Die Wellenlängen des sichtbaren Lichts sind im

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Transkript:

KLINISCHE EVIDENZ UND VORTEILE DER FILTERUNG VON SCHÄDLICHEM LICHT In diesem Artikel werden evidenz-basierte Erkenntnisse über die Auswirkungen von schädlichem Licht vorgestellt. Auf der Grundlage von Fachliteratur und Beiträgen aus Peer- Review-Zeitschriften bieten die Autoren eine kritische Analyse der aktuellen therapeutischen Auswirkungen der gezielten Manipulation von kurzwelligem, energiereichem Licht. Mit dem Aufkommen neuer Medizinprodukte, vor allem farbloser Brillengläser, die sowohl UV-Strahlen als auch blau-violettes Licht filtern, ist dieser Bereich für die klinische Praxis und für potentielle Präventivmaßnahmen von wachsendem Interesse. Prof. Francesco Loperfido Leiter der Abteilungen Allgemeine Augenheilkunde, Arbeitsophthalmologie sowie ophthalmologische Diagnostik für Führerscheinbehörden an der Universität Vita Salute IRCCS Ospedale San Raffaele, Mailand; Berater der Commissione Difesa Vista ; Assistenzprofessor für Augenheilkunde an der Universität Vita Salute IRCCS Ospedale San Raffaele, Mailand, Italien. Dr. Alessandro Marchese Assistenzarzt für Augenheilkunde an der Universität Vita Salute IRCCS Ospedale San Raffaele, Mailand. Er arbeitet mit Dr. Loperfido in der Abteilung Allgemeine Augenheilkunde zusammen. SCHLÜSSELBEGRIFFE UV, Blauviolettlicht-induzierte Netzhautschädigungen, schädliches Licht, Tränenfilm-Dysfunktion, trockene Augen, Sehermüdung, visuelle Missempfindung, Blendung, AMD, Katarakt, Prävention durch Filterbrillengläser Die Wellenlängen des sichtbaren Lichts sind im Bereich zwischen 380 und 780 nm verortet. Beim Menschen interagieren die einzelnen Bestandteile dieses Lichtspektrums nicht nur mit den Photorezeptoren des Auges, sondern haben auch verschiedene lokale und systemische, noch nicht vollständig dokumentierte Auswirkungen. Das Thema blaues Licht findet in letzter Zeit ein breites Interesse. Als blaues Licht wird derjenige Teil des sichtbaren Lichtspektrums bezeichnet, dessen Wellenlängen in etwa zwischen 400 und 500 nm liegen. Da die Phototoxizität und die biologischen Auswirkungen der Wellen am unteren und oberen Ende dieses Bereiches signifikante Unterschiede aufweisen, ist es sinnvoller, zwischen blau-violettem Licht (400-455 nm) und Blautürkis-Licht (465-500 nm) zu unterscheiden. Kurzwelliges Licht ist im schmalen Wellenlängenbereich 415-455 nm Blauviolett-Licht sehr energiereich. Daher wurde es mit eventuellen schädlichen Auswirkungen, vor allem auf die Netzhaut, in Verbindung gebracht [1]. Die Makula ist ganz besonders anfällig für Schädigung durch energiereiche Strahlung. Der Großteil der UV-Strahlung wird von der Hornhaut und der Augenlinse absorbiert. Die übermäßige Exposition mit diesen Wellenlängen manifestiert sich vor allem in diesen Strukturen, typischerweise in Form von Photokeratitis, Bindehautveränderungen (akute Schäden) und Katarakt (chronische Schäden). Nahezu die gesamte sichtbare Strahlung durchdringt jedoch den vorderen Augenabschnitt mit geringer Abschwächung (Transmission: 85-90 %) [2, 3] und wird anschließend von der Netzhaut und dem retinalen Pigmentepithel (RPE) absorbiert. Obwohl kurzwelliges Licht am Ende des 1

Da kurzwelliges Licht im schmalen Wellenlängenbereich 415-455 nm blauviolettes Licht sehr energiereich ist, wurde es mit eventuellen schädlichen Auswirkungen, vor allem auf die Netzhaut, in Verbindung gebracht. KLINISCHE STUDIEN sichtbaren Spektrums für biologisches Gewebe weniger schädlich ist als UV-Strahlen, kann es photochemische Schäden verursachen, vor allem bei längerer und kumulativer Exposition. [4] Die Blaulicht-induzierten Schäden am RPE und an der Neuroretina wurden in mehreren [5, 6, 7] wissenschaftlichen Publikationen dokumentiert. Neuere Studien wiesen auf die Toxizität von blau-violettem