Stellungnahme des Krebsregisters NRW zur Anfrage der GRÜNEN im Kreis Borken vom

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Transkript:

Stellungnahme des Krebsregisters NRW zur Anfrage der GRÜNEN im Kreis Borken vom 12.12.2007 Dr. med. Klaus Kraywinkel Prof. Dr. med. Hans Werner Hense Ausschuss für Arbeit, Soziales u. Gesundheit Kreis Borken 8.4.2008

Gliederung Krebsregister NRW KIKK-Studie und Landtagsanfrage Wesentliche Ergebnisse aus dem Krebsregister NRW für den Kreis Borken und die Städte Ahaus und Gronau Fazit

Krebsregister NRW Rechtsgrundlage Krebsregistergesetz NRW (seit 1.7.2005) Rechtsform ggmbh Vorsitzender des Aufsichtsrats Prof. Stefan Winter (Staatssekretär MAGS) Geschäftsführer Dr. H. Brand (LIGA) und Prof. HW Hense (Universität Münster) Sitz in Münster Finanziert durch das Land NRW, in der Aufbauphase zusätzlich durch die Deutsche Krebshilfe Weitere Informationen: www.krebsregister.nrw.de

Krebsregistrierung in NRW 1985-2005 ab 2005 Region Reg.-Bez. Münster Nordrhein-Westfalen Population 2,6 Mio. 18 Mio. Meldung Arztrecht Arztpflicht Patient Einwilligung Information Speicherung namentlich anonymisiert* Meldeweg Formulare EDV Sterbedaten Totenscheine Meldeämter / LDS Neuerkrankungen/Jahr ca. 13.000 ~ 90-100.000 *Wohnort auf PLZ-Ebene gespeichert

Wesentliche Aufgaben Erfassen der Häufigkeit von Krebsneuerkrankungen Im zeitlichen Verlauf Im regionalen Vergleich Weitere Analysen Verteilung der Tumorsstadien Überlebensraten v. Krebspatienten Mitwirkung bei der Evaluation von Früherkennungsmaßnahmen (Brustkrebs-Screening) u.a. Identifikation von Intervallkarzinomen

Umsetzung regelmäßige Berichterstattung Bereitstellung von Ergebnissen für die regionale Gesundheitsberichterstattung Beantwortung von Anfragen u.a. von Gesundheitsbehörden Politischen Gremien Ärzten und Wissenschaftlern Bürgern/Bürgerinitiativen Medien z.t. auch Initiierung von Forschungsprojekten in Zusammenarbeit mit Universitäten Aufklärungs- u. Öffentlichkeitsarbeit, Meldermotivation und -support

KIKK-Studie der Uni-Mainz mit Deutschem Kinderkrebsregister Hypothese: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Entfernung des Wohnorts zu einer Atomanlage und dem Krebs- bzw. Leukämiehäufigkeit bei Kindern von 0-4 Jahren Ergebnis: Hypothese wurde durch statistischen Test bestätigt, für Leukämie etwa um das 2-fache erhöhtes Erkrankungsrisiko innerhalb von 5 km Radius zur Anlage

KIKK-Studie der Uni-Mainz mit Deutschem Kinderkrebsregister Ursache für diese Beziehung jedoch unklar, zusätzliche Strahlenexposition durch Atomanlagen scheint inplausibel Analyse von Störgrößen aufgrund unterschiedlicher Teilnahmebereitschaft nicht wie geplant möglich

KIKK-Studie: Studienregionen

Atomanlagen in NRW Brennelemente Zwischenlager Ahaus Urananreicherungsanlage Gronau Thorium- Hochtemperaturreaktor (THTR) Hamm (stillgelegt 1989) Atom- Forschungszentrum Jülich AKW Würgassen (stillgelegt 1995) 1 1 untersucht in der KIKK-Studie

Standorte im Reg.-Bez. Münster

Auswertungen des EKR-NRW zur Landtagsanfrage der GRÜNEN Krebs- und Leukämieerkrankungen 1991-2005 bei unter 5-jährigen Kindern in den Gemeinden Ahaus Gronau Legden Heek

