Nachhaltige Bio-Werkstoffe für das Auto der Zukunft

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Transkript:

PRESSEDIENST Nachhaltige Bio-Werkstoffe für das Auto der Zukunft Pressetext Interview Fakten Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.v. (FNR) OT Gülzow Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/69 30-0 Telefax: 03843/69 30-102 E-Mail: info@fnr.de Internet: http://www.fnr.de V.i.S.d.P.: Dr.-Ing. Andreas Schütte

Nachhaltige Bio-Werkstoffe für das Auto der Zukunft Einsatz von leichten, naturfaserverstärkten Karosserieteilen und Biopolymer-Bauteilen aus nachwachsenden Rohstoffen Wenn der Musiker und passionierte Motorsportler Smudo mit seinem Rennwagen am Nürburgring auf Zeitenjagd geht, ist seinem VW Scirocco 2.0l TDI nicht anzusehen, dass in ihm die automobile Zukunft steckt. Doch das vom Reutlinger Team Four Motors für den Renneinsatz aufwändig umgebaute Fahrzeug wird nicht nur mit Biokraftstoff auf Basis von Rapsöl betrieben, sondern auch Teile seiner Karosserie bestehen inzwischen aus einem naturfaserverstärkten Verbundwerkstoff. Und in den kommenden Monaten sollen zusätzlich weitere Bauteile aus biobasierten Kunststoffen verbaut werden. So wird aus dem Scirocco ein echtes Bioconcept-Car, das auch bei der nationalen und internationalen Automobilindustrie für Aufmerksamkeit sorgen dürfte. Die hohe Relevanz des Projekts wird im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion über Hybrid- und E-Mobilty-Lösungen besonders deutlich: Um die Reichweiten der Autos zu erhöhen und das Batteriegewicht zu kompensieren, müssen die Fahrzeuge deutlich leichter werden. Gleichzeitig sucht die Industrie angesichts des Treibhauseffektes und knapper werdender Ressourcen verstärkt nach Alternativen zu fossil basierten Kunststoffen oder Kohlefasern. Denn daraus werden zur Zeit noch die meisten leichten Karosserien gebaut. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Hannover verfolgt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) als Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) mit dem Bioconcept-Car ein ehrgeiziges Ziel: Wir wollen zeigen, dass durch den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen das Fahrzeuggewicht deutlich gesenkt werden kann. Zusätzlich verbessern die Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen die CO 2 -Bilanz des Automobils über das Maß hinaus, was durch die Kraftstoffeinsparung erreicht wird, erklärt Dr.-Ing. Andreas Schütte, der Geschäftsführer der FNR. Wir fördern damit ganz bewusst ein Projekt, das direkt

umsetzbare Lösungen für drängende Fragestellungen der automobilen Serienproduktion liefert. Reproduzierbare Ergebnisse Leiter der Materialauswahl und -entwicklung für das Bioconcept-Car ist Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover. Er forscht seit über 20 Jahren auf dem Gebiet biobasierter Werkstoffe und hat mit diesen neuartigen Materialien insbesondere auch im Automobilbereich große Erfahrung. Bei der Auswahl der Bauteile und Werkstoffe für das Bioconcept-Car sowie bei den Produktionsprozessen achten wir darauf, dass unser Vorgehen und die Ergebnisse in der Industrie reproduzierbar sind, so dass das Projekt Anstöße für die Produktion ähnlicher Serienbauteile gibt, beschreibt Prof. Endres einen wichtigen Aspekt. Besondere Herausforderung: Das Bioconcept-Car, von den Fans auch Bio-Rocco genannt, startet während des Projekts bei den Rennen der so genannten VLN- Langstreckenmeisterschaft sowie beim traditionellen ADAC-24h-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife. Der grüne Rennwagen und die in ihm verbauten Biowerkstoffe müssen an jedem Rennwochenende hundertprozentig funktionsfähig sein und ihre Belastbarkeit unter anspruchsvollen Bedingungen unter Beweis stellen. Deshalb gliedert sich das Projekt in verschiedene Phasen: Zunächst wurden die Bauteile ausgewählt, die aus biogenen Werkstoffen entstehen sollen und entsprechende Anforderungsprofile an die Materialien erstellt. Anschließend wählte das Team von Prof. Endres die geeigneten Biopolymere und Bioverbundwerkstoffe aus und optimierte sie gezielt. Im zweiten Schritt wurden und werden zunächst die relativ einfach zu realisierenden Bio-Bauteile hergestellt. Aktuell werden die Verarbeitungsund Gebrauchseigenschaften der biogenen Werkstoffe weiter anwendungsorientiert optimiert. Um die geforderte Qualität zu gewährleisten, greifen wir derzeit bei der Weiterentwicklung der Biowerkstoffe zum Teil noch auf Komponenten zurück, die aus dem Bereich der fossilen Kunststoffe bekannt sind, wie etwa Verarbeitungsstabilisatoren oder Glasfasern als Verstärkungskomponente, so Prof. Endres. Je nach Bauteil erreichen wir in

