Die Systematik der Honorarverteilung: aktualisierte Version

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Transkript:

Die Systematik der Honorarverteilung: aktualisierte Version (Februar 2013) Seit diesem Jahr werden unsere genehmigungspflichtigen Leistungen und die Probatorik extrabudgetär vergütet. Die folgenden Ausführungen erklären die Grundlagen der Honorarverteilung innerhalb und außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Die Gesamtvergütung Das Geld für die ambulante ärztliche Versorgung ist begrenzt =budgetiert. Dies ist seit den 90er Jahren der Fall. Der Teil der Gesamtvergütung, der budgetiert ist, heißt budgetierte Gesamtvergütung bzw. seit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz: morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) und macht etwa 75% des Gesamtvolumens aus. Außerdem gibt es einen unbudgetierten Teil, die extrabudgetäre Gesamtvergütung (EGV). Im Prinzip werden alle Leistungen der ambulanten Versorgung (Krankenhaus ist anders geregelt) aus dieser Gesamtvergütung abgedeckt. Das Prinzip ist für die MGV folgendes: jede Kasse einer Region zahlt für jeden Versicherten (also auch mitversicherte Familienangehörige, nicht Patient!) eine bestimmte Menge Geld pro Quartal an die KV, was letztlich einer Kopfpauschale entspricht. Sie zahlt das mit befreiender Wirkung, d.h. egal wie viele ambulante Leistungen anfallen, die Kasse hat ihren Anteil bezahlt. Dann hat die KV erst mal einen Haufen Geld. Die Ärzte reichen ihre Abrechnung ein, in der jede Leistung mit einer bestimmten Anzahl von Punkten bzw. einem Wert in Euro versehen ist. Wenn es zu viele Punkte, also zu viele eingereichte Leistungen sind und zu wenig Geld, dann wird quotiert oder fallzahlbegrenzt oder eine Punktzahlobergrenze eingeführt usw. Das heißt letztlich, wenn man alle seine Punkte in Beziehung zum eigenen Honorar setzt, kann man sich ausrechnen, welchen Wert ein Punkt im jeweiligen Quartal hat. Der Punktwert floatet: egal, auf welchem Begrenzungsweg die KV dorthin kommt, der Punktwert ist wie eine floatende Währung, deren Wert sich nach der Menge des Geldes richtet. Warum so ein anscheinend beklopptes System? Eine Antwort liegt darin, dass es als eine große Errungenschaft (seit Bismarck) in Deutschland und in vielen anderen Staaten Europas angesehen wird, dass jeder Mensch unabhängig von seinem Einkommen Zugang zu allen ärztlichen Leistungen hat. Dieses Prinzip nennt man Sachleistungsprinzip. Der Patient kann mit Karte bzw. Schein jederzeit zum Arzt gehen und sich behandeln lassen, ohne dass der Arzt Bares verlangen darf. In den USA wird dieses System- wie man ja gerade wieder lesen kann - von den Republikanern als teuflischer Sozialismus oder Kommunismus gesehen. Lieber soll jeder das Risiko für seine Gesundheit selbst tragen. 1

Wie kommt es zu Honorarsteigerungen? Die Pauschalen, die die Kassen pro Versicherten und pro Quartal zahlen müssen, werden im Vorab festgelegt. Entscheidend dafür, wie viel gezahlt wird, ist in der derzeit gültigen Honorarsystematik der vereinbarte Behandlungsbedarf des Vorjahresquartals. Dieser errechnet sich, indem man die (von Leistungen in Selektivverträgen) bereinigte MGV des Vorjahresquartals durch den regionalen Orientierungspunktwert dividiert. Die Summe dieser Behandlungsbedarfs-Punkte wird mit dem neuen Orientierungspunktwert multipliziert, und das ist dann das Geld, das für die