Kreditmanagement Aufgaben - Ziele - Beteiligte



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Transkript:

Kreditmanagement Aufgaben - Ziele - Beteiligte 1. Einleitung Das Kreditmanagement spielt im Haushaltswesen sehr vieler Staaten weltweit eine wichtige Rolle. Zum einen sind die Zinsausgaben häufig angesichts des bestehenden hohen Schuldenstandes einer der größten Haushaltsposten, den es besonders gut zu beobachten gilt und der die Haushaltsspielräume - und damit die Haushaltspolitik - Jahr für Jahr stark beeinflusst. Zum anderen unterliegen die Zinsausgaben im Haushalt einer hohen Volatilität, d.h. sie können im Laufe der Zeit stark schwanken und sind daher nur beschränkt planbar; beeinflusst werden sie zum Teil durch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, aber auch durch eigenes Handeln des Staates. Schließlich ist der Bereich des Kreditmanagements ein wichtiger Erkenntnisfaktor für das Finanzministerium. Denn in diesem Bereich ist der Staat selbst vom Finanzmarkt betroffen: Er tritt als Akteur auf und erfährt die Veränderungen des Marktes in der eigenen Person. Das Kreditmanagement stellt für den Staat somit ein eigenes Fenster zum Markt dar. Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben allgemein wesentliche Prozesse sowie Aufgaben und Tätigkeiten aller Beteiligten am Kreditmanagement unter Berücksichtigung von Erfahrungen, die in Deutschland gemacht wurden. Ziel ist, diejenigen anzusprechen, die am Haushaltsprozess beteiligt sind, aber keine spezifischen Kenntnisse im Bereich des Kreditmanagements haben. Sie sollen Grundlagen dafür erhalten, sich an Diskussionen in diesem Bereich zu beteiligen und zu verschiedenen Themen Fragen zu stellen. Der Aufsatz geht nicht auf die spezifischen Probleme ein, die sich aus der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation der Ukraine ergeben. 2. Verbindung Haushalt/Kreditmanagement Angesichts des Volumens und den möglichen hohen Schwankungen der laufenden Zinsausgaben kommt der Schnittstelle zwischen Haushalt und Kreditmanagement eine hohe Bedeutung zu - das gilt sowohl für den laufenden Haushaltsvollzug wie auch für die mittel- und langfristige Planung. Für den Vollzug des laufenden Haushalts gilt es, zunächst vor Beginn eines Haushaltsjahres, die zeitliche Verteilung aller ordentlichen Ausgaben und Einnahmen - ohne Kredite - zu planen. Diese Aufgabe wird in der Regel im Finanzministerium wahrgenommen oder vom Schatzamt. Man beginnt mit einer Jahresplanung, die sich als erstes bei der Berechnung des laufenden Kassenbedarfs am Ablauf des Vorjahres orientieren kann. Denn ein guter Teil der Ausgaben, wie zum Beispiel Personalausgaben oder soziale Leistungen werden in jedem Jahr zu gleichen und Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 1

relativ feststehenden Terminen fällig. Auch viele andere Ausgabenprogramme haben häufig einen ähnlichen Verlauf während eines Haushaltsjahres. In einem zweiten Schritt betrachtet man die wesentlichen Veränderungen bei neuen oder geänderten Programmen im neuen Haushaltsjahr und fügt deren erwarteten Finanzbedarf in die Jahresplanung ein. Auch auf der Einnahmeseite lassen sich die wesentlichen Eingänge von Steuereinnahmen relativ gut für Zeitfenster von wenigen Tagen schätzen, weil die Termine für die Zahlung bestimmter Steuern, bzw. deren Eingang, in der Regel feststehen. Ergänzt werden kann eine solche Planung durch eine Abfrage bei den Ministerien oder sonstigen bewirtschaftenden Stellen, die darlegen müssen, wo aufgrund neuer Entscheidungen zum Haushalt oder neu gestalteter Prozesse wesentliche Abweichungen vom Geldfluss des Vorjahres erwartet werden. Die Jahresplanung kann nunmehr ergänzt werden durch die Kreditplanung, denn parallel hat das Kreditmanagement die Grundstruktur eines Planes aufgestellt, wie die Deckung des gesamten Kreditbedarfs eines Jahres - neue Kredite sowie Anschlussfinanzierung zur Tilgung alter Kredite - einigermaßen gleichmäßig über das gesamte Haushaltsjahr verteilt wird. In diese Planung fließt natürlich auch ein, welche Zinszahlungen zu leisten sind, insbesondere auf der Grundlage bereits aufgenommener, d.h. bestehender Kredite. Diese integrierte Planung von laufenden Einnahmen und Ausgaben, Krediten und Zinszahlungen gibt ein erstes Bild über den Kassenverlauf des ganzen Jahres. Das Bild kann dazu führen, dass für bestimmte Phasen höhere Defizite zu erwarten sind, während in anderen Phasen mit Überschüssen gerechnet werden kann. Hier einen Ausgleich zu finden, ist Aufgabe des ständig tätigen Liquiditätsmanagements, auf das später einzugehen ist. Die erste Jahresplanung wird ergänzt durch eine differenzierte Planung des Zeitraums der nächsten vier bis sechs Wochen, also des ersten konkreten Vollzugszeitraums im neuen Haushaltsjahr. Hier sind täglich unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verlaufes Anpassungen vorzunehmen. Außerdem kann die Planung ergänzt werden, indem von den bewirtschafteten Stellen laufende Meldungen zur Kassenplanung eingefordert werden: Jede Stelle muss für den Bewirtschaftungszeitraum von vier bis sechs Wochen berichten, mit welchen Zahlungsflüssen auf Einnahmen- und Ausgabenseite sie in ihrem Bereich für jeden Tag rechnet; möglicherweise reicht es auch aus, lediglich zu verlangen, dass erwartete Einnahmen oder Ausgaben, die einen bestimmten Betrag überschreiten, laufend, bzw. mit einem gewissen Vorlauf, gemeldet werden. Sofern für die Verantwortlichen der Kassenplanung diese Schätzungen noch nicht ausreichen, besteht die Möglichkeit, sich täglich von den bewirtschaftenden Stellen melden zu lassen, mit welchen Einnahmen und Ausgaben sie tagesgenau kurzfristig und im weiteren Zeitraum rechnen. Solche Meldungen müssen dann praktisch täglich an die tatsächliche Entwicklung angepasst werden. Über dieses Instrumentarium wird eine laufende tägliche Planung geschaffen, die umso genauer ist, je näher der betrachtete Zeitraum liegt. Für die unmittelbar folgenden 2 bis 3 Tage wird in der Regel eine hohe Präzision erreicht, so dass sich Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 2

