Qualität: Qual oder gute Wahl? Bausteine für ein erfolgreiches Präventionsprojekt

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Transkript:

Qualität: Qual oder gute Wahl? Bausteine für ein erfolgreiches Präventionsprojekt Anja Meyer In diesem Beitrag geht es um Fragen der Konzeption und Umsetzung von Präventionsaktivitäten. Es geht darum, Akteurinnen und Akteure für das Thema Qualität zu sensibilisieren, zu einer zielorientierten Vorgehensweise zu ermutigen und Wege für die erfolgreiche Durchführung eines Präventionsprojektes aufzuzeigen. Fachkräfte, die in der Gewaltprävention tätig sind, kennzeichnen hohes Engagement, starke Identifikation mit ihrer Arbeit und oftmals maximaler Einsatz. Sie sind motiviert von einem richtigen und wichtigen Ziel: die Gewalt zu reduzieren. Die Frage, ob wir das Richtige machen, stellt sich also nicht. Aber machen wir das, was wir machen, auch richtig? Hinter dieser Frage steht die Frage nach der Qualität der Präventionsarbeit. Begriffe wie Qualitätsorientierung, Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung sind mittlerweile in aller Munde. In Zeiten leerer Kassen steigt der Druck, dass Projekte bestimmten Qualitätsansprüchen Rechnung tragen müssen und wir den Erfolg bzw. die Wirksamkeit präventiver Arbeit nachweisen müssen. Dennoch sind wissenschaftliche Begleitung und Evaluation von Präventionsaktivitäten eher die Ausnahme. Die Gründe hierfür sind vielfältig: (Fremd-)Evaluationen gibt es nicht zum Nulltarif. Eine Evaluation, die die Wirkung von Präventionsprojekten messen bzw. belegen soll, ob denn die präventiven Maßnahmen nachhaltig gewirkt haben, müsste über einen längeren Zeitpunkt erfolgen. Hierfür gibt es selten Gelder und das Budget seitens der Projektträger lässt es meistens nicht zu, eine Fremdevaluation in Auftrag zu geben. 1 Aber: Von einem Projekt, das nicht evaluiert ist, wissen wir nicht, ob es effektiv und nützlich war. Wir wissen nicht: Erziel(t)en wir mit unserem Projekt überhaupt die Wirkung, die wir uns davon erhofft hatten? Somit gilt das, was Isaac Newton sagte: Was wir wissen ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ist ein Ozean. Eine Alternative zur Fremdevaluation ist die Selbstevaluation. Wenn Projektplanerinnen und Projektplaner von Anfang an systematisch vorgehen, das Problem beschreiben, die Ursachen analysieren, die Ziele definieren, Zielgruppen bestimmen und hieraus die erforderlichen Maßnahmen ableiten, dann können sie selbst überprüfen, ob sie die Zielgruppen und Ziele erreicht haben und ob die erwünschten Veränderungen, die vom Präventionsprojekt ausgehen sollten, auch tatsächlich eingetreten sind. 1 Neben den finanziellen Gründen gibt es darüber hinaus auch emotionale: Begriffe wie Qualität und Evaluation sind negativ besetzt. Nicht selten regen sich Vorbehalte und Widerstände. Mit Evaluation verbinden wir oftmals das Gefühl von Kontrolle (Bewertungsdruck), die Besorgnis, eine Überprüfung könnte unangenehme Punkte zutage bringen und damit einhergehend möglicherweise die Angst vor dem Verlust von Fördermitteln oder sogar Projektstellen.

