Ein neues Einwanderungsgesetz für Deutschland?



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Geschäftsstelle Müllerstraße 163 13353 Berlin Tel. 030 4692-238 Ein neues Einwanderungsgesetz für Deutschland? von Hilde Mattheis MdB Vorsitzende DL 21 Stand: März 2015 Hilde Mattheis MdB

INHALT Vorwort von Hilde Mattheis, MdB und Daniela Kolbe, MdB I. Aktuelle Rechtslage II. Positionspapier Thomas Oppermann zum Einwanderungsgesetz III. Migrationsbericht 2013 der Bundesregierung IV. Einwanderungspolitik und -recht in verschiedenen Ländern V. Mediendienst Integration Vorbild Kanada? VI. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Was Deutschland von Kanada lernen kann VII. FES Zuwanderung aus Südosteuropa / Sozialtourismus VIII. Presseschau Hilde Mattheis, MdB 2

Vorwort von Hilde Mattheis, MdB, DL21-Bundesvorsitzende Liebe Genossinnen und Genossen, Deutschland ist ein Einwanderungsland. Es hat lange Jahre gebraucht, bis sich diese Erkenntnis in Politik und Gesellschaft als Fakt durchgesetzt hat. Daraus folgt, dass unser Land Einwanderung will und Einwanderung braucht, um verschiedene Probleme im Inland wie den demografischen Wandel oder den Fachkräftemangel und im Ausland wie hohe Arbeitslosenraten oder Konflikte und Krisen abzufedern oder zu lösen. Daher wollen wir Bedingungen schaffen, mit denen EinwandererInnen schnell und unkompliziert einreisen können und sich bei Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung einfach integrieren können. Deutschland ist heute ein vergleichsweise attraktives Wanderungsziel. Nach dem kürzlich erschienen Migrationsbericht der Bundesregierung hat die Wanderungsbewegung 2013 einen neuen Höchststand erreicht: Der Wanderungsgewinn lag bei 450.000 Menschen, da sehr viel mehr Menschen nach Deutschland ein- als auswanderten. Rund Zwei Drittel der Eingewanderten stammen aus Ländern der Europäischen Union und fallen damit rechtlich unter die Regelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die inzwischen in der gesamten Union gilt. Für alle EinwanderInnen, die aus einem Nicht-EU-Staat zu uns kommen, gilt das 2005 verabschiedete Zuwanderungsgesetz, das regelt, unter welchen Umständen Eingewanderte eine Aufenthaltsgenehmigung für Arbeit, Studium oder Familienzusammenführung erhalten. Um diese Regelungen gab und gibt es Streit, zum Beispiel da ursprünglich für den Nachzug des Ehegattens Sprachkenntnisse Voraussetzung waren eine Regelung, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2014 kippte. Zudem gibt es mit der Blauen Karte EU (EU blue card) derzeit ein System, um hochqualifizierte ArbeitnehmerInnen anzulocken. Zugewanderte erhalten eine solche Karte, wenn sie ein Hochschulstudium und einen Arbeitsvertrag mit einem Jahresgehalt von mindestens 47.600 Euro nachweisen. Die Wirkung des Instruments ist umstritten, da je die bisherigen Regelungen als zu restriktiv gelten. Andererseits wird argumentiert, dass seit 2012 mehr als 20.000 Hochqualifizierte eine blue card in Anspruch genommen haben. Nicht zuletzt deswegen gibt es Forderungen nach einem neuen Einwanderungsgesetz, dass möglichst unkompliziert und unbürokratisch Einwanderung nach Deutschland steuert. Der SPD- Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann hat dafür ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild ins Spiel gebracht und dazu ein Positionspapier veröffentlicht. Ihr findet dies ebenfalls in diesem Reader. Kanada wird bereits seit Jahren von vielen PolitikerInnen als Vorbild gesehen, da es dem Land angeblich gelingt, Einwanderung bedarfsgerecht zu steuern und vor allem Hochqualifizierte anzuziehen. Andererseits musste Kanada sein Einwanderungsrecht wegen Fehlentwicklungen mehrmals reformieren, zuletzt zu Beginn dieses Jahres. Wir das Forum DL21 wollen dieses Thema kritisch und konstruktiv begleiten, da es für unsere Partei wichtig ist, dass wir ein modernes, progressives und solidarisches Einwanderungsrecht erarbeiten, welches allen Menschen, die eine bessere Zukunft suchen, eine Chance auf ein Leben in Deutschland ermöglicht. Im Folgenden haben wir euch Informationen zum derzeitigen Einwanderungsrecht, zu den aktuellen Migrationszahlen und Bewertungen für Reformideen zusammengestellt. Eure Hilde Mattheis, MdB Vorsitzende Forum DL21

Zur Debatte über ein Einwanderungsgesetz von Daniela Kolbe, MdB, stellvertretende Vorsitzende DL21 Die SPD-Bundestagsfraktion hat dankenswerterweise in den letzten Wochen eine Debatte über ein Einwanderungsgesetz angestoßen. Es ist wohl unbestreitbar, dass unser Land in der Vergangenheit von Einwanderung profitiert hat und in Zukunft massiv auf diese angewiesen sein wird. Auch vor diesem Hintergrund findet derzeit ein Paradigmenwechsel im Flüchtlingsrecht stattgefunden. Wo Asylsuchende über Jahrzehnte aus dem öffentlichen Leben herausgehalten wurden und nach abgelehntem Antrag über viele Jahre ohne Arbeitsmarktzugang im unsicheren Duldungsstatus verharrten, können sie sich nunmehr nach drei Monaten frei bewegen und haben zumeist Zugang zum Arbeitsmarkt. Sprachkurse und eine bessere Gesundheitsversorgung stehen als nächstes auf der politischen Agenda. Gleichzeitig macht die xenophobe/rassistische GIDA-Bewegung deutlich, dass der gesellschaftliche Diskurs längst nicht an einem Punkt ist, der Einwanderung unumwunden als positives Phänomen kennzeichnet. Die Bestrebungen verschiedener Wirtschaftsverbände, Einwanderung lediglich an Nützlichkeitserwägungen zu orientieren, stellt dabei das andere Ende des diskutierten Spektrums dar. Als SPD-Linke tun wir gut daran, den stattfindenden Diskurs aktiv zu begleiten und für unsere Positionen einzutreten: - Eine antirassistische Grundhaltung in der Bevölkerung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Einwanderung gelingen kann. In diesem Bereich ist noch viel zu tun. Die Aufstockung der Programme gegen Rechtsextremismus im BMFSFJ ist dabei ein sehr ermutigendes Zeichen. - Einwanderung trifft dann auf Akzeptanz, wenn auch die Potentiale der hier lebenden Menschen genutzt werden. Wir wollen kein Kind zurücklassen, Alleinerziehende besser unterstützen und für gute Arbeitsbedingungen kämpfen. - Bei den Potentialen der hier Lebenden haben wir nicht nur junge Menschen ohne Ausbildung, Frauen und Ältere im Blick, sondern auch diejenigen Migrant(-inn)en, die schon in Deutschland leben und aus strukturellen Gründen bisher oft weniger Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt hatten. Ein diskriminierungsfreier Zugang zum Arbeitsmarkt und eine qualifikationsadäquate Beschäftigung sind unser Ziel. - Den Rechtsstatus vieler hier lebender Migrant(-inn)en und ihre faktischen Chancen wollen wir verbessern. Dazu gehören für uns Sprachkurse für Asylsuchende, ihre bessere Vermittlung in den Arbeitsmarkt, signifikante Verbesserungen im Bleiberecht, der Wegfall des Spracherwerb vor Ehegattennachzug und viele andere Punkte mehr. - Einwanderung zu steuern und an den Gegebenheiten des lokalen Arbeitsmarktes und der hier Lebenden zu orientieren, ist legitim. Gleichwohl stellen wir uns einer Debatte entgegen, die Einwanderung lediglich nach Nützlichkeitserwägungen diskutiert. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht, die Freizügigkeit ein konstitutiver Grundwert der EU. Dass Menschen Schutz suchen oder ihr Glück in anderen Ländern machen wollen, muss möglich sein, ohne dass sie ihr Leben und das Leben ihrer Familien an den Grenzen Europas aufs Spiel setzen.

