Einstiegsfragen zu TOP 2

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in der Anlage übersende ich euch meine Antworten auf eure rentenpolitischen Fragen.

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Transkript:

Einstiegsfragen zu TOP 2 Frage 1: Stichwort Altersarmut erst Ende Juni kam eine Studie der Bertelsmann- Stiftung in die Öffentlichkeit, die die Altersarmut zu dem Problem der Zukunft hochstilisiert. Was halten Sie von dieser Darstellung? Glauben Sie, dass mit diesem Thema die Bundestagswahl gewonnen oder eben verloren wird? Erst einmal möchte ich vor einer Dramatisierung der Situation warnen: Ja, wir haben Menschen, deren Rente nicht zum Leben reicht, aber das sind nicht mehr als in der Gesamtbevölkerung. Aber es stimmt: das Gefühl in der Bevölkerung ist ein anderes sogar ein junger Vertreter der Schüler-Union, den ich neulich auf einer Diskussion getroffen habe, formulierte seine Sorgen - mit 13 Jahren! Außerdem warne ich davor, unser Rentensystem kaputt zu reden die Rentenversicherung meistert ihre Aufgaben nun seit 125 Jahren bravourös, wozu die Selbstverwaltung, in der wir als zweitstärkste Arbeitnehmergruppe mitwirken, ihren Beitrag leistet. Allerdings brauchen wir hier eine Weiterentwicklung, um den veränderten Rahmenbedingungen wirklich gerecht werden zu können. Um zudem bereits im Vorfeld die Diskussion um die Zahlen abzuschließen, bevor sie begonnen hat: Bertelsmann-Studie wie Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung Lebenslagen in Deutschland gehen von aktuell 16% Menschen über 67 Jahren aus, die armutsgefährdet (<956 ) sind. Der häufig zitierte Anteil von 3,1%, die Grundsicherung im Alter (409 zzgl. Wohngeld) beziehen, sind diejenigen, die einen Antrag gestellt und nachgewiesen haben, dass sie über keine ausreichenden weiteren Einkünfte verfügen aber auch das sind knapp eine halbe Million Menschen.

Frage 2: Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, um unser System der Alterssicherung zukunftsfest zu machen bzw. was muss sich ändern, damit Menschen im Alter ausreichend abgesichert sind? Bereits vor 20 Jahren hat das Sozialwort der Kirchen in diesem Zusammenhang formuliert: Die Wiederherstellung des Vertrauens in die Rentenversicherung ist von großer Dringlichkeit. Ich denke, diese Aussage ist bis auf den heutigen Tag gültig. Ich denke, dann ist es angezeigt, einmal auf die verschiedenen Situationen einzugehen, die zu Bedürftigkeit im Alter führen können. Die Höhe der Rente ist immer das Produkt aus Dauer und Einkommenshöhe der ehemaligen Beschäftigung aktuell liegt das Problem meist noch bei zu kurzen Beitragsleistungen mittelfristig wird sich jedoch auch die (unzureichende) Verdiensthöhe negativ auswirken. Wir brauchen tragfähige Lösungen in erster Linie für Frauen, denn Altersarmut ist weiblich! Die Forschung spricht zugespitzt von familienorientierten Frauen, die rentenrechtlich weiterhin im Hintertreffen sind, weil deren Lebensleistung nicht angemessen berücksichtigt wird. In der Regel ist deren Lebensplan, dem Mann den Rücken frei zu halten, zerschlagen worden. Entweder ist die Ehe gescheitert ist mit der Folge von Zeiten der Alleinerziehung oder sie haben den Ehemann bei schwerer Krankheit erst gepflegt und blieben anschließend allein zurück. In beiden Fällen konnte weder eine eigenständige Rente aufgebaut noch die abgeleitete entsprechend ausgestattet werden. Wir müssen auch die Situation der ehemaligen Selbstständigen lösen, die sich im Laufe ihres Berufslebens selbstständig gemacht haben, was aber nicht durchgetragen hat. Sie durchlaufen sehr häufig das Drei-Phasen-Modell der gescheiterten Selbstständigkeit am Ende gehen die für das Alter angesparten Gelder für die Privatinsolvenz drauf. Und natürlich brauchen wir Lösungen für all die prekär Beschäftigten, auch wenn diese sich aktuell in der Grundsicherung im Alter noch nicht niederschlägt. Klar ist aber schon jetzt, dass ein Bezieher eines Mindestlohns über 50 Jahre arbeiten muss, um dann eine Rente in Höhe der Grundsicherung im Alter zu bekommen. Überflüssig zu erwähnen, dass ein ein Arbeitsleben lang ausschließlich geringfügig Beschäftigter dieses Ziel niemals erreichen wird er bräuchte 187 Beitragsjahre. Wir setzen auf eine Sockelrente als Basis, um alle Rentnerinnen und Rentner dem Grunde nach abzusichern Betroffene ohne weitere Erwerbsjahre müssen leider weiter Grundsicherung im Alter beziehen aktuell verfügen 24% der Grundsicherungsempfänger im Alter über keinerlei Rentenanwartschaften.

