Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien

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Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien Irmela Wiemann Psychologische Psychotherapeutin www.irmelawiemann.de Geschwisterbindung (1) Geschwister leben über viele Jahre in großer Nähe und räumlicher Dichte. Geschwister sind die vertrautesten Verwandten. Sie sind, wie die Eltern, für immer ein Teil von einem selbst. Geschwister haben intime Kenntnis voneinander Sie teilen dieselben Eltern, sie verbringen mehr Lebenszeit miteinander als mit ihren Eltern 2 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 1

Geschwisterbindung (2) Oftmals haben sie eine gemeinsame Sprache, Codes, Symbole Sie haben dieselben Familienregeln verinnerlicht, Normen, Mythen und Rituale etc. Sie haben einen schnellen Wissensund Gefühlsaustausch Sie haben gemeinsame Erinnerungen, die verbinden 3 Geschwisterbindung (3) Selbstdefinition und Identitätsfindung, Ausdifferenzierung von Persönlichkeit und Geschlechterrollen, geschieht im Vergleich mit Geschwistern. In Familien mit hoher Mobilität bleibt das Miteinander der Geschwister konstant. Soziologen haben in neuester Zeit festgestellt, dass Geschwister im Alter wieder höheren Stellenwert erhalten, wenn Freunde weniger werden. 4 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 2

Biologische und soziale Geschwisterschaft Entscheidend: miteinander gelebte Zeit: Leibliche Geschwister Jeden-Tag- Geschwister Hoher Zugang oder niedriger Zugang? (Bank und Kahn) 5 Hoher Zugang = enge Geschwisterbindung Geschwister mit geringem Altersabstand Geschwister mit großer Nähe (gemeinsames Zimmer, gemeinsamer Kindergarten etc.) hoher Grad an gemeinsamer Erfahrung und gemeinsamer Zeit im Alltag Geringer Einfluss der Eltern steigert den Zugang unter den Geschwistern Wenn Eltern sich zurückziehen, werden Geschwister zu den wichtigsten Bezugspersonen 6 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 3

Niedriger Zugang = schwächere Geschwisterbindung Geschwister mit größeren Altersabständen bei Integration in verschiedenen Gruppen bei eigenen Zimmern etc. Geschwister, die getrennt aufwachsen, haben keinen Zugang zueinander, keine Alltagsvertrautheit 7 Geschwisterkonstellationen in Pflege- und Adoptivfamilien (1) Es gibt Kinder, die ohne Geschwister als Einzelkinder aufwachsen, mit Adoptiv- oder Pflegegeschwistern leben, Gemeinsam mit leiblichen Geschwistern derselben Herkunftsfamilie in der neuen Familie zusammenleben, die gemeinsam mit leiblichen Kindern der Adoptiv- oder Pflegeeltern aufwachsen 8 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 4

Geschwisterkonstellationen in Pflege- und Adoptivfamilien (2) Viele angenommene Kinder haben leibliche Volloder Halbgeschwister, die in anderen Pflege- oder Adoptivfamilien leben. Andere angenommene Kinder haben Voll- oder Halbgeschwister, die in der Herkunftsfamilie leben. Viele angenommene Kinder suchen später ihre leiblichen Geschwister, und sie genießen es, in ihnen leibliche Verwandte zu finden. 9 Wichtig für annehmende Eltern von Kindern unterschiedlicher Herkunftssysteme (1) Adoptiv- und Pflegegeschwister teilen dieselben sozialen Eltern Wenn sie hohen Zugang zueinander haben, sind sie so vertraut miteinander wie andere Geschwister auch. Zugleich ist ihnen gegenwärtig, dass sie nicht miteinander verwandt sind. Sie haben unterschiedliche Herkunftseltern, unterschiedliche genetische Veranlagungen, unterschiedliche körperliche Konstitutionen. 10 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 5