Handwerkzeug für systematisches Vorgehen - Beispiel: Die Beccaria-Standards Inzwischen gibt es verschiedene Handreichungen, die es Praktikerinnen und Praktikern erleichtern sollen, ihre Präventionsarbeit systematisch zu entwickeln, z.b. Eine Arbeitshilfe für die Evaluation der Zentralen Geschäftsstelle Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK), der vom Landespräventionsrat Nordrhein-Westfalen herausgegebene Leitfaden kommunale Kriminalprävention und die Beccaria-Standards 2, die der Landespräventionsrat Niedersachsen entwickelt hat. Sie alle sind praxisnah, bieten eine Orientierungshilfe für die Planung, Durchführung und Überprüfung von Projekten und unterstützen die tägliche Präventionsarbeit. 3 Die Beccaria-Standards beinhalten sieben aufeinander aufbauende Hauptarbeitschritte, die einen Orientierungsrahmen für die Planung, Umsetzung und Überprüfung von Präventionsprojekten bilden: 1. Problembeschreibung 2. Analyse der Entstehungsbedingungen des Problems 3. Festlegung der Präventionsziele, Projektziele und Zielgruppen 4. Festlegung der Maßnahmen für die Zielerreichung 5. Projektkonzeption und Projektdurchführung 6. Überprüfung von Umsetzung und Zielerreichung des Projekts (Evaluation) 7. Schlussfolgerungen und Dokumentationen Nehmen wir an, es wird ein Ausstellungsprojekt zum Thema: Mein Körper gehört mir als Teil einer Kampagne gegen sexuelle Gewalt an Kindern geplant. 1. Schritt: Die Problembeschreibung Immer steht am Beginn eines Projektes eine Problembeschreibung. Der Ist-Zustand bzw. die Ausgangssituation sollte präzise beschrieben werden. Die allgemeine Problembeschreibung könnte hier z. B. lauten: Sexuelle Gewalt betrifft viele Kinder. Jedes vierte Mädchen und jeder 10. Junge wird im Laufe der Kindheit Opfer sexueller Gewalt. Das Problem sollte sodann konkreter benannt werden: Worin besteht genau das Problem? Welche Erscheinungsformen hat es? Hilfreich kann auch die Beantwortung nachfolgenden Fragen sein: 2 3 Die Beccaria-Standards zur Qualitätssicherung kriminalpräventiver Projekte sind beim Landespräventionsrat Niedersachsen zu beziehen. Sie stehen ferner als download unter www.beccaria.de zur Verfügung. Jedes Projekt erfordert natürlich ein individuelles Vorgehen von Fall zu Fall. So müssen die Maßnahmen auf das jeweils bestehende Problem vor Ort, auf die jeweilige Situation, auf die Ziele und Zielgruppen, Rahmenbedingungen etc. zugeschnitten sein.

Was ist der Anlass für das Projekt? Gab es an der Schule / in der Kommune beispielsweise einen konkreten Vorfall? Von wem geht die Projektinitiative aus? Kinderschutzbund, Schule, Jugendhilfe usw.? Wo tritt das Problem auf? Zu welcher Zeit und in welchem Maße? Wer ist von dem Problem direkt oder indirekt betroffen? Welche direkten oder indirekten Auswirkungen hat das Problem? Wie lange existiert das Problem bereits, hat es sich in jüngster Zeit verändert? (Verschärfung, besondere Anlässe)? Grundsätzlich ist es wichtig, in Erfahrung zu bringen, ob an der Lösung des Problems in der Region bereits gearbeitet worden ist, auch im Hinblick späterer Kooperationsmöglichkeiten. Wer arbeitet dazu oder sollte künftig dazu arbeiten? Welche Lösungsansätze (Maßnahmen) wurden dabei gewählt und welche Erfolge oder Misserfolge lassen sich dabei erkennen? 2. Schritt: Die Analyse der Entstehungsbedingungen Erfolgreiche Präventionsarbeit setzt immer das Wissen über die Ursachen, die Entstehung der Problematik voraus in diesem Beispiel kann es dabei um solche Fragen gehen: Was sind die zentralen Ursachenfaktoren für sexuelle Gewalt? Welche theoretischen bzw. wissenschaftlichen Befunde sowie empirische Erkenntnisse gibt es zur Erklärung von sexueller Gewalt? 3. Schritt: Die Festlegung von Präventionszielen, Projektzielen und Zielgruppen Jedes Projekt sollte zwischen allgemeinen Präventionszielen und Projektzielen unterscheiden. Präventionsziele sind dabei immer auf das eigentliche Präventionsanliegen des Projekts gerichtet. Dieses besteht in der Eindämmung von Kriminalität (Verhinderung und / oder Verminderung von Straftaten) sowie in der Stärkung des Sicherheitsgefühls. Das langfristige Präventionsziel bei dem Ausstellungsprojekt ist es, sexuelle Gewalt gegen Kinder zu reduzieren und Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Die Erreichung der Präventionsziele bezieht sich auf die Zielgruppe: Mädchen und Jungen. Projektziele sind hingegen die ummittelbaren Zielsetzungen, die ich durch mein Projekt erreichen will. Bei dem Ausstellungsprojekt könnten die Projektziele folgende sein: Kinder spielerisch und kindgerecht über das Thema sexuelle Gewalt zu informieren und aufzuklären; Selbstbewusstsein, Abwehrstrategien und Handlungskompetenzen der Kinder zu stärken; Eltern, Lehrkräfte über die Erscheinungsformen und Auswirkungen sexueller Gewalt zu informieren; Eltern und Lehrkräften Möglichkeiten aufzuzeigen, wie in der alltäglichen Erziehung präventiv gewirkt werden kann, wie sie mit den Kindern über das Thema sprechen können und sicherer im Umgang mit sexueller Gewalt zu werden;