Honorarverteilung sämtlicher Leistungen durch die KV zur Verfügung steht. Für diese morbiditätsbedingte Gesamtvergütung gibt es Steigerungsfaktoren, es steht dann also mehr Geld zur Verteilung zur Verfügung und das Honorar für den einzelnen Arzt kann sich dann ebenfalls steigern. Lange (bis 2009) war die Grundlohnsummensteigerung eines Bundeslandes der Steigerungssatz für die Vergütung, der Jahr für Jahr entsprechend dem Wirtschaftswachstum stieg. Daher waren die Honorare in BW immer höher als andernorts: viel Industrie, Autos, vor allem auch Waffen, Computer. Davon haben also auch die Ärzte profitiert. Dann ging aber die Wirtschaft runter, und die Ärzte forderten, dass doch die Grundlohnsumme keinen Bezug zu ihrer Arbeit habe, wohl aber die Morbidität. Damit wurde das System umgestellt unter der Parole: Das Morbiditätsrisiko zu den Krankenkassen. Bis dahin war es ja bei den Ärzten: mehr Kranke, mehr Behandlungen führten zu mehr Punkten, aber nicht im direkten Verhältnis zu mehr Geld von den Kassen. Es gibt drei Stellräder, mit denen die Vergütung verändert werden kann. Das erste Stellrad ist die Morbiditätsrate. Sie gilt jeweils für ein ganzes Jahr und richtet sich nach einem Anstieg oder auch einer Verringerung des Schweregrades von Diagnosen sowie der Altersstruktur und Geschlechterverteilung einer KV (Demographie). Das zweite Stellrad ist die Erhöhung des Orientierungspunktwerts (OPW). Dieser wurde z.b. in 2013 um 0,9% angehoben und muss nun jedes Jahr neu ausgehandelt werden im Bewertungsausschuss. Das dritte Stellrad ist die Punktzahlbewertung der Leistungen im EBM. Dieses Stellrad spielt für uns Psychotherapeuten die wichtigste Rolle. Nachdem dieses Jahr eine EBM-Reform ansteht und dies für die Neubewertung unserer Leistungen damit verbunden werden könnte, ob die Vorgabe des BSG-Urteils erfüllt ist, dass wir mit einer voll ausgelasteten Praxis das durchschnittliche Einkommen des Facharzt-Mix erreichen können müssen, könnte uns Psychotherapeuten dies eine Erhöhung der Punktzahl und somit eine höhere Honorierung bringen. Das Sachleistungsprinzip führt nun dazu, dass man nie weiß, wie viel Behandlung abgerufen wird. Sobald der Leistungsbedarf, also die alle abgerechneten Leistungen, innerhalb eines Quartals, über die vorab anhand des Vorjahresquartals festgelegte Menge an Leistungen steigt und außerdem die Morbiditätsrate übersteigt, reicht das Geld nicht und die bezahlbare Menge muss eingeschränkt werden, d.h. Abstaffelung, Quotierung... Der Fortschritt von alter zu neuer Honorarverteilung liegt darin, dass bis Ende 2008 die Ärzte erst bei der Abrechnung erfahren haben, wie viel sie für ihre Leistungen bekommen. Da sie immer mehr Leistungen erbracht haben als bezahlbar waren, wurde gekürzt, abgestaffelt usw. Die grobe Schätzung war immer: 30% des Leistungsbedarfs bekommen sie nicht bezahlt. Sie erinnern sich an das Punktzahlgrenzvolumen von ca. 1.600 Punkten, das wir hatten für die nicht-genehmigungspflichtigen Leistungen: da haben wir auch viel mehr Leistungen erbracht als bezahlt wurden. Das Neue ist nun, dass seit 2009 die Ärzte durch ihr individuelles RLV schon vorher wissen, wie viel sie unquotiert vergütet bekommen. Darüber hinaus erbrachte Leistungen werden nur abgestaffelt 2

