Welche Eltern, die Sie noch nicht (ausreichend) erreichen, möchten Sie zukünftig für Ihre Angebote begeistern?

Ähnliche Dokumente
Warum kommt keiner? Dr. Katherine Bird, Wolfgang Hübner M.A.

Gutes Aufwachsen braucht gute Partnerschaften. 15. Offenes Forum Familie

2. Selbstbild und Rolle klar(e) Haltung zeigen Zusammenarbeit mit Eltern Problemverhalten in Fähigkeiten verwandeln 8

Inhalt Autismusspektrumsstörung: Eltern verstehen hilfreich kommunizieren

WAS IST MIT ARMUTSSENSIBLEM HANDELN

Beratung für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil

Wenn Angehörige in der Betreuung und Pflege mitbestimmen. März 2015 Dr. phil. Bettina Ugolini

Jugendamt KINDERTAGESEINRICHTUNG ORT FÜR FAMILIEN. Olgastraße

die Elternzusammenarbeit

Materialien für die interne Evaluation zum Berliner Bildungsprogramm

Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen einer Familienhilfe. Bezirksamt Spandau von Berlin Abteilung Jugend, Bildung, Kultur und Sport

Evangelisches Kinderheim - Jugendhilfe Herne & Wanne-Eickel ggmbh

Zugänge eröffnen und gestalten durch Netzwerke Frühe Hilfen

Soziale Gruppe Jens-Nydahl- Schule

Schwer erreichbare Eltern

Kindergarten steht drauf- Vielfalt ist drin! KULTURSENSIBEL UND MEHRSPRACHIG IM ALLTAG

Düsseldorfer Beratungsstellen nach 28, SGB VIII. Düsseldorfer Erziehungsberatungsstellen nach 28 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)

Elternbildung an Schulen

Individuen Interessen Interaktion

KATHOLISCHE KINDERTAGESSTÄTTE ST. ALBERT LONDONER RING LUDWIGSHAFEN

Jugendamt KINDERTAGESEINRICHTUNG ORT FÜR FAMILIEN. Ossietzkystraße.

Jahrestagung Leiter/innen der Allgemeinen Sozialen Dienste der Jugendämter

Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Hardt. Leitbild. der katholischen Kindertagesstätten und Kindergärten

AWO pro:mensch. Kinder betreuen. Familien beraten.

Was brauchen Eltern, die ihre Kinder schlagen?

Medienerziehung in Familien Möglichkeiten der zielgruppenorientierten Unterstützung

Auf dem Weg zu neuen Ufern Den Übergang in die Grundschule seelisch gesund meistern

Eriksons Modell der psychosozialen Entwicklung

Albert-Schweitzer-Schule Sonderpädagogisches Förderzentrum Sonthofen. Leitbild

Individuen Interessen. Interaktion

Studientag Inklusive Kinder- und Jugendhilfe 20. Juni Ein Workshop von Miteinander Leben Lernen Freizeit Inklusive

Zur Erziehung eines Kindes benötigt man ein ganzes Dorf. (afrikanisches Sprichwort) Frühe Hilfen Für Eltern und Kinder

SCHWERPUNKT-KITAS SPRACHE & INTEGRATION

Jeder zweite Flüchtling ist ein Kind - Herausforderungen für die Kinder und Jugendhilfe. Willkommenskultur in der Kita Kunterbunt

Das Leitbild der MA 57. MA 57 Bei uns stehen Frauen und Mädchen im Mittelpunkt

Arbeitshilfe zur inhaltlich-konzeptionellen Weiterentwicklung der Kita-Plus-Einrichtung

Familie ist die wichtigste Erziehungs- und Bildungsinstanz, und Eltern sind die wichtigste Ressource für die kindliche Entwicklung.

1. Oberstufen Praktikum

Gemeinsam mit Eltern -

Kreis Warendorf Hebammen im Rahmen Frühe Hilfen und HZE. Fachtag Krefeld

Seit 1821 steht das Abendroth-Haus für Beständigkeit und Innovation in der sozialen Arbeit mit Frauen und Familien.

Grundlegende Aspekte der Elternarbeit im Kontext von Schulverweigerung

Die insoweit erfahrene Fachkraft nach SGB VIII auch für uns?

Elternarbeit, Frühe Hilfen und Migrationsfamilien

Inklusion durch Enkulturation

Fachschule für Sozialpädagogik BEURTEILUNGSBOGEN. Projekt - Praktikum. Studierende/r:... PraxisanleiterIn:... Einrichtung:...

Strukturelle Weiterentwicklung von kommunaler Familienbildung und Familienstützpunkte

Familienfreundlicher Kreis Lippe

Evaluation der Fortbildung:

Protokoll der Abschlussbesprechung der Hospitation vom

Kinderbetreuung mit MehrWert.

