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Transkript:

Die Universität Wien in den Jahren 1780-1786 Eine kulturelle Reportage mit Augenmerk auf die Universität Wien und ihre Wandlung in dieser Zeit. Vortrag, gehalten am 15. März 2006 im Großen Lesesaal der Universitätsbibliothek Abb.1: Alte Universität, 1623-1627 von den Jesuiten erbaut Wesentliche Veränderungen an der Wiener Universität fanden in der Regierungszeit von Josef II. von 1780-1790 statt. In dieser kurzen Zeit von nur 10 Jahren gelang es ihm für die Universität bedeutende Reformen zu verwirklichen, nämlich die Zulassung von Protestanten und Juden zum Studium sowie die Einführung der deutschen Unterrichtssprache. Diese Reformen fanden unter folgende Rektoren der Universität Wien statt: 1780 Benedictus Leopoldus Rhein (Med.) 1781 Ignatius Parhammer (Phil.) 1782 Quodvultdeus de Rollemann (Theol.) 1783 Joannes le Fevre Nobilis de Rechtenburg (Jur.) 1784 Benedictus Leopoldus Rhein (Med.) 1785 Josephus de Herbert (Phil.) 1786 Floridus Leeb (Theol.)

Die Zulassung von Protestanten und Juden zum Studium, zum juridischen und medizinischen Doktorgrad Persönlich war Josef II. ein religiöser Mensch, ein Philosoph auf dem Thron, wie er oftmals bezeichnet wurde. 1 Es lag ihm das Wohl aller Untertanen, auch der anders Gläubigen am Herzen. Er war daher überzeugt, dass die Religion an sich das Glück der Menschen fördere und sie zur Sittlichkeit erziehe. 2 Deshalb erließ er 1781 das Toleranzpatent, welches den Protestanten, Griechisch-orthodoxen und Juden freie, wenn auch private Religionsausübung erlaubte und die Gründung einer eigenen Pfarre bzw. Synagoge bei genügender Anzahl von Gläubigen. Außerdem erhielten sie Handelsfreiheit und Zugang zu den Staatsämtern. Die Beweggründe, die ihn zu seinen oft radikalen Reformen veranlasst haben mögen einerseits seine von der französischen Aufklärung her beeinflusste Denkweise gewesen sein und andererseits sein Wunsch nach politischer Zentralisierung der Macht. Er hob im Weiteren die Gehorsampflicht gegenüber dem Papst auf, wodurch die Säkularisierung der Universität folgte, an der seit dem Jahre 1579 das katholische Glaubensbekenntnis verpflichtend war. Durch diese Aufhebung konnte den Protestanten und Juden das Studium zugänglich gemacht werden. Das gesamte Unterrichtswesen war der Leitung des Staates unterstellt und somit wurde der Grundstein für das Motto Bildung ist der erste Schritt zum Wohlstand gelegt. Im Jahr 1782 schaffte er das katholische Glaubensbekenntnis und den Eid auf die unbefleckte Empfängnis der Maria für alle Professoren und Promovenden ab. 3 Protestanten und Juden wurden nun zum juridischen und medizinischen Doktorgrad zugelassen. Ab dem Jahr 1785 hatten die Promotionen nicht mehr den Charakter einer geistlichen Feier sondern fanden für damalige Verhältnisse als schlichte Angelobungen statt. 1 Siehe: Brigitte Vacha, Die Habsburger, eine europäische Familiengeschichte, Styria Verlag 1996. 2 Quelle: Dr. Roderich Geyer, Dr. Karl Fink, Franz Luger, Durch die Vergangenheit zur Gegenwart, Ein Lehrbuch der Geschichte, Österreichischer Agrarverlag, Wien 1962. 3 Archiv der Universität Wien, Rundgang durch die Geschichte der Universität Wien, 1999

Abb. 2: Denkmal von Josef II. am Josefs Platz Die Einführung der deutschen Unterrichtssprache an der Universität Wien Josef II. bezog Ungarn in den Zentralismus ein und Deutsch wurde die einzige Verwaltungssprache. Im Jahre 1783 führte er die deutsche Sprache auch als Unterrichtssprache an den Universitäten ein. Die seit dem Mittelalter bestehende Tradition, die Vorlesungen auf Latein zu halten, wurde somit aufgehoben. Es wurden im 18. Jahrhundert auch zunehmend italienische und französische Sprachlehrer sowie Fechtmeister und Tanzmeister an der Universität beschäftigt. Dies ist als ein Zeichen der Annäherung der Universität an die adeligen Ritterakademien anzusehen. Die französische und italienische Sprache hatten mehr Bedeutung am Hof und in Adelskreisen, nicht aber an der Universität. So sind bis heute viele französische Wörter im Wiener Deutsch zu finden, die aus dieser Zeit stammen. (z.b. die Orangerie, Trottoir - Gehsteig, Lavoir - Waschgefäß, Menagerie - Sammlung, Melange Mischung, Adieu Auf Wiedersehen)