dieser Phase einen biogenen Anteil von 30 bis 70 Prozent. Im letzten Schritt schließlich werden die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse dazu genutzt, die Bauteile nahezu ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen. Einsatz vielfältiger Materialien Je nach Anforderungsprofil wählt Prof. Endres mit seinem Team unterschiedliche Werkstoffe aus. Um eine leichte, aber gleichzeitig sehr stabile Karosserie zu realisieren, werden beispielsweise Bauteile aus naturfaserverstärkten Harzen (sogenannte Duromere) in einem reproduzierbaren Verfahren hergestellt. In der Automobilindustrie bereits etabliert sind naturfaserverstärkte Duromere für die Ausstattung des Innenraums (z. B. Türverkleidungen oder Hutablagen). Die Anwendung im höher belasteten Außenbereich dagegen hat sich bisher nicht durchgesetzt. Mittels der bisher eingesetzten Verfahren lassen sich jedoch nur relativ einfache, flächige Bauteile herstellen. Daher steht bei den zukünftigen Werkstoffen für den Bio-Rocco auch die Entwicklung und der Einsatz von naturfaserverstärkten, schmelzbaren Verbundwerkstoffen im Vordergrund, die sich mit Hilfe der Spritzgießtechnik auch zu geometrisch komplexeren Bauteilen verarbeiten lassen. Für den grünen Racer von Smudo entstehen daraus zum Beispiel Teile des Armaturenbretts oder die hinteren Lampengehäuse. Für andere Teile wie etwa den Tankdeckel oder die vorderen Lampengehäuse sind thermisch höher belastbare, technische Biopolymere wie biobasierte Polyamide vorgesehen. In weiteren Projektschritten sollen beide Komponenten kombiniert werden, d.h. sowohl die Verstärkungsfasern als auch die Matrix sollen aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Vor und nach dem Einsatz im Rennwagen werden die Bio-Bauteile im Labor untersucht. Dazu werden die Bauteile zwischen den Rennen und am Ende der Saison ausgebaut und zerstörungsfrei geprüft. Die Ingenieure wollen dabei unter anderem überprüfen, wie das Material auf die hohen Belastungen im Motorsport reagiert, um die Werkstoffe gegebenenfalls weiter zu optimieren. Zum Abschluss des Projekts wird ein Katalog erstellt, der alle Bauteile, die verwendeten Materialien und die Produktionsprozesse detailliert aufführt sowie Anwendungsempfehlungen zu den Biowerkstoffen enthält. Außerdem möchten die Wissenschaftler der Hochschule Hannover Aussagen zum Treibhauseffekt der