Herausforderungen und Chancen beim Aufbau von Präventionsketten in Kommunen

Kinderschutz. als Frühe Hilfen ( 1 KKG) Prof. Dr. Reinhold Schone Organisation und Management in der Sozialen Arbeit

Ausschreibung von Teilprojekten innerhalb des Modellprojektes Bildungspartnerschaften am Richtsberg

Begegnung von Vielfalt und Diskriminierung im pädagogischen Alltag

Vorgehen im Umgang mit suchtbelasteten Familien in der Jugendhilfe

Sachsen als Bildungslandschaft denken?!

Kinderschutz - Arbeit in Zwangskontexten. Und bist Du nicht (frei-)willig dann brauch ich Gewalt? Fachtagung DKSB Remscheid, 27.

Bindung schaffen in der IndividualPädagogik

Aufbau von Nachbarschaftshilfen - gewusst wie!

Kinderschutz im Bezirk Pankow (Neuentwicklung Vernetzung und Frühe Hilfen)

Geschäftsordnung. Siemensstr Stuttgart Tel

Kongress Ein guter Start ins Leben 30. Mai Forum 1 Sozialraumorientierung. Mirjam Hartmann Familienprojekt ADEBAR Hamburg

Gemeinsam mit Menschen mit einer ASS leben und dabei flexibel bleiben

Freiheitsentziehende Maßnahmen: Sackgasse oder Chance?

Faire Chancen für alle Kinder Das Projekt KECK/KOMPIK in der Stadt Heilbronn

SMARTes Wohnen - ohne Kompromisse oder wie lebenswert ist die mitalternde Wohnung?

Rechtliche Hinweise für Lehrer - Welchen Weg geht die Information in der Schule?

Kindertageseinrichtungen auf dem Weg

Was wirkt in der Unterstützung der Gewalt miterlebenden Kinder? Kooperations- und Vernetzungsstrukturen

Frühförderung und Offene Hilfen gemeinsam stark für Familien in unserer Region. Ein Erfahrungsbericht mit Plädoyer aus dem Ostallgäu

Ressourcenorientierte Kommunikation als zentrales Element im Case Management. wie die Frage nach Ausnahmen Ressourcen weckt

Kindeswohlgefährdung als Folge von häuslicher Gewalt und Möglichkeiten der Intervention und Prävention

Leitbild mit Ergänzungen der Kita

Stationäre Drogentherapie Bindungsorientierte Behandlungsansätze für Eltern und Kind. Udo Röser Therapiedorf Villa Lilly, Bad Schwalbach

Berufswahlprozesse von jungen Frauen mit Migrationshintergrund

Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen

Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Erarbeitung eines Kompasses für die Arbeit mit Alleinerziehenden (AE)

Fachstelle für Inklusion in Kindertageseinrichtungen

Zehn Orientierungssätze auf der Grundlage des Dekalogs für die Katholischen Familienbildungsstätten im Bistum Trier

Netzwerk Informationen Sommer 2015

Entwickelt und erarbeitet von Trägern der Freien und Öffentlichen Jugendhilfe im Bezirk

Zielentwicklung im Rahmen der Modellprojekte NeFF. Seminar im Landesjugendamt Rheinland 20. Juni Gliederung

Kalker Netzwerk für Familien

Prof. Dr. Jörn Borke Hochschule Magdeburg-Stendal

Wie lange dauert die Akutphase?

Spezielle Bedürfnisse und Unterstützungsangebote

Von der Kita in die Schule den Übergang gestalten

Die Arbeit in Mutter-Kind-Einrichtungen: Eine fachliche und persönliche Herausforderung

Meine Zukunft beginnt JETZT!

Beratung von Hochkonflikt-Familien

Unterstützung macht Schule.

Eltern wollen immer das Beste für ihr Kind. Fachpersonen wollen immer das Beste für ihre SchülerInnen.

Wir das Familienzentrum verstehen uns als Ansprechpartner, Vermittler, Berater und Unterstützer in allen Familien- und Lebensfragen.

im Landkreis Forchheim seit dem

Das Karussell der Anforderungen und die Kunst zu priorisieren. Forum Frühförderung

Unser Bild vom Menschen

Transkript:

Welche Eltern, die Sie noch nicht (ausreichend) erreichen, möchten Sie zukünftig für Ihre Angebote begeistern?