- In der Debatte zur Einwanderung haben wir nicht nur unser Land im Blick, sondern auch die Interessen der Herkunftsländer. Wir wollen brain drain verhindern und sehen zugleich die positiven Aspekte zirkulärer Migration für die Herkunftsländer (brain gain). Zusammenfassung: Wege für mehr Einwanderung zu öffnen ist ein begrüßenswerter Weg, den wir aktiv begleiten. Auch ein Punktesystem kann dabei eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie bestehende Migrationswege zu erweitern. Es gibt aber nicht den einen goldenen Weg, der bestehende Probleme bewältigt. Für uns ist wichtig, die rechtlichen Möglichkeiten zur Einwanderung zu öffnen, transparent zu regeln und den gesellschaftlichen Diskurs weiter voran zu treiben. Wir wollen rassistischen Bestrebungen die Stirn bieten, Nützlichkeitsdiskurse eindämmen und die Lebenschancen derjenigen, die bereits in Deutschland leben ebenso in den Blick nehmen, wie die derjenigen, die neu zu uns kommen wollen. In einem solchen Gesamtkontext kann die derzeitige Einwanderungsdebatte zu einem progressiven Projekt werden, das unsere Gesellschaft insgesamt voranbringt.

I. Aktuelle Rechtslage: Zuwanderungsgesetz 2005 Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz (im Folgenden Aufenthaltsgesetz / AufenthG) enthält Vorschriften zu Einreise und Aufenthalt von Ausländern in das Bundesgebiet, zu möglichen Aufenthaltszwecken sowie zur Aufenthaltsbeendigung und zum Asylverfahren. Am 28. August 2007 ist die Reform des Zuwanderungsgesetzes in Kraft getreten. Kernpunkte der Reform sind die Umsetzung von elf aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien der Europäischen Union, Regelungen zur Bekämpfung von Schein- und Zwangsehen, eine Stärkung der inneren Sicherheit, die Umsetzung staatsangehörigkeitsrechtlicher Beschlüsse der Innenministerkonferenz, die Erleichterung des Zuzugs von Firmengründern sowie vor allem Maßnahmen zur Förderung der Integration von legalen Zuwanderern. Aufenthaltstitel Das AufenthG bestimmt erstmals das Visum als eigenständigen Aufenthaltstitel. Bedeutung hat diese Regelung für kurzfristige Aufenthalte: das Visum begründet jetzt ausdrücklich eine Aufenthaltsberechtigung; nach dem früheren Ausländergesetz galt dies nur für Aufenthaltstitel, die nach der Einreise innerhalb Deutschlands erworben wurden. Für längerfristige Aufenthalte wird nur noch zwischen der (befristeten) Aufenthaltserlaubnis und der (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis unterschieden. Zur erstmaligen Einreise ist nach wie vor ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das dann in Deutschland in eine Aufenthalts- bzw. eine Niederlassungserlaubnis umgewandelt wird. Eine Aufenthaltserlaubnis wird für die im Gesetz genannten möglichen Aufenthaltszwecke (Ausbildung, Erwerbstätigkeit, völkerrechtliche, humanitäre oder politische sowie familiäre Gründe) erteilt. Eine Niederlassungserlaubnis wird erteilt, wenn ein Ausländer seit fünf Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und weitere Voraussetzungen (Sicherung des Lebensunterhalts, keine Vorstrafen, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache etc.) erfüllt sind. Einem hochqualifizierten Ausländer und Inhabern einer "Blauen Karte EU" kann sie vor Ablauf dieser Frist erteilt werden. Mit der Reform des Zuwanderungsgesetzes wurde ferner die Erlaubnis zum Daueraufenthalt- EG als eigenständiger Aufenthaltstitel eingeführt. Sie ist weitgehend der Niederlassungserlaubnis gleichgestellt. In Folge der Umsetzung einer EU-Richtlinie über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung der sogenannten Hochqualifizierten-Richtlinie - wird zum 1. August 2012 ein weiterer eigenständiger Aufenthaltstitel eingeführt: die Blaue Karte EU, die weitgehend einer befristeten Aufenthaltserlaubnis entspricht, jedoch vereinfachte Möglichkeiten zur Erlangung einer Niederlassungserlaubnis bietet. Aufenthalt zum Zwecke der Ausbildung Ausländern kann zum Zwecke der Studienbewerbung und des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung eine

verlängerbare Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Sie kann auch nach dem Abschluss des Studiums für bis zu einem Jahr (ab 1. August 2012 für bis 18 Monate) zur Suche nach einem diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatz verlängert werden. Auch zur Teilnahme an nicht studienvorbereitenden Sprachkursen kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Schulbesuch ist nur in Ausnahmefällen möglich. Sofern die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung erteilt hat, kann zudem eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der betrieblichen Aus- und Weiterbildung erteilt werden. Absolventen deutscher Auslandsschulen, die eine qualifizierte betriebliche Ausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf anstreben, kann eine Aufenthaltserlaubnis ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden. Arbeitsmigration An die Stelle des früheren Systems der Aufenthaltsgenehmigung einerseits sowie der Arbeitsgenehmigung andererseits trat am 1. Januar 2005 eine Aufenthaltserlaubnis, die gleichzeitig den Zugang zum Arbeitsmarkt regelt. Damit tritt gegenüber dem Ausländer nur noch eine Behörde auf. Im Ausland sind das die Auslandsvertretungen (Visastellen der Botschaften und Konsulate), im Inland die Ausländerbehörden. Die Beteiligung der Arbeitsverwaltung erfolgt dabei bei zustimmungspflichtiger Erwerbstätigkeit in einem verwaltungsinternen Verfahren. Der generelle Anwerbestopp, das heisst die grundsätzliche Beschränkung der Zulassung zum Arbeitsmarkt, gilt fort. Ausnahmen von den Zulassungsbeschränkungen gelten für einzelne Berufsgruppen und sind durch eine entsprechende Verordnung geregelt (Beschäftigungsverordnung). Darüber hinaus kann die Zulassung im begründeten Einzelfall erfolgen, wenn ein öffentliches Interesse an der Beschäftigung besteht ( 18 Abs. 4 AufenthG). Für Hochqualifizierte ist die Gewährung eines Daueraufenthalts von Anfang an vorgesehen, sie können nach der Einreise sofort eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Mit- oder nachziehende Familienangehörige sind zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Selbständige können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn an dem geplanten Geschäftsvorhaben ein besonderes wirtschaftliches Interesse oder ein besonderes regionales Bedürfnis besteht. Dazu erfolgt eine Einzelfallprüfung des Geschäftsvorhabens, bei der auch zu den die Auswirkungen auf die Wirtschaft sowie die Sicherung der Finanzierung in Betracht gezogen werden. Studenten können nach erfolgreichem Studienabschluss bis zu 18 Monaten zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland bleiben (gilt ab dem 1. August 2012). Ein Aufenthaltstitel darf nur erteilt werden, wenn ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt, wobei sich die Zulassung der Beschäftigung generell an den Erfordernissen des

Wirtschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt orientiert. Arbeitsplatzsuche in Deutschland Seit dem 1. August 2012 gibt es für Hochschulabsolventen, die über einen deutschen oder anerkannten oder einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss verfügen, die Möglichkeit zur Einreise zur Arbeitsplatzsuche. Mit dem Visum zur Arbeitsplatzsuche ist ein Aufenthalt von bis zu sechs Monaten möglich, um sich eine Arbeit zu suchen. Neben dem Hochschulabschluss ist ein Nachweis über die Lebensunterhaltssicherung für den geplanten Zeitraum des Aufenthaltes nachzuweisen. Während der Zeit der Arbeitsplatzsuche ist die Aufnahme einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht zulässig. Erleichterter Zuzug für Forscher Zum Zweck der Forschung an einer vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannten Forschungseinrichtung in Deutschland wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn eine wirksame Aufnahmevereinbarung zwischen dem Ausländer und dieser Forschungseinrichtung vorliegt. Das Visumverfahren für diese Forscher wird als vereinfachtes Verfahren ohne Beteiligung der Ausländerbehörde durchgeführt. Zuwanderung aus humanitären, politischen o.ä. Gründen - Asyl Mit dem AufenthG wurde gesetzlich festgelegt, dass der Flüchtlingsstatus auch bei nichtstaatlicher Verfolgung in Anlehnung an die EU Qualifikationsrichtlinie gewährt wird. Ferner wurde die Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung eingeführt; eine Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit und damit eine Verfolgung liegt auch dann vor, wenn diese Verfolgung allein an das Geschlecht der Person anknüpft. Familien- und Kindernachzug Für den Familiennachzug zu einem Ausländer muss der Ausländer eine Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis oder eine "Blaue Karte EU" besitzen und über ausreichenden Wohnraum verfügen. Darüber hinaus müssen weitere Voraussetzungen, abhängig vom Status des bereits in Deutschland lebenden Ausländers, erfüllt sein. Beim Ehegattennachzug wurde mit der Reform des Zuwanderungsrechts neu eingeführt, dass beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen und der nachziehende Ehepartner sich grundsätzlich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können muss.

Beim Kindernachzug bleibt die Altersgrenze von 16 Jahren bestehen. Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren kann im Härtefall oder bei einer günstigen Integrationsprognose ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Beim Nachzug zum allein sorgeberechtigten Elternteil besteht für Kinder unter 16 Jahren ein Anspruch auf Erteilung des notwendigen Aufenthaltstitels. Förderung der Integration Integration ist ein langfristiger Prozess, der zum Ziel hat, alle Menschen, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben, in die Gesellschaft einzubeziehen. Zuwanderern soll eine umfassende, möglichst gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglicht werden. Zuwanderer haben die Pflicht, die deutsche Sprache zu erlernen sowie die Verfassung und die Gesetze zu kennen, zu respektieren und zu befolgen. Gleichzeitig muss den Zuwanderern ein gleichberechtigter Zugang möglichst zu allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglicht werden. Mit dem Nachweis eines erfolgreich abgeschlossenen Kurses besteht für den Migranten die Möglichkeit, die Wartezeit bis zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. - falls angestrebt - bis zum Erwerb der Staatsangehörigkeit zu verkürzen. Der Integrationskurs findet auf Deutsch statt. Stand 24.07.2012 Quelle: http://www.auswaertigesamt.de/sid_c3eef62e95b0fd0ca7d006e81ea53861/de/einreiseundaufenthalt/zuwanderu ngsrecht_node.html

Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion Deutschland als Einwanderungsland gestalten warum wir ein Einwanderungsgesetz brauchen Unserem Land geht es gut: Nie zuvor waren so viele Menschen erwerbstätig. Die positive Lage auf dem Arbeitsmarkt sorgt für Überschüsse bei den Sozialversicherungen und solide finanzierte öffentliche Haushalte. Wohlstand und Lebensqualität in Deutschland beruhen auf der Leistung der Menschen und einer starken Wirtschaft. Aber unsere Gesellschaft altert und schrumpft. In den nächsten Jahrzehnten werden deutlich weniger Menschen in unserem Land leben und zum Wohlstand beitragen können. Tatsache ist: Aufgrund der demographischen Entwicklung verlieren wir in den kommenden zehn Jahren bis zu 6,7 Millionen Erwerbsfähige. Dies ist aktuell die größte Herausforderung für unsere Volkswirtschaft, auf die wir Antworten geben müssen. Ziel muss es sein, den erwarteten Rückgang des Arbeitskräftepotenzials zu verhindern. Anderenfalls laufen wir Gefahr, unseren Wohlstand zu verlieren und unsere sozialen Sicherungssysteme nicht mehr finanzieren zu können. Rente und Gesundheitsversorgung sind nur sicher, wenn wir auch die demographische Lücke schließen. Deshalb gilt: Jede und jeder in unserem Land wird gebraucht! Vorrangiges Ziel der deutschen Sozialdemokratie ist es, die in Deutschland lebenden Arbeitskräfte besser zu mobilisieren und zu qualifizieren. Aber wir müssen zugleich bessere Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland schaffen. Entscheidend ist: Hier gibt es kein Entweder-oder. Beides ist notwendig. Das Beispiel Kanada zeigt: Einwanderungspolitik ist dann erfolgreich, wenn sie von einem gesellschaftlichen Konsens getragen wird. Einwanderung lässt sich nicht gegen, sondern nur mit breiter Unterstützung der Gesellschaft gestalten. Diesen Prozess müssen wir gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitgebern organisieren und darauf achten, dass soziale Konflikte vermieden werden. Mit geeigneten Maßnahmen wie dem Mindestlohn und der Tarifbindung muss ausgeschlossen werden, dass Einwanderung dazu benutzt wird, das Lohnniveau zu drücken und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für ein neues Einwanderungsgesetz in Deutschland ein. Eines, das mit mehr Transparenz Vertrauen schafft und Sorgen entkräftet; und das zugleich das Signal einer Willkommenskultur aussendet: Deutschland ist ein attraktives und weltoffenes Land, das um gut ausgebildete Einwanderer wirbt. Wir wollen den Menschen und ihren Familien, die zu uns kommen werden, eine echte Zukunftsperspektive bieten, damit sie und ihre Kinder dauerhaft bei uns bleiben.