verwendeten Bio-Werkstoffe im Vergleich zu den petrochemischen Materialien machen. Durch die wissenschaftliche Dokumentation, die allen Interessierten am Ende zur Verfügung stehen wird, ebnen wir biobasierten Werkstoffen den Weg in die Automobilindustrie und in andere Branchen, erklärt der FNR- Geschäftsführer. Bilder frei zur Veröffentlichung im Zusammenhang mit Berichterstattung über das FNR-Projekt Bioconcept-Car und mit Quellenangabe: Foto: FNR/Hardy Müller Downloads unter: http://mediathek.fnr.de/grafiken/pressefotos.html Bildzeilen (von oben nach unten): 1. Der Musiker und passionierte Motorsportler Smudo setzt bei seinem Rennsportprojekt auf Werkstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe. 2. Das Bioconcept-Car von Smudo und dem Reutlinger Team Four Motors basiert auf einem VW Scirocco. Angetrieben wird es durch einen mit Rapsöl-HVO und Biodiesel betriebenen 2-Liter Dieselmotor. Teile der Karosserie und zahlreiche andere Bauteile werden im Rahmen des vom BMELV über die FNR geförderten Projekts aus Bioverbundwerkstoffen und Biopolymeren hergestellt. 3. Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover. 4. Naturfasergewebe im Vergleich mit Carbon- und Glasfasergeweben als Verstärkungskomponente für Verbundwerkstoffe (von links). 5. Das Naturfasergewebe wird in einer Form ausgelegt und mit Harz getränkt. Anschließend wird das Bauteil in einem Ofen bei 60 Grad Celcius sechs bis acht Stunden lang ausgehärtet. 6. Das fertige Bioverbundbauteil hier eine aus zwei Formen (Außen- und Innenseite) bestehende Tür ist hoch stabil und deutlich leichter als das konventionelle Bauteil. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.v. (FNR) OT Gülzow Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/69 30-0 Telefax: 03843/69 30-102 E-Mail: info@fnr.de Internet: http://www.fnr.de V.i.S.d.P.: Dr.-Ing. Andreas Schütte

Nachwachsende Automobilwerkstoffe von der Rennstrecke auf die Straße Interview mit Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover Prof. Hans-Josef Endres über die besonderen Herausforderungen des Bioconcept-Car-Projekts und die Zukunft der Bio-Werkstoffe: Frage: Bio-Werkstoffe und Rennsport wie passt das zusammen? Endres: Das ist nicht so ungewöhnlich wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Der Motorsport ist von Beginn an ein Entwicklungsfeld für neue Technologien und Materialien im Automobilbereich gewesen und ist es heute noch. Der Wettbewerb, die Jagd nach Zeiten und Platzierungen, führt zu kreativen Lösungen und einer schnellen Umsetzung innovativer Konzepte. Außerdem wird im Rennsport ganz schnell klar, ob eine Innovation wirklich zu Erfolgen führt oder nicht. Unsere Bioverbundwerkstoffe und Biopolymere müssen während der stundenlangen Rennen einen echten Härtetest überstehen da würden Schwachstellen schnell auffliegen. Zur Darstellung der Leistungsfähigkeit der neuartigen Biowerkstoffe ist daher der Rennsport ein gutes Testfeld. Frage: Sie setzen in der Anfangsphase des Projektes nicht gleich auf rein biogene Werkstoffe, sondern arbeiten zunächst mit Mischungen aus bio- und petrobasierten Rohstoffen. Warum nicht gleich 100 Prozent Bio? Endres: Das Bioconcept-Car muss an den Rennwochenenden in einem maximal belastbaren Zustand sein. Aber nicht für alle Einsatzgebiete stehen uns heute bereits die optimalen hundertprozentig biobasierten Werkstoffe zur Verfügung.