das Liquiditätsmanagement relativ gut darauf einstellen kann, welche Aufgaben von ihm in den kommenden Tagen erwartet werden. Eine weitere Ergänzung erhält die Kassenplanung dadurch, dass innerhalb des Finanzministeriums für den gesamten Haushalt mindestens einmal monatlich eine Schätzung durchzuführen ist, mit welchen Einnahmen und Ausgaben insgesamt für das Haushaltsjahr gerechnet wird, also ob es wesentliche Abweichungen von der Planung gibt. Diese Schätzung gibt dem Kreditmanagement Hinweise darauf, ob die geplante Kreditaufnahme für das gesamte Haushaltsjahr über- oder unterschritten wird. Wenn sich spürbare Abweichungen ergeben, kann das Kreditmanagement dies rechtzeitig in die eigene Planung einbeziehen. Natürlich ist dabei auch abzuwägen, in welcher Form Abweichungen von der veröffentlichen Emissionsplanung dem Markt vermittelt werden. Selbstverständlich ist die monatliche Ablaufschätzung keine Einbahnstraße: in gleicher Form wie das Kreditmanagement erwartete Abweichungen der gesamten Kreditaufnahme erfährt, muss es im Haushalt melden, ob Abweichungen bei den geplanten Zinszahlungen zu erwarten sind. Immerhin sind die jährlichen Zinszahlungen ein wesentlicher Block im Haushalt, der das Jahresergebnis in den meisten Ländern zum Jahresende stark beeinflusst. Bewirtschafter von Einnahmen und Ausgaben Einnahmen Ausgaben Kasse Konto wird täglich ausgeglichen Geldanlage Liquiditätsmanagement Geldaufnahme Geldmarkt Abbildung 1. Liquiditätsmanagement Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 3

3. Risikovorsorge bei der Zinsausgabenplanung Bei der Planung der Zinsausgaben hat sich bewährt, äußerst konservativ zu schätzen. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen kann eine zu knappe Schätzung der Zinsausgaben im Jahresverlauf dazu führen, dass zum Jahresende der Haushaltsrahmen insgesamt überschritten wird. Bei dem Volumen von Zinsausgaben in den meisten Haushalten bedeutet dies zugleich ein Indiz für eine schlechte Haushaltsplanung insgesamt. Wichtiger noch ist das Bild, das durch eine Fehlplanung bei den Zinsausgaben der Öffentlichkeit und dem Markt gegenüber entsteht. Zu niedrig geschätzte Zinsausgaben können leicht interpretiert werden, als hätten Parlament und Regierung eine andere Zins- und Marktentwicklung erwartet und damit einen wesentlichen Faktor der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung falsch eingeschätzt. Zu hoch eingeplante Zinsausgaben erwecken jedoch weniger den Eindruck einer Fehlplanung, sondern gelten eher als Indiz einer vorsichtigen Haushaltsplanung. Sie bieten zugleich ein gewisses Reservepolster im Vollzug des Gesamthaushalts. Das gleiche gilt für die mittelfristige Planung von Zinsausgaben: es bewährt sich, wenn bei der Mittelfrist- und Langfristplanung hier einen Risikopuffer eingebaut ist. Sollte sich das Risiko realisieren, führt dieser Umstand nicht gleich dazu, dass die Gesamtplanung des Haushalts obsolet wird. Realisiert sich das Risiko nicht, entstehen bei Planung und Umsetzung der Mittelfristplanung in konkrete Haushaltszahlen gewisse Handlungsspielräume. 4. Rechtsrahmen Angesichts der erheblichen Auswirkungen, die das Kreditmanagement für die Haushaltsgestaltung und die Haushaltsbewirtschaftung haben kann, ist ein eindeutiger Rechtsrahmen erforderlich, der aber auch genügend Raum lässt für marktorientiertes aktuelles Handeln. Ein solcher Rechtsrahmen kann für bestimmte auf Dauer geltende Grundsatzregelungen in einem Dauergesetz geschaffen werden (in Deutschland zum Beispiel das Bundesschuldenwesengesetz); andere aktuelle Teile, insbesondere der zahlenmäßige Rahmen, in dem sich das Kreditmanagement bewegen muss, können im jährlichen Haushaltsgesetz geregelt werden. Am bedeutendsten ist naturgemäß der Gesamtrahmen für die Kreditaufnahme. Dabei muss insbesondere geregelt werden, in welchem Umfang neue Kredite aufgenommen werden dürfen; hinzu kommt ein Kreditrahmen für die Anschlussfinanzierung, d. h. es wird geregelt, dass in dem Umfang, wie alte Kredite getilgt werden, neue Kredite aufgenommen werden dürfen. Weiterhin kann eine Vorgriffsermächtigung zweckmäßig sein. Sie erlaubt es, am Ende eines Haushaltsjahres in Vorgriff auf zu erwartende neue Kredite bei günstiger Marktlage Vorratskredite aufzunehmen; diese Inanspruchnahme ist dann auf die Kreditermächtigungen des nächsten Jahres anzurechnen, so dass der bewilligte Gesamtrahmen für das Folgejahr unverändert bleibt. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 4

