Allgemeines Völkerrecht

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Transkript:

Allgemeines Völkerrecht Völkervertragsrecht II 03.05.2011

Vorlesungsgliederung A. Vertragsschluss (Wiederholung) B. Auslegung I. Auslegungsmethoden II. Auslegungszuständigkeit III. Beispiele C. Vorbehalte I. Allgemeines II. Beispiele

A. Wiederholung (1) Wer hat bei Staaten die Vertragsschlusskompetenz? nach Völkerrecht: Art. 7 WVK (= Vollmachts- und Offenkundigkeitsprinzip + Ausnahmen) Nach nationalem Verfassungsrecht: z.b. Art. 59 Abs. 1 GG

A. Wiederholung (2) Welche Phasen werden beim Zustandekommen von völkerrechtlichen Verträgen unterschieden? Verhandlung Paraphierung Unterzeichnung innerstaatliches Zustimmungsverfahren völkerrechtliche Ratifikation

A. Wiederholung (3) Worin besteht der Unterschied zwischen Staatsverträgen und Verwaltungsabkommen? Staatsverträge bedürfen der innerstaatlichen und völkerrechtlichen Ratifikation Verwaltungsabkommen entfalten ihre Bindungswirkung bereits mit Unterzeichnung

A. Wiederholung (4) Was muss im Hinblick auf den Anwendungsbereich der WVK alles geprüft werden? keine Rückwirkung, Art. 4 WVK nur zwischenstaatliche Verträge, Art. 3 WVK nur schriftliche Verträge, Art. 2 Abs. 1 lit. a WVK

A. Wiederholung (5) Wie werden Verträge behandelt, die nicht in den Anwendungsbereich der WVK fallen? WVK hat keinerlei Einfluss auf deren Wirksamkeit, Art. 3 WVK Anwendung des geschriebenen (WVK) und ungeschriebenen Gewohnheitsrechts

A. Wiederholung (6) Was ist die Rechtsfolge, wenn ein Vertrag entgegen Art. 102 Abs. 1 UN-Charta nicht beim Sekretariat des SG registriert wurde? Die Vertragsparteien können sich vor UN Organen nicht auf diesen Vertrag berufen, Art. 102 Abs. 2 UN-Charta

B.I Auslegungsmethoden (1) Art. 31 Abs. 1 WVK Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen.

B.I Auslegungsmethoden (2) wörtliche Methode ( ordinary meaning rule ) Begriff ist gemäß seiner üblichen Bedeutung auszulegen fachspezifischer Gebrauch ist zu berücksichtigen Vattel sche Maxime: Ein klarer Wortlaut bedarf keiner Auslegung systematische Methode Begriffe erschließen sich in und aus ihrem Zusammenhang ( context ) allgemeine Hermeneutik und hermeneutischer Zirkel teleologische Methode (telos = Wurfgeschoss, Ziel) Verträgen soll die größtmögliche Wirksamkeit verschafft werden Ziel und Zweck sind dem Vertrag selbst zu entnehmen

B.I Auslegungsmethoden (3) Keine gestufte Rangordnung der Auslegungsmethoden Ausgangspunkt ist die gewöhnliche Wortbedeutung Auslegung ist ein einheitlicher Vorgang, der die verschiedenen Methoden sachgemäß verbindet

B.I Auslegungsmethoden (4) Zum Zusammenhang gehören, Art. 31 Abs. 2 WVK operativer Vertragstext Präambel und etwaige Anlagen alle Vereinbarungen, die anlässlich des Vertragsschlusses getroffen wurden darüber hinaus, Art. 31 Abs. 3 WVK spätere Übereinkünfte spätere Übung der Vertragsparteien bei Anwendung des Vertrages sonstige Regelungen des Völkerrechts, die auf den Vertrag anzuwenden sind

B.I Auslegungsmethoden (5) Sinn und Zweck eines Vertrages ergeben sich (objektiv) aus diesem selbst und nicht (subjektiv) aus dem Parteiwillen effet utile Gestaltungsziel und Regelungszweck sollen bestmöglich erreicht werden darf nicht zu einer Auslegung gegen den Wortlaut führen implied-powers-lehre Parteien haben die zur Erfüllung ihrer vertraglichen Aufgaben erforderlichen Rechte Diese ergeben sich implizit aus dem Vertrag selbst

B.I Auslegungsmethoden (6) Ergänzende Auslegungsmittel, Art. 32 WVK vorbereitenden Arbeiten (travaux préparatoires) Umstände des Vertragsschlusses dürfen nur unter engen Voraussetzungen herangezogen werden! Sonstige Auslegungsmethoden Erst-recht-Schluss (argumentum a maiore ad minus und a minore ad maius) Umkehrschluss (argumentum e contrario) usw. Gebot von Treu und Glauben keine Auslegungsregel, sondern materielle Verhaltenspflicht bei der Anwendung von Auslegungsregeln zu beachten

