Das anwendbare Recht der Schiedsvereinbarung in der internationalen Handels- und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

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Transkript:

Das anwendbare Recht der Schiedsvereinbarung in der internationalen Handels- und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit von Carsten Kern LL.M., M.A. I. Bedeutung der Schiedsvereinbarung Im internationalen Wirtschaftsverkehr werden Gerichtsstandsvereinbarungen zunehmend durch Schiedsvereinbarungen verdrängt. Durch Schiedsvereinbarungen werden Schiedsgerichte anstelle staatlicher Gerichte zur Streitentscheidung berufen. 1 Die Schiedsvereinbarung ist somit Grundlage eines jeden Schiedsverfahrens. 2 Aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der Schiedsvereinbarung ist diese vom Hauptvertrag zu trennen, auch wenn diese als Schiedsklausel räumlicher Bestandteil des Hauptvertrages ist. 3 II. Statut der Schiedsvereinbarung In internationalen Sachverhaltskonstellationen im Bereich der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit stellt sich dabei oftmals die Frage des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts. Ebenso wie Hauptvertrag und Schiedsklausel rechtlich unabhängig voneinander sind, sind diese auch kollisionsrechtlich getrennt zu betrachten. 4 Im folgenden wird untersucht, nach welchen Kollisionsregeln die Bestimmung des Schiedsverfahrensstatuts in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit vorgenommen wird (II.1.-3.). Daran anschließend soll überlegt werden, ob und inwiefern sich die 1 Im deutschen Recht lautet die Legaldefinition des 1029 Abs.1 ZPO: Schiedsvereinbarung ist eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. 2 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4. Aufl. 2007, Rn. 106. 3 Lionnet/Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 2005, 181; Kronke/Nacimiento/Otto/Port (Hrsg.), Recognition and Enforment of Foreign Arbitral Awards, 2010, 211. 4 Neben dem Recht des Hauptvertrages und dem Recht der Schiedsvereinbarung sind weiter zu unterscheiden das Recht des Schiedsverfahrens, das Recht des Schiedsrichtervertrages sowie (im Falle eines institutionellen Schiedsverfahrens) das Recht des Administrierungsvertrages. 1

gefundenen Ergebnisse auf die internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit übertragen lassen (III.). 1. New Yorker UN-Übereinkommen von 1958 (UNÜ) Der wichtigste Staatsvertrag und das zentrale Regelwerk auf dem Gebiet der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit ist das New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 1958 5 (UNÜ)). In Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ enthält das Abkommen eine wichtige Kollisionsregel, welche u.a. regelt, nach welchem Recht sich die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung beurteilt. Diese richtet sich nach dem von den Parteien gewählten Recht, subsidiär nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Damit ist das Recht am Sitz des Schiedsverfahrens gemeint. 6 Der Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich zwar nur auf die Phase der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs, ist nach h.m. jedoch auf sämtliche Verfahrensstadien anzuwenden. 7 2. UNCITRAL-Modellgesetz von 1985 Das UNCITRAL-Modellgesetz von 1985 stellt ein in der Praxis sehr erfolgreiches Angebot an die Staatengemeinschaft dar, die darin enthaltenen Regelungen in die nationale Schiedsverfahrensgesetzgebung zu übernehmen. 8 Zwar enthält das Modellgesetz ebenso wie das UNÜ keine explizite Kollisionsnorm zur Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Jedoch enthält das Modellgesetz in Art. 36 Abs. 1 lit. a eine Vorschrift zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen, welche in Übereinstimmung mit Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung dem von den Parteien gewählten Recht, und subsidiär dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, unterstellt. Desweiteren verweist Art. 34 Abs. 2 lit. a (i) des Modellgesetzes für die Frage der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung im Rahmen der Aufhebungsentscheidung bei fehlender Rechtswahl der Parteien auf das Recht des Staates, in dem die Aufhebung beantragt wird. Da der Aufhebungsantrag nur am Sitz des Schiedsgerichts gestellt werden kann, verweisen beide Kollisionsnormen auf das Sitzrecht. 5 BGBl. 1961 II 122. 6 Kronke/Nacimiento/Otto/Port (Hrsg.), Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, 2010, 225. 7 Ibid., 54. 8 Ausführlich hierzu Holtzmann/Neuhaus, A Guide to the UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration: Legislative History and Commentary, 1989. 2

3. Nationales Recht a. Deutschland Im deutschen Recht existiert keine ausdrückliche Kollisionsnorm zur Anknüpfung von Schiedsvereinbarungen. Das deutsche Schiedsrecht enthält jedoch wie das UNCITRAL- Modellgesetz, an dem sich das deutsche Schiedsverfahrensrecht von 1998 orientiert, 9 in 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO eine Aufhebungsvorschrift für Fälle einer unwirksamen Schiedsvereinbarung, aus der sich ergibt, dass sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bei fehlender Rechtswahl aus dem (deutschen) Sitzrecht ergibt. b. Schweiz Für die materielle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung im Schweizer Schiedsrecht knüpft Art. 178 Abs. 2 IPRG alternativ an die Rechtswahl der Parteien, das Recht der Hauptsache oder das schweizerische (Sitz-)Recht an. 10 Diese Anknüpfung in favorem validitatis soll vermeiden, dass zwar der Hauptvertrag, nicht aber die Schiedsvereinbarung gültig ist. 11 III. Sonderfall Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit existiert nicht nur in Form der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, sondern auch in den Bereichen des Verwaltungsrechts und des Völkerrechts. Eine Mischform, welche Elemente der privaten und der völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit aufnimmt, ist die internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zwischen Gaststaaten und ausländischen Investoren, welche im Gaststaat Investitionen getätigt haben. Grundlage ist auch in dieser Verfahrensart eine zwischen Staat und Investor vereinbarte Schiedsvereinbarung. Dies geschieht in der Praxis häufig durch Annahme eines Angebots des Gaststaates an künftige Investoren, zur Beilegung von Streitigkeiten betreffend die Investition im Gaststaat ein Schiedsverfahren zwischen Gaststaat und Investor durchzuführen (sog. standing offer ). 9 Bredow, Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland, in: Kronke/Schnyder/Mehlis (Hrsg.), Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O, Rn. 1002. 10 Vgl. Wenger/Müller, in: Honsell/Vogt/Schnyder/Berti (Hrsg.), Internationales Privatrecht, Basler Kommentar, 2. Aufl., 2007, Art. 178 Rn. 24 ff. 11 Karrer, Int. Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, in: Kronke/Schnyder/Mehlis (Hrsg.), Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O, Rn. 1272. 3