Außerdem ist eine Regelung zu schaffen, die es möglich macht, wenn ein neuer Haushalt noch nicht rechtzeitig beschlossen worden ist und eine vorläufige Haushaltsführung gilt, in gewissem Umfang Kredite aufzunehmen. Damit wird verhindert, dass - wie es zum Beispiel in den Vereinigten Staaten gelegentlich vorkommt - staatliches Handeln zum Stillstand kommt, nur weil im Parlament der Haushalt nicht rechtzeitig beschlossen wurde. Auch hier ist selbstverständlich zu regeln, dass diese Kredite nicht zusätzlich aufgenommen werden, sondern nach Inkrafttreten des neuen Haushalts verrechnet werden. Schließlich ist es zweckmäßig, neben der Ermächtigung für die mittel- und langfristige Kreditaufnahme am Kapitalmarkt eine Ermächtigung zu schaffen für kurzfristige Kassenkredite - zum Beispiel Laufzeit bis zu einem halben Jahr - damit sich das Liquiditätsmanagement über gesonderte Instrumente die notwendigen Spielräume verschaffen kann. Neben diesen Kreditermächtigungen sind auch spezielle Ausgabeermächtigungen zu schaffen: So ist ein Volumen zu bestimmen, in welchem Umfang die eigenen Papiere im Rahmen der Marktpflege angekauft werden dürfen; auch hier wird in der Regel bestimmt, dass diese Ermächtigung erneut genutzt werden kann, wenn im Rahmen der Marktpflege die erworbenen Papiere wieder verkauft werden. Insoweit bestimmt diese Ermächtigung lediglich, in welchem Umfang zu einem Zeitpunkt maximal von ihr Gebrauch gemacht werden darf. In ähnlicher Weise wirkt eine weitere Ermächtigung die es erlaubt, Eigenbestände zu halten. Dies bezieht sich zum Beispiel darauf, wenn aus Überlegungen der Wirtschaftlichkeit bei Neuemissionen ein Teil der angebotenen Papiere zurückbehalten wird, damit diese zu einem späteren Zeitpunkt dem Markt zur Verfügung gestellt werden können. Aber auch hier muss gesetzlich geregelt werden, dass von diesen Möglichkeiten nicht unbegrenzt Gebrauch gemacht wird. 5. Instrumente der Kreditaufnahme Wesentliches Instrument staatlicher Kreditaufnahme sind Staatsanleihen. Dabei handelt es sich - rechtlich gesehen - um verzinsliche Wertpapiere: Der Käufer eines solchen Papiers erhält gegen die Zahlung des Kaufpreises die schuldrechtliche Zusage des Emittenten (hier des Staates), neben der Rückzahlung des Betrages nach Ablauf der Laufzeit während dieser Laufzeit jährlich Zinszahlungen zu einem bestimmten Prozentsatz zu erhalten. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 5

Märkte für Staatsanleihen weltweit 2012 Ausstehende Volumina Märkte für Staatsanleihen Eurozone 2012 Ausstehende Volumina Quelle: Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur Abbildung 2. Märkte für Staatsanleihen weltweit und Märkte für Staatsanleihen Eurozone 2012 Auch heute werden im Wertpapiergeschäft noch einige Begriffe verwandt, die aus der Zeit stammen, als die Geschäfte mit bedrucktem Papier durchgeführt wurden: Der Mantel ist das eigentliche Wertpapier, auf dem früher auch die wesentlichen Konditionen und sonstigen Bedingungen des Geschäfts aufgedruckt waren; daneben gab es die Kupons (von französisch couper = schneiden), kleine Abschnitte, die zur jeweiligen Fälligkeit einer Zinszahlung vom Mantel abgeschnitten und bei der Bank gegen Bargeld eingetauscht wurden. Auch wenn heute der ganz überwiegende Teil der Geschäfte nur in Form von Rechten über elektronische Medien abgewickelt wird, sind insbesondere die Begriffe Kupon oder Coupon erhalten geblieben und werden als Synonym für den Zinsanspruch aus einem Papier gebraucht. Innerhalb des gesamten Bereichs der Staatsanleihen gibt es eine Reihe unterschiedlicher Arten. Man unterscheidet zum einen nach der Laufzeit: Als kurzfristig gelten Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu vier Jahren, der mittelfristige Bereich umfasst den Zeitraum von vier bis acht Jahren und darüber hinaus gibt es langfristige Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu dreißig Jahren, in Einzelfällen bis zu fünfzig Jahren. Außerdem gibt es unterschiedliche Varianten bei der Art der Zinszahlung. Im Regelfall wird ein fester Zinssatz für die gesamte Laufzeit vom emittierenden Staat festgelegt. Daneben gibt es Anleihen mit variablem Zinssatz, zum Beispiel inflationsindexierte Anleihen; hier wird bei der Begebung der Anleihe kein oder lediglich ein geringer Festzinssatz festgelegt, hinzu kommt eine jährliche Zinsberechnung nach einem genau festgelegten statistischen Inflationsindex. Während ein fester Zinssatz für den Staat als Emittenten aber auch für den Investor Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 6

