Chemotherapie und Infektionsgefahr

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Transkript:

Informationen für Patientinnen und Patienten und für Interessierte Mögliche Begleiterscheinung einer Chemotherapie Chemotherapie und Infektionsgefahr Die mit dem Regenbogen

Einführung Inhalt Verschiedene Chemotherapien können vorübergehend eine «Neutropenie» verursachen. Dies bedeutet einen Mangel an wichtigen Abwehrzellen im Blut (von so genannten neutrophilen en) und damit eine Schädigung der körper eigenen Abwehrkräfte. Bei einer schwereren Neutropenie kann sich der Körper nur unzureichend oder gar nicht mehr vor Krankheitserregern (Infektionen) schützen. In dieser Broschüre finden Sie Informationen zur Neutropenie und welche Verhaltensmassnahmen in einer solchen Situation zu beachten sind. Es ist wichtig, dass gefährdete Patientinnen und Patienten die Verhaltensmassnahmen, die von der Ärztin, dem Arzt oder einer Pflegefachperson genau erklärt werden, einhalten. Die Broschüre kann das ärztliche Gespräch nicht ersetzen. Bei offenen Fragen nehmen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt Kontakt auf, um bestehende Unklarheiten besprechen zu können. Wir empfehlen Ihnen, sich Ihre Fragen laufend zu notieren, damit Sie bei Ihrem nächsten Arzttermin nichts vergessen. Neutrophile en 4 Die Neutropenie 5 Vermehrte bakterielle Infektionen bei Neutropenie 6 Feststellen einer Neutropenie 7 Chemotherapie und neutrophile en 8 Der Nachschub aus dem Knochenmark 10 Die Zeichen einer Infektion 11 Schutzmassnahmen 13 Eine kurze Übersicht über die verschiedenen Blutzellen 16 Rote Blutkörperchen und Blutplättchen 17 Weisse Blutkörperchen (Leukozyten) 18 Dank 21 In der Medizin werden laufend neue Erkentnisse gewonnen. Die Angaben in dieser Broschüre stellen den Wissensstand von 2008 dar. 2 3

Neutrophile en Die Neutropenie Eine wichtige Gruppe von Blutzellen sind die neutrophilen en. Sie gehören zu den weissen Blutkörperchen, die helfen, Infektionen zu verhindern und zu bekämpfen. Sobald Krankheitserreger, insbesondere Bakterien, in den Körper eindringen oder sich ausbreiten, sind die neutrophilen en zur Stelle. Sie bilden eine wichtige Verteidigungslinie zur Abwehr einer Infektion. Vor Ort «fressen» die neutrophilen en Bakterien und machen sie unschädlich. So wird dafür gesorgt, dass sich eine Infektion im Körper nicht ungehindert ausdehnt. Befinden sich zu wenig neutrophile en im Blut, sprechen Fachleute von einer «Neutropenie». Bei einer ausgeprägten Neutropenie kann der Körper eine Infektion nur unzureichend bekämpfen und ihre Ausbreitung nicht verhindern. Je nach Ausmass und Dauer der Neutropenie und abhängig von weiteren Gesichtspunkten, wie zum Beispiel dem Allgemeinzustand des Patienten, besteht eine erhöhte Infektanfälligkeit. Im Extremfall könnte dies mit lebensbedrohlichen Infektionen einhergehen, was es mit entsprechenden Massnahmen zu verhindern gilt. Die neutrophilen en sind schnell zur Stelle, wenn Krankheitserreger in den Körper eingedrungen sind. Bakterien Bei einem ausgeprägten Mangel an neutrophilen en (Neutropenie) besteht erhöhte Infektionsgefahr und ein Infekt kann sich rasch ausbreiten. Blutgefäss neutrophiler rote Blutkörperchen 4 5