Was das Schiedsvereinbarungsstatut anbelangt, so ergeben sich bei fehlender Rechtswahl im Rahmen der objektiven Anknüpfung - in der Regel an das Recht des Schiedsortes - keine Besonderheiten gegenüber der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Daran ändert auch nichts, dass das Angebot des Gaststaates an den Investor zur Durchführung eines Schiedsverfahrens in der Regel in einem Investitionsschutzabkommen enthalten ist. 12 Eine Besonderheit stellt jedoch die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit dar, nach deren Regeln etwa zwei Drittel aller Investitionsschiedsverfahren durchgeführt werden. 13 ICSID- Schiedsverfahren verfügen als delokalisierte Verfahren über keinen Sitz bzw. über keinen Schiedsort, 14 wodurch eine Anknüpfung an ebensolchen ausscheidet. 15 Das Verfahren unterliegt völkerrechtlichen Regeln. Die Schiedsvereinbarung zwischen Staat und Investor hingegen ist diesem Verfahren jedoch vorgelagert und bestimmt sich nach nationalem Recht. In Betracht kommen (ggfs. alternativ) das Recht des Heimatstaates des Investors oder das Recht des Gaststaates. Das Recht des Gaststaates für sich genommen hat allerdings den Nachteil, dass es durch den Gaststaat einseitig zu Ungunsten des Investors abgeändert werden kann. Sofern der Investition ein Investitionsvertrag zugrundeliegt, könnte trotz der prinzipiellen Trennung zwischen Hauptvertrag und Schiedsvereinbarung erwogen werden, das auf diesen Vertrag anwendbare Recht auch auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden. Alle drei Möglichkeiten könnten alternativ in favorem validitatis anwendbar sein. IV. Fazit Das Schiedsverfahrensstatut bestimmt sich nach dem UNÜ, dem UNCITRAL-Modellgesetz sowie dem deutschen Schiedsverfahrensrecht nach denselben kollisionsrechtlichen Regeln. 12 Daneben besteht die Möglichkeit einer individuell ausgehandelten Schiedsvereinbarung oder der Annahme eines in den staatlichen Investitionsgesetzen enthaltenen Schiedsangebots des Gaststaates durch den Investor. 13 Bis zum Ende des Jahres 2008 wurden knapp zwei Drittel (63 Prozent) aller öffentlich bekannten Investitionsschiedsverfahren nach den ICSID-Verfahrensregeln geführt, vgl. UNCTAD, Latest Developments in Investor-State Settlement, IIA Monitor 2009 No. 1, 2. Generell zur ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit vgl. z.b. Pirrung, Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten, 1972; Lörcher, ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2006, 11 ff.; Escher, Investitionsschiedsverfahren: Grundstrukturen und aktuelle Herausforderungen, in: Tietje (Hrsg.), International Investment Protection and Arbitration, 2008, 35 ff. 14 Vgl. Redfern/Hunter, Law and Practice of International Commercial Arbitration, 4. Aufl. 2004, Rn. 2-28; Schreuer, Streitbeilegung im Rahmen des ICSID, in: Kronke/Schnyder/Mehlis (Hrsg.), Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O, Rn. 872. 15 Das Völkerrecht kommt als Schiedsort nicht in Betracht, da letzterer gerade die Verbindung des Schiedsverfahrens zu einem nationalen Recht herstellen soll. Zur Bedeutung des Ortes bzw. des Sitzes des Schiedsverfahrens, vgl. z.b. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 2. Aufl. 2002, Rn. 742 ff.; Lionnet/Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 2005, 207 ff.; Redfern/Hunter, Law and Practice of International Commercial Arbitration, 4. Aufl. 2004, Rn. 2-14 ff., 2-29 ff. 4

Vorrangig zu beachten ist demnach die Rechtwahl der Parteien, mangels derer eine Anknüpfung an das Sitzrecht erfolgt. Im schweizerischen Schiedsrecht treten dagegen alternativ neben die Rechtswahl das Recht der Hauptsache sowie das Sitzrecht. Investitionsschiedsverfahren außerhalb des ICSID richten sich zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts nach denselben kollisionsrechtlichen Regeln wie internationale Handelsschiedsverfahren. Bei ICSID-Schiedsverfahren hingegen ist bei fehlender Rechtswahl der Parteien aufgrund des delokalisierten Charakters dieser Verfahren eine Anknüpfung an das Sitzrecht nicht möglich. Denkbar wäre eine alternative Anknüpfung in favorem validitatis an das Recht des Heimatstaates des Investors, des Gaststaates oder an das Recht der Hauptsache (z.b. des Investor-Staat-Vertrages). 5