LANDGERICHT BERLIN. Im Namen des Volkes. des Rechtsanwalts Lukas Richter, Hanns-Eisler-Str.1, 10409 Berlin - Klägers. Goltzstr.



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Transkript:

1 LANDGERICHT BERLIN Im Namen des Volkes Geschäftsnummer: 11 O 300/12 In dem Rechtsstreit des Rechtsanwalts Lukas Richter, Hanns-Eisler-Str.1, 10409 Berlin - Klägers Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Bach, Bertram, Struss, Goltzstr. 45,10781 Berlin, gegen Herrn Stefan Höllera, Fischerhüttenstr. 11 b, 14163 Berlin, - Beklagten Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt David Grün, Neue Schönhauser Str. 13, 10178 Berlin hat die Zivilkammer 11 des Landgerichts Berlin, Tegeler Weg 17-21,10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Peters als Einzelrichter für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. (erlassen) 1

2 Tatbestand Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines vom Beklagten beim Kläger vollstreckten Betrags. Nachdem der als Rechtsanwalt tätige Kläger infolge seiner Beratung des Beklagten in einer familien- und erbrechtlichen Angelegenheit vor dem Landgericht Berlin zum Az. 11 O 12/09 mit Urteil vom 17.07.2009 dem Grunde nach zum Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung des Anwaltsvertrags mit dem Beklagten verurteilt, die von ihm hiergegen eingelegte Berufung mit Urteil des Kammergerichts vom 11.01.2010 zum Az. 15 U 288/09 zurückgewiesen worden und am 07.03.2010 ein Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin zu Lasten des Klägers im Umfang von 4.755,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2010 ergangen war, schlossen die Parteien im fortgesetzten o.a. Verfahren vor dem Landgericht Berlin am 03.06.2011 folgenden Vergleich: 1. Der Beklagte (d.h. der jetzige Kläger) zahlt an den Kläger (d.h. den jetzigen Beklagten) zur Abgeltung seines Schadensersatzanspruchs 40.000,00, fällig am 1.7.2003. Ab diesem Zeitpunkt ist die zu zahlende Summe in Höhe von 40.000,00 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. 2. Damit sind alle Ansprüche des Klägers aus der Verletzung des Anwaltsvertrags (Verjährenlassen des Zugewinnausgleichsanspruchs) erledigt, gleichgültig ob sie in diesem Prozess angesprochen worden sind oder nicht. 3. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben. Ende Juni 2011 zahlte der Kläger an den Beklagten 40.000,00. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Kläger durch den Gerichtsvollzieher am 26.08.2012 zugestellt. Der Kläger meint, der streitgegenständliche Kostenerstattungsanspruch des Beklagten 2

3 werde von Ziffer 2 des Vergleichs mit erfasst, weil mit dem Abschluss des Vergleichs eine umfassende Streiterledigung beabsichtigt gewesen sei und bestünde daher nicht mehr; jedenfalls aber hätten sich die Parteien in Ziffer 3 auch über die bereits rechtskräftig festgestellten Kosten der Berufungsinstanz einigen wollen. Im Übrigen sei der Anspruch des Beklagten angesichts des bereits am 07.03.2010 erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlusses inzwischen verjährt. Wegen der fortdauernden Untätigkeit des Beklagten über diesen Zeitraum bis zur Zustellung beruft er sich des Weiteren auf Verwirkung. Er hat mit am 02.09.2012 bei Gericht eingegangener und am 07.09.2012 zugestellter Klage zunächst beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 07.03.2010 Az. 11 O 12/09 für unzulässig zu erklären. Nachdem am 27.09.2012 die Pfändung in Höhe von insgesamt 5.722, 53 (4.755,30 Kosten + 842,73 Zinsen + 124,50 Vollstreckungskosten) durchgeführt worden und ihm die vollstreckbare Ausfertigung des Titels nebst Quittung ausgehändigt worden ist, beantragt er nunmehr gemäß dem Beklagten am 05.10.2012 zugestellten Schriftsatz, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.722,53 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte widerspricht der Änderung des Klageantrags und ist der Ansicht, diese sei unzulässig; auch der ursprüngliche Antrag sei mangels sachlicher Zuständigkeit des Landgerichts unzulässig. Letzterer habe sich jedenfalls durch die erfolgte Vollstreckung erledigt, so dass dem Kläger insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. In der Sache stellt er in Abrede, dass die Parteien den Anspruch auf Kostenerstattung 3