Arbeitskräfte mobilisieren und qualifizieren Als hochentwickeltes Industrieland ist Deutschland auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen. Durch den demographisch bedingten Bevölkerungsrückgang sinkt jedoch auch das Angebot an qualifizierten Fachkräften. Diese Lücke müssen wir schließen, wenn wir wirtschaftlich stark und wettbewerbsfähig bleiben wollen. Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist in den vergangenen Jahren in Deutschland angestiegen, bleibt mit knapp über 70 Prozent jedoch noch hinter der skandinavischer Länder zurück und liegt deutlich unter der Erwerbsquote der Männer. Tatsächlich sind Frauen in Deutschland heute so gut ausgebildet wie noch nie. Wir können es uns nicht leisten, auf diese hoch-qualifizierten Fachkräfte zu verzichten. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich deshalb weiter dafür einsetzen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, damit mehr Frauen von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung wechseln können. Gleichzeitig müssen wir alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um die 1,5 Millionen jungen Menschen in unserem Land zwischen 25 und 35 Jahren, die bisher keine Berufsausbildung haben, in eine Ausbildung zu bringen. Auch die berufliche Weiter- und Ausbildung älterer Arbeitnehmer und Arbeitsloser muss gestärkt werden und sich am tatsächlichen Bedarf orientieren. Außerdem werden wir die Potentiale von Menschen mit Behinderungen im allgemeinen Arbeitsmarkt deutlich heben. Schließlich wollen wir, dass die Migranten, die bereits in Deutschland leben, besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Daraus folgt: Allein mit einer höheren Erwerbstätigkeit von Frauen sowie einer umfangreichen Nachqualifizierung wird es uns nicht gelingen, ausreichend neue Fachkräfte zu mobilisieren. Deutschland ist auf die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Mit klaren Zugangskriterien lässt sich der Zuzug von qualifizierten Einwanderern abhängig von der Situation am deutschen Arbeitsmarkt steuern. Diese Kriterien sind im engen Dialog mit Gewerkschaften und Arbeitgebern zu vereinbaren, um zu gewährleisten, dass sie nachfrageorientiert und sozialverträglich ausgestaltet sind. Deutschland ist attraktiv für Einwanderer Deutschland ist laut OECD inzwischen das zweitbeliebteste Einwanderungsland weltweit. 2013 gab es die höchste Einwanderung und mit 429.000 Personen den höchsten Wanderungsgewinn seit über 20 Jahren. Die mit Abstand größte Gruppe der Einwanderer kommt aus den süd- und osteuropäischen Ländern der Europäischen Union. Die Freizügigkeit für Arbeitnehmer in der EU ist gerade für Deutschland ein großer Glücksfall. Denn diese Einwanderer sind überwiegend gut ausgebildet und finden schnell Arbeit. Die Hauptherkunftsländer sind Polen, Rumänien, Italien, Bulgarien, Ungarn sowie Spanien. Ein Grund hierfür ist die dort anhaltend schlechte Wirtschaftslage, vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit von bis zu 50 %. Wenn sich unsere europäischen Nachbarn wirtschaftlich erholen, müssen wir damit rechnen, dass Unionsbürger in ihre Heimatländer zurückkehren und der Zuzug aus diesen Ländern deutlich abnehmen wird. 2

Die hohe Einwanderung aus der EU wird demnach wohl nicht von Dauer sein. Wir werden die demographischen Herausforderungen aber nur meistern, wenn es uns gelingt, die Einwanderung annähernd auf dem Niveau der letzten Jahre zu halten. Deshalb müssen wir uns in Zukunft gezielt noch viel stärker um qualifizierte Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten bemühen. Menschen aus Nicht-EU-Staaten kommen bisher in erster Linie als Asylbewerber nach Deutschland. Die Zahl derjenigen, die außerhalb der Asylverfahren mit einer guten Ausbildung nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten und sich niederzulassen, ist hingegen bislang vergleichsweise gering. Fazit: Deutschland profitiert derzeit von einer hohen Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus der EU. Wenn sich die Beschäftigungslage im Süden Europas verbessert, wird der Zuzug aus diesen Ländern abnehmen. Es kommt daher darauf an, dass wir uns erfolgreich um qualifizierte Einwanderer aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten) bemühen. Unser Land braucht ein neues Einwanderungsgesetz Ein wichtiger Grund für die fehlende Attraktivität Deutschlands für qualifizierte Einwanderer aus Drittstaaten ist zweifellos unser zersplittertes und unübersichtliches Einwanderungsrecht. Es gibt über 50 verschiedene Aufenthaltstitel; die Einwanderungsregeln sind über mehrere Gesetze verstreut. Deshalb schlagen wir vor, die verschiedenen Einwanderungsvorschriften in einem Einwanderungsgesetz zu bündeln und mit diesem Gesetz ein starkes Signal auszusenden, dass Deutschland um die Einwanderung gut ausgebildeter Menschen wirbt. Wir müssen unser leider nach wie vor präsentes Image im Ausland als Nicht-Einwanderungsland loswerden und deutlich machen, dass wir nicht fragen, woher jemand kommt, sondern was jemand kann. Zwar gibt es Regelungen wie die Blaue Karte EU, die die Einwanderung qualifizierter Arbeitnehmer aus dem Nicht-EU-Ausland ermöglichen, wenn sie über einen Hochschul-abschluss und einen Arbeitsvertrag mit einem Mindestgehalt von 48.400 EURO oder 37.752 EURO in Mangelberufen verfügen. Die Einführung der Blauen Karte EU war ein wichtiges Signal an akademische Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland und geht in die richtige Richtung. Allerdings haben davon seit 2012 insgesamt nur 24.000 Spezialisten Gebrauch gemacht, wovon viele zuvor schon in Deutschland waren. Das reicht bei weitem nicht aus und zeigt, dass die Zutrittshürden für Fachkräfte nach wie vor zu hoch sind. Wir schlagen deshalb vor, neben der Blauen Karte EU ein flexibles und nachfrageorientiertes Punktesystem zu entwickeln. Mit einem solchen System gewinnt beispielsweise Kanada jedes Jahr rd. 250.000 qualifizierte Einwanderer (vgl. Box unten). 3