bezahlt. Wie das genau geschieht, das wird im jeweiligen regionalen Honorarverteilungs-Maßstab (HVM) festgelegt. Die KV verteilt also im Vorhinein die Gelder auf die Arztgruppen und damit auch auf den einzelnen Arzt, denn sie weiß: wir bekommen den Behandlungsbedarf des Vorjahresquartals zum auf Bundesebene jeweils für das gesamte Jahr festgelegten Orientierungs-Punktwert plus die Steigerung der Morbidität. Als Sparmaßnahme hatte der Gesetzgeber zusätzlich für die Übergangsjahre 2011 und 2012, in denen es noch keine errechnete Morbi-Rate gibt, eine Morbi-Rate gleich per Gesetz festgelegt: sie betrug 1,25%. Seit 2013 wird die Rate jedes Jahr im Bewertungsausschuss festgelegt. Da dabei außerdem ein bestimmter variabler Korridor für die Morbi-Rate festgelegt wird, kann in den regionalen KVen dann noch für das jeweilige Jahr verhandelt werden, wie hoch die Morbi-Rate wirklich ist. Steigt die Morbi-Rate, dann steht mehr Geld zur Verfügung und es fließt mehr in die Facharzttöpfe. In BW wurde z.b. für 2013 eine Steigerungsrate von insgesamt 4,6% ausgehandelt. Neben der Morbi- Rate spielen dabei noch andere Anpassungsfaktoren, wie die Versichertenzahl, der Umfang und die Art der ärztlichen Leistungen sowie regionale Vereinbarungen eine Rolle. Bisher wurde zunächst von dieser MGV der Vorwegabzug reserviert. Darin waren bisher (bis zur Ausbudgetierung 2013) die genehmigungspflichtige Psychotherapie, außerdem Laborleistungen und der organisierte Notfalldienst. Dann findet eine Aufteilung des verbleibenden Volumens in hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereich nach Vorgaben des Bewertungsausschusses statt. Das Facharzt-Vergütungsvolumen wird dann verteilt in die einzelnen Facharzt-Töpfe, also z.b. den Topf für Urologen, für Orthopäden und eben auch den Topf für nicht-genehmigungspflichtige Leistungen der Psychotherapeuten, den Psychotherapeuten-Facharzttopf. Je höher die Morbi-Rate ist, umso mehr fließt in diesen Facharzttopf und umso mehr nicht-genehmigungspflichtige Leistungen werden bezahlbar. In BW z.b. ist der Bezugspunkt für die Größe der Facharzttöpfe immer noch das Jahr 2008. Das wiederum hat damit zu tun, dass dies das Jahr ist, ehe der Hausarzt-Selektivvertrag eingeführt wurde, mit dem wir zwar nichts zu tun haben, aber andere Arztgruppen. Auf dieser Grundlage, nämlich basierend auf den absoluten und anteiligen Punkten in 2008, wurden die Größe und damit auch der prozentuale Anteil des jeweiligen Facharzttopfs am gesamten Facharzt-Punktevolumen festgelegt. Bisher galt bei den im Vorwegabzug vergüteten genehmigungspflichtigen Leistungen die besondere Regelung, dass neben einer Steigerung der Morbi-Rate eine Steigerung der abgerechneten Leistungen den Topf für die gpl im Folgejahr vergrößerte. Hier spielte also, im Gegensatz zu den Facharzt-Töpfen, der tatsächlich erbrachte Leistungsbedarf eine entscheidende Rolle. Und: Für unsere genehmigungspflichtigen Leistungen galt außerdem: Wenn genug Geld im Vorwegabzug war, gab es kein Problem. Wenn zu wenig Geld im Vorwegabzug war, mussten wegen der BSG-Rechtsprechung die überschießenden Kosten aus dem Gesamttopf der Fachärzte (somit auch von unseren nichtgenehmigungspflichtigen Leistungen) übernommen werden. Das senkte dann den Preis der dann quotierten nicht-genehmigungspflichtigen Leistungen. Wenn aber mehr Geld vorhanden war als gebraucht wurde, diente dieses Geld nach dem in BW geltenden Honorarverteilungs-Maßstab der Unterstützung unserer nicht-genehmigungspflichtigen Leistungen, floss also nicht in den allgemeinen Facharzttopf. Dies war aber nicht in allen KVen so. 3