Eltern und Lehrkräfte zu motivieren, frühzeitig zu beginnen, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken; Eltern und Lehrkräfte über Handlungsmöglichkeiten und Hilfsangebote zu informieren: An wen sie sich in Krisen- oder Notfällen mit Fragen wenden können; Lehrerkräften Anregungen für die Auseinandersetzung im Unterricht an die Hand zu geben. 4. Schritt: Die Festlegung von Maßnahmen für die Zielerreichung Aus den skizzierten Projektzielen leiten sich verschiedene Maßnahmen ab: Ausstellung für Kinder Informationsveranstaltungen für die Eltern Informationsveranstaltungen für die Lehrkräfte, deren Klasse die Ausstellung besuchen Bereits in der Planungsphase ist bei der Wahl der Maßnahmen zu berücksichtigen: Ob sie (in diesem Fall Ausstellung, Informationsveranstaltungen) geeignet sind, um die Zielgruppen (Kinder, Eltern, Lehrer) zu erreichen; wie viele erreicht werden sollen. Anhand welcher Kriterien zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden kann, ob und in welchem Maße die Projektziele und die Zielgruppen erreicht worden sind? Z.B. wie sich der Ausstellungsbesuch auf die Kinder ausgewirkt hat? Haben sie in der Schule und zu Hause über das Thema geredet? Haben die Lehrer durch Schilderungen der Kinder von Gewalterlebnissen erfahren? Anzahl der Kinder, die von Gewalterlebnissen berichteten? Gab es bei Kindern Veränderungen (hinsichtlich Selbstbewusstsein, Abwehrstrategien und Handlungskompetenzen), die nach dem Besuch der Ausstellung (Vorher-Nachher- Vergleich) von den Lehrern und Eltern wahrgenommen worden sind? Anzahl der Kinder, die die Ausstellung besuchten: Wie viele Kinder nahmen an der Ausstellung teil? Wie viele Kinder sollten erreicht werden? Anzahl der Eltern, die die Informationsveranstaltung besuchten?

