Für eine vielfältige, innovative Kulturstadt Basel Grundsätze und Leitplanken für eine grüne Kulturpolitik



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Transkript:

Grüne Partei BS, August 2010 Für eine vielfältige, innovative Kulturstadt Basel Grundsätze und Leitplanken für eine grüne Kulturpolitik Basel versteht sich als Kulturstadt und besitzt relativ zu seiner Grösse ein äusserst vielfältiges Kulturleben. Die staatlichen Ausgaben für die Kultur gehören absolut und pro Kopf der Bevölkerung im schweizerischen Vergleich zu den höchsten. Der Kanton leistet sich mit fünf grossen Museen, dem Theater Basel und dem Sinfonieorchester zahlreiche teure Kulturinstitutionen und fördert daneben eine Vielzahl von kulturellen Aktivitäten. Für die Grünen ist eine vielfältige Kultur und eine grosszügige staatliche Kulturförderung eine Selbstverständlichkeit. Eine Standortsbestimmung ist im aktuellen politischen Kulturdiskurs trotzdem notwendig. Was für eine Kultur und wieviel staatliche Gelder für welche Kulturinstitutionen sollen es sein? Muss bei der Kultur der Sparhebel angesetzt werden, ausgerechnet jetzt, wo die Stadt wieder wächst, wirtschaftlich floriert und sich Basel als Zentrum einer von drei Metropolitanräumen der Schweiz zu positionieren sucht? Welche Ausgaben für Kultur können oder wollen wir uns leisten? Welche Lücken gibt es aus grüner Sicht in der Basler Kulturpolitik? Lassen sich mit dem verfügbaren Geld die gewachsenen Strukturen in der bisherigen Form erhalten, oder müssen Schwerpunkte anders gesetzt werden? Welcher Spielraum benötigt eine aktive staatliche Kulturpolitik? Dieses Papier geht die anstehenden Fragen an und bringt die Haltung der Grünen Partei Basel-Stadt auf den Punkt. 1. Grundsätzliches: Kultur benötigt Freiheit und Freiräume, sie kostet Geld, wirtschaftlich ist sie ein Standortsfaktor Kunst und Kultur liefern gesellschaftliche Impulse, sie sind das Lebenselixier einer lebendigen, vielfältigen Gemeinschaft. Kultur und Kunst sind eine innovative Kraft. Eine lebendige Kultur lässt die Phantasie an die Macht. Kulturelle Aktivitäten sind nicht nur unterhaltsam, sondern sie schaffen Identitäten, fördern die Verständigung zwischen unterschiedlichen sozialen oder ethnischen Gruppen und dienen dem Generationen übergreifenden Dialog. Grüne Kulturpolitik will kulturelle Aktivitäten und künstlerische Betätigung für möglichst viele Menschen ermöglichen, sei es als Konsumenten oder Produzenten. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass verschiedenste Kulturformen Platz haben und alle an Kunst und Kultur teilhaben können. Wir verteidigen die Freiheit von Kunst und Kultur vor staatlicher, politischer oder ökonomischer Vereinnahmung. Wir wollen eine vielfältige Kulturszene. Wir fördern die künstlerische Freiheit auch jenseits des Mainstreams. Kultur kennt unterschiedliche und gegensätzliche Ausdrucksformen. Die Ermöglichung einer vielfältigen Kultur ist eine öffentliche Aufgabe. Öffentliche oder staatlich geförderte Theater, Museen und Orchester sind die Voraussetzung einer zeitgemässen Kultur. Gleichzeitig tragen Privatinitiative und freie Kulturschaffende massgeblich zur kulturellen Vielfalt bei. Die Bereitstellung von öffentlichen Kulturräumen, Jugendhäusern, Kinos, Ateliers, Proberäumen und Ausstellungsorten ist dafür wiederum Voraussetzung. Staatliche Kulturförderung ist geradezu Mass und Voraussetzung für das Wohlergehen eines Gemeinwesens. 1