Extrabudgetäre Vergütung Bis jetzt gab es auch schon Leistungen, die nicht in der MGV waren, also nicht von der KV verteilt und begrenzt werden müssen. Richtig müssen diese Leistungen als extra-mgv bezeichnet werden. Manche nennen das jetzt EGV = extrabudgetäres Volumen oder extrabudgetäre Gesamtvergütung. Dazu gehören Leistungen wie die Substitution bei Drogenabhängigen, eine Menge der ambulanten Operationen und die gesamte Prävention. MGV und EGV zusammen sind die Gesamtvergütung. In der EGV sind besonders förderungswürdige Leistungen. Die Kassen hatten ein großes Interesse daran, dass möglichst viele Operationen ambulant erbracht werden, da es im Krankenhaus teurer ist. Substitution ist klar. Prävention richtet sich ja nicht nach der Morbidität, sondern es ist im Interesse der Kassen und ihrer Mitglieder, dass solche Leistungen erbracht werden. Die Förderung besteht darin, dass 1. die Werte nicht floaten und 2. auch höhere Punktwerte =Vergütungen pro Leistung (neuerdings regional) verhandelbar und festgelegt werden können. Die Leistungen werden auch über die KVen abgerechnet, aber sind für die KVen sozusagen ein durchlaufender Posten, von dem sie die Verwaltungsgebühr abziehen und die dann direkt von den Kassen für das Quartal erstattet werden, wie sie anfallen. Das wird auch mit Abschlagszahlungen an die KVen im Einzelnen geregelt. Die Ausbudgetierung bedeutet also, dass die genehmigungspflichtigen Leistungen und die Probatorik unquotiert und als Einzelleistungsvergütung direkt von den Kassen bezahlt werden, unabhängig von der Menge der abgerechneten Leistungen, und dass dieses Honorar nicht von den Fachärzten gestützt werden muss. Das war ja die große Befürchtung angesichts der neuen Praxissitze, dass die Fachärzte dies alles finanzieren müssen, schreckliche Honorarverluste erleiden und dadurch die Stimmung gegenüber den Psychotherapeuten nicht besser wird. Für unseren in der MGV verbleibenden Facharzttopf hat die Ausbudgetierung leider große Nachteile: es gibt keine Stützung mehr durch das im Vorwegabzug nicht benötigte Geld. Und nachdem die zeitgebundene Kapazitätsgrenze durch die Ausbudgetierung weggefallen ist, gibt es auch keinen rechtlichen Schutz mehr gegen die Quotierungen. Die Vorgabe war bis dahin, dass alle Leistungen innerhalb der Kapazitätsgrenze mit der Euro-Gebührenordnung vergütet werden müssen, also nicht quotiert werden dürfen. Nach gegenwärtiger Gesetzlage sind wir in den Verbänden fest davon überzeugt, dass wir unsere Klagen gegen die Quotierung gewinnen. Das gelingt aber nur mit guter Aussicht auf Erfolg, solange es die zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen gab, also bis Ende 2012. Die Wirkung des Hamsterrades Nun ist es natürlich doch etwas komplizierter: in den 90er Jahren, als das Budget eingeführt wurde, gab es für die Ärzte das sog. Hamsterrad. Das lag daran, dass zwar jede Leistung irgendwie bezahlt wurde, aber zu einem floatenden Punktwert. Jeder konnte sich also überlegen: arbeite ich lieber etwas mehr, dann habe ich mehr Leistungen und kann den sinkenden Punktwert kompensieren. Oder arbeite ich so wie immer und erlebe einen Niedergang meines Honorars, weil alle Nachbarn mehr arbeiten? Das erstere haben dann die meisten gemacht, der Leistungsbedarf stieg, der Punktwert sank, auch für die damals schon zuhauf vorhandenen ärztlichen Psychotherapeuten sowie die Delegationspsychotherapeuten, deren Leistungen aber nicht beliebig steigerbar waren. Das Honorar pro Sitzung sank in den Keller. Das führte zu den BSG-Urteilen und zum Schutz der genehmigungspflichtigen Leistungen: zeitgebunden, genehmigungspflichtig, begrenzte Kapazität des 4