5. Schritt: Die Projektkonzeption und Projektdurchführung Eine schriftliche Konzeption ist die wesentliche Voraussetzung für die spätere Überprüfung der Maßnahmen. Sie sollten den Projektarbeitsplan mit den einzelnen Arbeitsschritten, Zuständigkeiten und Zeitabläufen darstellen. Es geht dabei im Wesentlichen um folgende Fragen: Sind die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten für die einzelnen Maßnahmen bestimmt? Wer koordiniert die Ausstellungsbesuche? Wer koordiniert die Elterninformationsveranstaltung? Wer bereitet die Rahmenveranstaltungen vor? Welche Fachpersonen stehen zur Verfügung? Von wann bis wann soll das Projekt laufen? Erstreckt es sich über einen längeren Zeitraum? Wann soll was stattfinden, z.b. die Elterninformationsveranstaltung? Wann soll die Lehrerinformationsveranstaltung stattfinden? Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit gibt es? Welche lokalen Partner sollten einbezogen werden? Gibt es Akteurinnen und Akteure aus anderen Institutionen, mit denen es sich anbietet, an einem Strang zu ziehen? Gibt es inhaltsbezogene Vereinbarungen zwischen allen Beteiligten? Z.B. Kinderschutzbund, Schule, Lehrkräfte, Eltern, regionale Partner, Geldgeber usw.. In der Planungsphase muss eine Kalkulation der zeitlichen, personellen, fachlichen, finanziellen und sachlichen Mittel stattfinden. Welche Ressourcen brauche ich für die Realisierung der einzelnen Maßnahmen? Z.B. Anzahl der Fachkräfte, Kostenplan für Ausstellung, Kosten für Personal, Kosten für Materialien, Kosten für Räumlichkeiten, z.b. Raum für die Dauer der Ausstellung, Raum für die Weiterbildung, Informationsveranstaltung. Wenn das Budget nicht ausreicht, stellt sich die Frage, wer das Projekt finanziell unterstützen könnte? Gibt es Fördermittel, öffentliche Gelder, Stiftungen? 6. Schritt: Die Überprüfung von Umsetzung und Zielerreichung des Projekts (= Evaluation) Nach der Durchführung der einzelnen Maßnahmen stellt sich die Frage, ob das Ausstellungsprojekt und die Informationsveranstaltungen erfolgreich waren und die erwünschten Wirkungen eingetreten sind. Dazu müssen Fragen wie die folgenden beantwortet werden können: War das Ausstellungsprojekt geeignet, um die Zielgruppen (Kinder, Eltern, Lehrer) anzusprechen? In welchem Ausmaße sind die Zielgruppen (Kinder, Eltern und Lehrkräfte) erreicht worden? Wie viele Kinder haben an der Ausstellung teilgenommen? Wie viel Eltern besuchten die Informationsveranstaltung? Wie viele Lehrkräfte waren bei der Informationsveranstaltung? Was könnten gegebenenfalls die Gründe dafür sein, dass ich nicht in dem erwünschten Maße die Zielgruppen erreicht habe?

In welchem Ausmaße sind die Ziele erreicht worden? Inwieweit hat sich die Situation in Richtung der erwünschten Projektziele (Vergleich zwischen der Ist- und Soll-Situation) verändert? Hat sich nach der Ausstellung und der Informationsveranstaltung die Sensibilisierung der Zielgruppe für das Thema sexuelle Gewalt an Kindern verändert? Sind Selbstbewusstsein und Handlungskompetenzen der Kinder nach der Ausstellung stärker ausgeprägt als vor dem Besuch? Welche Auswirkungen hatte das Projekt auf die Kinder? Wie reagierten die Kinder auf die Ausstellung? Wie beschreiben die Lehrer die Wirkung auf die Kinder? Reden die Kinder über den Ausstellungsbesuch in der Schule oder zuhause? Wie beschreiben die Eltern die Wirkung auf die Kinder? Wie hilfreich waren die Informationsveranstaltungen für die Eltern? Fühlen sich die Eltern nach der Veranstaltung besser informiert? Hat das Projekt einen Beitrag bei den Eltern zu einem sicheren Umgang mit dem Thema Sexuelle Gewalt geführt? Wie hilfreich waren die Informationsveranstaltungen für die Lehrkräfte? Gibt es einen Wissens- und Sicherheitsgewinn bei den Lehrkräften? Um die Veränderungen zu überprüfen, stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl, z.b.: Eine mündliche Befragung der Kinder von Fachkräften nach Besuch der Ausstellung; eine schriftliche Befragung der Lehrkräfte; Gruppengespräche mit den Eltern oder aber Gruppengespräche mit den Lehrern. Der 7. Schritt: Schlussfolgerungen und Dokumentation des Projekts Das Projekt endet mit der Projektnachbereitung. Zur Nachbereitung gehören: Zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt festzuhalten, Schlussfolgerungen zu ziehen, einen Endbericht zu erstellen und die Projektdokumentation mit den Ergebnissen der Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen. Wertvoll kann es für künftige Projektarbeit sein, die Schwierigkeiten, die bei der Planung und Umsetzung auftraten, ebenso zu benennen wie die positiven Erfahrungen. Welche zentralen Erkenntnisse habe ich gewonnen? Hat sich der Ansatz bewährt, ist er ausbaufähig? Gibt es Schwachstellen? Wenn ja, welche Verbesserungsvorschläge, Handlungsempfehlungen lassen sich ableiten? Welche (Projekt-)Partner oder andere Institutionen könnten von meinen Ergebnissen profitieren? Besteht die Möglichkeit; über die Projektlaufzeit eine Nachhaltigkeit meines Projektes zu gewähren (z.b. durch Integration in bestehende Angebotsstrukturen)? Was passiert z. B nach Auslaufen der Ausstellung? Kann ich die Maßnahmen in der Region verankern? Wenn ja, wie?