Manchmal fehlt für ein Biopolymer ein passendes biobasiertes Additiv. Oder wir müssen einen Werkstoff noch für die Fertigung auf industriell eingesetzten Maschinen optimieren. Materialien im Automobilbau müssen sehr spezielle Gebrauchseigenschaften mitbringen, um die Anforderungsprofile zu erfüllen. Durch die intelligente Kombination von bio- und petrobasierten Rohstoffen sichern wir in der ersten Projektphase die geforderte Qualität, die den Rennbelastungen standhält. Im Rahmen der anwendungsorientierten Materialentwicklung werden dabei die Biopolymerwerkstoffe zunächst durch Einsatz üblicher Methoden der Kunststofftechnik wie Blending, Additivierung oder Faserverstärkung gezielt anwendungsorientiert optimiert. So werden z. B. auch biobasierte Kunststoffe mit Glasfasern verstärkt, um die mechanischen Eigenschaften zu optimieren. Schritt für Schritt entwickeln wir die Werkstoffe dann weiter und erhöhen den Bioanteil. Frage: Also wird es keine neuen Wunder-Werkstoffe geben? Endres: Wunder sind auch bei Biowerkstoffen selten... Nein, das ist nicht Ziel des Projekts. Aber für mich als Materialwissenschaftler ist die Werkstoffentwicklung innerhalb dieses Projektes eine ungeheuer spannende Arbeit, weil wir wegen der verschiedenen Einsatzgebiete und Anforderungsprofile in alle Richtungen denken müssen und für die Entwicklung der Materialien, die Vorauswahl der Komponenten und die gezielten, anwendungsorientierten Modifizierungen unser gesamtes Know-how im Bereich der verschiedenen biobasierten Werkstoffe und Verbundwerkstoffe einsetzen können. Das sind sehr breitgefächerte Aufgaben, die bei diesem Projekt zu bewältigen sind. Frage: Gibt es eine Herausforderung beim Bioconcept-Car, die Sie besonders reizt? Endres: Wir setzen naturfaserverstärkte Duromere, die bisher nur im Interieur von Autos verbaut werden, auch im Außenbereich ein und stellen daraus eine besonders leichte Karosserie her. Im Vergleich zu Bauteilen im Innenraum eines Wagens wirken auf die Außenhaut starke mechanische Kräfte, die Karosserie ist hohen Temperaturschwankungen ausgesetzt, muss Steinschlag, Regen und Zusammenstöße aushalten. Bei Unfällen spielt das Crashverhalten natürlich eine wichtige Rolle, und der Bioverbundwerkstoff muss sich zum Beispiel auch mit den üblichen Befestigungstechniken montieren und gegebenenfalls reparieren lassen. Außerdem sind die breiten Anforderungen an die Werkstoffe, sowohl aus verarbeitungstechnischer Sicht als auch im Hinblick auf die geforderten Gebrauchseigenschaften, sehr reizvoll. Im Vordergrund stehen bei allen Materialentwicklungen der Leichtbau, die Funktionalität, die industrielle Übertragbarkeit und ein maximaler Bioanteil im Werkstoff beziehungsweise Bauteil.

Frage: Würden Sie von einem Boom der Werkstoffe aus nachwachsenden Ressourcen sprechen? Endres: Auf jeden Fall hat sich das Umweltbewusstsein der Verbraucher verändert und damit auch die Zielsetzung in der Automobilindustrie. Zum Beispiel werden Naturfasern schon seit vielen Jahren zur Verstärkung von Interieurbauteilen im Auto eingesetzt, weil sie auf Grund ihrer guten gewichtsspezifischen und mechanischen Eigenschaften dafür einfach gut geeignet sind. Aber diese naturfaserverstärkten Kunststoffe wurden lange nicht konsequent genug weiterentwickelt. Seit einigen Jahren stehen Bio-Materialien jedoch wieder verstärkt im Fokus, weil schwindende Ressourcen und der Carbon-Footprint von Produkten mittlerweile auch in der Autoindustrie eine zunehmend große Rolle spielen. Frage: Aber wir werden doch in absehbarer Zeit noch Erdöl zur Verfügung haben. Endres: Ja aber es geht ja auch nicht darum, Lösungen für eine ganz akut anstehende oder zu erwartende Knappheit zu finden, sondern um eine strategisch sichere und langfristige Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe zur Herstellung von Werkstoffen. Neben der Tatsache, dass die Geschwindigkeit des Erdölkonsums um ein millionenfaches höher ist als die Regenerationsrate, steigt die Nachfrage nach Kunststoffen aufgrund der ausgezeichneten Eigenschaften nach wie vor kontinuierlich. Hinzu kommt in den nächsten Jahrzehnten ein signifikanter Anstieg des Kunststoffbedarfs in den bevölkerungsreichen Schwellenländern wie Indien und China. Nur die weitere Entwicklung von Werkstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe versetzt uns in die Lage, auf materialtechnischer Seite alle im Zusammenhang mit Kunststoffen entwickelten Errungenschaften beispielsweise im Textil-, Sport-, Freizeit- oder Elektrobereich sowie dem Transportwesen und hier insbesondere natürlich auch der Autoindustrie fortzusetzen. Um die Bedeutung der Kunststoffe auch für die Zukunft zu erkennen, muss man sich nur den Bau eines Autos oder Gebäudes, ein Konsum von Lebensmitteln oder Elektro-, Sport- und Bekleidungsartikeln ohne den Einsatz von Kunststoffen vorstellen. Obwohl man zur theoretischen Substitution aller petrochemischen Kunststoffe weltweit durch biobasierte Kunststoffe nur ein Bruchteil der weltweit zur Verfügung stehenden Agrarfläche benötigen würde, werden zunehmend auch Techniken entwickelt, um für biogene Werkstoffe vermeintliche Abfallprodukte wie Frittierfette, Holzmehl oder Reste von Pflanzen aus der Nahrungsmittelproduktion einsetzen zu können. Und auf der anderen Seite geht es doch um den Klimaschutz: Nach dem Gebrauch können wir Bio-Materialien für eine zusätzliche Energiegewinnung CO 2 -neutral verbrennen. Es ist daher keine Frage mehr, ob sich biogene Werkstoffe durchsetzen, sondern nur noch wann.