Familienbildung im Aufbruch Impulse und Ideen für die gelingende Arbeit vor Ort Workshop I.1 Auf die Vielfalt kommt es an! Wie erreichen wir mit unseren Angeboten alle Eltern? Prof. Dr. Katherine Bird, Wolfgang Hübner M.A. 07.06.2015 Nürnberg www.bird-und-huebner.de

Gliederung 1. Einleitung 2. Zugangsschwellen zu Familienbildungangeboten 3. Eltern sind nicht gleich Eltern: Sechs Kategorien der Armutserfahrung 4. Familienbildung als Soziale Arbeit?

Zugangsschwellen Eine Zugangsschwelle bildet eine Grenze zwischen drinnen und draußen wie leicht ist es, sie zu überwinden?

Drei Arten von Zugangsschwellen 1. Institutionelle Zugangsschwellen 2. Praktische Zugangsschwellen 3. Soziokulturelle Zugangsschwellen

Institutionelle Zugangsschwellen Wie wird die Einrichtung als Institution wahrgenommen? Subtext

Praktische Zugangsschwellen Auch an die einfachsten Sachen denken: Zeit (Kinderbetreuung) Geld (Bildungs- und Teilhabepaket) Infrastruktur (Bus, Bahn, Fahrdienst)

Soziokulturelle Zugangsschwellen Ängste und Befürchtungen der Eltern: Passe ich da rein? Ernst nehmen Sprache Familienkultur, Werte

Fragen an Sie 1. Kennen Sie noch weitere Zugangsschwellen? 2. Welche Zugangsschwellen sehen Sie als Hindernisse für Ihre Arbeit?

Kategorie 1: Gestörte Selbstwirksamkeit Multiple Unterversorgungslagen Resignation und Hilflosigkeit Gefühl von Nutzlosigkeit

Kategorie 1: Gestörte Selbstwirksamkeit Kriterien für eine erfolgreiche Arbeit Bedarf: Wiederherstellung der Selbstwirksamkeit durch Erfolgserlebnisse Strukturelle Kriterien Pädagogische Kriterien Inhaltliche Kriterien Gestörte Selbstwirksamkeit Vernetzt mit Jugendämtern und Gesundheitsdiensten, Möglichkeit der Einzelfallhilfe und Intervention, wohnortsnah Nicht diskriminierend, kleine Schritte, Erfolgserlebnisse schaffen Alltagskompetenzen vermittelnd

Kategorie 2 Genussvolles Konsumieren Fernsehen, Computer, Spielkonsolen falsche Prioritäten bildungsfern v. schulbeschädigt

Kategorie 2: Genussvolles Konsumieren Kriterien für eine erfolgreiche Arbeit Bedarf: Austausch, Anerkennung, einfache Tipps, Kunde sein (keine pädagogische Vorträge!) Strukturelle Kriterien Genussvolles Konsumieren Pädagogische Kriterien Inhaltliche Kriterien Kein Kurs oder Elternschule Nicht diskriminierend, akzeptierend, keine Schuldzuweisung, dem Konsumverhalten angepasst einfache, schnell umsetzbare Tipps und Hilfe für alltägliche Erziehungsprobleme; gemeinsame Aktivitäten wie Kochen oder Ausflüge

Kategorie 3 In den Tag hinein leben Risikobehafteter Umgang mit Ressourcen Freiheit und Selbstverwirklichung Kein Leidensdruck, optimistisch Ambivalenz in der Elternrolle

Kategorie 3 In den Tag hinein leben Bedarf: Eigene Bedürfnisse und die des Kindes erkennen und entsprechend handeln Strukturelle Kriterien Pädagogische Kriterien Inhaltliche Kriterien In den Tag hinein leben Offener Treff, Gruppen, Internet, häuslicher Bereich, unkonventionelle Orte Nicht diskriminierend, akzeptierend, keine Schuldzuweisung Übergänge im Lebenslauf aufgreifend: Was bedeutet es für mich, Mutter / Vater zu sein? Zukunftsplanung für Nicht- Planer/innen

Kategorie 4 Ausgebrannt und überarbeitet Alleinerziehend, kinderreich oder niedriglohnbeschäftigt Wenig Unterstützung

Kategorie 4 Ausgebrannt und überarbeitet Bedarf: Entlastung, vor allem zeitliche Ausgebrannt und überarbeitet Strukturelle Kriterien Pädagogische Kriterien Inhaltliche Kriterien Zeitlich flexibel (Internet, Radio), wohnortnah pragmatisch auf die Lebenssituation bezogen, Unterstützungsmöglichkeiten bekannt machen Ressourcen freimachend (z.b. Inseln der Familienzeit organisieren)

Kategorie 5 Souveräne Bewältigung Kurzfristige (städtische) oder langfristige (ländliche) Armutserfahrung Unterstützungsnetzwerke Starkes Selbstbewusstsein und aktive Bewältigung Umgang mit Knappheit