hohe Planungssicherheit bieten, enthält der Indexierte Zinssatz für beide Seiten ein gewisses spekulatives Element: je nach der Entwicklung des Geldwertes gibt es Voroder Nachteile für beide Seiten. Schließlich kann auch unterschieden werden nach der Währung, über die eine Anleihe ausgestellt wird. Die meisten Staaten begeben ihre Anleihen überwiegend in der Landeswährung; ein gewisser Teil wird auch in Fremdwährung ausgestellt, insbesondere in Dollar und Euro, weil auf diesem Wege die internationalen Kapitalmärkte leichter anzusprechen sind. Bei Fremdwährungsanleihen tritt ein spezifisches Wechselkursrisiko hinzu, denn sowohl die laufenden Zinszahlungen wie auch die Rückzahlung hängen davon ab, wie sich der Wechselkurs im Begebungszeitraum entwickelt. Auch hier kann für beide Seiten die jeweilige Entwicklung einen Gewinn oder Verlust gegenüber einer inländischen Anleihe bedeuten. Eine weitere nicht selten vorkommende Form der Anleihe sind Nullkupon- oder Zerobondanleihen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass nicht ein jährlicher Zinssatz vereinbart ist, sondern dass der Zinsgewinn für den Anleger in einer Differenz zwischen dem Ausgabepreis und dem Betrag zur Tilgung besteht. Im Ergebnis werden hier also die Zinsen kumuliert am Ende der Laufzeit ausgezahlt. Diese Art von Anleihen wird - nicht zuletzt zur Vermeidung hoher Einmalzahlungen am Ende der Laufzeit - eher im kurz- und mittelfristigen Laufzeitbereich eingesetzt. Schließlich können auch Swapgeschäfte eingesetzt werden. Bei solchen Geschäften, die dem Bereich der Derivatgeschäfte zugerechnet werden, bleibt der Rückzahlungsanspruch (aus dem Mantel ) unverändert zwischen den Parteien erhalten, hingegen werden die Zinsansprüche ( Kupons ) am Markt angeboten und gegen andere Kupons getauscht. Dies kann zum Beispiel sinnvoll und wirtschaftlich sein, wenn mittelfristig mit sinkenden Zinsen gerechnet wird und infolgedessen das Kreditmanagement die feststehenden Zinsen von bestehenden Anleihen gegen variable Zinsansprüche tauscht. Auch diese Art von Geschäften enthält ein gewisses spekulatives Element und setzt weiterhin voraus, dass für die neu erworbenen Zinsansprüche Sicherheiten gestellt werden. Neben der Begebung von Staatsanleihen kann die öffentliche Hand auch andere Instrumente einsetzen, zum Beispiel Schuldscheindarlehen, einfache Bankkredite oder auch wechselähnliche Geschäfte. Diese Instrumente spielen in der Praxis jedoch eine geringe Rolle. Alle diese Anleiheformen richten sich an professionelle Anleger im Kapitalmarkt, insbesondere Banken, Versicherungen oder Pensionsfonds; daneben besteht die Möglichkeit, spezielle Papiere einzurichten, die sich an Privatkunden richten und die jeder Sparer über seine Bank oder auch unmittelbar vom Staat erwerben kann. Die wesentlichen Eigenschaften solcher Papiere bestehen darin, dass Sie ähnlich einfach wie Sparkonten, Tagesgeld oder Termingeld konstruiert sein müssen, damit jeder Sparer die Struktur versteht. Außerdem müssen Sie mit sehr geringer Stückelung angeboten werden, damit auch geringe Beträge angelegt werden können. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 7