Licht für die Ganglienzellen der Netzhaut hin, deren Axone den Sehnerv bilden. [8] Diese Zellen sind wegen ihrer Lage in der Netzhaut weniger gut durch die Carotinoide der Makula geschützt. Sie sind außerdem reich an Mitochondrien, die die für die kontinuierliche Generierung von Aktionspotentialen erforderliche Energie erzeugen. Die in diesen Organellen enthaltenen Chromophoren werden vor allem von blau-violettem Licht stimuliert, was ihre Funktionsweise beeinträchtigt und die Bildung von freien Sauerstoffradikalen fördert. Diese Wirkungen stellen einen wichtigen Forschungsbereich dar und bergen das Potential für neue Neuroprotektionsstrategien. Dieses Thema ist für retinale Vaskulopathien wie diabetische Retinopathie von zentraler Bedeutung. Auch die Verwendung selektiver Filter bei farblosen Brillengläsern ist eine immer zuverlässigere Methode des Netzhautschutzes. Weil kurzwellige Strahlung so energiereich ist, kann sie die zelluläre DNA schädigen, entweder direkt oder durch vermehrte Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS). Kurzwellige Strahlung ist außerdem einer der mutmaßlichen [9, 10] Risikofaktoren für Aderhautmelanome. Blau-violettes Licht und altersbedingte Makuladegeneration Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine multifaktorielle Erkrankung. Verschiedene Studien deuten auf [11, 12, 13, 14, 15, 16] einen Zusammenhang mit blauem Licht hin. Da sie die Hauptursache für Sehbeeinträchtigung bei den über 50-Jährigen ist, hat diese Pathologie erhebliche soziale Auswirkungen. [17] Es wird angenommen, dass eine längere und kontinuierliche Exposition mit kurzwelliger Strahlung zur Entstehung und Progression von AMD beitragen kann. Das Tragen von Brillengläsern, die das auf der Netzhaut auftreffende Licht selektiv filtern (vor allem am blau-violetten Ende des Spektrums), könnte sich daher als vorteilhaft erweisen. Der blau-violette Bereich hat in der Tat ein größeres phototoxisches Potential als das Blau-Türkis-Spektralband. [18] Jüngsten Berichten zufolge schränken getönte Blaulichtfilter- Intraokularlinsen (IOL) die Entwicklung von Autofluoreszenz-Anomalien im Augenhintergrund mit der Zeit ein, was bei transparenten IOLs, die nur UV-Licht filtern, nicht der Fall ist. [19] Die Fundus-Autofluoreszenz ist eine Standarduntersuchung zur frühzeitigen Diagnose von Veränderungen des RPE im Zusammenhang mit AMD. Die Ergebnisse dieser Studie stießen auf großes Interesse, obschon sie noch durch randomisierte Studien bestätigt werden müssen. Diese Veränderungen werden durch verschiedene Mechanismen ausgelöst, darunter durch die Bildung von freien Sauerstoffradikalen. Es wurde nachgewiesen, dass der IOL-Typ im vorderen Augenabschnitt signifikante Auswirkungen auf den im Glaskörper gemessenen oxidativen Stress hat. Bei Kernkatarakt kommt es zu einer Gelbfärbung der Augenlinse, die deren Fähigkeit, blaues Licht zu filtern, um 60 % [20] steigert. Der auf die Netzhaut einwirkende oxidative Stress ist bei Patienten mit Kernkatarakt bedeutend geringer als bei Patienten mit transparenten IOLs, die lediglich UV-Strahlen abblocken. [21] Blau-violettes Licht und Brechung Der Nutzen der Blauviolettlicht-Absorption bleibt nicht auf den weitgehenden Schutz der Netzhaut und des RPE beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Sehqualität. Das Auge ist ein komplexer dioptrischer Apparat und die durch ihn hindurchtretenden Lichtstrahlen werden gestreut, bevor sie die Netzhaut erreichen. Die Bestandteile eines weißen Lichtbündels werden je nach Wellenlänge unterschiedlich abgelenkt, was zu chromatischen Aberrationen führt. Dies liegt daran, dass der Brechungsindex www.pointsdevue.com 2

