Begriffe und Definitionen Geltungsbereich nicht hinsichtlich der Einflussgrößen Nennweite und Auslegungsdruck nach oben hin nicht beschränkt Zusätzlich zu den geltenden Begriffen der DIN EN 1594 wurden die Begriffe Bebautes Gebiet, Netzbetreiber und Sachverständige definiert. Quelle: Andre Grassmann (OGE) 10
Geeignete Qualitätssicherungs- und Managementsysteme Sicherstellung der Anforderungen der DIN EN 1594 und G 463 durch geeignete Qualitätssicherungs- und Managementsysteme, z.b. Gesundheit-, Sicherheit- und Umwelt-Managementsystem DVGW-Arbeitsblatt G 1000: Anforderung an die Qualifikation und die Organisation von Unternehmen für den Betrieb von Anlagen zur leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Gas DVGW-Merkblatt G : Sicherheit in der Gasversorgung DIN EN 16348: Gasinfrastruktur Sicherheitsmanagementsystem (SMS) für die Gastransportinfrastruktur und Rohrleitungsintegritätsmanagementsystem (PIMS) für Gastransportleitungen Funktionale Anforderungen Quelle: Andre Grassmann (OGE) 11 Planung und Trassierung und Boden Detaillierte Darstellung der Abschnitte Planung und Trassierung, u.a. Genehmigungsverfahren wie Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren Vorbereitung durch Grob- und Feintrassierung entsprechend der verschiedenen Verfahren Entwicklung und Abwägung verschiedener Trassenvarianten Berücksichtigung der Sicherheit der Gashochdruckleitung und des Schutzes von Mensch und Umwelt bei der Trassierung Trassierung in bebauten Gebieten ist möglichst zu vermeiden, ansonsten sind Schutzmaßnahmen vorzusehen. Berücksichtigung des künftigen Betriebs, der vorhandenen Bodenverhältnisse und möglicher Einflüsse Dritter; Hinweis auf DVGW- Merkblatt G 451 Bodenschutz bei Planung und Errichtung von Gastransportleitungen. 12
Verlegung in Gebieten mit besonderem Schutzbedürfnis In Gebieten mit erhöhtem Schutzbedürfnis, z.b. in bebauten Gebieten in Bereichen von Kreuzungen mit Verkehrswegen oder Gebieten, in denen mit zusätzlichen Einwirkungen auf die Gashochdruckleitung zu rechnen ist, sind einzelne Schutzmaßnahmen, nach risikobasierter Sicherheitsbetrachtung, vorzusehen. Beispiele: Konstruktive Maßnahmen bei Bergbaueinfluss oder in hochwassergefährdeten Gebieten. Die Maßnahmen sind in Abhängigkeit von Art des Gebietes und der möglichen Gefährdungspotenzials gegeneinander abzuwägen. 13 Verlegung in Gebieten mit besonderem Schutzbedürfnis Solche Maßnahmen können z.b. sein: Überprüfung der Auslegung (ggf. Erhöhung des Sicherheitsbeiwertes) Überprüfung der Rohrdeckung Vorsehung von Trassenwarnband bzw. Geotextil Erhöhte Anforderung an die Druckprüfung Vorsehung einer dichteren Leitungsmarkierung Erhöhung des Prüfumfangs (z.b. Ausweitung der ZfP, Protokolle, Nachweise, Aufsichten) Qualifizierte Bodengutachten Einrichtung von zusätzlichen Messstellen zur Überwachung des KKS Einrichtung zusätzlicher Messstellen zur Überwachung von Zusatzbelastungen (z.b. Dehnungsmessstreifen) Quelle: A. Grassmann (OGE) 14