Staatliche Kulturförderung muss Voraussetzungen für künstlerisches und kulturelles Engagement sicherstellen. Staatliche Kulturförderung muss dafür besorgt sein, dass Kultur allen zugänglich ist. Wirtschaftlicher Erfolg ist hingegen kein erstrangiges Ziel der Kulturförderung. Die Allmend in den Städten stellt durch Strukturen, durch Plätze, Flussufer, Industrie- und andere Brachen ein vielfältiges Angebot an Kulturräumen zur Verfügung, ohne welche ein lebendiges städtisches Kulturleben nicht möglich wäre. Kultur und das Verdienen von Geld schliessen sich nicht aus. Kultur ist aber nur selten kostendeckend. Museen, Kulturinstitutionen und künstlerische Leistungen von hoher Qualität kommen ohne staatliche und private Fördermittel nicht aus. Umgekehrt stossen private Kulturinitiativen früher oder später auf Grenzen. Kultur ist immer öffentlich. Kulturelle Privatinitiative drängt deshalb früher oder später an die Öffentlichkeit, verlangt nach öffentlichen Raum und Unterstützung. Aus privaten Mäzenen werden Sammler und aus Privatsammlungen rekrutieren sich die grossen Museen dieser Welt. Dies ist auch in Basel nicht anders. Gerade innovative Kulturschaffende leben oft in prekären Arbeitsverhältnissen. Grüne Kulturpolitik will auch für freischaffende Künstlerinnen und Künstler eine angemessene soziale Sicherheit sowie faire steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen. In einer globalisierten Welt ist Kulturpolitik immer mehr auch wirtschaftlich motivierte Standortpolitik von Metropolen und Städten. Ein vielfältiges Kulturangebot zieht die Jugend in die Städte, fördert die Kreativwirtschaft und ist als weicher Standortfaktor für Tourismus, immer mehr aber auch für die übrige Wirtschaft unverzichtbar. Kultur kennt keine Grenzen. Sie verbindet Regionen und Völker und wirkt friedensstiftend. Trotzdem kennt Kultur Unterschiede, verleiht Identitäten, und trennt zwischen Stadt und Land. Kultur ist keine Zentrumsleistung, sondern es ist die vielfältige Kultur, die das Zentrum schafft. 2. Kulturstadt Basel Basel ist stolz auf sein kulturelles Angebot Keine andere europäische Stadt leistet sich derart viel Kultur und besitzt eine vergleichbare Dichte an Museen, Galerien oder hochstehender Architektur, daneben ein Dreispartentheater, eine Musikakademie, eine lebendige Musikszene mit einem grossen und zahlreichen kleineren Orchestern, einer Vielzahl öffentlicher Musik- und Kulturveranstaltungen, an denen unzählige Einwohner aktiv mitgestalten. Anlässlich der Fastnacht verwandelt sich die Stadt in ein Tollhaus und lässt das vergangene Jahr kunstvoll und mit Klamauk Revue passieren. Mit der Kulturwerkstatt Kaserne, dem Jugendkulturfestival oder dem Rockförderverein hat auch die freie Tanz-, Theater- und Musikszene ihren Platz im Basler Kulturleben. Kultur ist selbstverständlicher Teil der Stadt. Als das Kunstmuseum 1967 zwei Picassobilder ankaufen wollte, fand der Millionenkredit für diese damals avantgardistischen Bilder eine Mehrheit bei der Stimmbevölkerung. Dass mit der Art die weltweit wichtigste Kunstmesse in Basel stattfindet, ist also kein Zufall. Das vielfältige Kulturangebot zeugt von Weltoffenheit und Reichtum 2

Es lohnt sich, der Frage nachzugehen, weshalb Kultur und öffentliche Gelder für Kultur gerade in Basel einen derart hohen Stellenwert haben. Dies verdankt die Stadt Basel vor allem zwei Dingen: ihrem weltoffenen Charakter und dem hier geschaffenen Reichtum. Das an der Grenze der Eidgenossenschaft liegende Basel hat früh grosse Denker und innovative Schaffer angezogen. Ausdruck davon ist die Gründung der Universität vor 550 Jahren, das Wirken von Humanisten wie Erasmus von Rotterdam oder der frühe Beginn der Papierfabrikation in Basel. Der Bau von Papiermühlen bewog die besten Drucker nach Basel zu kommen und diese machten die Stadt zu einem Zentrum des damals gerade erfundenen Buchdrucks. An der Grenze der Eidgenossenschaft gelegen, profitierte die Stadt von den umliegenden Ländern. Migranten waren willkommen, umso mehr sie wirtschaftliches Know-How und Geld mitbrachten. Im 17. Jahrhundert kam mit den aus Frankreich geflohenen Hugenotten die Seiden bandproduktion nach Basel und begründete eine wirtschaftliche Prosperität, die bis heute anhält. Öffentliche Kulturausgaben und private Initiative ergänzen sich Es ist also kein Zufall, dass sich Basel jährliche Kulturausgaben von 115 Millionen leistet und die höchsten ProKopf-Ausgaben für Kultur in der Schweiz ausweist. Dabei ist zu bemerken, dass nicht nur Basel, sondern alle grossen