Entwicklungsabschnitte Embryonalphase: entscheidende Entwicklungsprozesse: (Embryogenese) Furchung, Gastrulation, Organogenese Entwicklungsbiologie 03 Ernst A. Wimmer Abteilung Entwicklungsbiologie Juvenilphase: intensives Wachstum auf zellulärer Ebene: Spezifikation, Determination, Differenzierung direkte Entwicklung indirekte Entwicklung Larvalstadien mit Metamorphose Adultphase: regenerative Prozesse (adulte Stammzellen) Seneszenzphase: Alterungsprozesse, Tod Befruchtung Rotation des cortikalen Cytoplamas zur Eintrittsstelle des Spermiums Grauer Halbmond in Äquatornähe Festlegung der ersten Furchungsebene und der Achsen Furchung beim Froschkeim Ergebnis der Furchungsteilungen Blastomeren einzelne Zellen der ersten mehrzelligen Entwicklungsstadien Morula kompakter Zellhaufen aus Blastomeren (Maulbeerkeim) Blastula vielzelliges frühes Entwicklungsstadium in Form einer Hohlkugel (Blasenkeim) Blastocoel innerer Hohlraum der Blastula (primäre Leibeshöhle) Animaler Pol Pol der polarisierten Eizelle, an dem meist der Zellkern liegt Vegetaler Pol dem animalen Pol gegenüberliegender, dotterreicher Eipol 1
Querschnitt durch die Frosch-Blastula Formen der Gastrulation Invagination Bildung des Urdarms durch Einstülpung (Branchiostoma, Cnidaria, Echinodermen) Immigration Einwanderung von einzelnen Zellen ins Blastocoel (Ingression) (primäre Mesenchymzellen beim Seeigel) Delamination Entodermbildung durch plattenartige Einwanderung: Abblätterung von Zellschichten (Hypoblast-Bildung bei Vögeln und Säugetieren) Involution Umstülpung, Umströmung: Einwanderung über den Blastoporusrand (Mesodermbildung bei Amphibien) Epibolie Umwachsung einer inneren Masse Ektoderm der Amphibien umschließt Zellen des vegetativen Pols: (Dotterpfropf) Ergebnis der Gastrulation: Keimblätter embryonale Zellschichten, die während der Gastrulation gebildet werden aus ihnen gehen die verschiedenen Organsysteme und Gewebe hervor äußeres Epithel: Ektoderm (1. Keimblatt) inneres Epithel: Entoderm (2. Keimblatt) bei Bilateria dazwischen zusätzlich 3. Keimblatt (Mesoderm): triplobastisch im Gegensatz zu den diploblastischen Radiata 2
Organogenese Aus den Keimblättern bilden sich Organe. Für die Organogenese müssen die verschiedenen Keimblätter miteinander interagieren. Ende der Präformationstheorie in den 1820ern. Zelldifferenzierung Ausbildung von verschiedenen Gewebetypen: Epithelien: Haut-, Darm,- Lungen- und Blasenepithel Nervengewebe Muskelgewebe: quer gestreifte, schräg gestreifte, glatte, Herzmuskulatur Bindegewebe: lockeres und formgebendes Zelldifferenzierung Entwicklung spezialisierter Zellen. Bereits vor der Ausdifferenzierung wird dabei das Zellschicksal festgelegt in der Kommittierung (finalen Determination). Kann in zwei Phasen unterteilt werden: Spezifikation unverbindliche Zuweisung des Schicksals Determination Entwicklungsvorgang, durch den die späteren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt bzw. bestimmt werden. Schrittweise Determination des Schicksals verschiedener Zelltypen. Determination Verpflichtung, Vorprogrammierung Differenzierung Determination und Differenzierung Entwicklungsvorgang, bei dem sich Zellen gemäß ihrer Bestimmung (Determination) morphologisch und funktionell ausdifferenzieren. Meist zeitlich versetzt zur Determination. Beruht auf Produktion von zelltypischen Proteinen Differenzierte Zellen haben definierte Morphologie 3
Transplantationsexperimente Dienen zum Bestimmen des Zeitpunkts der Determination Erstellung von Anlagenplänen (Schicksalskarten) Ortsgemäße Entwicklung: keine Determination Herkunftsgemäße Entwicklung: Determination Aufzeigen von Zellgenealogien Anlagenplan mit Vitalfarbenmarkierung Tunikatenembryo (Seescheide) Markierung im Morulastadium (64 Zellen) Anlagenplan basierend auf Beobachtung Edwin G. Conklin 1905, Manteltier Styela partita 4
Experimentelle Bestätigung des Anlageplans durch: Zellablationen Zellisolationen. Mosaikentwicklung Mosaikentwicklung streng determinierte Entwicklung bestimmter Zellen auf Grund der Verteilung cytoplamatischer Faktoren im Ei. Verlust einzelner Zellen, kann nicht ausgeglichen werden: entsprechende Gewebe/Organe werden nicht angelegt. Ungleiche Verteilung cytoplasmatischer Determinanten P-Granula beim Fadenwurm Caenorhabditis elegans P-Granula assoziieren mit den Keimbahnzellen: Urgeschlechtszellen Experimentelle Demonstration der Bedeutung cytoplasmatischer Determinanten bei Amphibien Experimentelle Demonstration der Bedeutung cytoplasmatischer Determinanten bei Amphibien 5