Verlegung in Gebieten mit besonderem Schutzbedürfnis Alle Baustellenschweißnähte sind nach DVGW-Arbeitsblatt GW 350 zu prüfen. Gashochdruckleitungen in bebautem Gebiet sind grundsätzlich einer Wasserdruckprüfung nach dem Druck-/Volumenmessverfahren D2 zu unterziehen, sofern sie mit einheitlichem, höchst zulässigen Nutzungsgrad ausgelegt sind. Es können stattdessen auch besondere Maßnahmen Quelle: Andre Grassmann (OGE) und eine umfangreichere Überwachung während des Baus, abhängig von der Art der vorgesehenen Druckprüfung und den örtlichen Bodenverhältnissen, zugelassen werden. 15 Rohrdeckung Erhöhung der Mindestrohrdeckung von 0,8 m auf 1,0 m, um einen höheren Schutz gegen Beschädigungen durch Dritte zu erzielen. Die Rohrdeckung ist den örtlichen Verhältnissen anzupassen. Die Mindestrohrdeckung muss größer Quelle: Andre Grassmann (OGE) sein, als die bei üblicher landwirtschaftlicher und/oder gartenbaulicher Nutzung erwartete Eingriffstiefe in den Boden. 16
Schutzstreifen Schutz vor Einwirkungen, die den Bestand oder Betrieb und Instandhaltung beeinträchtigen oder gefährden. Schutzstreifenbreiten, insbesondere bei Leitungen größerer Nennweite, werden im Wesentlichen durch die Art der Betriebs- und Instandhaltungsmaßnahmen bestimmt wird. Es werden nun auch Schutzstreifenbreiten bis DN 1400 definiert. Neu: Regelung zur teilweisen Überlappung der Schutzstreifen. Überlappung setzt eine besondere Prüfung voraus, bei der unterschiedliche Kriterien, wie z.b. das angewandte Bauverfahren zu berücksichtigen sind. 17 Abstände zu Windenergieanlagen (WEA) Erhebliche Zunahme der Anzahl der Windenergieanlagen Bestehende Anlagen sind bei Trassierung zu berücksichtigen. Sachlich begründbare einheitliche Festlegungen von Abständen zwischen Windenergieanlagen und Gashochdruckleitungen zur Vermeidung von mechanischen Schäden gemäß der Studie Windenergieanlagen in der Nähe von Schutzobjekten - Bestimmung von Mindestabständen Hinweis durch das DVGW-Rundschreiben G 07/15 auf die hier genannte Studie. 18
Korrosionsschutz Erdverlegte Stahlrohrleitungen sind grundsätzlich in den Kathodischen Korrosionsschutz (KKS) der Gastransportleitung oder den Lokalen Kathodischen Korrosionsschutz (LKS) der Anlage einzubeziehen. Der Reinheitsgrad der Oberflächen soll dem Norm-Reinheitsgrad SA/ST 2 1/2 nach DIN EN ISO 8503 vor dem Aufbringen der Umhüllung bzw. Beschichtung entsprechen. Eine begleitende Bauaufsicht zur Qualitätssicherung der Umhüllungsarbeiten ist einzusetzen. Quelle: Andre Grassmann (OGE) 19 Konstruktion und Anforderung an die Bauteile Molchbarkeit Entgegen der bisherigen Fassung sind Gastransportleitungen molchbar zu bauen. Ausnahmen hiervon sind z.b. kurze Anschlussleitungen, Umgänge, Ausblaseleitungen o.ä. Rohre Bei der Rohrwanddickenberechnung für erdverlegte Gashochdruckleitungen ist ein einheitlicher Nutzungsgrad f 0 von 0,625 (S=1,60) zu berücksichtigen. Damit erfolgt eine Angleichung an die Technische Regel für Rohrfernleitungen (TRFL). Für Vortriebsrohre wird auf das DVGW-Arbeitsblatt GW 312 verwiesen. 20