Wichtig für annehmende Eltern von Kindern unterschiedlicher Herkunftssysteme (2) Sie haben eine unterschiedliche Biografie, manchmal einen unterschiedlichen Grad an Wissen über ihre Herkunft. Das eine Kind hat möglicherweise andere leibliche Geschwister in anderen Adoptiv- oder Pflegefamilien, das andere nicht. Manche Kinder haben Kontakte zur Herkunftsfamilie, das Geschwisterkind in derselben Familie hat diese nicht. Bei aller Nähe und Gemeinsamkeiten gibt es mehr Unterschiede als in»normalfamilien«. Diese Unterschiede sind zumutbar und geben dem Kind Einmaligkeit und Individualität! 11 Tipps für annehmende Eltern von Geschwistern aus derselben Herkunftsfamilie (1) Die Kinder haben miteinander eine ältere Beziehung, eine ältere Geschichte als mit ihren emotionalen Eltern. Bei den Kindern fallen biologische und soziale Geschwisterschaft zusammen, mit ihren Eltern bindet sie einzig die soziale Bande. Kinder erleben sich gemeinsam als Repräsentanten ihrer Herkunftsfamilie. Das jüngere Geschwisterkind kann meist eine intensivere Bindung zu den neuen Eltern aufnehmen 12 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 6

Tipps für annehmende Eltern von Geschwistern aus derselben Herkunftsfamilie (2) Manchmal: Abschied vom Anspruch der vollständigen Integration:»Ihr bleibt die Kinder Eurer Familie und wir bieten Euch ein neues Zuhause«Geschwister bilden ein Subsystem in der neuen Familie, was in den Jugendjahren auch zur»verschwörung«gegen die annehmenden Eltern werden kann. Schutzimpfung: So wie bei allen angenommenen Kindern: Der Herkunftsfamilie einen emotionalen Platz einrichten, sie als Bestandteil des Lebens der Kinder anerkennen! 13 Gründe für die gemeinsame Vermittlung von Geschwistern (1) Je mehr Vertrautes aus der alten Umgebung mitgenommen werden kann, desto weniger traumatisch die Trennung. Wir wissen von jungen Kindern, die von ihren Eltern getrennt wurden, dass sie weniger»bindungsgestört«reagieren, wenn ihnen das vertraute Geschwisterchen bleibt. Gemeinsame Vermittlung von Geschwistern in eine neue Umgebung wirkt Angst reduzierend. (Rutter) 14 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 7

Gründe für die gemeinsame Vermittlung von Geschwistern (2) Kleinkinder sind seit den ersten Lebenstagen an die Stimmen, an die Gesichter, an die tägliche Nähe der Geschwister gewöhnt. Der Beziehungsabbruch von den Eltern wird durch gemeinsame Vermittlung abgemildert. Geschwisterkinder sind eher fähig, wieder Bindung auf die neuen Menschen zu übertragen, weil sie nicht alle Bindungen verloren haben. Durch das gemeinsame Schicksal fühlen sich Geschwister weniger allein bei ihrem schweren Prozess. 15 Getrennte Vermittlung von Geschwistern ist möglich Kinder, die nicht miteinander gelebt haben Kinder, die schon lange getrennt waren Neugeborene, wenn die älteren Kinder sich vergewissern können, wo das Kind lebt 16 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 8

Getrennte Vermittlung von Geschwistern ist notwendig Bei erlittener Gewalt durch ein älteres Geschwisterkind Bei sexueller Misshandlung durch einen älteren Bruder oder eine ältere Schwester Bei extrem aggressiven, destruktivem Verhaltensmuster mit geringer Besserungsprognose 17 Empfehlungen für Eltern von leiblichen und angenommenen Kindern (1) Der Status Pflegekind eigenes Kind darf sich im Lebensalltag spiegeln Gefühle der annehmenden Eltern gegenüber leiblichen Kindern und Pflegekindern dürfen verschieden sein. Beide Kinder haben ein sehr unterschiedliches Leben hinter sich. Sie sind und bleiben im Spiel-, Leistungsund Sozialverhalten sehr verschieden. Die Verantwortung für das angenommene Kind bleibt bei den Erwachsenen und soll nicht auf das leibliche Kind übertragen werden. 18 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 9

Empfehlungen für Eltern von leiblichen und angenommenen Kindern (2) Annehmende Eltern sollten sich das Vergleichen der Kinder abgewöhnen! Abgrenzen der Kinder untereinander ohne schlechtes Gewissen ist erlaubt. Pflegeeltern sollten auch den Kindern dabei helfen, zu ihrer Unterschiedlichkeit Jasagen zu lernen. Leibliche und angenommene Kinder immer wieder neu ermutigen, dass sie gemäß ihrer Geschichte einzigartige und wertvolle Menschen sind. Unterschiede akzeptieren 19 Leibliche Kinder in Pflege- und Adoptivfamilien Leibliche Kinder fühlen sich einerseits privilegiert, andererseits auch zurückgewiesen: War ich meinen Eltern nicht genug? Manchmal bringen seelisch verletzte Kinder das Weltbild der leiblichen Kinder durcheinander. Leibliche Kinder schämen sich in der Schule oder im Freundeskreis hin und wieder für das»schwierige«pflegekind. Manche leiblichen Kinder bilden eine Koalition mit den Eltern und werden»kleine Pädagogen«(Marmann) für das angenommene Kind. 20 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 10