Ein anderes wichtiges Ereignis war die Eröffnung des Allgemeinen Krankenhauses, als Ausgangspunkt der Universitätskliniken, welches in den Jahren 1995 bis 1998 zum Universitätscampus transformiert wurde. Durch Josef II. erfolgte eine Reorganisation des Spitalswesens. Er wollte Ordnung schaffen und dies dokumentierte sich nicht nur in seiner Politik des Zentralismus sondern auch in seinem sozialen Engagement. In seiner Mit-Regentschaft unter Maria Theresia (ab 1765) erkannte er die Notwendigkeit der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Der Großbau des Armen- bzw. Invalidenhauses bildete dabei den Ausgangs- und Bezugspunkt seiner Überlegungen für einen neuen medizinischen Baukomplex. Eine grundlegende Reorganisation der gesamten staatlichen Wohlfahrtspflege war notwendig, um die Missstände der teilweise korrupten Verwaltung zu beheben. Er legte fest, dass die Baulichkeiten ausschließlich als Krankenhaus zu nutzen seien, und hatte genaue Vorstellungen über die Einrichtung eines Großkrankenhauses nach französischem Vorbild. 4 Er beauftragte nach einem Wettbewerb seinen Leibarzt J. Quarin mit der Umgestaltung der Anlage, die nach einem Jahr abgeschlossen war. Nach dem einfachen Gesamtplan wurde kontinuierlich weitergebaut und die provisorisch hochgezogenen Trakte wurden durch massive verputzte Ziegelbauten ersetzt. Nach der Generalsanierung entstand der modernste Spitalbau seiner Zeit. Das Allgemeine Krankenhaus rief dadurch bei Zeitgenossen gebührende Bewunderung hervor. 4 Saber Zaimian, Jalil H. Ein Modell zur baulichen Transformation, Leitlinien zur Bauerneuerung aufgrund der Analyse des Umbaues vom Alten Allgemeinen Krankenhaus zum Universitätscampus Wien, Dissertation, Technische Universität Eindhoven 2005.

Abb.3: Modell des Allgemeinen Krankenhauses Wien aus dem Jahr 1784 Am 17. August 1784 wurde das Allgemeine Krankenhaus am Alsergrund in der Alserstrasse/Spitalgasse mit einem Gebärhaus, einem Findelhaus, dem Narrenturm und einem Versorgungshaus eröffnet. Die staatliche Armen- und Krankenfürsorge ist ebenfalls sein Werk. Es entstanden Krankenhäuser für Körperbehinderte. Die Armenpflege wurde der Pfarre (später der Gemeinde) zur Pflicht gemacht. Mit Joseph II. beginnt Österreich sich zu einem sozial hoch stehenden Staat zu entwickeln.

Abb. 4 Luftaufnahme von Wien mit dem Universitätscampus, erkennbar an den charakteristischen, lang gestreckten, Höfen umschließenden Baukörpern In der neuen Aula, heute die Akademie der Wissenschaften, befand sich das Anatomische Theater, welches 1784 vollständig umgebaut wurde. Auch dies geschah unter der Regierungszeit von Kaiser Josef II. Er stiftete den Umbau als Dank für ein Augenleiden, von welchem er durch den Augenarzt Josef Barth geheilt wurde. Abb.5: Akademie der Wissenschaften, ehemalige Universitätsaula,1753-1755

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Alte Universität, 1623-1627 von Jesuiten erbaut, Foto: Jalil Saber Zaimian Abbildung 2 Denkmal von Josef II, am Josefs Platz, Foto: Jalil Saber Zaimian Abbildung 3 Modell des Allgemeinen Krankenhauses Wien aus dem Jahr 1784 Technisches Museum aus dem Buch Architektur als Transformation Abbildung 4 Luftaufnahme von Wien mit dem Universitätscampus, erkennbar an den charakteristischen, lang gestreckten, Höfen umschließenden Baukörpern. Foto: Jalil Saber Zaimian Abbildung 5 Akademie der Wissenschaften, ehemalige Universitätsaula,1753-1755 Foto: Jalil Saber Zaimian