Schweizer Städte deutlich höhere Kulturausgaben haben als das umliegende Land. Seit dem Mittelalter ernährt das Land die Stadt, aber der Reichtum akkumulierte in den urbanen Zentren, wo er zum Nährboden von Universitäten, Museen, Theater und andern Kulturaktivitäten wurde. Diese sind historisch gewachsen. Ohne die Zufälligkeiten privater Initiativen, den Sammlungen und Kulturreisen reicher Privatgelehrter und privatem Gönnertum lässt sich die Vielfältigkeit des Basler Kulturlebens nicht verstehen. Der Staat wirkte zuerst subsidiär, garantierte Kontinuität und machte aus privaten Initiativen und den Aktivitäten Einzelner tragfähige Institutionen, die zeitliche Kontinuität und eine hohe Qualität der Kulturinstitutionen zu garantieren vermochten. Das Basler Kulturleben ist in der historischen Rückschau eine gigantische Public-Private-Partnership. Aus grüner Sicht begründet dieser gewachsene Charakter des Basler Kulturlebens aber auch seine Lücken bzw. Mängel. Wir wollen dem freien Kulturschaffen, der Jugendkultur, dem sozialen Charakter von Kultur mehr Raum (und Geld) geben. Die Kultur in Basel braucht mehr Innovation Heute ächzt die Politik unter der Last der angehäuften Kosten und die Innovationskraft der Basler Kulturpolitik ist erst noch wieder herzustellen. Haben die Kulturfreudigen Bürger mit ihren Initiativen und nachfolgenden Subventionsforderungen, die im liberalen Basel lockere Mehrheiten fanden, den Kulturetat überstrapaziert? Zahlreiche Kulturinstitutionen sind chronisch unterfinanziert oder sehen dies mindestens so. Der gescheiterte Neubau des Casinos hinterlässt ein Malaise. Es ertönt der Ruf nach Konzepten und einer Gesamtschau, die vor allem aufzeigen wird, dass mehr Geld verlangt wird als realistischerweise zu geben ist. Gleichzeitig stehen mit dem Erweiterungsbau fürs Kunstmuseum, der längst fälligen Lösung der Raumprobleme des Naturhistorischen Museums grössere Investitionen an. Junge und moderne Kulturprojekte, die im etablierten Konzert der Habenden wenig Raum finden, stellen zu Recht ihren Anspruch am Kulturkuchen. 3

3. Grüne Leitplanken für die basel-städtische Kulturpolitik 1. Basel-Stadt gibt nicht zu viel Geld für Kultur aus. Es wäre falsch, das bestehende vielfältige Kulturleben durch eine rigorose Sparpolitik einzuschränken. Basel würde sich dadurch ins eigene Fleisch schneiden und seinen Ruf als Kulturstadt gefährden. Nicht zuletzt würde eine kulturelle Sparpolitik dem Tourismus- und Wirtschaftsstandort schaden. Aus diesen Gründen lehnen die Grünen eine Plafonierung der Kulturausgaben, wie sie teilweise von bürgerlicher Seite verlangt wird, ab. 2. Die Grünen befürworten, dass die bestehenden wichtigen Kulturinstitutionen der Stadt, namentlich die grossen Museen, das Theater Basel, die Orchester und die Kaserne auch in Zukunft durch staatliche Subventionen in einem Umfang subventioniert werden, der eine hohe künstlerische Qualität ermöglicht und modernen Anforderungen gerecht wird. Eine Provinzialisierung des Basler Kulturlebens lehnen wir ab. Eine chronische Unterfinanzierung der etablierten Institutionen würde ihre Substanz und längerfristig ihre Existenzberechtigung in Frage stellen. In begründeten Fällen schliesst dies ein, dass sich die Grünen für Subventionserhöhungen einsetzen werden. Namentlich befürworten die Grünen den Erweiterungsbau des Kunstmuseums und die dadurch begründete Erhöhung des Betriebskredits für dieses Museum. 3. Gleichzeitig befürworten die Grünen, dass die Möglichkeit von Strukturbereinigungen insbesondere bei den Museen unvoreingenommen geprüft wird. Besitzstand darf nicht oberste Maxime der zukünftigen Kulturpolitik sein. Auch gewachsene Strukturen können ohne Substanzverlust in neue Formen überführt werden. Bestehende Strukturen können neue Aufgaben übernehmen, die bisher im Basler Kulturleben einen zu geringen Platz haben, wie z.b. die Sozial- und Arbeitergeschichte. 