Vermehrte bakterielle Infektionen bei Neutropenie Feststellen einer Neutropenie Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze) sind überall anzutreffen. Sie befinden sich auf Gegenständen, die berührt werden, in Nahrungsmitteln, in der Luft, die eingeatmet wird und einige sind sogar geduldeter oder nützlicher Dauergast im Menschen. Die Krankheitserreger können durch natürliche Körperöffnungen oder über Hautwunden in den Körper gelangen. Bei einer normalen Abwehrlage kann sich der Körper gegen sie schützen und sie früher oder später unschädlich machen. Auch die natürlicherweise im Körper vorhandenen Bakterien richten keinen Schaden an, so lange sie sich nicht unkontrolliert vermehren. Durch Auszählen der Blutzellen im Blut kann in Erfahrung gebracht werden, wie viele neutrophile en dem Körper zur Verfügung stehen. Für diese Untersuchung ist eine Blutentnahme nötig. Die anschliessende Auszählung im Labor ist einfach und rasch durchführbar. Sie erfolgt unter dem Mikroskop oder mit einem speziell dafür eingerichteten Gerät. Das Vorliegen einer Neutropenie kann mit einer einfachen Blutuntersuchung Gegen eingedrungene Bakterien gehen in erster Linie die neutrophilen en vor. Zusätzlich helfen sie mit, dass sich die natürlich im Körper angesiedelten Bakterien nicht übermässig vermehren. Neutrophile en haben eine verhältnismässig kurze Lebensdauer und werden im Knochenmark ständig neu gebildet. Bei Bedarf liefert das gesunde Knochenmark sofort Nachschub zur Verstärkung der Abwehr. Sind jedoch nur wenig neutrophile en im Blut vorhanden und ist das Knochenmark nicht fähig, für raschen Nachschub zu sorgen, kann der Körper die Bakterien nicht so gut abwehren. Sie vermehren sich ungehindert und eine Infektion breitet sich aus. festgestellt werden. rotes Blutkörperchen Blutplättchen Neutrophiler Eosinophiler Basophiler Bakterien werden in erster Linie von neutrophilen en abgewehrt. Lymphozyt Monozyt Das Ergebnis der Auszählung der verschiedenen Blutzellen wird «Blutbild» genannt. 6 7

Chemotherapie und neutrophile en Die Zellen im Knochenmark, die für die Neubildung von neutrophilen en zuständig sind, können unter Umständen durch eine Chemotherapie vorübergehend geschädigt werden. Auch eine Strahlentherapie kann sich abhängig vom Bestrahlungsort kurzfristig auf das Knochenmark auswirken. Der Nachschub an neuen Blutzellen ist dann gestört und nach und nach sind im Blut immer weniger neutrophile en vorhanden. Eine Chemotherapie kann den Nach - schub an neutrophilen en vorübergehend stören. Das Blut von gefährdeten Patienten wird regelmässig kontrolliert, um eine Neutropenie rechtzeitig erkennen zu können. Ist die Bildung von Blutzellen durch eine Chemotherapie stark gestört, so wird mit dem nächsten Behandlungsabschnitt (Behandlungszyklus) meistens zugewartet, bis sich die Blutzellen wieder erholt haben. Fast immer wird die Chemotherapiedosis in einem nächsten Behandlungszyklus verringert. Mit der Gabe eines Medikamentes kann wenn nötig die Erholung der neutrophilen en unterstützt werden. Die Verschiebung eines nächsten Chemotherapiedurchgangs oder eine Verringerung der Dosis werden dadurch vermieden. Der Behandlungsplan, der ursprünglich für die Chemotherapie festgelegt wurde, lässt sich einhalten. Die Abnahme der en beginnt wenige Tage nach einem entsprechenden Chemotherapiedurchgang. Je nach Chemotherapie ist nach 5 bis 12 Tagen der stärkste Rückgang an neutrophilen en messbar. Anschliessend erholt sich die Neutrophilenzahl wieder und nach ungefähr 10 weiteren Tagen ist der Ausgangswert meist wieder erreicht. Damit sich die Blutzellen jeweils erholen können, wird eine Chemotherapie in mehrere Behandlungsabschnitte aufgeteilt. Dazwischen liegende behandlungsfreie Pausen dauern meist drei Wochen. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, den Körper mit einem Medikament zur Neubildung von neutrophilen en zu unterstützen. 8 9