Leibliche Kinder in Pflege- und Adoptivfamilien Leibliche Kinder mögen nicht, wenn ihre Mutter und ihr Vater wegen des neuen Kindes an ihre Grenzen kommen In professionellen Pflegefamilien ist das private Zuhause zugleich Arbeitsplatz Die leiblichen Kinder teilen den Job ihrer Eltern Das bringt Verzicht und besondere Herausforderungen mit sich! 21 Empfehlungen für Eltern beim Zusammenleben mit mehreren Kindern Gleichbehandlung nicht zum Prinzip machen! Kinder können lernen, dass jeder ein eigenständiger Mensch ist Streit ist erlaubt. Es ist in Ordnung, dass es widerstreitende Interessen unter den Kindern gibt Hilfestellung bei Konfliktlösungen Individualität und Verschiedenheit fördern Begabungen, Interessen, Ressourcen eines jeden Kindes spezifisch fördern Nur wenn in der Familie jeder jedem anderen ein Stück Eigenleben, Anderssein und Autonomie zugesteht, kann das Zusammenleben gelingen. 22 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 11

Kontakte zu Geschwistern, die anderswo leben (1) Zu wissen, dass es weitere Kinder derselben Mutter oder desselben Vaters gibt, ist für fremdplatzierte junge Menschen interessant. Mit Geschwistern in anderen Pflegefamilien oder Kinderheimen verbindet kein Alltag. Das befremdet die Kinder. Manchmal sind sie irritiert und hilflos im Kontakt. Begleitpersonen sollten nicht»erwarten«, dass die Kinder viel miteinander»anfangen«können. Unverbindliche Rahmenbedingungen anbieten 23 Kontakte zu Geschwistern, die anderswo leben (2) Haben Kinder früher zusammengelebt, so zählen die Kontakte zu den Bindegliedern zur Vergangenheit Kontakte zu Geschwistern sind wichtige biografische Ereignisse und sollten dokumentiert werden. Den Kindern sollte unbedingt erklärt werden, wozu die Besuche dienen. 24 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 12

Kontakte zu Geschwistern: Definitionen für das Kind»Ruth ist im Bauch derselben ersten Mama gewachsen und hat denselben ersten Papa wie du. Aber du kennst sie nicht mehr. Ihr wohnt jetzt schon lange in zwei verschiedenen PflegefamilienIhr trefft euch heute, damit du sehen kannst, wie deine Schwester so ist, wie sie aussieht und wie es ihr geht; und sie kann schauen, wie du aussiehst, wie du so bist und wie es dir geht.vielleicht seid ihr euch ein bisschen fremd und wollt nicht gleich zusammen spielen. Das ist ganz normal so.«25 Weitere Hilfen für die Kinder Allen Geschwisterbeziehungen im Leben den ihnen gemäßen Platz geben Biografiearbeit mit dem Kind: Lebensgeschichte und Gründe für das Getrennt-worden-sein von den leiblichen Eltern oder Geschwistern klar benennen Fotos der sozialen Familie und der leiblichen Familie Genogramm für Kinder 26 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 13

Mehr zu Geschwistern in Pflege- und Adoptivfamilien 27 Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien 14

Irmela Wiemann Präsentation»Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien«Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien ist eine überarbeitete Fassung der Präsentation zum Seminar vom 18.6.2011 beim Jugendamt des Landkreises Zwickau Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien ist über die Seite http://www.irmelawiemann.de/seiten/vortraege.htm zu finden. Sie können Geschwister in Pflege- und Adoptivfamilien hier direkt herunterladen. Weitere Seminarunterlagen zu Adoption und Pflegekindern sind über die Seite http://www.irmelawiemann.de/seiten/papiere.htm zu finden. Literaturempfehlungen zu Adoption und Pflegekinder sind unter http://www.irmelawiemann.de/seiten/literatur-adoption-pflegekinder.htm zu finden, Sie können dort die Bücher direkt bei Amazon bestellen. Seite 15 18.11.2012