Konstruktion und Anforderung an die Bauteile Isolierverbindungen Ergänzung der Definition des Begriffs Isolierverbindung Isolierverbindungen sind im Rahmen einer Bauteil-/Baumusterprüfung (z.b. nach VdTÜV-Merkblatt Isolierstücke 100) durch einen Sachverständigen auf Eignung zu prüfen. Hiermit wird der Situation Rechnung getragen, dass Isolierverbindungen eine sehr wichtige Funktion bei Gastransportleitungen und Anlagen in Bezug auf einen funktionierenden kathodischen Korrosionsschutz, den Explosionsschutz sowie den Berührungsschutz haben. 21 Kennzeichnung von Gashochdruckleitungen Leitungsmarkierungen sind grundsätzlich auf der Leitungsachse anzuordnen, um den Verlauf der Gastransportleitung besser und unmissverständlicher kenntlich zu machen. Zur Erhöhung der Wahrnehmung der Leitungsführung ist in bebautem Gebiet eine dichtere Kennzeichnung durchzuführen. 22
Druckprüfungen Der Abschnitt wurde überarbeitet und besser strukturiert. Grundsätzlich haben Wasserdruckprüfungen aus sicherheitstechnischen Gründen sowie aufgrund des höheren Prüfdrucks Vorrang. Übersicht Druckprüfverfahren nach G 469: Quelle: DVGW-Arbeitsblatt G 469 23 Druckprüfungen Nur in begründeten Ausnahmefällen kann eine Druckprüfung mit Luft bzw. inertem Gas nach dem Sichtverfahren A 3 durchgeführt werden. Dies gilt für Gashochdruckleitungen, bei denen eine Wasserdruckprüfung technisch nicht möglich oder unzweckmäßig ist, z.b. für Umlegungen oder kurze Anschlussleitungen sowie Leitungsabschnitte, die nicht entwässert werden können. Quelle: Pipeline Services International GmbH & Co. KG In diesem Fall ist vor der Durchführung eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und es sind daraus resultierende Schutzmaßnahmen vorzusehen. 24
Geometrieprüfungen Gashochdruckleitungen mit Nennweiten > DN 600 sind vor Inbetriebnahme mit einem geeigneten Verfahren auf das Vorhandensein von Beulen (z.b. Kaliberscheiben- oder Geometriemolchung) und Aufweitungen (z.b. Geometriemolch) zu prüfen. Nach der Druckprüfung mit dem Druck-/Volumenmessverfahren D 2 ist nennweitenunabhängig zusätzlich das Vorhandensein von Aufweitungen mit einer Geometriemolchung zu prüfen. Aufweitungen durch Druckprüfungen sind durch den Sachverständigen zu bewerten. 25 Schweißtechnische Anforderungen und Dokumentation Verweis auf: DIN EN 12732 Gasinfrastruktur Schweißen von Rohrleitungen aus Stahl Funktionale Anforderungen DVGW-Arbeitsblatt GW 350 Schweißverbindungen an Rohrleitungen aus Stahl in der Gas- und Wasserversorgung Herstellung, Prüfung und Bewertung Das überarbeitete GW 350 ist im Juni 2015 erschienen. Quelle: Andre Grassmann (OGE) 26
Aktuelle Entwicklung Inkraftsetzung des DVGW-Arbeitsblatt G 463 im Juli 2016 Aktuelle Projekte werden auf Basis des Arbeitsblattes geplant und umgesetzt Hier gemachte Erfahrungen sollen in den PK G 463 eingebracht werden, so dass auch diese als Erkenntnisse dienen und bei der Fortschreibung Berücksichtigung finden können. Diskussion und Bewertung zurückgestellter Einsprüche und ausgearbeiteter Empfehlungen zur Formulierung der daraus erforderlichen Anpassungen 27 Aktuelle Entwicklung Es ist zu prüfen, wie die Anforderungen der Geschäftsordnung GW 100 des DVGW Tätigkeit der DVGW-Fachgremien und Ausarbeitung des DVGW-Regelwerks nach Bewertung der sicherheitstechnischen Maßnahmen nach Wirksamkeit, Verfügbarkeit und Genauigkeit unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und wirtschaftlicher Abwägungen umgesetzt werden können. Entsprechend dem Zweck des Energiewirtschaftsgesetzes EnWG haben die Betreiber eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Gas darzulegen. 28