Der Nachschub aus dem Knochenmark Die Zeichen einer Infektion Neutrophile en haben eine beschränkte Lebensdauer. Damit kein Mangel entsteht, werden sie laufend durch neue ersetzt. Der «Nachschub» an neuen neutrophilen en kommt aus dem Knochenmark. Beim Erwachsenen ist dafür hauptsächlich das Knochenmark aus den Beckenknochen, der Wirbelsäule, den Rippen und dem Brustbein von Bedeutung. Nach Durchlaufen mehrerer Entwicklungsstufen wandern die frisch gebildeten, reifen neu tro philen Granzulozyten aus dem Knochenmark ins Blut. Die Bildung der neuen neutrophilen en im Knochenmark wird durch einen körpereigenen Botenstoff, einen so genannten Wachstumsfaktor, angeregt. Im englischen Sprachraum lautet seine Bezeichnung granulocyte colonystimulating factor, woraus sich die Abkürzung G-CSF erklärt. Dieser Wachstumsfaktor kann im Bedarfsfall als Medikament von aussen zugeführt werden, damit ein grösserer Nachschub an neutrophilen en gebildet wird. Der «en-kolonien stimulierende Faktor» G-CSF steigert die Bildung von neutrophilen en. Knochenmark Stammzellen Bei einem Mangel an neutrophilen en ist der Körper in seinen Möglichkeiten zur Beseitigung von Krankheitserregern eingeschränkt. Betroffene Patienten werden anfällig auf Infektionen und es besteht die Gefahr, dass sich kleine Infekte rasch ausbreiten. Gefährdete Patienten müssen deshalb auf Hinweise einer Infektion achten und bei möglichen Anzeichen mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt Kontakt aufnehmen. Insbesondere bei Fieber über 38 muss dies sofort geschehen. Falls die Ärztin oder der Arzt nicht erreichbar ist, soll die nächste Notfallstation aufgesucht werden. Folgende Zeichen deuten auf eine Infektion hin: Fieber (über 38 ) mit oder ohne Schüttelfrost Husten Halsweh, Schluckweh Ohrenschmerzen Schmerzen beim Wasserlassen oder häufiges Wasserlassen Haut- und Schleimhautveränderungen, wie Entzündungen der Mundschleimhaut Durchfälle reifer neutrophiler junger 10 11

Schutzmassnahmen Wird eine Infektion erkannt, müssen rasch entsprechende Gegenmassnahmen ergriffen werden. Gegen bakterielle Infektionen werden Antibiotika eingesetzt. Patienten mit ausgeprägter Neutropenie werden bei Auftreten einer Infektion meist im Spital behandelt, damit das Antibiotikum als Infusion verabreicht werden kann. Gefährdete Patienten müssen auf Infektzeichen achten. Sie werden genau informiert, wie sie sich bei Verdacht auf eine Infektion verhalten müssen. Gefährdete Patienten werden im Rahmen ihrer Chemotherapie genau unterrichtet, wie sie sich bei Verdacht auf eine Infektion verhalten müssen. Halten Sie sich genau an diese Anweisungen. Bakterien sind überall. Da für Patienten mit einer Neutropenie erhöhte Infektionsgefahr besteht, müssen sie sich entsprechend vorsehen. Einen wichtigen Schutz bietet das Einhalten hygienischer Vorschriften, wie Händewaschen vor dem Essen und nach Benutzen der Toilette. Sauberkeit und Hygiene zählen zu den wichtigsten Massnahmen. Infektionsquellen sollten gemieden werden. Auf den Verzehr von Speisen, die viele Bakterien enthalten könnten, soll deshalb möglichst verzichtet werden. Dazu gehören zum Beispiel länger geöffnete Konserven, rohes Fleisch, ungekochte Eier und dergleichen. Vermeiden Sie während des vorübergehenden Zeitraums einer ausgeprägteren Neutropenie auch den Kontakt mit Menschen, die an Erkältungen, Fieber oder anderen Infektionen leiden. Schützen Sie sich vor Hautverletzungen, da Bakterien leicht in Hautwunden eindringen können. Benutzen Sie einen Rasierapparat, denn bei der Anwendung von Rasierklingen besteht Verletzungsgefahr für Ihre Haut. Auch bei der Nagelpflege muss darauf geachtet werden, dass keine Hautverletzungen entstehen. Gehen Sie zum Schutz vor Hautverletzungen auch nicht barfuss und vermeiden Sie einen Sonnenbrand. 12 13