Erfolgsbeispiel KANADA: Kanada gilt unter den klassischen Einwanderungsländern international als Vorbild für eine gelungene Einwanderungspolitik. Es verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung in der Anwerbung und erfolgreichen Integration von qualifizierten Einwanderern, ohne dass es zu größeren sozialen Verteilungskonflikten gekommen wäre. Im Gegenteil: Kanada hat es geschafft, Einwanderung weitestgehend effizient, nachfrageorientiert, sozial ausgewogen und transparent zu organisieren. Basis hierfür ist ein breiter Konsens in der kanadischen Politik und Gesellschaft darüber, dass eine jährliche Einwanderung im Umfang von knapp 1% der Bevölkerung gewünscht ist. Die kanadische Einwanderungsbehörde stuft ausländische Bewerber in einem Punktesystem nach Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen ein. Seit Anfang dieses Jahres erhalten Bewerber, die bereits über ein konkretes Jobangebot verfügen, zusätzliche Punkte, was zu einer zügigen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis und Arbeitsaufnahme führt. Das kanadische System stellt damit im Grundsatz zwar weiterhin auf die persönliche Qualifikation des einzelnen Bewerbers ab, berücksichtigt aber zusätzlich die konkrete Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Dies geschieht unbürokratisch, weil der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht wie früher davon abhängig gemacht wird, dass der Bewerber einen Engpassberuf ausübt. Und dies geschieht nicht zu Lasten des inländischen Arbeitskräftepotenzials, weil nur solche Arbeitsverträge anerkannt werden, bei denen der Arbeitgeber nachgewiesen hat, dass seine Bemühungen, einen kanadischen Arbeitnehmer zu finden, erfolglos geblieben sind. PUNKTESYSTEM flexibel, nachfrageorientiert und sozialverträglich Die Einwanderungssysteme anderer Länder sind nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar. Wir werden jedoch sorgfältig prüfen, welche Elemente des kanadischen oder anderer kriteriengeleiteten Einwanderungssysteme wir übernehmen können, um die Einwanderung aus Drittstaaten langfristig mit einem flexiblen und nachfrageorientierten Punktesystem bedarfsgerecht zu steuern. Das Punktesystem könnte mit einer Bewerberdatenbank nach dem Vorbild des kanadischen Express Entry Systems kombiniert werden. Dadurch sollen Arbeitgeber und -nehmer besser zueinander finden. Um auszuschließen, dass Arbeitgeber Dumpinglöhne zahlen, muss ein Arbeitsvertrag vorliegen, der mindestens tarifliches Lohnniveau garantiert. Je nach Bedarf kann zur Steuerung eine jährliche Quote festgelegt werden, wie viele Personen über das Punktesystem kommen können. Die Aufenthaltserlaubnis würde zunächst für drei Jahre erteilt und wird danach entfristet, sofern die Betroffenen ihren Lebensunterhalt sichern können. Das Punktesystem könnte als Pilotprojekt befristet und evaluiert werden. Anschließend würde über eine Verlängerung entschieden. In einem ersten Schritt könnten wir die Hürden für die Blaue Karte EU schon jetzt senken, indem wir sie auch für qualifizierte Spezialisten öffnen, die über keinen formalen Abschluss verfügen (z.b. IT- Spezialisten) und weitere bereits bestehende Einwanderungsmöglichkeiten erweitern und bekannter machen. 4

Abschlüsse schneller anerkennen Ein weiteres wichtiges Element des neuen Einwanderungsgesetzes muss die bessere und schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse sein. Dies wollen wir durch einen Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung, die Einführung eines Einstiegsdarlehens und angemessene Verfahrenskosten fördern. Derzeit arbeiten schätzungsweise 300.000 bis 500.000 Einwanderer unterhalb ihrer Qualifikation; dieses Potenzial von Anerkennungsberechtigten muss besser ausgeschöpft werden. Ausländische Studenten und Schüler gewinnen Die Absolventen deutscher Auslandsschulen und ausländische Studenten/Absolventen in Deutschland verfügen bereits über deutsche Sprachkenntnisse und sind mit der deutschen Kultur vertraut. Gerade diese Gruppe lässt sich einfacher und schneller integrieren. Wir wollen deshalb die Zahl deutscher Auslandsschulen im Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amtes in ausgesuchten Ländern deutlich erhöhen, dem wachsenden Interesse an der deutschen Sprache dadurch Rechnung tragen, dass wir die Sprachkursangebote an den Goethe-Instituten im Ausland ausbauen und den breiten Zugang erleichtern. So können potentielle Einwanderer die deutsche Sprache bereits in ihrer Heimat lernen, mehr ausländische Studienbewerber an deutschen Hochschulen gewinnen und zulassen, weil aus demographischen Gründen die Zahl deutscher Studienbewerber wieder sinken wird, die Ausländer, die einen deutschen Hochschulabschluss gemacht haben, dafür gewinnen, dauerhaft hier zu leben und zu arbeiten grundsätzlich die Attraktivität des deutschen Hochschulstandorts steigern. Den Arbeitsmarkt auch für Flüchtlinge öffnen Die Trennung von humanitärer und arbeitsmarktbezogener Einwanderung ist grundsätzlich richtig, muss aber im Hinblick auf einzelne Konsequenzen überdacht werden. Damit hat die Große Koalition bereits begonnen: So wurde 2014 die Frist für den Zugang von Asylbewerbern und Geduldeten zum Arbeitsmarkt von zwölf bzw. neun auf drei Monate, der Entfall der Vorrangprüfung auf 15 Monate abgesenkt bzw. für Mangelberufe und bei inländischer Ausbildung ganz abgeschafft. Asylsuchende und Geduldete, die durch eigene Arbeit für ihren Lebensunterhalt sorgen können, sind besser vor Diskriminierungen geschützt und können sich besser integrieren. Wir werden deshalb prüfen, wie wir auf diesem Weg voranschreiten und zu weiteren Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt kommen können. 5

