Tiergerechte Schafhaltung in Schleswig-Holstein

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Transkript:

Tiergerechte Schafhaltung in Schleswig-Holstein Handreichung des Runden Tisches Tierschutz in der Nutztierhaltung Juni 2014 Herausgeber: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Mercatorstr. 3, 24106 Kiel Fotos: Landesverband Schleswig-Holsteinischer Schaf- und Ziegenzüchter e.v. 1

Einleitung Derjenige, der Tiere hält, betreut oder zu betreuen hat, muss sie ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. So sieht 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz es vor. Die Art und Weise wie Nutztiere gehalten werden, ist aber nicht allein eine Frage des Tierhalters, sie ist auch eine gesellschaftliche Frage. Der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume hat 2013 den Runden Tisch Tierschutz in der Nutztierhaltung initiiert, um aktuelle Themen des Tierschutzes und Tierwohls in Arbeitsgruppen zu diskutieren und praktikable Lösungen zu erarbeiten. Im Auftrag des Runden Tisches wurden sowohl die Deichhaltung von Schafen im Sommer wie auch die Haltung auf Weiden im Winter in Augenschein genommen. Auf dieser Basis wurde die nachstehende Handreichung entwickelt, die gleichermaßen gemeinsames Verständnis für die Betriebe und Information für die Öffentlichkeit sein soll. Schafhaltung in Schleswig-Holstein Das Schaf ist eines der ältesten Nutztiere und liefert dem Menschen seit jeher Wolle, Fleisch, Milch, Felle und Dünger. Daneben und besonders in Schleswig-Holstein erfüllen die Schäfer mit ihren Schafherden wichtige gesellschaftliche Aufgaben wie Küstenschutz, Landschaftspflege, Umwelt- und Naturschutz. So spielt die Schafhaltung eine maßgebliche Rolle etwa für die natürliche Pflege weniger fruchtbarer Gebiete, die Bewahrung der Artenvielfalt, sowie im Kampf gegen Erosion und Überschwemmungen. Der Küstenschutz insbesondere an der Westküste wäre ohne die Deichschafhaltung nicht in der einfachen und kostengünstigen Form denkbar wie er allseits bekannt ist. Schafe halten die Grasnarbe kurz und treten den Deichkörper fest. Dadurch erhält dieser seine Stabilität, um Sturmfluten standhalten sowie Mensch und Tier schützen zu können. In Schleswig-Holstein und Hamburg gibt es zurzeit 186.600 Schafe und 1.200 Schafhalter. Wie der nachstehenden Tabelle zu entnehmen ist, hat sich die Anzahl der Schafe in den letzten zehn Jahren nahezu halbiert, die Zahl der Schafhalter ist sogar noch stärker zurückgegangen. Schafhalter 2 Schafe 03.05.03 2.523 365.075 03.05.07 2.363 369.307 01.03.10 1.951 286.379 01.11.13 1.200 186.600 Anzahl Schafhalter und Schafe in Schleswig-Holstein und Hamburg (Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein)

Bei der Verteilung der Schafe in Schleswig-Holstein ist die hohe Besatzdichte in den Kreisen Nordfriesland (42 %) und Dithmarschen (32%) besonders auffällig. Damit werden mehr als 70 % der Schafe an der Westküste auf dem fruchtbaren Marschboden, dem absoluten Dauergrünland und an den Deichen der Nordsee gehalten. Arten der Schafhaltung Die Schafhaltung wird in Schleswig-Holstein sowohl von Haupt- und Nebenerwerbslandwirten, als auch von Hobbyhaltern betrieben. Gemeinsam ist jeder Form der Schafhaltung, dass die Schafe den Großteil des Jahres draußen auf der Weide verbringen. Schafhaltung ist durch eine hohe Flexibilität gekennzeichnet. Die Standort- und Produktionsvoraussetzungen in den einzelnen Betrieben unterscheiden sich erheblich. Man trennt grundsätzlich zwischen Wander- und Hütehaltung auf der einen und Koppelhaltung auf der anderen Seite. Schafhaltung in Schleswig-Holstein 1999, 2003, 2007 und 2010 nach Schafbestandsgrößenklassen Bei der Wander- oder Hütehaltung ziehen die Herden begleitet von einem Schäfer und diversen Hütehunden durch das Land. Abends kommen die Schafe in einen Pferch. Bei der Hütehaltung legen Schafe und Schäfer die Wegstrecken zwischen den Weideflächen in Fahrzeugen zurück. Hütehaltung wird auf möglichst stallnahen Flächen betrieben, in den meisten Fällen handelt es sich um die Beweidung von Truppenübungsplätzen. Diese Form der Schafhaltung hat eine wichtige Funktion in der Landschaftspflege. Gleiches gilt für Wanderschafherden, die es in Schleswig-Holstein allerdings kaum noch gibt. Nur etwa vier Schäfer mit ihren Schafen betreiben noch diese typische Landschaftspflege. Die Anforderungen und Bedingungen der in Schleswig-Holstein vorherrschenden Koppelschafhaltung, bei der die Schafe in Umzäunungen weiden, sind grundlegend 3