Eine sorgfältige Mundhygiene ist ein wichtiger Schleimhaut- und Infektionsschutz. Eine unversehrte Schleimhaut schützt vor unkontrollierter Ausbreitung oder Eindringen von natürlich angesiedelten Krankheitserregern. Mit der Schleimhaut in Mund und Rachen muss deshalb sanft umgegangen werden. Scharfe Zahnpasta oder brennende Mundwasser sollen nicht verwendet werden. Verzichten Sie in dieser Zeit auch auf scharfe, sehr heisse und säurehaltige Nahrungsmittel. Wichtig ist eine gute Zahnhygiene. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie sich nicht verletzen. Benutzen Sie eine weiche Zahnbürste und spülen Sie den Mund häufig aus. Die Zahnbürste soll regelmässig durch eine neue ersetzt werden, damit sie nicht zu einer zusätzlichen Infektionsquelle heranwächst. Wegen Verletzungsgefahr sollen Zahnseide oder Zahnhölzer während einer Neutropenie nicht verwendet werden. Die Fachleute, die Sie behandeln, werden Sie eingehend informieren, wie Sie sich vor Infektionen schützen können. Beachten Sie diese Regeln sorgfältig. Bei Unklarheiten fragen Sie nach, damit Sie sich möglichst gut schützen können. Bei ernsteren Neutropenien sind zusätzliche medizinische Massnahmen notwendig. Händewaschen, Vermeiden von Hautverletzungen und eine gute Mund- und Rachenpflege helfen, sich vor Infektionen zu schützen. Vermeiden Sie nach Möglichkeit zahnärztliche Eingriffe, während Sie eine Neutropenie haben. Sollte ein Zahnarztbesuch trotzdem nötig sein, sprechen Sie mit der Ärztin oder dem Arzt, bei denen Sie die Chemotherapie durchführen. Sie können den günstigsten Zeitpunkt für eine Zahnbehandlung festlegen. Informieren Sie den Zahnarzt, dass Sie eine Chemotherapie bekommen. 14 15

Eine kurze Übersicht über die verschiedenen Blutzellen Rote Blutkörperchen und Blutplättchen Im Blut befinden sich neben der Blutflüssigkeit drei verschiedene Gruppen von Blutzellen. Sie sind jeweils auf bestimmte Aufgaben spezialisiert. Es gibt: Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) Weisse Blutkörperchen (Leukozyten) Blutplättchen (Thrombozyten) Alle Blutzellen haben ihren Hauptentstehungsort im Knochenmark. Nach ihrer Bildung und einer anschliessenden Reifung wandern sie von dort aus ins Blut, um überall im Körper ihre Aufgaben erfüllen zu können. Blutzellen werden im Knochenmark gebildet und wandern anschliessend ins Blut. Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) enthalten den roten, eisenhaltigen Blutfarbstoff Hämoglobin. Sie sind somit für die rote Farbe des Bluts verantwortlich. Ihre Hauptfunktion ist der Sauerstofftransport. Der eingeatmete Sauerstoff wird ans Hämoglobin der roten Blutkörperchen gebunden und mit dem Blut in sämtliche Regionen des Körpers gebracht. Ist die Bildung oder die Lebensdauer der roten Blutkörperchen eingeschränkt, sinkt ihr Anteil im Blut und es wird von einer Blutarmut oder Anämie gesprochen. Häufige Zeichen sind Müdigkeit, Schwindel, eine blasse Hautfarbe, Herzklopfen und Atemnot bei körperlicher Anstrengung. Die roten Blutkörperchen sind wichtig für die Sauerstoffversorgung die Blutplättchen sorgen für Blutgerinnung und Blutstillung. junge Blutzelle Knochenmark Stammzellen rotes Blutkörperchen Blutplättchen weisse Blutkörperchen: Neutrophiler Eosinophiler Basophiler Blutplättchen (Thrombozyten) sind wichtig für die Blutgerinnung und die Blutstillung. Bei Verletzung eines Blutgefässes ballen sie sich an der geschädigten Stelle zusammen, um das Gefäss wieder abzudichten. Sie setzen verschiedene Stoffe frei und unterstützen damit die Blutgerinnung. Sinkt die Zahl der Blutplättchen unter einen bestimmten Grenzwert, blutet es bei Verletzungen länger und stärker oder es können plötzliche Blutungen auftreten. Eine zu kleine Zahl an Blutplättchen äussert sich zum Beispiel durch das Auftreten von blauen Flecken oder roten Punkten unter der Haut ohne erkennbaren Anlass, sowie durch Zahnfleischund Nasenbluten. reife Blutzelle, zum Beispiel reifer neutrophiler Lymphozyt Monozyt 16 17