B.II Auslegungszuständigkeit authentische Interpretation gleichartige Praxis bei der Anwendung des Vertrages übereinstimmende Erklärung dynamische Interpretation Begriffe sind in Übereinstimmung mit der zur Zeit der Auslegung geltenden Völkerrecht zu interpretieren kann nur auf offene Begriffe Anwendung finden Mehrsprachigkeit, Art. 33 WVK Gleichrangigkeit der authentischen Vertragssprachen Amtliche Übersetzung ist völkerrechtlich nicht verbindlich

B.III Beispiel 1 (1) Artikel 1 Die Vertragsschließenden verpflichten sich gegenseitig, nach Maßgabe der nachstehenden Artikel einander Personen auszuliefern, welche von den Justizbehörden des ersuchenden Staates verfolgt oder zum Zwecke der Vollstreckung einer gerichtlich erkannten Strafe oder Maßregel der Sicherung gesucht werden. Artikel 8 (1) Das Auslieferungsersuchen ergeht auf diplomatischem Wege. (2) Ihm sind ein vollstreckbares, auf Strafe lautendes Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere gleichwertige Verfügung einer Gerichtsbehörde beizufügen. Diese Urkunden müssen eine Angabe der Tat, auf die sie sich bezieht, einschließlich des Zeitpunktes und des Ortes ihrer Begehung enthalten.

B.III Beispiel 1 (2) Artikel 9 (1) Auf unmittelbaren Antrag der Justizbehörden des ersuchenden Staates wird der Verfolgte vorläufig in Haft genommen, wenn zu befürchten ist, daß der sich der Auslieferung entziehen oder die Ermittlung der Wahrheit erschweren wird. (2) Hierzu genügt eine einfach Mitteilung, welche in schriftlicher oder sachlich gleichwertiger Form auf das Vorhandensein einer der in Abs. 2 des vorstehenden Artikels genannten Urkunde hinweist. (3) Der Antrag ist gleichzeitig auf dem diplomatischen Wege zu bestätigen. Artikel 10 (1) Die vorläufige Auslieferung kann aufgehoben werden, wenn der ersuchten Regierung nicht binnen 20 Tagen seit der Verhaftung ein der in Art. 8 Abs. 2 genannten Urkunden zugegangen ist.

B.III Beispiel 1 (3) Am 08.01.2011 wird T, der in A per Haftbefehl gesucht wird, auf Antrag der Behörden in B in Auslieferungshaft genommen Drei Tage später liegen der Behörden in B weder eine diplomatische Bestätigung noch ein förmliches Auslieferungsersuchen vor A versichert, dass beides in Vorbereitung sei Außerdem seien in der Vergangenheit Verzögerungen von bis zu drei Wochen vorgekommen und vielfach auf ein diplomatische Bestätigung ganz verzichtet worden Dürfen die Behörden in B die Freilassung des B verfügen?

B.III Beispiel 1 (4) teleologisch Umgehung des langwierigen diplomatischen Weges nachträgliche diplomatische Bestätigung genügt der Rechtssicherheit im internationalen Verkehr systematisch Art. 10 Abs. 1 vermittelt für die Auslegung von Art. 9 Abs. 3 zumindest Anhaltspunkte Ausgleich zwischen staatlichen Sicherheitsinteressen und den Interessen des Inhaftierten an einem zügigen Auslieferungsverfahrens spätere Übung Verspätung der diplomatischen Bestätigung soll nicht die Unwirksamkeit des vorläufigen Haftantrages nach sich

B.III Beispiel 2 (1) Nachdem A und B in einem Friedensvertrag nicht alle Grenzstreitigkeiten beilegen konnten, einigen sie sich, den Fall dem IGH vorzulegen Umstritten ist der Grenzverlauf bestimmter Landgebiete sowie der Rechtsstatus verschiedener Inseln und Seegebiete Article 2 The Parties request the International Court of Justice: 1. To delimit the boundary line in the zones or sections not described in Article 16 of the General Treaty of Peace of 30 October 1980. 2. To determine the legal situation of the islands and maritime spaces.