4 im Vergleich geregelt hätten. Für eine Verwirkung mangele es am Vorliegen des Umstandsmoments. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Soweit der Kläger nunmehr anstelle der ursprünglichen Vollstreckungsgegenklage die Zahlung des gepfändeten Betrags von 5.722,53 begehrt, ist der geänderte Antrag zulässig. Zwar hat sich der Beklagte ausweislich der im Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß 137 Abs. 3 S. 1 ZPO erklärten Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 14.10.2012 nicht auf die geänderte Antragstellung eingelassen, sondern auf die dortige Rüge bezogen, so dass eine Einwilligung in eine Klageänderung i.s.v. 263, 267 ZPO nicht vorliegt. Darauf kommt es indes nicht an, weil es sich hier um eine so genannte privilegierte Klageänderung gemäß 264 Nr. 3 ZPO handelt, die einer solchen Einwilligung nicht bedarf. Denn die gemäß 794 Abs. 1 Nr. 2, 795 Satz 1, 767 Abs.1 ZPO zunächst erhobene Vollstreckungsgegenklage ist unzulässig geworden, nachdem dem Kläger die vollstreckbare Ausfertigung des Titels ausgehändigt und der Beklagte hinsichtlich seines Anspruchs und der Vollstreckungskosten (788 ZPO) befriedigt worden ist. Mit vollständiger Befriedigung des titulierten Anspruchs einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung und der Aushändigung der vollstreckbaren Ausfertigung sowie der Erteilung einer Quittung ist die Zwangsvollstreckung beendet und das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsgegenklage entfallen. Folglich liegt in der Beendigung der Zwangsvollstreckung eine später eingetretene Veränderung i.s.v. 264 Nr. 3 ZPO bei gleichbleibendem Klagegrund nämlich der dem Titel zugrunde liegenden Forderung vor, die die bloße Änderung des Klageantrags ohne weiteres rechtfertigt. Für die geänderte Klage im Umfang von 5.722,53 ist das angerufene Gericht sachlich zuständig ( 23 Ziff. 1, 71 GVG), während für die ursprünglich erhobene 4

5 Vollstreckungsgegenklage die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts aus 767 Abs. 1, 802 ZPO gegeben war. Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich aus dem Umstand, dass im Falle einer wie hier bereits beendeten Zwangsvollstreckung die spezielle Klageart des 767 ZPO nicht mehr einschlägig ist, so dass dem Kläger diese Möglichkeit, den Anspruch geltend zu machen, eben nicht mehr zur Verfügung steht. Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil auch die ursprünglich nach 767 ZPO erhobene Zwangsvollstreckungsgegenklage nicht begründet war. Dem Kläger steht ein Anspruch aus 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion) nicht zu. Zwar hat der Beklagte durch die seitens der Gerichtsvollzieherin gemäß 815 ZPO erfolgte Ablieferung des vollstreckten Betrags an ihn nicht durch Leistung, sondern auf sonstige Weise, nämlich den vorbezeichneten staatlichen Hoheitsakt, Eigentum hieran erlangt. Dies geschah aber nicht ohne Rechtsgrund. Dieser liegt allerdings nicht bereits in dem Umstand, dass die Vollstreckung aufgrund des rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 26.08.2012 durchgeführt wurde; denn allein der Einwand, dass der Vollstreckungstitel materiell unrichtig ist, genügt hierfür nicht. Die Durchbrechung der Rechtskraft eines Vollstreckungstitels findet gemäß 826 BGB nur ausnahmsweise statt, wenn der Vollstreckungsgläubiger eine falsche Entscheidung vorsätzlich durch eine sittenwidrige Manipulation herbeigeführt hat oder ein nicht erschlichenes Urteil in Kenntnis seiner Unrichtigkeit nachträglich sittenwidrig ausnützt. Dafür sind hier auf Seiten des Beklagten keine Anhaltspunkte erkennbar. Aber der Erfolg eines wie hier - nach Beendigung der Zwangsvollstreckung geltend gemachten Bereicherungsanspruchs wegen angeblich zu Unrecht vollstreckter Beträge (sog. verlängerte Vollstreckungsgegenklage) hängt zwingend davon ab, ob vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Vollstreckungsgegenklage begründet gewesen wäre. Denn andernfalls wäre die Leistung des Schuldners an den Gläubiger mit Rechtsgrund erfolgt. Es kommt also darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die von dem Kläger erhobene Vollstreckungsgegenklage im Zeitpunkt der im 5