Es wird angenommen, dass die langfristige, kontinuierliche Exposition mit kurzwelligem Licht zur Entwicklung und Progression von AMD beiträgt. eines lichtführenden Mediums je nach den durch das Medium hindurchtretenden Wellenlängen differiert. Je kürzer die Wellenlänge, desto stärker die Brechung. Dieses Prinzip entspricht der Entstehung von Regenbögen, bei denen kleine Wassertropfen in der Luft wie mikroskopische Prismen wirken. Die Absorption von blauem Licht durch spezielle Brillengläser reduziert die chromatischen Aberrationen und verbessert damit die Abbildungsschärfe. Bei Patienten mit instabilem Tränenfilm sind die Auswirkungen auf die Sehqualität noch deutlicher. Es ist bekannt, dass Patienten mit trockenen Augen und instabilem Tränenfilm eine geringere Sehschärfe haben. [22] Dies erklärt sich dadurch, dass die Lichtstrahlen stärker gestreut werden, wenn sie durch einen unregelmäßigen Tränenfilm hindurchtreten; diese Streuung erhöht sich noch bei kurzwelligem Licht. Besagte Aberrationen führen zur Wahrnehmung verschwommener Bilder, verstärken die Sehermüdung und die Lichtbelastung und führen letztlich zu Kopfschmerzen und Epiphora. Da blau-violettes Licht der kritischste Teil des sichtbaren Spektrums ist, der derartige Aberrationen hervorruft, dürfte das Herausfiltern dieser Lichtanteile den Sehkomfort verbessern. Dies wird untermauert durch eine neuere Studie, die ergab, dass Patienten mit instabilem Tränenfilm bei Sehschärfetests besser abschneiden, wenn sie Brillengläser mit Blau-Violett-Filter tragen. [23] Eine andere Studie kam zu dem Ergebnis, dass Brillengläser mit Blaufilter sowohl ABB.1 Prof. Loperfido mit einem Patienten 3

Die Absorption von blauem Licht durch spezielle Brillengläser reduziert die chromatischen Aberrationen und verbessert damit die Abbildungsschärfe. Blendung als auch Lichtstress bei länger anhaltender Exposition mit starkem Licht reduzieren können. [24] Farblose Brillengläser mit diesen Filtereigenschaften würden getönte Gläser in Situationen überflüssig machen, in denen die Lichtbelastung besonders groß ist, wie nach einer Kataraktoperation. Mit diesen Studien wurde auch nachgewiesen, dass Filter, die kurzwelliges Licht abblocken, signifikante und messbare klinische Effekte hervorrufen können, auch dann, wenn sie in Brillengläsern integriert sind. In optischer Hinsicht wird daher die Fähigkeit, blau-violettes Licht selektiv zu filtern, wahrscheinlich von Vorteil sein, denn sie trägt dazu bei, die Sehqualität zu verbessern, ohne die Funktionsweise der Zapfen und Stäbchen signifikant zu beeinträchtigen. [25] Das skotopische und photopische Sehen wäre praktisch unverändert. Die Erhaltung des Nachtsehens ist ein wesentliches Erfordernis bei Dauertragelinsen. Die Anzahl der Stäbchenzellen in der Netzhaut nimmt mit dem Alter ab, wogegen die Anzahl der Zapfen das ganze Leben lang relativ konstant bleibt. [26] Dieses Phänomen erklärt die nachlassende Fähigkeit zur Dunkeladaptation und die von so vielen Erwachsenen geschilderten Nachtsehprobleme. Die zwei Seiten des blauen Lichts Brillengläser, die kurzwelliges Licht filtern, schützen zwar die Netzhaut vor den schädlichen Auswirkungen der Lichtexposition und reduzieren chromatische Aberrationen, doch würde die nichtselektive Abschwächung des Blaulicht- Spektrums die positiven Effekte des blauen Lichts neutralisieren. Viele Studien haben in der Tat gezeigt, dass Blau-Türkis-Licht einer der wichtigsten Regulatoren des circadianen Rhythmus ist, der an den chronobiologischen Funktionen beteiligt ist, wobei die Melanopsin-Stimulation bei 482 nm einen Spitzenwert erreicht. [27] Dieses Photopigment ist nicht an der Erzeugung visueller Signale beteiligt, sendet aber Impulse an die neurosekretorischen Zellkerne, die den circadianen Rhythmus durch die Freisetzung von Mediatoren wie Melatonin regulieren. Tagsüber fördert die Exposition mit blau-türkisfarbenem Licht die Wachheit, verbessert die Reaktionszeiten und reguliert die Stimmungslage. [28] Da blaues Licht pathologische, aber auch physiologische Eigenschaften