Frage: Wie kann das Projekt Bioconcept-Car diesen Prozess beschleunigen? Endres: Erstens sind unsere Ergebnisse direkt anwendbar und können auf andere Fahrzeuge übertragen werden. Und vielleicht gelingt es uns ja, bei Rennen zukünftig sogar eine eigene Klasse für Wagen mit Antriebs- und Materialkonzepten auf Basis nachwachsender Rohstoffe zu etablieren. Oder gar eine Biowerkstoff-Quote für Rennwagen sowie Serien-Pkws zu initiieren. Zweitens können wir unsere Arbeit in Verbindung mit den Rennen und dem prominenten Fahrer Smudo sehr öffentlichkeitswirksam präsentieren. Die Qualität und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Biokunststoffe werden von vielen Menschen dadurch erstmalig wahrgenommen. Wir können der breiten Öffentlichkeit zeigen, dass es sich inzwischen um reale und vielfältige, technisch hoch belastbare Werkstoffe handelt, die sich nicht beim ersten Regen auflösen oder eine grüne Farbe annehmen. Bilder frei zur Veröffentlichung im Zusammenhang mit Berichterstattung über das FNR-Projekt Bioconcept-Car und mit Quellenangabe: Foto: FNR/Hardy Müller Downloads unter: http://mediathek.fnr.de/grafiken/pressefotos.html Bildzeile: Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover leitet die Materialauswahl und -entwicklung des Projekts Bioconcept-Car Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.v. (FNR) OT Gülzow Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/69 30-0 Telefax: 03843/69 30-102 E-Mail: info@fnr.de Internet: http://www.fnr.de V.i.S.d.P.: Dr.-Ing. Andreas Schütte

Fakten zum Bioconcept-Car-Projekt Das Fahrzeug Basis Hubraum Leistung Top Speed von 0 auf 100 Drehmoment Getriebe Länge Breite Höhe Radstand Leergewicht Tankinhalt Fahrwerk Dämpfer Kraftstoff VW Scirocco 2.0l TDI 1.964 ccm Entwicklungsziel 240 PS je nach Übersetzung 230 bis 240 km/h je nach Übersetzung 6 bis 9 sec 450 Nm von 2.000 bis 3.800 U/min sequentielles Drexler 6-Gang-Getriebe 4.256 mm 1.810 mm 1.404 mm 2.578 mm ca. 1.100 kg 65 Liter KW-Gewindefahrwerk Moton Biokraftstoff-Mix (HVO/Biodiesel) auf Basis von heimischem Rapsöl