Frage 3: KAB: Herr Ziegler, unser Rentensystem ist auf das Äquivalenzprinzip aufgebaut, mit Ihrer Sockelrente konterkarieren Sie dieses Prinzip, weil jeder und jede eine Sockelrente erhält, oder? Zunächst: Nein, der Bezug der Sockelrente ist ebenso wie der Rentenbezug gekoppelt an eine Wartezeit diese liegt in der Rentenversicherung bei fünf Jahren. Das ist im Übrigen bereits ein wesentlicher Unterschied des deutschen zum österreichischen System dort haben Sie 15 Jahre Wartezeit, bereits dadurch gibt es im Ergebnis höhere Renten in unserem Nachbarland. Dann: Das ist eine sehr gute Frage, weist sie doch darauf hin, dass unsere Rentenversicherung nach dem Umlageverfahren funktioniert und eben lediglich ein Instrument zur Verteilung von Geld zwischen den Generationen ist. Jeder und jede führt leider nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze einen bestimmten Anteil seines Einkommens an das System ab, das es dann abhängig von Beitragsdauer und höhe an die Rentenbezieher weitergibt. In diesem Zusammenhang von leeren Kassen zu reden, zeugt von vollkommener Unkenntnis der Systematik. Äquivalenz bedeutet eben gerade, dass es einen festen Zusammenhang zwischen Ein- und Auszahlung gibt solidarischer Austausch ist da nicht vorgesehen! Dies ist aber in einer sich wandelnden Arbeitswelt dringend geboten weder die lebenslange sozialversicherungspflichtige Beschäftigung noch Adenauers Kinder bekommen die Leute immer hat heute noch seine Berechtigung. Auf beides ist das System aber aufgebaut. Die aktuellen Anpassungen im Bereich des Rentenniveaus haben dazu geführt, dass immer länger eingezahlt werden muss, um am Ende noch eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu erhalten. Dagegen wirkt unsere Sockelrente sie halbiert die Beitragszeit, weil jede und jeder unabhängig von der individuellen Erwerbsbiografie einen tragfähigen Sockel erhält.

Thesen/Fragen zu TOP 4 These 1: Das aktuelle Rentensystem benachteiligt Frauen. Die Lebensleistung von Frauen, die häufig von Care-Arbeit im privaten Bereich geprägt ist, wird in unserem Rentensystem nicht angemessen berücksichtigt. Woher kommen die stark unterschiedlichen Rentenhöhen und welche Lösungen sehen Sie für diese Herausforderung? Nochmal: Das Rentensystem bildet die vormalige Erwerbstätigkeit ab aktuell finden sich zahlreiche so benannte familienorientierte Frauen in der Grundsicherung. Und nur von denen spreche ich jetzt! Sie haben es nicht geschafft, ausreichend eigene Rentenanwartschaften aufzubauen. Stattdessen setzten sie auf das klassische Haupt- bzw. Alleinerziehermodell, das in dieser Generation Standard war. Auch in meiner Herkunftsfamilie war das an der Tagesordnung. Forscher sagen dazu: Die finanzielle Abhängigkeit vom Mann bildet oftmals die Vorstufe der Grundsicherungsbedürftigkeit im Alter. Bei allen Betroffenen ist dieses Lebensmodell gescheitert. Entweder weil die Ehe oder weil die Gesundheit des Partners nicht gehalten hat 50% der in Grundsicherung befindlichen Frauen sind geschieden; 2/3 weisen familienbedingte Erwerbsunterbrechungen von im Schnitt 18 Jahren auf. Unser Rentensystem honoriert allein Erwerbsarbeit bzw. mit Beiträgen belegte Arbeit, Sorgearbeit im Bereich der nächsten oder der vorherigen Generation spielt hier keine Rolle, daher brauchen wir so unsere Forderung eine Ausdehnung der Anerkennung von Pflegeleistungen wie von Kindererziehungszeiten auf dann sechs Jahre Mütterrente erweitern Zudem setzen wir auf eine stärkere Anerkennung der gemeinsam geleisteten Erträge in der Rentenversicherung durch die Einführung eines generellen Ehegatten-Rentensplitting mit der Aufteilung der Entgeltpunkte von Anfang an.