einzelnen Psychotherapeuten (= die berühmten 36 Sitzungen der sog. optimal ausgelasteten Praxis, zu deren Funktionieren normativ eine halbe Praxishilfe kalkuliert wurde). Wie funktioniert nun das Hamsterrad? Im Gegensatz zu den Psychotherapeuten ist es den meisten somatischen Ärzten möglich, die abzurechnende Leistungsmenge zu steigern, indem sie schneller arbeiten, mehr Personal einsetzen, sich in den Ferien vertreten lassen...so konnte lange Zeit ein sinkender Punktwert aufgefangen werden. Die neue Systematik der Regelleistungsvolumina lässt nun viel weniger Steigerungsmöglichkeiten beim einzelnen Arzt zu. Andererseits werden inzwischen deutlich über 90% der abgerechneten Leistungen auch zu 100% bezahlt (HVV-Quote, Honorarverteilungsvertrag). Außerdem ergibt sich inzwischen aus den Quartalszahlen der KVBW sogar, dass einige Arztgruppen ihre RLV gar nicht ausnutzen konnten. Die Rechtslage gibt allerdings nicht her, es einfach denen wegzunehmen, die zu viel im Topf haben, und es uns zu geben! Der Orientierungs-Punktwert (OPW) Dies alles führt also zu der gegenwärtig bestehenden Systematik der Morbi-Gesamtvergütung (MGV), die die Kassen mit befreiender Wirkung an die KV zahlen. Basierend auf dem Behandlungsbedarf des Vorjahresquartals und multipliziert mit dem Orientierungspunktwert. Dieser Wert muss auch immer wieder neu festgelegt werden. In den OPW, also die Preiskomponente der Leistungen, fließen Preissteigerungen bei den Kosten sowie das kalkulatorische Arztgehalt (natürlich auch Kosteneinsparungen!!) ein. Um die Preissteigerungen zu berücksichtigen, fordert die KBV immer wieder eine Steigerung des OPW. Mal angenommen, sie würde eine Steigerung auf 4 Cent fordern, damit würden wir auf ca. 90 pro Sitzung kommen. ABER das würde für alle Ärzte ca. 3,5 Milliarden mehr kosten. Und das werden die Kassen nicht wollen. Sie gehen mit den Standard- Forderungen in die Verhandlungen, dass die Arztlöhne zu hoch seien, die Kosten und die Zeiten überschätzt und man über OPW-Erhöhungen erst nachdenken könne, wenn diese Kalkulations-Mängel beseitigt sind. Das aber werde ja bei der Bearbeitung des EBM auf die Tagesordnung kommen. Eine solche Überarbeitung steht zwar dieses Jahr an, aber die Kassen bestehen darauf, dass die Bearbeitung des EBM kostenneutral erfolgen soll. D.h. wenn z.b. Kosten- Veränderungen nachweisbar sind, müssen sich Überschätzungen durch Gegenrechnung von Unterschätzungen ausgleichen. Am Ende entscheidet der Schlichter. Erfahrungsgemäß liegen solche Entscheidungen bestenfalls in der Mitte, wenn nicht darunter. Die KBV kann die Erhöhung fordern, weil sie sich auf die gestiegenen Oberarztgehälter berufen kann, sowie auf den Anstieg der Lebenshaltungskosten, die sich auch in den Kosten für die Praxen niederschlagen. Wir sind hier also einbezogen in eine Gesamtsystematik, die für alle Ärzte gilt. Der Gesundheitsfonds Alle diese Regelungen sind indirekte Folge des Sachleistungsprinzips. Wenn die Kassen einfach jede Leistung dem Patienten, der sie dann ggf. vorlegen müsste, erstatten würden, gäbe es das ganze Problem nicht. Aber es gäbe ein anderes Problem: die Kassen könnten nicht beeinflussen, wie viel Geld sie zahlen müssen, da sie nun nicht mehr eine Pauschale pro Versicherten, sondern 5