Kategorie 5: Souveräne Bewältigung Kriterien für eine erfolgreiche Arbeit Bedarf: Beratung, Austausch und Anerkennung Strukturelle Kriterien Pädagogische Kriterien Inhaltliche Kriterien Souveräne Bewältigung Standortbezogen Ressourcenorientiert pragmatisch auf die Lebenssituation bezogen, neue Perspektiven eröffnen

Kategorie 6 Gemachte Fremdheit Vielfalt Sparsamkeit und Bewältigungsstrategien Bildung Familienbezug Auseinandersetzung mit Traditionen

Kategorie 6 Gemachte Fremdheit Die Eltern wollen den Kindern vermitteln, dass sie in der Familie verwurzelt sind, dort Unterstützung und Hilfe erfahren, aber auch, dass sie die familiären Interessen bei ihren (individuellen) Entscheidungen berücksichtigen sollen. Kinder sollen sich von Geburt an in eine Wir-Gruppe eingebunden fühlen, die sie lebenslang stützt und schützt, der gegenüber sie sich aber zur Loyalität verpflichtet fühlen sollen und müssen. Boos-Nünning, Ursula (2011): Migrationsfamilien als Partner von Erziehung und Bildung. Expertise im Auftrag der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 24

Kategorie 6 Gemachte Fremdheit Bedarf: Anerkennung, Verwirklichung der Bildungsaspirationen, Unterstützung im neuen Umgang mit Traditionen Strukturelle Kriterien Pädagogische Kriterien Inhaltliche Kriterien Gemachte Fremdheit Migrantenselbstorganisation, in vertrauten Einrichtungen wertschätzend, neugierig, sprachlich offen, kulturell offen bildungsorientiert, differenziert, kontrastierende Austausch

Fragen an Sie Stimmen die sechs Kategorien mit Ihren persönlichen Erfahrungen überein? Mit welcher Kategorie haben Sie am häufigsten zu tun?

Familienbildung als Soziale Arbeit? Hintergrund: Beobachtungen aus einer zweijährigen Projektevaluation eines Elternbildungsprogrammes eines freien Trägers der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin

Probleme Das Gefühl der Bevormundung Fehlender Bezug zur Lebenswirklichkeit Mangelhafter Umgang mit Extremsituationen

Elterntraining als Auflage er wurde aber auch kontrolliert. Die Termine, die wurden kontrolliert vom Jugendamt, er musste dort einmal die Woche hin und es gab noch mehrere Auflagen und dann der Jugendamtsdame immer wieder vorweisen, dass er alles umgesetzt hat und eingehalten hat.

Ja, ja, nach dem Motto, wenn er den mit der Dame da zusammen Rollenspiel vorgeführt hat, das waren dann wirklich so Themen wo ich sage, das ist auch nicht mehr in der heutigen Zeit.[ ] Ja, und dann auch leider Gottes weiter abgearbeitet, zweimal angesetzt, wie man es nicht macht und dann wie man es machen sollte, von wegen, ja, jetzt habe ich es auch verstanden. Dass dann gleich wieder heile Welt ist. Ich kam dann einfach mal mit so Beispielen, wie sie in der Schule leider Gottes auch vorkommen, ich kriege einen vor den Kopf, weil Geld klauen oder so was und das war auch ein Thema, wo man gut sehen konnte, da überlegen die Eltern. Bei den Rollenspielen, die die Kursleiter vorgetragen haben, mussten alle nur schmunzeln.

Extremsituationen...existentiell vom Leben überfordert zu sein, ist eigentlich für alle Teilnehmer ein Problem. die Teilnehmer kommen mit ganz anderen Problemen, sie haben Angst die Wohnung zu verlieren, sie haben einen Termin beim Familiengericht da geht s ums Sorgerecht, sie haben ein Trennungsproblem

Wie der FSP Kursleiter/innen unterstützen kann: immer zwei Kursleiter/innen einzusetzen, die sich ergänzen und ausgleichen können einen regelmäßigen Austausch unter den Kursleiter/innen zu ermöglichen (z.b. in einer AG), bei Bedarf auch eine Supervision Zeit für Einzelgespräche mit einzelnen Eltern nach dem Kurs einzuplanen einen Methodenkoffer für den Umgang mit nicht vorgesehenen Situationen entwickeln

Elemente erfolgreicher Konzepte Beziehung aufbauen, Vertrauen schaffen Negative Zuschreibungen vermeiden Zielgruppe einbeziehen Aufgaben der Fachkräfte klar definieren, gut supervidieren und regelmäßig reflektieren Wertschätzende lokale Vernetzung

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!