4. Von den grossen Kulturinstitutionen ist ein angemessener Anteil an Eigenfinanzierung einzufordern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen dafür verschieden sind. Ein im Vergleich mit ähnlichen Institutionen geringerer Anteil an Eigenfinanzierung muss begründet werden können und kann nicht nur mit althergebrachtem Besitzstand gerechtfertigt werden. 5. Die Grünen befürworten, dass im Kulturbereich das Instrument von Public-Private- Partnership vermehrt eingesetzt wird. Dabei ist zu prüfen, welche zeitgemässe Ausgestaltung dieses Instrument den angemessenen Ausgleich von privaten und öffentlichen Interessen gewährleistet. Der historische Rückblick lehrt, dass das reiche Kulturleben der Stadt ohne privates Engagement und privaten Reichtum in dieser Form nicht existieren würde. Reichtum verpflichtet. Der zukünftige Handlungsspielraum der öffentlichen Hand darf aber durch PPP nicht übermässig eingeschränkt werden. Wir wollen eine vielfältige Kultur, aber auch eine Kultur für alle. 6. Zwischen den grossen etablierten Kulturinstitutionen mit hohen Besucherzahlen und der Subventionierung kleineren Institutionen und Aktivitäten im Bereich der freien Kulturszene besteht heute ein zu grosses finanzielles Ungleichgewicht. Die Grünen setzen sich besonders für Kulturaktivitäten ein, die allen zugänglich sind, insbesondere für Jugendkultur, kulturelle Freiräume insbesondere auch für Migrantinnen und Migranten, für unkonventionelle Aktivitäten ausserhalb des kulturellen Mainstreams. 4

7. Eine lebendige städtische Kultur lebt nicht vom Geld allein, sondern ebenso von den zur Verfügung stehenden Räumen und Freiräumen. Die Grünen fordern, dass die seit langem versprochenen Proberäume für Musik, Tanz und Theater realisiert werden. Das Angebot an für Kulturaktivitäten zur Verfügung stehenden Räumen muss verbessert werden. Wir befürworten eine Öffnung der Kaserne zum Rhein und eine Gesamtentwicklung des Kasernenareals im Sinne des Heller schen entstoh lo. Das Potential des Kasernenareals als städtische Allmend ist heute unausgeschöpft genauso wie die Möglichkeiten des Rheinufers für Kultur- und Gastroaktivitäten. Für eine vielfältige Kultur ist eine Flexibilisierung der Gastrozeiten in ausgewählten Stadträumen und mehr zur Verfügung stehende Allmend unumgänglich. 8. Die Nutzung der Allmend für Kultur ist heute durch vielfältige Vorschriften zu eingeschränkt und beschränkt. In Basel spielt sich Kultur auch am Rheinufer, auf den Plätzen und in den Strassen ab. Mehrere Festivals nutzen im Sommer den öffentlichen Raum. Das Rheinbord wird oft von kunterbunten Festen bevölkert und als Erholungsraum von jung und alt genutzt. Für diese Nutzungen ist die Gastronomie von grosser Bedeutung, nicht zuletzt dadurch dass sie den Raum strukturiert und Möglichkeiten eröffnet. Ohne Gastronomie bleibt öffentlicher Raum unternutzt, kann aber auch zum Ärgernis werden, wenn sich Nutzungen unkontrolliert ausbreiten. Deshalb sind mehr Gastrobetriebe und flexibilisierte Gastronomiezeiten wichtige Voraussetzungen für eine lebendige Kulturstadt mit weniger Littering und Scherben. 9. Zahlreiche Kulturangebote in der Stadt werden von Besucherinnen und Besuchern aus der ganzen Region und weit darüber hinaus genutzt. Die Agglomeration, die vom städtischen Kulturangebot profitiert, ist deutlich grösser als der Stadtkanton Basel. In der Region ist die ungleiche regionale Verteilung der finanziellen Kosten besonders krass. Deshalb ist die Partnerschaft im Kulturbereich mit den umliegenden Kantonen weiter auszubauen. Das Theater Basel sollte zum regionalen Theater werden, das gemeinsam mit umliegenden Gemeinwesen getragen wird. Neben andern Kantonen der NWCH ist der Jura wichtiger Partner, der das Kulturleben bereichern kann. Es gilt aber auch zu respektieren, dass mit zunehmendem Abstand von der Stadt, die kulturellen Bedürfnisse und Identitäten anders gelagert sind. Deshalb ist es richtig, wenn Basel für die Kulturförderung auch neue Partner im (trinationalen) Umland zu gewinnen sucht. Verabschiedet vom Vorstand der Grünen BS 17. August 2010 5