unvorhersehbar viel für jeden Patienten zahlen müssen. Sie bekommen aber vom Gesetzgeber vorgeschrieben, wie viel sie zur Verfügung haben. Stichwort: Gesundheitsfonds: in diesen Fonds fließen praktisch alle Beiträge der Versicherten hinein und werden dann neu verteilt: auf die Bundesländer und nach Morbidität, also asymmetrisch auf die verschiedenen KVen. Im Bundesland dann wiederum wird es auf die Kassen nach den gleichen Kriterien verteilt. Morbidität wird hier mit zwei Faktoren gemessen: das Vorhandensein bestimmter Diagnosen (ca. 80 vom Bundesversicherungsaufsichtsamt festgelegte Diagnosen), die Altersstruktur und die Verteilung der Geschlechter im Bundesland und bei der Kasse (Demographie). Auch hier ist BW gekniffen: es ist Opfer einer bundesweiten Umverteilung, weil hier die Leute im Schnitt gesünder und jünger sind. Die früher hilfreiche Tatsache von geringer Arbeitslosigkeit und höheren Löhnen, die sich in der Grundlohnsumme (GLS) niederschlug, hilft BW nun nicht mehr. Mit GLS stünde BW weiterhin vermutlich besser da. Der Solidargedanke der gesetzlichen Krankenversicherung schlägt sich in der Systematik nieder: es wird für jeden Versicherten gezahlt, nicht für den Kranken. Also: im Prinzip ist es eine grundlegende politische Entscheidung, ob man das Sachleistungsprinzip beibehalten will, denn es hat logisch die dargestellten Mechanismen zur Folge: Zahlung pro Versicherten, Begrenzung der ärztlichen Leistungen auf das jeweils vorhandene Geld. Denn es ist ja eine Umlagefinanzierung. Die Forderung, dass der Staat aus Steuermitteln Geld dazu gibt, wird dann damit gerechtfertigt, dass das Gesundheitswesen Leistungen erbringt, die nicht genuin dazu gehören oder in staatlichem Interesse sind. Dazu gehört z.b. die Substitutionsbehandlung. Das tut der Staat dann auch immer wieder. Allerdings gibt es auch viele, die nicht wollen, dass der Staat auf diese Weise, indem er Geld dazu gibt, beeinflussen kann, welche Leistungen erbracht werden können. Da sind sich wiederum die "Partner der Gesamtverträge", also Kassen und KBV bzw. KVen, genauso einig, wie Gewerkschaften und Arbeitgeber, was die Tarifautonomie angeht. Die KVen Das Gegenstück zu den Kassen sind die KVen. Sie wurden 1932 gegründet, als eine ähnliche Situation herrschte: es gab zu viel Kranke oder Krankheit oder auch zu viele Ärzte. Und zu wenig Geld. Jeder Arzt kontrahierte (=schloss Verträge) als Einzelner mit einer oder mehreren oder eben "allen Kassen, die Macht der Kassen war somit recht hoch. Damals wollte der Staat angesichts der klammen Kassenlage gesetzlich vorschreiben, wie viel Honorar die Kassen zahlen müssen und wie es verteilt wird. Da hat der damals mächtige Hartmann-Bund gesagt: wir gründen eine andere Institution, die kassenärztliche Vereinigung, und nehmen die Honorarverteilung des knappen Geldes lieber selbst vor, als dass wir das den Staat machen lassen. Dies wurde gesetzlich so geregelt, und die Grundzüge der damaligen Reichsversicherungsordnung (RVO) sind heute im SGB V immer noch vorhanden. Die KVen wurden dann schon bald nach 1933 dazu verpflichtet, zunächst alle jüdischen Funktionäre, später alle jüdischen Ärzte auszuschließen, schließlich wurden sie vollends gleichgeschaltet und verloren ihre Funktion. Nach dem Krieg wurden sie wieder gegründet. Zwei Interessen gibt es dafür: 1. Der Staat ist für die Gesundheit und die Behandlung von Krankheiten rechtlich zuständig. Das lässt er aber lieber subsidiär von anderen durchführen, die mehr davon verstehen, also KVen und Kassen. Der Staat hat nur die Rechtsaufsicht, regelt aber keine Einzelheiten. 