hat, würde ein ideales ungetöntes Brillenglas daher die schädlichen Wirkungen von blau-violettem Licht ausschalten und gleichzeitig die mit Blau-Türkis-Licht verbundenen Funktionen aufrechterhalten. Im Rahmen einer Studie über getönte (gelbe) IOLs wurden die biologischen Wirkungen dieser Linsen analysiert und der Punkt, an dem Lichtschutz und Lichtexposition ins Gleichgewicht kommen, bei 445 nm verortet. [27] Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass nicht alle IOLs mit Blaufilter gleichwertig sind: Es bestehen große Abweichungen hinsichtlich Menge und Art des von diesen Implantaten gefilterten Lichts. Die Fähigkeit, blau-violettes Licht selektiv zu filtern, könnte sich als vorteilhaft erweisen. Fazit In den letzten Jahren ergaben sich zunehmend fundierte Belege für den Nutzen einer reduzierten Exposition mit blau-violettem Licht. Davon würden ganz besonders Patienten profitieren, bei denen eine Destabilisierung des Tränenfilms und Augentrockenheit bestehen (insbesondere in Verbindung mit der längeren Benutzung digitaler Geräte und der intensiven Exposition mit Tageslicht), außerdem Patienten mit Makulaschäden oder einer entsprechenden KLINISCHE STUDIEN www.pointsdevue.com 4

Familienanamnese und Patienten, die einer zusätzlichen neuroprotektiven Behandlung bedürfen. Das Risiko wiederholter und längerer Exposition mit Blaulichtquellen hat sich in den letzten Jahren erhöht. Dazu tragen mehrere Faktoren bei, namentlich der weitverbreitete Gebrauch von Energiesparlampen wie LEDs und die intensive Benutzung von Tablets und Computern. Theoretisch kann die Blaulichtfilterung die kumulativen Schäden in Verbindung mit chronischer Blaulicht-Exposition reduzieren, beispielsweise durch die Integration von Filtern in die Lichtquellen selbst oder durch individuellen Lichtschutz. Letztere Lösung könnte bei Katarakt-OP- Patienten durch getönte IOLs und bei allen anderen Patienten durch Brillengläser umgesetzt werden. Die Integration selektiver Blau-Violett-Filter in herkömmliche farblose Brillengläser bietet zahlreiche ästhetische und funktionale Vorteile. Die meisten am Markt erhältlichen ungetönten Brillengläser besitzen Oberflächenvergütungen, die blau-violettes Licht filtern. Seit kurzem gelangen aber auch hoch transparente und ästhetisch optimierte Brillengläser mit eingearbeitetem UV- und Blau-Violett- Lichtfilter auf den Markt. KERNPUNKTE Die schädlichen Effekte kurzwelligen energiereichen Lichts, vor allem von UV-Strahlen und blauviolettem Licht, wurden von umfangreicher, fachlich begutachteter Literatur eindeutig belegt. UV- und Blau-Violett-Filterung hat nicht nur den Vorteil, den vorderen Augenabschnitt und die Netzhaut besser zu schützen sie verbessert auch die Sehqualität. Brillengläser mit Blau-Violett-Filter können Blendung und Lichtstress bei längerer Exposition mit starkem Licht reduzieren. Folgender Patientenkreis kann von Brillengläsern mit Blau-Violett-Filter besonders profitieren: - Patienten mit dysfunktionalem Tränenfilm und trockenen Augen, vor allem, wenn dies mit längerem Gebrauch digitaler Geräte und starker Lichteinstrahlung verbunden ist, - Patienten mit Makulaschäden oder entsprechender Familienanamnese, - Patienten, die einer zusätzlichen neuroprotektiven Behandlung bedürfen. Die auf den Markt kommenden neuen Brillengläser spiegeln das wachsende Interesse an der klinischen Umsetzung der Lichtfilterung zur Verbesserung des Sehkomforts und/oder als potentielle Präventivmaßnahme wider. LITERATURHINWEISE 1. Arnault E, Barrau C, Nanteau C, et al. Phototoxic action spectrum on a retinal pigment epithelium model of age-related macular degeneration exposed to sunlight normalized conditions. PLoS ONE. 2013;8(8):e71398 2. Lerman S: Biophysical aspects of corneal and lenticular transparency. Curr Eye Res 1984; 3(1):3-14. 3. 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