B.III Beispiel 2 (2) B behauptet, Artikel 2 erlaube dem IGH im Hinblick auf die Seegebiete lediglich eine Statusbestimmung A meint, der IGH sei berechtigt, eine endgültige Abgrenzung der strittigen Seegebiete ähnlich wie an Land vorzunehmen Eine Statusbestimmung ohne Grenzziehung verstoße gegen den Effektivitätsgrundsatz, die Streitigkeiten per Gerichtsurteil vollständig aus der Welt zu schaffen Man habe sich auch nur deshalb auf die Formulierung determine geeinigt, um eine Vorwegnahme der Rechtspositionen zu vermeiden, da die Verhandlungsführer von B keine Vollmacht für eine weiterreichende Regelung gehabt hätten Außerdem sei bereits im Friedensvertrag die gleiche Formulierung verwendet worden, in dessen Rahmen immer wieder auch über die Grenzziehung diskutiert worden sei Hat A Recht?

B.III Beispiel 2 (3) teleologisch der Verweis auf die alten Streitigkeiten bezieht sich auf Umstände des Vertragsschlusses, die nur unterstützend herangezogen werden können ohne Einigung kann die Gerichtsbarkeit des IGH nicht begründet werden systematisch unterschiedliche Wortwahl in Abs. 1 und Abs. 2 unterschiedliche Bedeutung für Inseln und Seegebiete nicht erklärbar spätere Übung Anwendung und Auslegung des Friedensvertrages hat keinen Bezug zur späteren Übung im Hinblick auf die Unterwerfungserklärung

C.I Vorbehalte - Allgemeines (1) Zweck: Universalität und Integrität völkerrechtlicher Verträge Definition, Art. 2 Abs. 1 lit. d WVK einseitige Erklärung Ausschluss oder Änderung von einzelnen Vertragsbestimmungen muss spätestens mit dem Akt eingelegt werden, der die Bindungswirkung herbeiführt Nur bei multilateralen Verträgen

C.I Vorbehalte - Allgemeines (2) Entscheidend ist der Inhalt der Erklärung, nicht deren Bezeichnung Ob inhaltlich eine Rechtsänderung oder eine unverbindliche Interpretationserklärung vorliegt, kann im Einzelfall Probleme bereiten Schriftform, Art. 23 Abs. 1 WVK ggf. förmliche Bestätigung bei Ratifikation, Art. 23 Abs. 2 WVK

C.I Vorbehalte - Allgemeines (3) negative Zulässigkeitsvoraussetzungen, Art. 19 WVK vertraglich verboten vertraglich eingeschränkt mit Ziel und Zweck des Vertrages nicht zu vereinbaren Rechtsfolge umstritten!

C.II Vorbehalte - Beispiele (1) Ausgangsfall: Die Regierungschefs der 12 Staaten darunter die Staaten A, B, C und D handeln folgenden Vertrag aus: A Artikel 1 Es herrscht Warenverkehrsfreiheit D B Artikel 2 Die Dienstleistungsfreiheit wird gewährleistet C

C.II Vorbehalte - Beispiele (2) 1. Abwandlung: Staat A nimmt bei Ratifizierung des Vertrages Waffenlieferungen aus dem Anwendungsbereich von Artikel 1 heraus. Staat D erklärt seine Zustimmung. A D? B Wie ist die Rechtslage? C

C.II Vorbehalte - Beispiele (3) Gemäß Art. 21 Abs. 1 i.v.m Art. 20 IV lit. a WVK ändert der Vorbehalt Artikel 1 im Verhältnis A D entsprechend ab. A Gemäß Art. 21 Abs. 2 WVK bleiben die anderen Vertragsbeziehungen unberührt. D B C

C.II Vorbehalte - Beispiele (4) 2. Abwandlung A legt einen Vorbehalt ein, C widerspricht diesem jedoch. A Wie ist die Rechtslage? D? B C

C.II Vorbehalte - Beispiele (5) Gemäß Art. 21 III WVK entfällt im Verhältnis A C die Vertragsbestimmung des Artikel 1. A Die Vertragsbestimmung des Artikel 2 bleibt davon unberührt. D B C

C.II Vorbehalte - Beispiele (6) 3. Abwandlung: Diesmal widerspricht Staat B nicht nur dem Vorbehalt, sondern auch dem Inkrafttreten des Vertrages. Wie ist die Rechtslage? A D? B C

C.II Vorbehalte - Beispiele (7) Gemäß Art. 20 IV lit. b 2. HS WVK tritt im Verhältnis A B der Vertrag nicht in Kraft. A D B C

C.II Vorbehalte - Beispiele (8) 4. Abwandlung: Die Einlegung eines Vorbehalts durch Staat A ruft bei den übrigen Vertragsparteien überhaupt keine Reaktion hervor. Wie ist die Rechtslage? A D? B C

C.II Vorbehalte - Beispiele (9) Gemäß Art. 20 Abs. 5 WVK gilt der Vorbehalt als angenommen. A Gemäß Art. 21 Abs. 1 WVK ändert der Vorbehalt Artikel 1 im Verhältnis von A zu allen anderen Staaten entsprechend ab. D B C