Ergebnisse Krebs gesamt beobacht (erwartet) Leukämien beobachtet (erwartet) Ahaus 8 (8,6) 4 (3,2) Gronau 7 (9,0) 4 (3,3) Heek/ Legden 4 (3,4) < 2 (1,2) Fazit: keine auffälligen Häufungen von Krebs/Leukämie bei Kleinkindern in den Gemeinden in unmittelbarer Umgebung der beiden Standorte

Verwendete Maßzahlen Absolute Fallzahlen Altersstandardisierte Neuerkrankungsraten (ASR) Fälle/100.000 Einwohner/Jahr hochgerechnet auf eine Standardbevölkerung (Europa 1984) zum Vergleich von Regionen unterschiedlicher Größe und Alterstruktur z.t. indirekt. Altersstandardisierung (erwartete und beobachtete Fallzahlen)

Auswertungszeitraum und -regionen Kreis Borken 2000-04 (und 1995-99 für Krebs gesamt) im Vergleich zum übrigen Reg.-Bez. Münster (RBM) Ahaus und Gronau 1995-2004 im Vergleich zum übrigen Kreis Borken Krebs bei Kindern (< 15 J.) 1991-2005 möglich durch Datenabgleich mit Kinderkrebsregister

Andere Datenquellen Todesursachenstatistik auf Kreisebene Vergleichsergebnisse u.a. aus Niedersachsen

Wesentliche Ergebnisse Kreis Borken (2000-04) 8185 Krebsneuerkrankungen gemeldet (1637/Jahr) Anstieg der absoluten Fallzahlen um ca. 20% (RBM:+17%) z.t. erklärbar durch Zunahme der Bevölkerung Zunahme des Anteils älterer Personen ASR gestiegen um ca. 6% (RBM 8%) Höhere Vollzähligkeit der Registrierung Verbesserte/vermehrte Diagnostik z.b. beim Prostatakrebs ASR um 2-3% über der im Reg.-Bez. MS Rate krebsbedingter Sterbefälle (AMR)um ca. 3% unter der im Reg.-Bez. MS Abweichungen nicht signifikant

Wesentliche Ergebnisse Kreis Borken (2000-04) ASR signifikant erhöht Malignes Melanom (v.a. Frauen) 1 Hodenkrebs 1 Darmkrebs 2 1 vergleichbar mit Ergebnissen aus Niedersachsen/Weser-Ems 2 am ehesten erfassungsbedingt (keine erhöhte Mortalitätsrate) Höchste ASR für Krebs gesamt in Reken (v.a. bei Männern)

Wesentliche Ergebnisse Stadt Gronau (1995-2004) 1820 erfasste Krebsneuerkrankungen in 10 Jahren ASR für Krebs gesamt bei Frauen auf dem Niveau des Kreises, für Männer niedriger (Untererfassung bei urologischen Tumoren) Signifikant erhöhte Rate für Maligne Melanome (73 Fälle) Keine erhöhten Raten für Krebs/Leukämie bei Kindern unter 15 J.(16 bzw. 7 Fälle in 15 Jahren)

Wesentliche Ergebnisse Stadt Ahaus (1995-2004) 1487 erfasste Krebsneuerkrankungen in 10 Jahren ASR für Krebs gesamt bei Frauen etwas höher, für Männer etwas niedriger als im Kreis (Unterschiede nicht signifikant) Signifikant erhöhte ASR für Maligne Melanome (66 Fälle) Nicht signifikant höhere ASR für Leukämien (51 Fälle) Keine erhöhten Raten für Krebs/Leukämie bei Kindern (19 bzw. 7 Fälle in 15 Jahren)

Fazit Keine Hinweise für erhöhtes Krebsrisiko für Kindern in der Umgebung der Atomanlagen in Ahaus/Gronau Keine Hinweise für allgemein erhöhtes Krebsrisiko im Kreis Borken bzw. Ahaus/Gronau Regional erhöhte Erkrankungsraten v.a. für Maligne Melanome und Hodentumoren sollten weiter beobachtet werden