andere. Bei dieser Haltungsform wird die Weidefläche in mehrere gleich große Teilflächen geteilt und in regelmäßigem Turnus beweidet. Der Schäfer kontrolliert seine Tiere ein- bis zweimal am Tag. Eine besondere Form der Koppelschafhaltung ist die Deichschafhaltung, die es hauptsächlich in Schleswig-Holstein und Teilen Niedersachsens gibt. Die gesamte Deichfläche an der Ost- und Westküste Schleswig-Holsteins sowie ein Großteil der Binnendeiche an der Elbe werden mit Schafen beweidet. Aus Küstenschutzgründen dürfen dort bis auf Schafe keine anderen Tiere gehalten werden. Die Deichflächen gehören dem Land Schleswig-Holstein und werden an die Schafhalter verpachtet, wofür sie jedoch Auflagen erfüllen müssen. Der Pächter erhält ein eingezäuntes Deichstück, welches bei den Außendeichen von der Deichkrone aus gemessen ca. 150 Meter in Richtung Meer reicht und in der Länge mehrere Kilometer lang sein kann. Normalerweise werden die gepachteten Deichflächen vom 15. März bis zum 15. Oktober (in trockenen Jahren bis zum 15. November) beweidet. Die am Deich gehaltenen Schafe können als Küstenschützer bezeichnet werden, denn die Erfahrungen zeigen, dass Deiche, die von Schafen bereits jahrelang beweidet wurden, Großteils den Sturmfluten standgehalten haben. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Schafe durch ihren tiefen Biss die Grasnarbe kurz halten und dadurch eine starke Bestockung und eine dichte Narbe entstehen. So gibt es eine gute Erosionsbeständigkeit. Zusätzlich wird die Narbe noch durch den Tritt der Schafe verfestigt. Die Besatzstärke auf den Deichflächen ist geringer als bei der klassischen Koppelhaltung. Bei ca. 8 Mutterschafen / ha beträgt die Nutzungsintensität etwa nur 60 bis 70 % im Vergleich zur normalen Grünlandnutzung. Neben dem Aspekt Küstenschutz dient die Beweidung der Deiche zusätzlich einer günstigen Landschaftspflege, da chemische Düngung und Unkrautbekämpfung entfallen. Über Winter weiden die Schafe in Partien von 50-150 Schafen von Oktober bis Februar auf Flächen von Rindvieh haltenden Betrieben nach. Dies hat für beide Parteien Vorteile. Dem Landwirt bleibt der letzte Herbstpflegeschnitt erspart, weil die Wiesen und Weideflächen durch die Schafe kurz gehalten und verfestigt werden, wodurch sich die Grasnarbe gut bestockt und somit gut gepflegt durch den Winter kommt. Da sich das Grünland meistens 70 bis 100 km entfernt vom Wohnsitz des Schäfers befindet, fallen lange Fahrten für die Tierkontrolle und das Umweiden an. In Dithmarschen werden die Schafe zum Großteil nach dem Abtrieb vom Deich im Herbst auf die abgeernteten Kohlfelder gebracht. Dort dienen ihnen die restlichen Kohlköpfe und vor allem die Kohlstrunken als sehr nahrhaftes Schaffutter. Um die geringe Rohfaser auszugleichen, wird zusätzlich Stroh gefüttert. Nachdem die Futterflächen vollständig abgeweidet sind, kommen die Schafe ebenfalls auf die Winterweide. Die Schafe der meisten Hobbyhalter laufen den Großteil des Jahres auf eigenen Koppeln. 4