6 Laufe des vorliegenden Rechtsstreits eingetretenen Beendigung der Zwangsvollstreckung begründet war oder nicht. Diese vom Kläger ursprünglich angekündigte Vollstreckungsgegenklage war angesichts der von diesem geltend gemachten materiellen Einwendungen des Erlöschens, der Verjährung und der Verwirkung nach 794 Abs. 1 Nr. 2, 795 S. 1, 767 Abs. 1 ZPO statthaft. Ferner war das angerufene Gericht gemäß 794 Abs. 1 Nr. 2. 795 S. 2, 767 Abs. 1, 802 ZPO ausschließlich zuständig. Sie war jedoch unbegründet. Zwar präkludiert analog 767 Abs. 2 ZPO auch eine vorangegangene Vollstreckungsgegenklage diejenigen Einwendungen, die in jenem Prozess hätten geltend gemacht werden können; vorliegend handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vollstreckungstitel jedoch um einen Kostenfestsetzungsbeschluss, auf den 767 Abs. 2 ZPO keine Anwendung findet, weil im Kostenfestsetzungsverfahren - anders als beim Gebührenfestsetzungsbeschluss nach 11 RVG - streitige Einwendungen des Schuldners nicht berücksichtigt werden können. Im Übrigen wurde der Vergleich vom 03.06.2011 nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 07.03.2010 geschlossen, so dass der Kläger mit den geltend gemachten Einwänden nicht ausgeschlossen ist. Sie greifen allerdings im Ergebnis nicht durch, weil der im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte Anspruch im Zeitpunkt der Pfändung noch bestand. Er ist entgegen der Auffassung des Klägers - nicht durch den am 03.06.2011 geschlossenen Vergleich erloschen. Die in Ziff. 2 des Vergleichs enthaltene Erledigungsklausel für alle Ansprüche könnte zwar grundsätzlich auch nicht ausdrücklich benannte Ansprüche der Parteien betreffen; sie bezieht sich indes ihrem Wortlaut nach auf solche aus der Verletzung des Anwaltsvertrags und damit ersichtlich auf aus materiellem Recht herzuleitende Schadensersatzansprüche des Beklagten, während der in Rede stehende 6

7 Kostenerstattungsanspruch auf der Klageerhebung des Beklagten infolge der Verletzung des Anwaltsvertrags beruht. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass gerade die im Rechtsstreit entstandenen Kosten von den Parteien gesondert in Ziff. 3 des Vergleichs geregelt worden sind. Ob die im Prozessvergleich der Parteien in Ziff. 3 enthaltene Vereinbarung der Kostenaufhebung auch die durch Beschluss vom 07.03.2010 festgesetzten zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens mit umfasst, ist durch Auslegung dieses Vergleichs ( 133, 157 BGB) festzustellen. Die Formulierung "Kosten des Rechtsstreits" umfasst dabei grundsätzlich die gesamten in diesem Rechtsstreit angefallenen Kosten und damit ebenfalls die Kosten eines vorausgegangenen Rechtsmittelverfahrens. Ob dies auch gilt, wenn diese Kosten bereits anderweitig rechtskräftig ausgeurteilt und festgesetzt sind, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach einer Ansicht erfasst die Regelung eines gerichtlichen Vergleichs, wonach die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden, nicht ohne weiteres die in einem anderen Verhältnis verteilten Kosten einer auch im Kostenpunkt rechtskräftig entschiedenen Berufung gegen ein dem Vergleich vorausgegangenes Urteil. Diese Kosten seien vielmehr nur im Falle einer ausdrücklichen Einbeziehung in die Vergleichsregelung mit umfasst (OLG Frankfurt v. 28.07.1980-20 W 389/80, JurBüro 1981, 451; OLG München v. 07.05.1982-11 W 1268/82, MDR 1982, 760; OLG Stuttgart v. 30.08.1989 8 W 383/89, MDR 1989, 1108). Nach anderer Ansicht ändert eine in einem Vergleich enthaltene Kostenregelung auch im vorhergehenden Verlauf des Rechtsstreits ergangene Kostenentscheidungen grundsätzlich ab, sofern nicht ausdrücklich vereinbart wird, dass der Vergleich bereits festgesetzte Kosten unberührt lässt (OLG Hamburg v. 21.11.1995-8 W 266/95, JurBüro 1996, 593; OLG Koblenz v. 01.09.2005-14 W 562/05, MDR 2006, 357). Letztlich ist aber davon auszugehen, dass die Parteien, die sich bei der Kostenregelung im Vergleich ("gegeneinander aufgehoben") der Formulierung des 98 ZPO bedienen, im Zweifel das vereinbaren wollen, was nach 98 Satz 2 ZPO der Regelfall ist, also die Aufhebung der Kosten nur in dem Umfang, "soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist". Zwar sind Vereinbarungen der Parteien gegenüber der Regelung des 98 7