Klar ist: Flüchtlinge und andere Schutzsuchende haben einen verfassungs-, europa- und völkerrechtlichen Anspruch auf ein Asylverfahren. Mit ihrer Aufnahme kommt Deutschland seiner historischen, humanitären und rechtlichen Verpflichtung nach. Für uns gilt, dass der Schutz vor Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen immer frei von Nützlichkeitserwägungen bleiben muss. Mit Blick auf die steigende Zahl von Asylbewerbern werden wir uns dafür einsetzen, die Kommunen zu entlasten und zu einer fairen Verteilung der Flüchtlinge in Europa zu kommen. In der Vergangenheit wurden Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge weitgehend vermieden, um eine spätere Abschiebung nicht zu erschweren. Wir müssen jedoch bei vielen Flüchtlingen feststellen, dass sie längere Zeit, wenn nicht gar auf Dauer, in Deutschland bleiben. Neben den anerkannten Flüchtlingen bleibt auch ein Teil der abgelehnten Asylbewerber, sofern für sie dauerhaft ein Abschiebehindernis besteht. Für diesen Personenkreis wollen wir schneller Sprach- und Integrationskurse sowie Ausbildungsmaßnahmen anbieten. Vor allem die vielen gut ausgebildeten Flüchtlinge, z.b. Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, sollten dringend mit berufsbezogenen Sprachkursen unterstützt werden. Insbesondere muss alles dafür getan werden, dass Flüchtlingskinder einen schnellen Zugang zu Kindergärten und Schulen erhalten. Die Kommunen sind hierbei unkompliziert und schnell zu unterstützen. Wir werden das Angebot für Sprachkurse qualitativ wie auch die Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte deutlich ausweiten und zusammen mit den Ländern Asylbewerbern und Geduldeten einen frühen Spracherwerb ermöglichen. Außerdem sollten wir weitere pragmatische Lösungen im Asylverfahren in Betracht ziehen. So ist schwer nachvollziehbar, warum abgelehnte Asylbewerber, die gleichwohl nicht abgeschoben werden können, bisher nur dann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Arbeit erlangen können, wenn sie vorher ausreisen und das Visum aus dem Ausland beantragen. Die Erteilungssperre ist zwar grundsätzlich legitim, denn so soll eine Umgehung des Arbeitsmigrationsrechts durch das Asylverfahren verhindert werden. Es müssen aber Ermessensausnahmen geschaffen werden. Auf den dringenden Wunsch der Handwerkskammer, der Kirchen, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Bundes der Arbeitgeber wollen wir jugendlichen Geduldeten und Asylsuchenden, die eine Ausbildung beginnen oder ein Ausbildungsangebot haben, unabhängig vom Ausgang des asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Verfahrens den Aufenthalt bis zum Abschluss der Ausbildung gewähren. Das sollte auch eine Frist für anschließende Arbeitssuche beinhalten. Viele Betriebe suchen nach Auszubildenden - auch Asylsuchende und Geduldete. Doch beim Arbeitgeber herrscht Unsicherheit, ob der/die Auszubildende auch die gesamte Ausbildungszeit wird bleiben können. So verlieren die Jugendlichen Zeit und die Unternehmen Auszubildende. Breite gesellschaftliche Debatte notwendig Deutschland steht am Beginn einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die Notwendigkeit und Chancen einer modernen Einwanderungspolitik. Dabei geht es um die Frage, wieviel Einwanderung wir brauchen und welche Regeln dafür gelten. Mit unserem Vorschlag für ein modernes Einwanderungsrecht machen wir deutlich, dass wir die Sorgen der Bevölkerung im Blick haben. Wir wollen Einwanderung so steuern, dass sie hilft, Wohlstand und Arbeit in diesem Land zu erhalten. Deutschland muss sich als weltoffenes, tolerantes und modernes Land präsentieren, das aktiv um 6

die Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften wirbt und dafür legale Wege schafft. Damit leisten wir nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag, um illegale Einwanderung und Menschenhandel zu bekämpfen und Schlepperbanden die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Eine positive gesellschaftliche Grundhaltung zu Einwanderung entsteht nicht von heute auf morgen. Sie ist aber wichtig, damit Einwanderung gelingt. Mit unserem Vorschlag wollen wir eine wichtige Voraussetzung dafür schaffen. Mit einem Einwanderungsgesetz, das klare, nachvollziehbare und am Bedarf orientierte Kriterien enthält, werden wir die Menschen davon überzeugen: Einwanderung kann ein Gewinn für uns alle sein. 7

Migrationsbericht 2013 Zentrale Ergebnisse

2 Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse Migrationsbericht 2013 Zentrale Ergebnisse Der Migrationsbericht der Bundesregierung verfolgt das Ziel, durch die Bereitstellung möglichst aktueller, umfassender und ausreichend detaillierter statistischer Daten über Migration Grundlagen für die Entscheidungsfindung von Politik und Verwaltung im Bereich der Migrationspolitik zu liefern. Zudem möchte er die Öffentlichkeit über die Entwicklung des Migrationsgeschehens informieren. Der Migrationsbericht beinhaltet neben den allgemeinen Wanderungsdaten zu Deutschland und der detaillierten Darstellung der verschiedenen Migrationsarten einen europäischen Vergleich zum Migrationsgeschehen und zur Asylzuwanderung. Zusätzlich behandelt der Bericht das Phänomen der illegalen/ irregulären Migration, geht auf die Abwanderung von Deutschen und Ausländern ein und informiert über die Struktur und die Demografie der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Höchste Zuwanderung seit 1993 Nach dem Tiefpunkt der Wanderungszahlen im Jahr 2006 ist seitdem ein kontinuierlicher Wiederanstieg des Zuzugs zu verzeichnen. Im Jahr 2013 wurden etwa 1,23 Millionen Zuzüge registriert, ein Anstieg um 13,5% im Vergleich zum Vorjahr (1,08 Millionen). Eine solch hohe Zuwanderungszahl war zuletzt im Jahr 1993 zu verzeichnen. Unter den Zuziehenden waren 1,11 Millionen Zuzüge von ausländischen Staatsangehörigen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen sowie Drittstaatsangehörige. Ebenso stieg die Zahl der Fortzüge im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr an (+10,8%). 2013 wurden 0,80 Millionen Fortzüge registriert, darunter 0,66 Millionen Fortzüge von Ausländern. Durch den Anstieg der Zuzugszahlen bei einer gleichzeitig weniger stark steigenden Zahl an Fortzügen ergab sich im Jahr 2013 ein Wanderungsgewinn von 429.000 Menschen, der höchste seit dem Jahr 1993. Der Wanderungsüberschuss bei ausländischen Staatsangehörigen betrug +450.000 Personen, während auch 2013 mehr Deutsche das Land verließen als zurückkehrten (-22.000 Personen). Zu- und Fortzüge über die Grenzen Deutschlands von 2005 bis 2013 Jahr Zuzüge Fortzüge Wanderungssaldo (Zuzugs-/ bzw. Fortzugsüberschuss) Gesamt Ausländer Deutsche Gesamt Ausländer Deutsche Gesamt Ausländer Deutsche 2005 707.352 579.301 128.051 628.399 483.584 144.815 +78.953 +95.717-16.764 2006 661.855 558.467 103.388 639.064 483.774 155.290 +22.791 +74.693-51.902 2007 680.766 574.752 106.014 636.854 475.749 161.105 +43.912 +99.003-55.091 2008* 682.146 573.815 108.331 737.889 563.130 174.759-55.743 +10.685-66.428 2009* 721.014 606.314 114.700 733.796 578.808 154.988-12.782 +27.506-40.288 2010 798.282 683.530 114.752 670.605 529.605 141.000 +127.677 +153.925-26.248 2011 958.299 841.695 116.604 678.969 538.837 140.132 +279.330 +302.858-23.528 2012 1.080.936 965.908 115.028 711.991 578.759 133.232 +368.945 +387.149-18.204 2013 1.226.493 1.108.068 118.425 797.886 657.604 140.282 +428.607 +450.464-21.857 * Für die Jahre 2008 und 2009 ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der bundesweiten Einführung der persönlichen Steuer-Identifikationsnummer im Jahr 2008 umfangreiche Bereinigungen der Melderegister in diesen beiden Jahren vorgenommen wurden, die zu zahlreichen Abmeldungen von Amts wegen geführt haben. Da der Umfang dieser Bereinigungen aus den Meldungen der Meldebehörden statistisch nicht ermittelt werden kann, bleiben der tatsächliche Umfang der Fortzüge in den Jahren 2008 und 2009 sowie die Entwicklung gegenüber den Vorjahren unklar. Quelle: Statistisches Bundesamt

Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse 3 Seit dem Jahr 1996 ist Polen das Hauptherkunftsland der Zuwanderer. Der Anteil der Zuzüge aus Polen an allen Zuzügen ist jedoch leicht von 17% auf 16% zurückgegangen. Im Jahr 2013 wurden 197.000 Zuzüge aus Polen registriert. Dies bedeutet einen Anstieg um etwa 7% im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings nahmen die Fortzüge nach Polen im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 10% zu (125.000 Fortzüge). Weiter angestiegen ist die Zahl der Zuzüge aus Rumänien (+16% im Vergleich zum Vorjahr) und Bulgarien (+1% im Vergleich zum Vorjahr). Im Falle Rumäniens hat sich die Zahl der Zuzüge seit 2006, dem Jahr vor dem EU-Beitritt, in etwa versechsfacht, im Falle Bulgariens fast verachtfacht. Insbesondere gegenüber diesen beiden Ländern wurde ein deutlicher Wanderungsgewinn registriert. Dagegen ist gegenüber der Türkei bereits seit 2006 ein jährlicher Wanderungsverlust festzustellen. Deutlich erhöht im Vergleich zu 2012 hat sich die Zuwanderung aus den südeuropäischen EU-Ländern Italien (+35%) und Spanien (+17%). Seit dem EU-Beitritt zum 1. Juli 2013 ist auch die Zahl der Zuzüge aus Kroatien stark angestiegen (+95%). Zu- und Fortzüge nach den häufigsten Herkunfts- und Zielländern im Jahr 2013 Polen 125.399 197.009 Rumänien Italien Bulgarien Ungarn 27.903 38.594 34.751 60.651 59.323 58.993 85.865 135.416 Spanien 20.324 44.119 Griechenland Russische Föderation Vereinigte Staaten 34.728 14.215 33.233 14.810 31.418 32.354 Serbien Türkei 28.093 21.163 26.390 33.644 Kroatien China 25.200 12.753 23.041 16.009 Frankreich Syrien Vereinigtes Königreich Indien Österreich Schweiz 22.644 17.180 18.789 1.851 18.724 16.685 18.707 12.296 18.629 20.341 17.923 26.957 Slowakei 14.932 9.940 0 50.000 100.000 150.000 200.000 Zuzüge Fortzüge Quelle: Statistisches Bundesamt

4 Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse Der Anteil der Frauen ist sowohl bei den Zuzügen (Frauenanteil 40%) als auch bei den Fortzügen (Frauenanteil 38%) geringer als jener der Männer. Einige Länder sind jedoch durch einen überproportional hohen Frauen- bzw. Männeranteil an den Zuzügen gekennzeichnet. Ein hoher Frauenanteil war etwa bei Zuzügen aus Thailand (72%), Weißrussland (68%) und der Ukraine (66%) festzustellen. Ein hoher Männeranteil war u.a. für die Herkunftsländer Pakistan (80%), Slowenien (78%) und Kroatien (72%) zu verzeichnen. Die Analyse von Drittstaatsangehörigen nach dem Zweck des Aufenthalts zeigt, dass im Jahr 2013 etwa 15% aus familiären Gründen nach Deutschland zogen. 9% der Drittstaatsangehörigen erhielten eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung, 14% zogen zum Zweck des Studiums, des Besuchs einer Schule bzw. eines Sprachkurses und zu sonstigen Ausbildungszwecken nach Deutschland. Deutlich angestiegen ist die Zuwanderung aus humanitären Gründen (Anteil 4%), insbesondere durch die Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen, sowie die Zahl der ausgestellten Aufenthaltsgestattungen zur Durchführung eines Asylverfahrens (Anteil 19%). Hier spiegelt sich die gestiegene Asylzuwanderung wider. Zuzüge von Drittstaatsangehörigen im Jahr 2013 nach ausgewählten Aufenthaltszwecken Gesamtzahl: 362.984 11,6% Studium 01,6% Sprachkurs, Schulbesuch 01,1% Sonstige Ausbildung 09,3% Erwerbstätigkeit 15,4% Familiäre Gründe 01,3% Niederlassungserlaubnis 02,0% EU-Aufenthaltsrecht 04,1% Humanitäre Gründe 19,0% Aufenthaltsgestattung 05,5% Duldung 29,1% Sonstige* * Darunter fallen u.a. Personen, die einen Aufenthaltstitel beantragt haben. Quelle: Ausländerzentralregister

Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse 5 Eine differenzierte Betrachtung des Migrationsgeschehens nach einzelnen Zuwanderergruppen zeigt folgende Entwicklungen: Zuwanderung aus anderen EU-Staaten dominiert Migrationsgeschehen Im Jahr 2013 wurden insgesamt 708.000 Zuzüge von Unionsbürgern nach Deutschland registriert. Der Anteil an der Gesamtzuwanderung betrug damit 58%. Die Zahl der Fortzüge von Unionsbürgern im Jahr 2013 betrug 422.000 (53% an der Gesamtabwanderung). Insgesamt ergab sich im Jahr 2013 ein Wanderungsgewinn zwischen Deutschland und den anderen 27 EU-Staaten (+286.000), der im Vergleich zum Vorjahr erneut angestiegen ist. Der Wanderungssaldo mit den EU-14-Staaten ist weiter angestiegen (+83.000), nachdem dieser im Jahr 2010 erstmals seit 2001 wieder positiv war. Der positive Saldo mit den EU-12-Staaten beträgt wie im Vorjahr +190.000 Menschen. Dabei wurde gegenüber den zum 1. Mai 2004 beigetretenen Staaten (EU-10) ein Wanderungsüberschuss von +115.000 und mit den zum 1. Januar 2007 beigetretenen Staaten (EU-2) von +75.500 registriert. Nettomigration (Wanderungssaldo) von Unionsbürgern (EU-14, EU-10, EU-2, EU-12*, EU insgesamt**) in den Jahren von 2007 bis 2013 350.000 300.000 285.614 250.000 200.000 189.519 150.000 115.050 100.000 82.958 74.469 50.000 0-50.000 EU-14 EU-10 EU-2 EU-12 EU insgesamt 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 * EU-12: Dabei handelt es sich um die zum 1. Mai 2004 der EU beigetretenen Staaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern (EU-10) sowie die zum 1. Januar 2007 beigetretenen Staaten Bulgarien und Rumänien (EU-2). ** In EU insgesamt für das Jahr 2013 ist Kroatien, dass der EU zum 1. Juli 2013 beigetreten ist, bereits enthalten. Quelle: Statistisches Bundesamt