These 2: Rentner werden von der gesellschaftlichen Entwicklung abgehängt. Die Durchschnittshöhen von Löhnen und Renten entwickeln sich immer stärker auseinander Ausdruck dafür ist das Rentenniveau. Dieses bewegt sich aufgrund politischer Entscheidungen immer weiter nach unten. Was sagen Sie zu dieser Entwicklung und welche Vorschläge haben Sie, um hier einen Umkehrschub herzustellen? Ein Satz zum Rentenniveau: Der Begriff ist eigentlich falsch, denn es geht nur um das statistische Verhältnis von Durchschnittslohn zu Durchschnittsrente. Das Rentenniveau hat überhaupt nichts mit individuellen Rentenhöhen zu tun! Aber es stimmt: Der Nachhaltigkeitsfaktor senkt das Rentenniveau bis 2045 alljährlich um einen halben Prozentpunkt, was dazu führt, dass sich Löhne und der Renten kontinuierlich auseinanderentwickeln. Seit 2000 sind die Löhne um insgesamt 26%, die Renten aber nur um 14% gestiegen. Auch wenn dies aufgrund der darunter liegenden Inflationsrate immer noch ein realer Zuwachs war, werden die Rentnerinnen und Rentner von der allgemeinen Entwicklung abgehängt. Außerdem führt diese Absenkung des Rentenniveaus dazu, dass Menschen immer länger arbeiten müssen, um am Ende eine Rente auf Höhe der Grundsicherung zu erhalten. Mit unserer Sockelrente geben wir der zukünftigen Alterssicherung ein tragfähiges Fundament. Dadurch wird das Grundsicherungsniveau für den so genannten Eckrentner eben nicht erst nach 28, sondern bereits nach 16 Jahren Beitragszahlung erreicht. Dadurch sind die Auswirkungen auf den einzelnen Rentner nicht mehr so schwerwiegend. Der Standardrentner kommt dann bereits nach 40 Jahren auf eine Durchschnittsrente von 1331, aktuell würde er 1370 nach 45 Jahren erhalten.

These3: Prekäre Arbeit führt zur Altersarmut Wer schon in der Erwerbsarbeit auf Unterstützung vom Staat angewiesen ist, bleibt das auch im Alter. Die Zunahme der prekären Arbeit führt zu geringen Rentenanwartschaften, die nicht reichen, um über das Grundsicherungsniveau zu kommen. In Zeiten von Arbeit 4.0 droht sich dieses Problem zu verschärfen. Welche Antworten haben Sie auf die wachsende Herausforderung der prekären Arbeit? Aktuell ist das Kriterium prekäre Arbeit noch kein Grund für den Bezug von Grundsicherung im Alter gleichwohl ist die Rentenhöhe stets das Produkt aus Dauer der Beitragszahlung und Höhe des sozialversicherungspflichtigen Einkommens. Daher kann man bereits heute ausrechnen, dass ein Mindestlohnbezieher nach 40 Jahren Erwerbsarbeit auf lediglich 600 Altersrente kommen wird und der ist noch nicht einmal prekär beschäftigt. Eine in Teilzeit Beschäftigte mit 1000 Monatslohn sieht einer Rente von 400 entgegen. Oder anders herum: ein ausschließlich geringfügig Beschäftigter hat keine Chance, jemals eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu kommen. Intensiver beschäftigt hat sich die Forschung bereits mit den ehemaligen Selbstständigen, zumeist fallen diese unter die Kategorie Solo-Selbstständige. Aufgrund der fehlenden Versicherungspflicht sind diese sehr häufig auf die Grundsicherung im Alter angewiesen, wenn deren Selbstständigkeit scheitert. Sie haben sich zumeist nach einer durchschnittlich zehnjährigen abhängigen Beschäftigung in die Selbstständigkeit begeben, sind aber gescheitert und kamen im regulären Arbeitsmarkt nicht mehr unter. Private Altersvorsorgebemühungen fielen der Insolvenz zum Opfer. Es steht zu vermuten, dass die Heerscharen an Freelancern, Crowd- und Clickworkern, die mit der Arbeit 4.0 in den Arbeitsmarkt eintreten, auf ähnliche Zukunftsschicksale blicken werden. Daher ist hier eine Form der Versicherungspflicht unabdingbar. Im Übrigen hilft gerade auch diesen prekär Beschäftigten unsere Sockelrente, weil sie ein Stück weit Unabhängigkeit von der Erwerbsbiografie schafft weder Beitragsdauer noch höhe spielen hier eine Rolle. Aber auch die Weiterentwicklung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung hilft gerade den prekären Selbstständigen, da dann auch für sie eine Versicherungspflicht besteht, von der sie in der Rentenphase profitieren.