8 Satz 2 ZPO vorrangig ("soweit nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben"). Dass eine derartige Vereinbarung im Streitfall vorliegt also die vergleichsweise Regelung auch die bereits rechtskräftig beschiedenen Kosten des Berufungsverfahrens mit umfassen sollte ist indes streitig. Allein aus der im Vergleich vereinbarten Formulierung "Kosten des Rechtsstreits" folgt dies nicht zwingend, zumal 98 Satz 2 ZPO insoweit gerade differenziert (vgl. hierzu OLG Nürnberg v. 03.11.2009 12 W 2020/09,.MDR 2010, 45). Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien bei Vergleichsschluss auch die bereits rechtskräftig beschiedenen Kosten des vorausgegangenen Berufungsverfahrens mit regeln wollten, sind mithin nicht vorgetragen oder erkennbar. Auch die Einrede der Verjährung greift nicht durch, weil rechtskräftig festgestellte Ansprüche erst in dreißig Jahren verjähren ( 214, 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Der Tatbestand der Verwirkung i.s.v. 242 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten und darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Voraussetzung für die Verwirkung ist also zunächst das so genannte Zeitmoment, wonach seit Eintritt der Fälligkeit eine gewisse Zeit vergangen sein muss, ohne dass der Gläubiger den Anspruch geltend gemacht hat. Dessen Vorliegen kann angesichts der zweijährigen Untätigkeit des Beklagten zu Gunsten des Klägers unterstellt werden. Aufgrund des bloßen Zeitablaufes ist aber die Annahme, dass für den Verpflichteten ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, nicht möglich. Zu dem Zeitmoment muss ein gewisses Umstandsmoment hinzukommen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, dass der Schuldner bereits darauf vertrauen durfte, dass der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend macht. Reine Untätigkeit des Gläubigers reicht für das Schaffen des Vertrauenstatbestandes nicht aus, da diese bereits im Rahmen des Zeitablaufs berücksichtigt wird. Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt vielmehr in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung. Dafür fehlt im vorliegenden Fall jeglicher Anhaltspunkt. 8

9 Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten aus 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen einer Pflichtverletzung aus dem durch den Vergleich zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnis nicht zu. Wenngleich der Prozessvergleich aufgrund seiner Doppelnatur nicht nur Prozesshandlung, sondern auch materielles Rechtsgeschäft und somit Gegenstand gegenseitiger Pflichten ist, fehlt es hier aufgrund der oben dargestellten fehlenden Erfassung der vom Kostenfestsetzungsbeschluss geregelten Kosten im Vergleich an einer Verletzung dieses Schuldverhältnisses durch die vom Beklagten durchgeführte Vollstreckung. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus 823 Abs. 1 BGB scheidet gleichermaßen aus; zwar hat der Beklagte infolge der Ablieferung des vollstreckten Betrags gemäß 815 Abs. 1 ZPO durch Hoheitsakt Eigentum an diesem erlangt, wobei dahin stehen kann, ob sich dieser Vorgang als Eigentumsverletzung des Klägers darstellt. Er ist angesichts der Tatsache, dass der Kostenerstattungsanspruch vom Vergleich nicht berührt wird, allerdings nicht widerrechtlich geschehen. Da es ferner wie oben bereits ausgeführt an einer Schädigungsabsicht des Beklagten fehlt, kommt ein die Rechtskraft des Vollstreckungstitels durchbrechender Anspruch auf Schadensersatz aus 826 BGB gleichfalls nicht in Betracht. Die Kostenentscheidung beruht auf 91 Abs. ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist erlassen. Peters RiLG als Einzelrichter 9