Solche Angebote an private Sparer erfüllen einen doppelten Zweck: Aus Sicht des Staates und des Kreditmanagements wird ein zusätzlicher Kreis von Interessenten und ein nicht unerheblicher Markt erschlossen; Sparern und Bürgern eröffnet sich die Möglichkeit, Geld sicher anzulegen, einen vernünftigen Zinssatz zu erzielen und gleichzeitig zur Finanzierung der staatlichen Aufgaben beizutragen. 6. Ziele des Kreditmanagements Das Kreditmanagement muss sich jederzeit bewusst sein, dass es in der Regel nicht nur mit erheblichen Summen am Markt auftritt, sondern von diesem zugleich als Vertretung des Staates angesehen wird. Insofern geht die von ihm erwartete Zuverlässigkeit alles Handelns noch über das hinaus, was von jedem privaten Marktteilnehmer ohnehin erwartet wird. Daneben ist höchste Transparenz geboten. Weitgehende Transparenz beim Marktauftritt - der natürlich berücksichtigen muss, wo Vertraulichkeit im eigenen Interesse geboten ist - trägt dazu bei, gute Ergebnisse zu erzielen. Aber auch hier wird von einer Institution, die den Staat vertritt, ein besonderes Maß erwartet. Außerdem sollte sich das Kreditmanagement zum Ziel setzen, für die von ihm verwalteten Staatsanleihen jederzeit eine hohe Liquidität zu gewährleisten. Denn für alle Investoren ist bei der Entscheidung über die Geldanlage von besonderer Bedeutung, zu wissen, dass sie bei Bedarf die erworbenen Papiere wieder verkaufen können - unabhängig vom Volumen des Geschäfts und von dessen Zeitpunkt. Insoweit muss das Kreditmanagement nicht nur den Markt beobachten, sondern auch die geeigneten Instrumente für entsprechende Geschäfte bereithalten, zum Beispiel indem Eigenbestände vorgehalten werden und Ermächtigungen zum Ankauf im Sekundärmarkt in ausreichendem Maße vorhanden sind. Auf diese Weise kann das Kreditmanagement verhindern, dass am Markt für einzelne Geschäfte nicht genügend Vertragspartner zur Verfügung stehen. 7. Strategie des Kreditmanagements Ausgangspunkt der Strategie ist eine Analyse des bestehenden Portfolios, zum Beispiel unter den Aspekten, welche Instrumente derzeit eingesetzt sind oder welche Restlaufzeit das Gesamtportfolio bei einer entsprechenden Gewichtung aller einzelnen Elemente hat. Der nächste Schritt besteht darin, festzulegen welches Zielportfolio langfristig erreicht werden soll und welche Schritte dazu im kurz-und mittelfristigen Zeitraum erforderlich sind. Beispiele für strategische Ziele sind die Veränderung der gesamten Restlaufzeit eines Portfolios oder die Veränderung von Anteilen der Verschuldung in nationaler oder internationaler Währung. Zu prüfen kann weiterhin sein, ob die Begebung bestimmter Anleiheformen oder Anleihen mit bestimmten Laufzeiten im Vergleich zu anderen im Ergebnis wirtschaftlicher ist. Über die Verteilung der Laufzeiten oder der genutzten Währungen bei den Neuemissionen kann die angestrebte Struktur dann Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 8

mittelfristig erreicht werden. Sofern ein entsprechender Markt vorhanden ist, kann die Veränderung auch über Swapgeschäfte bewirkt werden. Diese Entscheidungen sind in jedem Fall abhängig von einer genauen Beobachtung des spezifischen Marktes für das jeweilige Land und von der Einschätzung der Entwicklung dieses Segmentes - zum Beispiel die mittel-und langfristige Entwicklung des Zinssatzes oder des Wechselkurses. Außerdem ist zu entscheiden, in welchem Umfang Risiken eingegangen werden und ob die damit verbundenen Chancen vertretbar sind. 8. Information des Marktes Die gebotene Transparenz setzt voraus, dass Markt und allgemeine Öffentlichkeit über eine geeignete verantwortungsvolle Öffentlichkeitsarbeit umfassend informiert werden. Diese umfasst zwei Stufen. Auf einer ersten Stufe ist es für den Staat von besonderer Bedeutung, in den Bürgern wie auch den Fachleuten nachvollziehbar die gesamten finanzwirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Eckdaten und Rahmenbedingungen zu erläutern und über die Auswirkungen von getroffenen oder geplanten Entscheidungen umfassend zu informieren. Diese Informationen zur allgemeinen finanziellen und wirtschaftlichen Struktur eines Staates und deren künftiger Entwicklung stellen nicht zuletzt die Grundlage für die Bewertung durch Ratingagenturen dar. Das Kreditmanagement kann diesen Datenkranz kaum beeinflussen, auf der anderen Seite wirken die Bewertungen durch die Ratingagenturen unmittelbar auf die Handlungen des Kreditmanagements ein. Zum zweiten sind spezifische Informationen des Marktes erforderlich. Diese beginnen bereits vor Beginn eines Haushaltsjahres mit der Veröffentlichung eines jährlichen Emissionskalenders. In ihm wird für das gesamte Planungsjahr dargestellt, welche Neuemissionen für dieses Jahr geplant sind; ein solcher Jahresplan soll möglichst genau sein, d.h. nicht nur die gesamte Summe der Emissionen wird dargestellt, sondern für den jeweiligen Monat, oder jedenfalls für das Quartal, wird tabellarisch aufgelistet, welche Neuemissionen zu erwarten sind; dabei werden sowohl das Volumen, wie auch die Fristigkeit jeweils zahlenmäßig festgelegt. Ein Beispiel: Aufgelistet wird, dass im Monat Januar von einer Gesamtsumme von 10 Milliarden Währungseinheiten 50 % auf zehnjährige, 30 % auf fünfjährige und 20 % auf dreijährige Anleihen entfallen. Unmittelbar vor Beginn eines Quartals ist eine solche Emissionsplanung zu konkretisieren. Auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse zur aktuellen Entwicklung können die Ankündigungen entweder bestätigt oder in gewissem Umfang modifiziert werden. Entscheidend ist, dass mit einem Vorlauf von etwa vier Wochen alle Investoren tagesgenau wissen, mit welchen Neuemissionen Sie zu rechnen haben. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 9