These 4: Die Rente reicht nicht zur Sicherung des Lebensstandards Die Zahlbeträge für Neurentner und rentnerinnen ist seit dem Jahr 2000 kaum mehr gestiegen. Gleichzeitig ist der Beitragssatz zwischen 2005 und 2016 um rund 4% gesunken. Das Problem ist also nicht nur die Altersarmut, sondern die unzureichende gesetzliche Rente. Wie werden Sie dieses Problem lösen? Damit sind wir bei der Verantwortung der Politik für das sinkende Vertrauen in die gesetzliche Rente. In den letzten zwanzig Jahren wurde der Rentenversicherung auch durch vorzeitige Beitragssatzsenkungen insgesamt 157 Mrd. entzogen. Das liegt daran, dass es die Regelung gibt, dass der Beitragssatz sinken muss, wenn eine bestimmte Summe in der Rücklage liegt. Erst 2015 wurde der Beitragssatz wieder gesenkt, obwohl es bereits damals eine politische Debatte über Altersarmut gab. Seit 2010 ist zudem der Bundeszuschuss an die DRV um insgesamt 30 Mrd. zurückgefahren worden das war neben die fehlenden Refinanzierung der Mütterrente vor allem die Streichung der RV-Beiträge für Bezieher von ALG II. Zur Erinnerung: 30 Mrd. entsprechen einer Belastung von 3 Prozentpunkten Zum Beitragssatz: Seit 1999 ist der Beitragssatz sogar um 8 Prozentpunkte gesunken vorgeblich, weil davon Arbeitgeber und nehmer in gleicher Weise profitieren. Dazu passt eine Umfrage im Auftrag der Gewerkschaften, die ergeben hat, dass fast ¾ (72%) der jüngeren Beschäftigten bereit wäre, einen höheren paritätischen Beitragssatz zu bezahlen, um damit das aktuelle System zu stützen. Das Zusammenspiel von Sockelrente und Erwerbstätigenversicherung wird dazu führen, dass der bereits häufiger erwähnte Eckrentner dann nach 40 Jahren eine Rente von 1331 erhalten würde gerade die Grundabsicherung durch die Sockelrente in Höhe von 515 sorgt dafür, dass viele der aktuellen Bezieher von Grundsicherung im Alter wesentlich besser gestellt sein werden deren durchschnittliche Altersrente liegt aktuell bei 380, ein Drittel hat sogar nur Anspruch auf bis zu 300. Deswegen löst gerade der Sockel das Problem der (zu) niedrigen Altersrente spürbar

Ausstiegsfrage: Aktuell steht das gesetzliche Rentensystem noch nicht am Abgrund: halten Sie es für zielführender, das aktuelle System nach und nach zu verändern, wie wir das gerade erleben oder sollten wir das System nicht lieber auf neue Füße stellen, weil wesentliche Prämissen des Rentensystems wie lebenslanger Vollzeiterwerb oder demografische Konstanz - nicht mehr tragen? Auch bei uns im Verband wird heftig darüber gestritten, ob wir das bestehende System weiterentwickeln oder es vollkommen neu aufbauen. Ich meine: Durch die Sockelrente innerhalb des Systems mit dem Rechtsanspruch aufgrund der Beitragszahlung anstelle des Steuerzuschusses verbleiben wir in wesentlichen Punkten im System, auch wenn wir Erwerbstätigkeit und Beitragszahlung spürbar entkoppeln. Das solidarische Alterssicherungssystem der KAB ist deutlich weniger dem Äquivalenzprinzip verpflichtet. Wir brauchen aber eine Weiterentwicklung innerhalb des Systems, um den Menschen im Alter in Würde zu begegnen - eine Bedürftigkeitsprüfung widerspricht dieser Forderung eklatant. Verabschiedung und Dank