Gute Schäferpraxis Eine gute Schäfer-Praxis ist die grundlegende Voraussetzung. Dazu gehören die Sachkunde der die Tiere betreuenden Personen, ein guter Ernährungszustand der Tiere, die regelmäßige Kontrolle der Tiere und die Durchführung notwendiger Pflegemaßnahmen (Klauenpflege und Behandlung gegen Endo- und Ektoparasiten) sowie eine Schur zum richtigen Zeitpunkt. Weiter gehört zu einer guten Praxis, dass geeignete Rassen für die jeweilige Region und den konkreten Standort für die ganzjährige Außenhaltung eingesetzt werden und die Tiere entsprechend adaptiert sind. Bei auffälligen Tieren in einer Herde sind Schäfer als Tierhalter verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen und diese auch zu dokumentieren. Heimische Schafrassen verfügen mit ihrer Wolle über einen natürlichen Witterungsschutz, der für die meisten Situationen ausreichend ist. Diese Wolle bedarf jedoch der Pflege durch den Tierhalter, um funktionsgerecht zu sein. Der Termin für die jährliche Schafschur soll in der Regel bis zum 30. Juni stattgefunden haben, wobei der Monat Juni optimal ist. So wird eine Überhitzung der Tiere im Sommer vermieden. Gleichzeitig haben die Tiere ausreichend Zeit, für die Wintermonate wieder genügend Wolle aufzubauen. Die tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Jahres sind dabei einzubeziehen, d.h., bei einem Kälteeinbruch müssen bereits geschorene Tiere ggf. aufgestallt oder auf andere Weise geschützt werden. Für Tiere, die in der kalten Jahreszeit geschoren werden, ist eine ganztägige Weidehaltung nicht angezeigt bzw. muss eine Rückzugsmöglichkeit vorgehalten werden. Schafhaltung im Sommer am Deich 5

Sommerhaltung am Deich Bei der Deichschafhaltung im Sommer können extreme Sonneneinstrahlung und Hitze tierschutzrelevant sein. Dabei können Unterschiede zwischen Seedeich und Binnendeich bestehen. Bei solchen extremen Wettersituationen lässt das Verhalten der Tiere erkennen, dass das Wohlbefinden eingeschränkt ist. Schatten finden sie dann allenfalls in trockenen Grüppen und Prielen und im höheren Bewuchs des Vorlandes. Die Einrichtung schattenspendender Baulichkeiten oder Anpflanzungen ist im Deich- und Vorlandbereich nach dem Landeswassergesetz und den Naturschutzvorschriften verboten. Bauten könnten bei Flut aufgespült werden und den Deich beschädigen. Außerdem können Ansammlungen von Schafen im Bereich der Bauten die Grasnarbe schädigen. Die Überbauung von vorhandenen Wegen ist ebenfalls nicht möglich, da diese zur Deichverteidigung und zum Räumen von Treibseln für schweres Gerät zugänglich bleiben müssen. Anpflanzungen und Baulichkeiten im deichnahen Landesinneren sind ebenfalls nicht sinnvoll, da sich in der Praxis zeigt, dass bereits vorhandene Anpflanzungen von den Schafen nicht angenommen werden. Ein Treiben der Schafe zu solchen Plätzen, wenn sie z.b. in einem Bereich von ca. 2 km Länge verstreut sind, wäre für die Tiere Stress und belastender als das Erdulden der Hitze. Am Deich betragen die Wege der Tiere zu den installierten Tränken maximal ca. 500 m. Diese Entfernungen sind für die Tiere unproblematisch. Anders als im Binnenland ist am Deich in der Regel immer eine leichte Brise vorhanden. Daher ist mit Blick auf extreme Hitze im Sommer kein gesonderter Witterungsschutz erforderlich, sehr wohl aber bei Schafhaltung im Binnenland, wo z.b. anhaltende stehende Hitze auftreten kann und in diesem Fall ein Witterungsschutz vorhanden sein oder zusätzlich geschaffen werden muss. Bei extremem Schlechtwetter wie Starkwind in Verbindung mit Regen zeigen die Schafe ein Meide-Verhalten, indem sie sich auf die windabgewandte Seite des Deiches zurückziehen. Winterhaltung auf Weiden Da die Deiche in der Regel im Winter nicht beweidet werden dürfen, müssen die Schafe auf Weiden im Binnenland verbracht werden. Diese Flächen können sehr weit weg von der Betriebsstelle sein. Dabei bringen die meisten Schäfer Schaf-Gruppen in der Größe von ca. 50-150 Tieren zu unterschiedlichen Standorten. Während des Winters werden die Tiere dann in kurzen Abständen umgeweidet. Durch tägliche Kontrollen aller Stellen ist zu überprüfen, ob eine ausreichende Grundfutterversorgung und Tränkewasser vorhanden sind. Ein Witterungsschutz ist je 6