Im Hinblick darauf, dass die Investoren eine gewisse Kontinuität erwarten, sollte es einen festen Rhythmus für die regelmäßig geplanten Emissionen geben, zum Beispiel jeweils dienstags, im Abstand von ein bis drei Wochen. Denn je mehr Kontinuität und Stabilität von Seiten des Kreditmanagements gegenüber dem Markt gezeigt wird, umso mehr Investoren werden sich auf diese Termine einrichten und damit tendenziell die Nachfrage nach den angebotenen Anleihen erhöhen. 9. Verfahren Für Staatsanleihen, die der Struktur nach im Markt eingeführt sind, also für das laufende Geschäft, ist das Tenderverfahren die gebräuchlichste Form, Neuemissionen in den Markt zu bringen. Das Tenderverfahren gleicht einer Versteigerung, allerdings gibt es nicht nur einen Zuschlag, sondern es werden alle diejenigen Angebote berücksichtigt, die den Vorstellungen des Emittenten entsprechen. Praktisch heißt dies, das Kreditmanagement gibt bekannt, in welchem kurzen Zeitraum (z. b. eine Stunde), zu welcher Art von Anleihen, zu welchem Gesamtvolumen und zu in etwa welchem Zinssatz oder Kurs Angebote erwartet werden. Die Bieter haben die Möglichkeit nunmehr ein Angebot für eine Teilmenge zu machen. Unmittelbar nach Ablauf der Frist, wird entschieden, in welchem Umfang die einzelnen Angebote angenommen werden, so dass im Gesamtumfang die erwartete Gesamtsumme der Neuemission aus Sicht des Staates zum günstigsten Preis (Zins) erreicht wird. Diese Versteigerungen werden in der Regel über IT- Verfahren abgewickelt, so dass schnelle Entscheidungen möglich sind. Neuemissionen von Instrumenten, die noch nicht eingeführt sind und bei denen Unsicherheiten über die Reaktion des Marktes bestehen, werden demgegenüber oft zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt: Über einen Zeitraum von mehreren Tagen wird ein Orderbuch veröffentlicht, in das die Interessenten ihre Angebote eintragen können. Nach Abschluss der Zeichnungsfrist wird ebenfalls entsprechend dem gewünschten Ergebnis zugeteilt. Die bereits emittierten Staatsanleihen sind ein beliebter Gegenstand des Sekundärmarkts, d.h. sie werden häufig von Investor zu Investor weiterverkauft. Für diesen Sekundärmarkt sind große Transparenz und hohe Liquidität von besonderer Bedeutung. Daher sollte das Kreditmanagement prüfen, welchen Beitrag es für diesen Markt leisten kann. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 10

10. Risikocontrolling und Überwachung Die Aufgabe des Risikocontrollings für das Kreditmanagement besteht - ähnlich wie in jedem Unternehmen - darin, eine Inventur der finanziellen und sonstigen Risiken zu machen, diese zu bewerten oder wenn möglich sogar zu messen, das Ergebnis gegenüber den handelnden Personen zu kommunizieren und schließlich den Prozess zu überwachen, sofern eingegangene Risiken zurückgeführt werden müssen. Für Banken und andere Unternehmen, die am Kapitalmarkt tätig sind, gilt im Übrigen das Prinzip, dass operatives Handeln und Überwachung zu trennen sind: Die Tätigkeiten, die von der Strategie entworfen und vom Handel ausgeführt werden, werden laufend durch eine zweite unabhängige Organisationseinheit überprüft. Das vorrangige Risiko im Kapitalmarkt allgemein ist das Adress- bzw. Kreditausfallrisiko; dieses spielt für das Kreditmanagement so lange keine Rolle, wie tatsächlich nur Kredite aufgenommen, nicht aber begeben werden. Aber schon beim Liquiditätsmanagement, wo phasenweise Überschüsse angelegt werden können, ist dies zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt des Kreditmanagements stehen demgegenüber die üblichen Marktpreisrisiken, insbesondere das Risiko der Zinsänderung und das Wechselkursrisiko, soweit Kredite in ausländischer Währung aufgenommen werden. Auch Liquiditätsrisiken sind ständig zu beobachten, zumal gerade die öffentliche Hand es sich nicht leisten kann, selbst für einen kurzen Zeitraum ihre finanziellen Verpflichtungen wegen fehlender Liquidität nicht erfüllen zu können. Schließlich sind die operationellen Risiken zu betrachten und zu bewerten; hierbei handelt es sich um solche Risiken, die durch schlechte Organisation von Prozessen, durch mögliche Unglücksfälle oder die Auswirkungen sonstiger externer Ereignisse drohen. Für das Controlling all dieser genannten Risiken gibt es bewährte finanzmathematische und betriebswirtschaftliche Instrumente. Soweit das Kreditmanagement durch Ministerien oder andere öffentliche Einrichtungen ausgeführt wird, ist es nicht immer üblich, diese Formen des Risikocontrollings anzuwenden. Allerdings sollten auch diese Stellen berücksichtigen, dass sie ähnlich wie eine Bank handeln und daher die im dortigen Bereich üblichen Instrumente einsetzen sollten. 11. Liquiditätsmanagement Das Liquiditätsmanagement hat den täglichen Kassen- und Kontenstand im Auge. Die Kernaufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass täglich und für jeden wahrscheinlichen Zahlungsfall ausreichend Gelder auf den staatlichen Konten sind, damit alle laufenden Rechtsverpflichtungen bezahlt werden können. Denn wenn der Staat seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, kann der Eindruck verheerend sein. Auf der anderen Seite ist es Aufgabe, dafür zu sorgen, dass keine Gelder ungenutzt auf den Konten liegen und am Ende eines Tages keine Überschüsse gehortet werden, sondern dass ein eventueller Kontenüberschuss Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 11