Mosaikentwicklung Wilhelm Roux, 1888. Mosaik contra Regulation Hans Driesch, 1892. Regulation, Fähigkeit des Embryos, sich normal zu entwickeln, trotz Entfernung/Umordnung von Teilen Regulative Entwicklung Mosaikentwicklung? Nein! Wilhelm Roux, 1888. Entwicklung, bei der Verlust einzelner Teile/Zellen ausgeglichen werden kann. Keine strikte Verteilung von maternalen cytoplasmatischen Faktoren Determinierung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt Da Zellreste nicht entfernt, wurde anderer Blastomere signalisiert nur halben Embryo anzulegen. Regulative Entwicklung nicht Verteilung cytoplamatischer Faktoren im Ei entscheidend. Signale von benachbarten Zellen entscheidend: Induktion Induktion In der Entwicklungsbiologie Vorgang, bei dem gewisse Faktoren Determinationsvorgänge im benachbarten Gewebe bestimmen 6
Induktion Induktion Signale: Liganden (= Induktoren) und Rezeptoren Hans Spemann und Hilde Mangold, 1924. Induktion Hans Spemann und Hilde Mangold, 1924: Organisator Hans Spemann Organisator Bereich oder Gewebeabschnitt im Embryo, der Determinierungsvorgänge im umgebenden Gewebe induziert. Beispiel: dorsale Urmundlippe Nobelpreis 1935 für Physiologie oder Medizin Entwicklungsmechanik Für die Entdeckung von geheimen Kräften, welche die frühe Entwicklung des fertilisierten Eies regulieren 7
Organisator Bereich oder Gewebeabschnitt im Embryo, der Determinierungsvorgänge im umgebenden Gewebe induziert. Beispiele: dorsale Urmundlippe Apikaler Epidermaler Kamm (AER) Zone Polarisierender Aktivität (ZPA) Mosaik und Regulation Heute keine strikte Untergliederung mehr in Mosaik-Embryonen bzw. regulative Embryonen Sowohl cytoplasmatische Determinanten als auch Signale benachbarter Zellen (Induktion) entscheidend für korrekte Entwicklung Transplantierte ZPA ersetzbar durch Retinsäure getränktes Kügelchen Mosaik und Regulation Mosaik und Regulation 8
Mosaikentwicklung Keimplasma-Theorie August Weismann, 1893 Verteilung von Kern-Determinanten durch asymmetrische Zellteilungen. Dieser Teil der Theorie ist falsch August Weismann: Keimplasma-Theorie 1834-1914 Im Kern: selbstreproduktive Determinanten: Idanten Keimbahnzellen behalten alle Determinanten Unterscheidung: Keimbahn - Soma Keimbahntheorie: ununterbrochene Zelllinie Keine Vererbung erworbener Eigenschaften möglich Theodor Boveri 1862-1915 Chromosomen-Diminution beim Pferde-Spulwurm Ascaris megalocephala. Ursache Protoplasma: - animale dotterarme Zelle: Diminution - vegetale dotterreiche Zelle: behält Ur-Chromosomen Diminution: Ausnahme Normalerweise: Konstanz der Chromosomen, gleichmäßige Verteilung Theodor Boveri: Chromosomentheorie der Vererbung 1903 Wiederentdeckung der Gesetze der Vererbung von Gregor Mendel (1822-1884) Untersuchung von doppelbefruchteten, tetrazentrischen Seeigeleiern. 9
Hans Driesch Regulation, Fähigkeit des Embryos, sich normal zu entwickeln, trotz Entfernung/Umordnung von Teilen Hans Driesch 10
Theodor Boveri: Chromosomentheorie der Vererbung 1903 Wiederentdeckung der Gesetze der Vererbung von Gregor Mendel (1822-1884) Untersuchung von doppelbefruchteten, tetrazentrischen Seeigeleiern: Nicht eine bestimmte Zahl, sondern eine bestimmte Kombination von Chromosomen sind für eine normale Entwicklung notwendig. Und dies bedeutet nichts anderes, als daß die einzelnen Chromosomen verschiedene Qualitäten besitzen müssen Nettie Stevens 1861 1912 1905 Entdeckung und korrekte Interpretation der Chromosomen X und Y. Spermatogenese: Accessary Chromosomes - X-Chromosom: weiblich determinierend - Y-Chromosom : männlich determinierend Theodor Boveri: Wechselwirkung zwischen Cytoplasma und Kern 1910 So scheint mir der Fall von Ascaris ein einfaches Paradigma dafür darzustellen, wie die Wechselwirkung von Protoplasma und Kern in der Ontogenese zu denken ist und auf welche Weise aus der äußerst geringen Ungleichartigkeit des Eiprotoplasmas, durch Auslöseeinwirkungen auf den Kern und Rückwirkungen auf das Protoplasma, die schließlich so gewaltigen Verschiedenheiten der entstehenden Zellen hervorgehen können. Grundkonzept der Differentiellen Genexpression 11