Das Projekt Projektzeitraum: Mai 2011 bis November 2013 Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung von Bauteilen für den Automobilbereich und Rennsport unter Einsatz von Biopolymerwerkstoffen und Biocomposites. Unter Biopolymeren und Biocomposites werden im Rahmen des Vorhabens sowohl vollständig und partiell biobasierte nicht faserverstärkte Kunststoffe als auch Verbundwerkstoffe mit biobasierter Matrix oder biobasierter Verstärkungskomponente verstanden. Am Ende des Vorhabens soll ein allen Interessierten zugänglicher Bauteilkatalog stehen, in dem die Bauteile, die eingesetzten Werkstoffe und deren Verarbeitung ausführlich beschrieben werden. Intention des Projekts ist es, einen möglichst weitreichenden Impuls für den Einsatz von neuartigen biobasierten Werkstoffen sowohl in der Automobilbranche als auch auf anderen Gebieten zu setzen. Umgesetzt wird das von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) als Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) geförderte Bioconcept-Car-Projekt durch das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres. Eingesetzt wird das Bioconcept-Car durch das Reutlinger Rennsportteam Four Motors GmbH im Rahmen der Läufe der VLN Langstreckenmeisterschaft sowie dem ADAC-24h-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife. Weitere Informationen zum Projekt Bioconcept-Car sind auf www.fnr.de im Menü Projekte & Förderung Projekte Suche unter dem Förderkennzeichen 22009811 sowie auf www.fourmotors.com, www.ifbb-hannover.de und unter twitter.com/bioconceptcar erhältlich. Die Bio-Bauteile des Bioconcept-Cars Im Verlauf der Projektlaufzeit sollen folgende Bio-Bauteile realisiert werden: Großflächige Karosserie-Bauteile aus Naturfaserverbund-Werkstoffen Heckklappe Türen links und rechts Motorhaube Front- und Heckend Unterbodenbereich

Technische Bauteile aus thermoplastischen Biowerkstoffen Frontscheinwerfer Heckscheinwerfer Kühlmittelausgleichsbehälter Lenkstockschalter Druckwandler Tankklappe Wasserkastenabdeckung, LL Links Abdeckkappe Außenspiegel links Abdeckkappe Außenspiegel rechts Schließteil Kühlerseitenteile, Wasserkühler Zylinderkopfhaube Kabelführung Querträgerschloss Bremsverstärkergehäuse Schaltknauf Die Projektbeteiligten und Ansprechpartner Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.v. (FNR) Ansprechpartnerin: Dr. Gabriele Peterek OT Gülzow Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/6930-119 E-Mail: g.peterek@fnr.de Internet: www.fnr.de IfBB - Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe Hochschule Hannover Fakultät Maschinenbau und Bioverfahrenstechnik Ansprechpartner und Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres Heisterbergallee 12 30453 Hannover Tel.: 0511/9296-2212 E-Mail: hans-josef.endres@fh-hannover.de Internet: www.ifbb-hannover.de

FOUR MOTORS GmbH Ansprechpartner: Thomas von Löwis of Menar Schulstraße 18 72764 Reutlingen Deutschland 07121-14490-81 E.Mail: info@fourmotors.com Internet: www.fourmotors.com Bilder frei zur Veröffentlichung im Zusammenhang mit Berichterstattung über das FNR-Projekt Bioconcept-Car und mit Quellenangabe: Foto: FNR/Hardy Müller Downloads unter: http://mediathek.fnr.de/grafiken/pressefotos.html Bildzeile: Das Bioconcept-Car von Smudo und dem Reutlinger Team Four Motors basiert auf einem VW Scirocco. Angetrieben wird es durch einen mit Rapsöl-HVO und Biodiesel betriebenen 2-Liter Dieselmotor. Teile der Karosserie und zahlreiche andere Bauteile werden im Rahmen des vom BMELV über die FNR geförderten Projekts aus Bioverbundwerkstoffen und Biopolymeren hergestellt. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.v. (FNR) OT Gülzow Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/69 30-0 Telefax: 03843/69 30-102 E-Mail: info@fnr.de Internet: http://www.fnr.de V.i.S.d.P.: Dr.-Ing. Andreas Schütte