unmittelbar über den Interbankenhandel angelegt wird, damit Zinsgewinne erwirtschaftet werden können - selbst wenn es nur für wenige Tage ist. Für die Bundesrepublik Deutschland gibt es die Vorgabe, dass zum Bankenschluss nicht mehr als 100.000 auf dem Konto liegen dürfen, auf der anderen Seite aber auch kein Negativsaldo entstehen darf. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die letzten Geschäfte zum späten Nachmittag, unmittelbar vor Tagesschluss getätigt. Ein vernünftiges Liquiditätsmanagement setzt voraus, dass täglich alle staatlichen Gelder - oder jedenfalls der ganz überwiegende Teil von ihnen - auf einem einzigen Konto zusammengeführt werden (Single Treasury Account). Dies soll vor allem dazu dienen, dass nicht auf einzelnen Konten Defizite zu finanzieren sind, während auf anderen Konten gleichzeitig ein Überschuss besteht. Die Zusammenführung aller Konten ist eine der primären Aufgaben des Finanzministeriums, das auch nur auf diese Weise einen vernünftigen Überblick bekommt, welche Gelder im staatlichen Apparat insgesamt vorhanden sind. Daher sollte angestrebt werden, dass selbst solche staatlichen Einrichtungen, die außerhalb des Haushalts finanziert werden - zum Beispiel Sozialversicherungen oder andere Sonderfonds - gleichwohl ihre tägliche Kontenführung an das zentrale Liquiditätsmanagement abgeben. Als Instrumente stehen dem Liquiditätsmanagement in der Regel alle gängigen Marktformen zur Verfügung, insbesondere der Einsatz von Tages- oder Termingeld im Interbankenhandel sowie Wertpapierpensionsgeschäfte, z. b. in Form von Repogeschäften. Insoweit verhält sich das Liquiditätsmanagement ähnlich wie der Handelsbereich einer Bank. Dabei sind Instrumente und Grenzen dieses Geschäftsbereichs vom Gesetzgeber vorzugeben. Das Liquiditätsmanagement ist selbstverständlich von einer guten Kassenplanung (siehe oben. Nummer zwei) abhängig und arbeitet zweckmäßigerweise eng mit diesen zusammen. Wichtig ist, die langfristige Kreditaufnahme zu trennen vom Liquiditätsmanagement. Der Terminplan für die mittel-und langfristige Kreditaufnahme folgt den Bedürfnissen des Marktes und sollte sich nicht - oder nur in geringem Maße - am erwarteten Kassenbedarf des Haushalts orientieren. Denn wenn der Markt erkennt, dass bestimmte Termine für die Neuemission staatlicher Papiere auf die Tage gelegt sind, an denen aktuell ein hoher Finanzierungsbedarf besteht, schlägt sich dieses in den Preisen nieder - letztlich wird das Kreditmanagement des Staates in gewisser Weise erpressbar. Das Liquiditätsmanagement muss mit seinen Instrumenten daher ständig dafür sorgen können, dass ausreichend Liquidität vorhanden ist, um die notwendigen finanziellen Rechtsverpflichtungen zu erfüllen. Dabei kann es sogar wirtschaftlich sein, in gewissem Umfang eine Vorratskreditaufnahme für einige Tage zu betreiben, damit man nicht darauf angewiesen ist, einen auf einen Tag konzentrierten Spitzenbedarf durch eine besonders hohe Kreditaufnahme in Interbankenhandel zu decken. 12. Organisationsform Das Kreditmanagement wird in der Regel vom Finanzministerium durchgeführt oder - wenn es eine solche gesonderte Einheit gibt - vom Schatzamt oder der Treasury. In Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 12

den letzten Jahrzehnten hat sich in vielen Ländern jedoch die Praxis entwickelt, das Kreditmanagement aus dem unmittelbaren Bereich der Verwaltung auszugliedern, wobei Rechtsformen und Kontrolle durch das Finanzministerium sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. In einer Reihe von Ländern ist das Kreditmanagement auf eine im Staatsbesitz befindliche und unter der Kontrolle des Finanzministeriums stehende private Gesellschaft übertragen, die bankähnlich organisiert ist. Dahinter steht die Überlegung, dass es nicht immer möglich ist, den zur Betreuung eines großen Schuldenportfolios erforderlichen Personalkörper in einem Ministerium unterzubringen; außerdem bestehen Schwierigkeiten, Personal mit umfassenden Erfahrungen im Bankbereich zu den Gehaltskonditionen des öffentlichen Dienstes anzuwerben. Vor allem aber lassen sich banknotwendige Organisationsformen, wie zum Beispiel eine strikte Trennung zwischen operativem Geschäft und Risikocontrolling, nicht ohne weiteres in den Strukturen der öffentlichen Verwaltung unterbringen. Bei einer solchen gesonderten Organisation sind im Wesentlichen folgende Aufgabenbereiche zu unterscheiden: ein strategischer Bereich entwickelt langfristige Konzepte und die Schritte zu deren kurz- und mittelfristiger Umsetzung, die dann in der praktischen Ausführung durch den Handel durchgeführt werden. Alle Geschäfte sind rechtssicher zu dokumentieren, damit in einem späteren Konfliktfall hinreichende Unterlagen vorhanden sind. Die Zusammenfassung aller Geschäfte führt zu einem intensiven Berichtswesen, das zum einen die Ausgabenschätzungen für das laufende Jahr und künftige Planungen durchführt und zum anderen die Dokumentation für die rückblickende Rechnungslegung aufbereitet. Schließlich sind Überwachung und Controlling erforderlich. Eine selbständige Einrichtung braucht schließlich die üblichen allgemeinen internen Dienstleistungen, unter denen die Unterstützung durch die Datenverarbeitung eine besondere Rolle spielt. Kernfunktionen im Kreditmanagement Strategie - Konzeption - Handel - Ausführung - Überwachung - Controlling - Marktfolge - Dokumentation - Verbindung zum Haushalt - Planung und Rechnungslegung - Abbildung 3. Kernfunktionen im Kreditmanagement Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 13