nach Wetterlage notwendig, der Bewollungszustand und die natürlichen Verhältnisse auf der Fläche (z.b. Knicks, Hügel) sind dabei zu berücksichtigen. Bei normalen, jahreszeitlich üblichen Wetterlagen im Winter sind die Tiere gute Schäferpraxis vorausgesetzt durch ihre Wolle verbunden mit dem Lanolingehalt gegen Kälte und Nässe geschützt. Witterungsschutz wird auf den zu beweidenden Flächen i.d.r. nicht aufgebaut, da die Weiden regelmäßig gewechselt werden. Ferner spielt hier auch die Problematik des Baugesetzbuches eine Rolle. Bei Extremwetterlagen im Winter wie z.b. anhaltendem Schneesturm oder Dauerregen ist es gute Schäferpraxis, dass die Tiere zusätzlich einen Witterungsschutz bekommen. Bei fehlendem Schutz auf dem Freiland bedeutet das, dass die Tiere in solch einem Fall aufgestallt oder auf Flächen mit Witterungsschutz verbracht werden müssen. D.h., es müssen dann in der Umgebung der betreffenden Fläche kurzfristig Möglichkeiten geschaffen bzw. gefunden werden. Schafhaltung im Winter im Binnenland Allgemein werden unter Witterungsschutz sowohl künstliche Unterstände als auch natürliche schützende Standortbedingungen wie z.b. Knicks, Bäume oder Priele verstanden. Weideflächen müssen so beschaffen sein, dass eine jederzeitige Versorgung der Tiere möglich ist. Dazu gehören z.b. die Versorgung mit Wasser und Futter oder der Abtransport erkrankter oder verendeter Tiere. 7

Besonderheiten zur Zeit des Ablammens Schafe werden in der Regel nur drei bis vier Wochen während der Lammzeit im Stall gehalten. Deshalb haben auch die wenigsten Schafhalter in Schleswig-Holstein große Stallungen und Hallen, sondern meist nur kleine Scheunen. Einige nutzen auch Scheunen und Stallungen der umliegenden Landwirte, um dort ihre Lammzeit abzuhalten. Das Fortpflanzungsverhalten der schleswig-holsteinischen Schafrassen ist saisonal orientiert. Die Mutterschafe werden im Herbst gedeckt und bekommen nach ca. fünf Monaten Tragezeit ihre Lämmer. Abhängig vom genauen Deckzeitpunkt liegt die Lammzeit überwiegend im Februar bis April. Sobald das Wetter im Frühjahr trocken ist, kommen die Mutterschafe mit ihren Lämmern recht schnell wieder auf die Weiden. Während der Säugezeit ist der Nährstoffbedarf des Muttertiers besonders hoch und die frischen Weiden bieten ein reichliches, eiweißreiches und preiswertes Futter. Lammen Schafe aus Versehen draußen ab, sind die Tiere in den Stall zu holen oder tiergerecht zu versorgen. Für frische Lämmer muss bis zu 14 Tage eine Rückzugsmöglichkeit vorhanden sein. Eine Ablammung im Freien ist nur dann möglich, wenn eine erhöhte Betreuung und Versorgung (Einstreu, Wasser, Witterungsschutz) der Tiere sichergestellt ist. Mutterschafe mit ihren Lämmern im Stall 8

Kommunikation Im Bereich der Deichschafhaltung kommt es häufig zu Zwischenfällen zu Lasten der Gesundheit der Weidetiere. Problematisch sind insbesondere das Hetzen der Tiere, z.b. durch freilaufende Hunde. Ein Jagen oder Hetzen der Schafe ist nach Tierschutzrecht nicht zulässig und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Geldbuße geahndet wird. Zum Thema Hunde sind entsprechende Flyer des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein entwickelt und im Umlauf. Weitergehende Informationen Empfehlungen über die ganzjährige und saisonale Weidehaltung von Schafen, Hrsg.: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung und Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Tierschutzdienst Hinweise für die Wanderschafhaltung in der kalten Jahreszeit, Hrsg.: Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. Empfehlung für das Halten von Schafen Hrsg.: Europarat, Ständiger Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in Landwirtschaftlichen Tierhaltungen (T-AP) 9