Weisse Blutkörperchen (Leukozyten) Hauptaufgabe der weissen Blutkörperchen ist die Abwehr von Krankheitserregern (Infektabwehr). Daneben spielen sie unter anderem auch bei Allergien eine Rolle. Die Abwehrvorgänge im Körper sind sehr vielschichtig und bestehen aus verschiedenen Schritten, die sich teilweise ergänzen. Die weissen Blutkörperchen werden in verschiedene Untergruppen eingeteilt. Eine wichtige Gruppe bilden die so genannten neutrophilen en. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der weissen Blutkörperchen ist am höchsten. Zu den weissen Blutkörperchen zählen: Neutrophile en (60 70 % der weissen Blutkörperchen) Neutrophile en Den neutrophilen en kommt eine umfassende Bedeutung bei der Bekämpfung von bakteriellen Infektionen zu. Dringen entsprechende Krankheitserreger in den Körper ein, sind als erste Abwehrzellen die neutrophilen en zur Stelle. Sie «fressen» Bakterien und machen sie unschädlich. So wird dafür gesorgt, dass sich die Infektion im Körper nicht weiter ausbreiten kann. Die neutrophilen en bekämpfen Bakterien. Sie sind rasch zur Stelle, wenn die Krankheitserreger in den Körper eingedrungen sind. Eosinophile en (2 3 % der weissen Blutkörperchen) Basophile en (0.5 1 % der weissen Blutkörperchen) Lymphozyten (20 30 % der weissen Blutkörperchen) Monozyten (4 5 % der weissen Blutkörperchen) Die Funktion der übrigen weissen Blutkörperchen Auch eosinophile en beseitigen im Rahmen der Infektabwehr verschiedene schädliche Stoffe. Daneben haben sie eine besondere Funktion bei allergischen Reaktionen. Basophile en machen nur einen sehr kleinen Teil der weissen Blutzellen aus. Sie sind hauptsächlich bei allergischen Reaktionen mitbeteiligt. 18 19

Dank Lymphozyten erkennen Krankheitserreger, vermehren sich anschliessend, setzen verschiedene Stoffe frei und töten die Erreger ab. Manche Lymphozyten produzieren Antikörper, die sich mit den Krankheitserregern verbinden und sie unschädlich machen. Zur Unterstützung der Abwehrtätigkeit locken die Lymphozyten weitere weisse Blutzellen an. Für die wertvollen Anregungen und Beiträge danken wir: Prof. Dr. med. Richard Herrmann, Klinik für Medizinische Onkologie, Universitätsspital, Basel Thomas Sommer, Leiter Pflege Ambulante Onkologie / Hämatologie / Immuntherapien, Kantonsspital, Liestal Die weissen Blutkörperchen bilden die «Abwehrtruppe» des Körpers. Die wichtigste Aufgabe der Monozyten besteht im Fressen und Zerstören von Bakterien, Pilzen, Parasiten und geschädigten körpereigenen Zellen. Darüber hinaus sind sie den Lymphozyten bei der Erkennung von Krankheitserregern behilflich. Text Dr. med. Dagmar Meyer, Basel Auflage Deutsch, französisch, italienisch Weitere Informationen www.mepha.ch 20 21

Notizen 22 23

23906-070901 Die mit dem Regenbogen