2. Die Ärzte haben eine Interessenvertretung gegenüber den Kassen. Daraus entstehen dann gemeinsame Institutionen von KVen und Kassen: Bewertungsausschuss (BWA), Gemeinsamer 6

Bundesausschuss (GBA), Zulassungsausschüsse, Landesausschüsse für Bedarfsplanung. (siehe Papier von U.Böker) Sowohl die Vorstände von Kassen, wie auch die der KVen werden gewählt: Dazu finden auf Kassenseite die Sozialwahlen statt, an der alle Mitglieder der Kassen teilnehmen, und ebenso in der KV, bei der die Mitglieder der Vertreterversammlungen gewählt werden, die dann wiederum den Vorstand wählen. Also diese Institutionen werden von unten (Wahlen) und von oben (Rechtsaufsicht) beaufsichtigt. Wie im Staat auch ist das die demokratische Theorie. Viele Beeinflussungsmechanismen, Absprachen, Deals... usw. verändern diese schöne Theorie. Trotzdem muss man sich klar machen, dass manche Angriffe auf diese Institutionen auch einen undemokratischen Zungenschlag bekommen, wenn man nicht aufpasst. Eine Folge dieser ganzen körperschaftlichen Verfassung ist die Möglichkeit, Rechte bei den Sozialgerichten einzuklagen, wenn die Institutionen nicht funktionieren, so z.b. die BSG-Rechtsprechung zu Gunsten der Psychotherapeuten. Zwischenbemerkung eigene KV? : Wenn wir eine eigene KV hätten, wäre die Gültigkeit der BSG-Rechtsprechung in Frage gestellt. Wo steht, dass es zwischen Zahnärzten und Ärzten eine gerechte Honorarverteilung geben muss? Nicht wünschenswert wäre aber auch folgendes Szenarium: es gäbe ärztliche Psychotherapeuten in den KVen und PP/KJP in einer eigenen KPV. Wir hätten dann zwei Arten von Psychotherapeuten. Dass die ÄP mit in unsere KV gingen, ist unwahrscheinlich. Und inwieweit wir bei den Kassen einen Stich machen können, wenn die das Geld für die somatische Versorgung schon verteilt haben, kann sich jeder ausmalen. Aber die von KV-Vorsitzenden erhobene Forderung, uns doch in eine eigene KV zu verziehen, war ein Teil der Auseinandersetzungen im letzten Jahr: Sie haben doch auch eine eigene Kammer! Die Angemessene Vergütung Unsere Sonderrolle, die sich aus der BSG-Rechtsprechung ergibt, beruht auf einer normativen Vorgabe des BSG. Also: unabhängig davon, wie viele Punkte unsere Leistungen im EBM haben, und unabhängig davon, wie hoch der OPW ist, muss eine Kontrollrechnung durchgeführt werden: hat ein mit vollem Einsatz arbeitenden Psychotherapeut (also in 43 Wochen mit 36 Sitzungen pro Woche = 1548 Sitzungen im Jahr) mit seinem Stundensatz die Möglichkeit, MINDESTENS so viel Gewinn zu machen wie ein Mix aus Facharztgruppen. Hierzu muss von den Umsätzen der Kostenfaktor abgezogen werden. Für die Facharztgruppen gibt es dafür (schon vor Jahren festgelegte) Prozentsätze, die die Kassen jetzt ändern wollen. Wenn die Ärzte weniger Kosten hätten, steigt der für uns maßgebliche Vergleichs-Gewinn. Bei uns werden diese Kosten normativ festgesetzt. Das Gericht hat überlegt, dass die 36 Sitzungen pro Woche nur mit Personal erreicht werden können. Deshalb wird normativ in unsere Kosten eine halbe Praxiskraft eingerechnet. Es war schon Gegenstand der BSG-Rechtsprechung, welches Gehalt für eine solche Kraft einzusetzen ist. Es steht nun dringend an, dass der Bewertungsausschuss diese Überprüfung für die Zeit ab 2010 vornimmt. Ein Anstieg unseres Honorars für die Jahre 2010 bis 2012 aufgrund eines Beschlusses des Bewertungsausschusses hat auch Wirkung für die Folgejahre. Je höher eine Nachzahlung für 2010 bis 7