Bei einer solchen Auslagerung ist von besonderer Bedeutung, eine klare Aufgabentrennung zwischen dem Ministerium und der ausführenden Einrichtung zu treffen. In der Regel werden die strategischen Grundlinien vom Ministerium vorgegeben, das für die Ergebnisse auch die Verantwortung gegenüber dem Parlament trägt, während das laufende operative Geschäft durch das ausgelagerte Kreditmanagement durchgeführt wird. 13. Verhältnis Parlament/Regierung Beim Kreditmanagement muss eine Reihe von Zielkonflikte in ein angemessenes Gleichgewicht gebracht werden: Auf der einen Seite sind strikte parlamentarische und rechtliche Vorgaben nötig, und auf der anderen Seite muss das Management flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren können. Die Regierung und deren Beauftragte für das Kreditmanagement brauchen daher auf der einen Seite einen gewissen Spielraum, auf der anderen Seite aber auch eine strikte Kontrolle. In Deutschland wird dieses Spannungsverhältnis dadurch gelöst, dass einerseits - bei zahlenmäßig klar vorgegebenen Handlungsspielräumen durch gesetzliche Regelungen - ein gewisser Handlungsspielraum dem Kreditmanagement erhalten bleibt. Zur laufenden Überwachung dieses Handlungsspielraums hat das Parlament einen eigenen Ausschuss eingerichtet, der regelmäßig tagt und in dem Finanzministerium und Management für die Kreditaufnahme regelmäßig berichten müssen. Im Hinblick auf die gebotene Vertraulichkeit - das Marktverhalten des Bundes spielt für den Finanzmarkt Deutschland eine große Rolle - ist es ein kleines Gremium, in dem aber alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, ob Regierung oder Opposition, vertreten sind. Über die in den Sitzungen verteilten Unterlagen und die dort erteilten Auskünfte, dürfen sich die Parlamentarier öffentlich nicht äußern. 14. Wechselwirkung Finanzpolitik /Kreditmanagement Finanzpolitik und Kreditmanagement stehen in engem Zusammenhang. Zum einen bestimmt die Finanzpolitik über ihren Einfluss auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und deren Entwicklung wesentliche Parameter des Kapitalmarkts. Manche finanzpolitische Entscheidungen schlagen somit unmittelbar durch auf diejenigen Eckpunkte, an denen sich das Kreditmanagement zu orientieren hat, zum Beispiel Entwicklung des Zinses oder Angebot und Nachfrage auf dem Kapitalmarkt und Geldmarkt. Auf der anderen Seite ist der Staat mit seinem Angebot und seiner Nachfrage ein wichtiger Teilnehmer von Geld- und Kapitalmarkt. Handlungen des Kreditmanagements werden vom Markt somit auch als Indikatoren wahrgenommen, aus denen finanzpolitische Einschätzungen des Staates abgeleitet werden. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 14

Kapitalmarkt Geldmarkt Haushaltskredit Laufzeit Kassenkredit 1 Jahr bis über 50 Jahre 1 Tag bis 1 Jahr Abbildung 4. Abgrenzung Geldmarkt/Kapitalmarkt z. T. auch erst ab zwei Jahren Laufzeit Von unmittelbarer Bedeutung für das Kreditmanagement ist das Rating der großen Ratingagenturen für den jeweiligen Staat. Deren Urteil hängt jedoch in geringstem Maße vom Verhalten des Kreditmanagements am Markt ab. Das Urteil der Agenturen bezieht sich auf die gesamte Volkswirtschaft, deren Wettbewerbsfähigkeit bzw. die gesamte Finanz- und Wirtschaftspolitik des Staates. Auf der auf der anderen Seite spürt das Kreditmanagement über das Urteil der Ratingagenturen und deren unmittelbare Beeinflussung der Zinsentwicklung in besonderem Maße die Folgen jedes finanzpolitischen Handelns des Staates. Auch unter diesem Aspekt ist das Kreditmanagement für den Staat ein Fenster zum Markt - und wenn die Finanzmärkte die ihnen zugedachte Rolle ordnungsgemäß ausfüllen, ist dies zugleich ein Fenster zur finanz- und wirtschaftspolitischen Realität. Stand: 17.Februar 2014 Erstellt von: Gerd Ehlers Seite 15