6 Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse Deutschland attraktiv für ausländische Fachkräfte Nachdem im Wirtschaftskrisenjahr 2009 die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte rückläufig war, konnte bis 2012 ein Wiederanstieg bei den erteilten Aufenthaltstiteln zum Zweck der Erwerbstätigkeit verzeichnet werden. Von 2012 auf 2013 ging die Zahl der Erteilungen von Aufenthaltserlaubnissen an Fachkräfte aus Drittstaaten zwar zurück. Allerdings ist dieser Rückgang überwiegend auf den Beitritt Kroatiens zur EU am 1. Juli 2013 zurückzuführen, da kroatische Staatsangehörige als Unionsbürger nun keine entsprechenden Aufenthaltstitel mehr benötigen. Nachdem 2009 noch etwa 16.000 Fachkräfte bzw. Hochqualifizierte zugewandert sind, konnten im Jahr 2012 über 27.000 Zuzüge und 2013 24.000 Zuzüge registriert werden. Unter Berücksichtigung der Arbeitsmigranten, die keine qualifizierte Beschäftigung ausüben, wurden insgesamt etwa 33.600 Aufenthaltserlaubnisse an Drittstaatsangehörige erteilt, die im Jahr 2013 zum Zweck der Erwerbstätigkeit eingereist sind. Fast drei Viertel davon nahmen eine qualifizierte Beschäftigung als Fachkräfte oder Hochqualifizierte auf, wobei sich zeigt, dass der neu eingeführten Blaue Karte EU eine große Bedeutung zukommt. Hauptherkunftsländer waren insbesondere Indien, China, die Vereinigten Staaten und Bosnien-Herzegowina. Zuwanderung von Fachkräften und Hochqualifizierten aus Drittstaaten von 2009 bis 2013 (Einreise im jeweiligen Berichtsjahr) Erwerbsmigration nach 2009 2010 2011 2012 2013 18 Abs. 4 AufenthG (qualifizierte Beschäftigung) 14.816 17.889 23.912 23.191 17.185 19 AufenthG (Hochqualifizierte) 169 219 370 244 27 19a AufenthG i. V. m. 2 Abs. 1 Nr. 2 Bst. a) BeschV (Blaue Karte EU, Regelberufe) 19a AufenthG i. V. m. 2 Abs. 1 Nr. 2 Bst. b) oder 2 Abs. 2 BeschV (Blaue Karte EU, Mangelberufe) - - - 1.387 2.786 - - - 803 1.865 20 AufenthG (Forscher) 140 211 317 366 444 21 AufenthG (selbständige Tätigkeit) 1.024 1.040 1.347 1.358 1.690 Fachkräfte insgesamt 16.149 19.359 25.946 27.349 23.997 Quelle: Ausländerzentralregister Deutschland auch für ausländische Studierende immer attraktiver Die Zahl der Bildungsausländer, die ihr Studium in Deutschland begannen, ist im Jahr 2012 erneut angestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr wurde eine Zunahme um 8% auf 86.000 Studierende verzeichnet. Damit wurde im Jahr 2013 die bislang höchste Zahl an Studienanfängern verzeichnet, die ihre Hochschulreife im Ausland erworben haben. Die größte Gruppe der Bildungsausländer, die im Jahr 2013 ihr Studium an einer deutschen Hochschule begonnen haben, bildeten wie in den letzten Jahren Studierende mit chinesischer Staatsangehörigkeit. Die zweitstärkste Gruppe stellten Bildungsausländer aus Frankreich dar. Zu den weiteren Hauptherkunftsländern zählten u.a. Spanien, die Vereinigten Staaten und Indien.

Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse 7 Studienanfänger (Bildungsausländer) nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten 1999 bis 2013 (jeweils Sommersemester und folgendes Wintersemester) Herkunftsland 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 China 3.451 3.818 3.856 4.532 5.151 5.613 6.175 7.312 7.874 9.075 Frankreich 3.136 3.459 3.404 3.205 3.597 3.685 3.784 3.869 4.049 4.315 Spanien 2.422 2.706 2.598 2.626 2.814 3.071 3.474 3.986 4.403 4.289 Vereinigte Staaten 2.268 2.699 2.645 2.738 3.087 3.386 3.951 4.128 4.066 4.128 Indien 539 1.104 1.218 1.114 1.187 1.645 2.126 2.302 3.152 4.041 Insgesamt 45.652 55.773 53.554 53.759 58.350 60.910 66.413 72.886 79.537 86.170 Quelle: Statistisches Bundesamt Starker Anstieg der Asylanträge Eine starke Zunahme war bei der Zahl der Asylerstanträge festzustellen. Im Jahr 2013 wurden fast 110.000 Asylerstanträge registriert. Dies entspricht einem Anstieg um 70% im Vergleich zu 2012. Deutschland ist damit in der Europäischen Union der Mitgliedstaat, in dem die meisten Anträge gestellt wurden. Der starke Anstieg hielt auch im Jahr 2014 an (+58% im Vergleich zum Vorjahr auf 173.000 Asylerstanträge). Hauptherkunftsländer waren die Russische Föderation, Syrien, Serbien und Afghanistan. Innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraumes von 2009 bis 2013 stammten die meisten Asylbewerber aus den Ländern Afghanistan (11%), Serbien (10%) und Irak mit 9%. Asylantragsteller (Erstanträge) nach den zehn häufigsten Herkunftsländern im Jahr 2013 Gesamtzahl: 109.580 13,6% Russische Föderation 10,8% Syrien 010,5% Serbien 07,1% Afghanistan 05,7% Mazedonien 04,0% Iran 03,7% Pakistan 03,6% Irak 03,5% Somalia 03,3% Eritrea 34,3% andere Herkunftsländer Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

8 Migrationsbericht 2013 - Zentrale Ergebnisse Die Schutzquote (alle positiven Entscheidungen nach Art. 16a Abs. 1 GG, nach 3 Abs. 1 AsylVfG, nach 4 Abs. 1 AsylVfG und nach 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) im Jahr 2013 betrug 25%. Überdurchschnittlich hohe Schutzquoten wurden für Asylbewerber aus Syrien (94%), Eritrea (72%), dem Iran (56%), dem Irak (54%), Somalia (49%) und Afghanistan (48%) registriert. Familiennachzug relativ konstant Im Jahr 2013 wurden 44.300 Visa zum Zweck des Ehegatten- und Familiennachzugs erteilt. Der Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen hält sich seit 2007 auf einem relativ konstanten Niveau, nachdem in den Vorjahren höhere Zahlen zu verzeichnen waren. Allerdings konnte 2013 ein leichter Wiederanstieg im Vergleich zum Vorjahr festgestellt werden. Dabei ist der Nachzug aus der Türkei eher rückläufig, während etwa beim Familiennachzug aus Indien und China ein Anstieg in diesem Zeitraum verzeichnet wurde. Spätaussiedlerzuzug auf niedrigem Niveau Im Jahr 2013 konnte erstmals seit 2001 wieder ein Anstieg des Spätaussiedlerzuzugs auf 2.427 Personen verzeichnet werden (+34% im Vergleich zum Vorjahr), nachdem im Jahr 2012 der niedrigste (Spät-)Aussiedlerzuzug seit Beginn der Aussiedleraufnahme im Jahr 1950 registriert wurde. Erteilte Visa zum Zweck des Ehegatten- und Familiennachzugs nach Deutschland von 1998 bis 2013 90.000 80.000 70.000 82.838 85.305 75.888 70.750 62.992 76.077 65.935 erteilte Visa 60.000 50.000 40.000 53.213 50.300 42.219 39.717 42.756 40.210 40.975 44.311 40.843 30.000 20.000 10.000 0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Ehefrauen zu ausländischen Ehemännern Ehemänner zu ausländischen Ehefrauen Ehefrauen zu deutschen Männern Ehemänner zu deutschen Frauen Kinder unter 18 Jahren sonstige Familienangehörige Quelle: Auswärtiges Amt