2012 wäre, umso mehr Kosten sehen die Kassen für die Zeit ab 2013 auf sich zukommen, wenn der Preis höher wäre. Außerdem befürchten vor allem die Kassen, dass bei Psychotherapie das Gleiche passiert wie bei allen anderen als extrabudgetär eingestuften Leistungen: eine gigantische Leistungssteigerung. Dies ist für den einzelnen Psychotherapeuten erfahrungsgemäß nicht so, aber es stehen ja auch die vielen neuen Sitze an. Damit haben wir das Stichwort vom Anfang: Insbesondere angesichts der zu erwartenden größeren Anzahl neuer Psychotherapeuten lag es im Interesse der KVen, die Psychotherapie aus der Enge der MGV hinauszubringen, da es eben ein großen Problem gibt: im Unterschied zu allen anderen ärztlichen Leistungen innerhalb der MGV darf die KV unsere genehmigungspflichtigen Leistungen nicht quotieren oder deren Anzahl begrenzen. Wenn das Geld nicht reicht, muss dieses Geld aus der MGV, also von den Fachärzten, zu denen auch wir mit den nicht-genehmigungspflichtigen Leistungen gehören, zugeschossen werden. Auch wenn es da real nicht um viel Geld geht, sind auch 55 im Quartal pro Facharzt nun schon ein Aufreger. Angesichts der abweichenden Systematik der Vergütung macht es durchaus Sinn, die Kassen den festgelegten Honorar-Satz der Psychotherapeuten direkt zahlen zu lassen. Diese Forderung hatten wir Psychotherapeuten schon seit vielen Jahren immer wieder erhoben. Keine KV (bis auf Schleswig- Holstein seit 2009) hat es geschafft, in ihren regionalen Verhandlungen extrabudgetäre Vergütung herbeizuführen. Die Kassen wollten das nie. Nun allerdings droht genau das, was für einen späteren Zeitpunkt auch zu befürchten war: die Kassen wollen jetzt mehr Einfluss nehmen, wenn sie es schon direkt zahlen. Deshalb haben sie in die Vereinbarung im Bewertungsausschuss eine Regelung durchgesetzt, dass die Psychotherapie-Richtlinien im Sinne einer Modernisierung überprüft und angepasst werden sollen. Also: extrabudgetäre = EGV hat Vor- und Nachteile. Man hat damit einen wirklich schon zwölf Jahre dauernden Streit zwischen Ärzten und Psychotherapeuten weitgehend beendet. Aber es gibt ein desintegrierendes Element dabei. Wir sind nun eben "Extra-"MGV. Keine gemeinsame Verantwortung mehr. Eins ist aber sicher: die BSG-Rechtsprechung gilt auch dann, da sie sich auf die Gesamtbetrachtung einer normativen Vorgabe bezieht. Als wir in den 90er Jahren den Niedergang unserer Honorare erlebt haben, mussten wir das gesamte System erst kennen lernen, um zu merken, wann und wo wir mit wem sprechen und unsere Forderungen vorbringen müssen. Es ist unbedingt notwendig, dass neue Kollegen diese Aufgabe übernehmen und sich in diese Materie einarbeiten. Unzufriedenheit und Wut sind da die besten Motive, die einen überhaupt dazu bringen, sich damit zu beschäftigen. Die Strukturen für Einflussnahme sind wesentlich besser als zu der Zeit, als wir anfingen. Nun muss sie auch jemand füllen! Arbeiten Sie mit! Übernehmen Sie Verantwortung für die Zukunft unserer Berufe! J. Doebert Aktualisierung: U.Böker 8