Fazit Diese sieben Schritte sollen Denkanstöße geben, um das eigene Handeln fortlaufend auf den Prüfstein zu stellen und zu reflektieren. Auf dem ersten Blick mag manch eine(r) sich erschlagen fühlen und denken: Ganz schön viel zu tun - und ganz schön anspruchsvoll! Gewiss aber dennoch gibt es viele gute Gründe dafür, so systematisch vorzugehen. Ein wichtiger Vorteil ist, dass die Planung, Umsetzung und Überprüfung von Präventionsprojekten künftig einfacher und leichter von der Hand gehen. Systematisches Vorgehen ist ein Aufwand, der sich lohnt, denn er zahlt sich mittel- und langfristig aus: Die Chance, finanzielle Unterstützung für ein Projekt zu erhalten, steigt. Gutachterinnen und Gutachter werden eher eine finanzielle Zuwendung befürworten, wenn das Projekt so konzipiert ist, dass es grundsätzlich evaluierbar ist und sich an Qualitätskriterien orientiert. Qualität sollte nicht zur Qual werden, sondern eine gute Wahl sein! Effektive Präventionsarbeit beruht auf einer Fülle von Gelingensfaktoren : Dazu gehören ein angemessenes Problemverständnis, Offenheit und Selbstkritik, Klarheit über fachliche Zuständigkeiten, Vernetzungskompetenzen, interdisziplinäre Kooperation und Transparenz - und das Wissen darüber, wie Projekte systematisch geplant, durchführt und überprüft werden können. Die Beccaria-Standards sind ein geeignetes Handwerkszeug für eine solche Qualitätsorientierung und Qualitätssicherung. Ihre Anwendung hilft dabei, die finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen zu erkennen und darzustellen, die Gewaltpräventionsarbeit erfordert, um verlässlich und kontinuierlich wirken zu können. Der Aufsatz ist erschienen in: Meyer, Anja (2008): Qualität: Qual oder gute Wahl? Bausteine für ein erfolgreiches Präventionsprojekt. In: Betrifft: Häusliche Gewalt Perspektiven für die Prävention. Hrsg.: Landespräventionsrat Niedersachsen. In Kooperation mit Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Niedersächsisches Ministerium für Inneres, Sport und Integration, Niedersächsisches Justizministerium. Hannover 2008, S. 123ff. Literatur Dölling, D. (2005): Zur Qualität und Evaluation von Kriminalprävention; in: forum kriminalprävention. Zeitschrift der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention, 1. 21-24. Landesrat Nordrhein-Westfalen (Eds.) (2004): Leitfaden kommunale Kriminalprävention. Ein Leitfaden zur Planung, Durchführung und Evaluation kriminalpräventiver Projekte. Erstellt von Dr. Jörg Hupfeld unter Mitwirkung von Dr. Rainer Strobl, arpos Institut e.v., Hannover, in Verbindung mit der Arbeitsgruppe Evaluation des Landessrates Nordrhein-Westfalen unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Bilsky, Münster. Meyer, A. / Schindler, V. / Bässmann,J. / Marks. E. / Linssen, R. (2005): Beccaria-Standards zur Qualitätssicherung kriminalpräventiver Projekte; Hrsg.: Landespräventionsrat Niedersachsen.

Petersen, M. (2006): Vortrag zur Qualität von Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt an Mädchen und Jungen; Hamburger Präventionstag am 03.04.06 Preiser S., Wagner U. (2003): Gewalt und Gewaltvermeidung. Qualitätskriterien für Präventions- und Interventionsprogramme. Psychology report 11/12/, 660-666. Zentrale Geschäftsstelle Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes, ProPK (Hrsg.) (2003): Qualitätssicherung polizeilicher Kriminalpräventionsprojekte. Eine Arbeitshilfe für die Evaluation. Stuttgart