34 Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit in endlich-dimensionalen

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Transkript:

34 Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit in endlich-dimensionalen R-Vektorräumen 34.1 Äquivalenz von Normen 34.3 Stetigkeit und Normen linearer Abbildungen 34.4 Äquivalente Normen sind gegeneinander abschätzbar 34.6 Äquivalenz von Normen für endlich-dimensionale R-Vektorräume 34.7 Cauchy-Folgen und Vollständigkeit 34.9 Endlich-dimensionale R-Vektorräume sind Banach-Räume 34.10 Satz von Bolzano-Weierstraß für endlich-dimensionale R-Vektorräume 34.11 Satz von Heine-Borel für endlich-dimensionale R-Vektorräume 34.12 Auf endlich-dimensionalen R-Vektorräumen definierte lineare Abbildungen sind stetig 34.15 Stetigkeit für R m -wertige Abbildungen ist Stetigkeit der m-koordinatenabbildungen Es bezeichne (V, ) in diesem Paragraphen immer einen normierten Raum. Grenzwerte von Folgen sind daher, sofern sie existieren, eindeutig bestimmt. Als Beispiele für normierte Räume haben wir in 33.2 33.4 betrachtet: (1) R n mit den p-normen für 1 p < und der Maximumsnorm. (2) B(D) mit der Norm D (= ). (3) C[a, b] mit den Integralnormen p für 1 p < und der Norm. Ist eine Norm in V, so liefert nach 33.7 die Festsetzung d (v, w) := v w für v, w V eine Metrik für V. Die Metrik d führte zur kanonischen Topologie T (d ) (siehe 33.13). Da diese Topologie durch eindeutig bestimmt ist, wird sie auch kürzer mit T ( ) bezeichnet. Welche Norm soll man insbesondere in R n wählen? Schauen wir uns die Definitionen der Konvergenz von Folgen (siehe 33.21(iii)), der Kompaktheit und der Folgenkompaktheit an, so erkennen wir, daß diese Begriffe nur von T ( ) abhängen. Dies bedeutet z.b.: Sind 1 und 2 zwei Normen von V mit T ( 1 ) = T ( 2 ), so gilt: (1) Eine Folge (v n ) in V ist bzgl. 1 genau dann konvergent gegen v, wenn (v n ) bzgl. 2 konvergent gegen V ist. (2) K V ist in (V, 1 ) kompakt bzw. folgenkompakt, wenn K in (V, 2 ) kompakt bzw. folgenkompakt ist. C 1 [34] 1

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume Allgemeiner liefern zwei Normen 1 und 2 für topologische Fragen dieselben Antworten, wenn T ( 1 ) = T ( 2 ) ist. Dabei sind topologische Fragen solche, die sich alleine mit Hilfe der offenen Mengen formulieren lassen. 34.1 Äquivalenz von Normen Seien 1 und 2 zwei Normen für den R-Vektorraum V. Dann heißen 1 und 2 äquivalent, wenn gilt: T ( 1 ) = T ( 2 ). Schreibt man 1 2, wenn 1 und 2 zwei äquivalente Normen für V sind, so ist eine Äquivalenzrelation; d.h. für beliebige Normen 1, 2 und 3 von V gilt: 1 1 ; 1 2 2 1 ; ( 1 2 ) ( 2 3 ) 1 3. Beweis. Es gilt T ( 1 ) = T ( 1 ), d.h. 1 1. 1 2 T ( 1 ) = T ( 2 ) T ( 2 ) = T ( 1 ) 2 1. ( 1 2 ) ( 2 3 ) (T ( 1 ) = T ( 2 ) T ( 2 ) = T ( 3 )) T ( 1 ) = T ( 3 ) 1 3. Um den folgenden Satz 34.2 zu beweisen, muß man sich nur davon überzeugen, daß alle angegebenen Begriffe nur von der von der Norm erzeugten Topologie abhängen und daher für äquivalente Normen identisch sind. 34.2 Begriffe, die nur von der Topologie des normierten Raumes abhängen Seien 1 und 2 zwei äquivalente Normen des R-Vektorraumes V. Dann stimmen nach Definition die offenen Mengen bzgl. 1 und 2 überein, und für eine Teilmenge M von V, sowie eine Folge (v n ) von V gilt: (i) M ist abgeschlossen bzgl. 1 M ist abgeschlossen bzgl. 2 ; (ii) M ist kompakt bzgl. 1 M ist kompakt bzgl. 2 ; (iii) M ist folgenkompakt bzgl. 1 M ist folgenkompakt bzgl. 2 ; (iv) (v n ) konvergiert gegen v bzgl. 1 (v n ) konvergiert gegen v bzgl. 2. Seien 1 und 2 zwei äquivalente Normen eines weiteren R-Vektorraumes W. Es seien D V und f : D W. Dann gilt (v) f ist stetig in p 0 bzgl. 1 und 1 f ist stetig in p 0 bzgl. 2 und 2. [34] 2 C 1

Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit Obige Aussagen sind auch richtig für Pseudometriken d 1 und d 2 mit T (d 1 ) = T (d 2 ), wenn man im Satz überall 1 durch d 1 und 2 durch d 2 ersetzt. Wir hatten im Anschluß an 33.24 gesehen, daß es Pseudometriken d 1, d 2 mit T (d 1 ) = T (d 2 ) gibt und Mengen, die bzgl. d 1, aber nicht bzgl. d 2 beschränkt sind. Aus dem Satz 34.4 wird sich ergeben, daß ähnliches für äquivalente Normen 1 und 2, also bei Normen mit T ( 1 ) = T ( 2 ), nicht eintreten kann. Ist eine Menge bzgl. 1 beschränkt, so auch bzgl. der äquivalenten Norm 2. Ähnliches gilt auch für die gleichmäßige Stetigkeit und eine Reihe weiterer Begriffe. Ist V = {0}, so gibt es offenbar nur die einzige Norm 0 = 0 und je zwei Normen sind daher trivialerweise äquivalent. Daher kann im folgenden in der Regel V {0} vorausgesetzt werden. 34.3 Stetigkeit und Norm linearer Abbildungen Es seien (V, ) und (W, ) zwei normierte Räume mit V {0}. Für eine R-lineare Abbildung A : V W sind äquivalent (i) (ii) (iii) (iv) (v) A ist im Nullpunkt stetig; A ist stetig; A ist gleichmäßig stetig; A ist Lipschitz-stetig; { Av : v 1} ist beschränkt. Erfüllt A eine der fünf Bedingungen, so ist für das in 33.40 für Lipschitzstetige A eingeführte A : A = sup{ Av : v 1} = sup{ Av : v = 1}. Insbesondere ist Av A v. Bezeichnet L c (V, W ) die Gesamtheit aller stetigen (c=continuous) R-linearen Abbildungen, so liefert das von und abhängende A eine Norm für den R-Vektorraum L c (V, W ). Beweis. Wir zeigen (v) (iv) (iii) (ii) (i) (v). Es gilt (iv) (iii) (ii) nach Satz 33.40(i). Da (ii) (i) nach Definition folgt, bleibt zu zeigen (v) (iv) und (i) (v). (v) (iv) Seien p, q V und o.b.d.a. p q. Dann gilt wegen p q > 0 und der Linearität von A (1) A(p) A(q) 1 = p q A( p q (p q)) p q sup { A(v) : v = 1}. }{{}, da V {0} : v 1} endlich ist, folgt die Lip- Da nach Voraussetzung sup{ A(v) schitz-stetigkeit von A. C 1 [34] 3

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume (i) (v) Wäre die in (v) angegebene Menge nicht beschränkt, so gäbe es p n V mit p n 1 und A(p n ) n. Für v n := n 1 p n gilt v n = n 1 p n 0, aber A(v n ) = n 1 A(p n) 1. Also konvergiert v n gegen 0, aber A(v n ) nicht gegen 0 = A(0), d.h. A ist nicht in 0 stetig. Damit ist die Äquivalenz von (i) bis (v) beweisen. Nach Definition von A in 33.40 gilt wegen (1) (2) A sup{ A(v) : v = 1}. Nun gilt für v V mit v 1 (3) A A v 0 A(v) A(0) = Av. 33.40(ii) Aus (2) und (3) folgt daher A sup{ Av : v = 1} sup{ Av : v 1} A, (2) (3) also die Aussage über A. p := v, q := 0. Av A v folgt daher z.b. aus (1) mit Es ist Hom R (V, W ) ein Untervektorraum von Abb(V, W ) (siehe 13.4 Lineare Algebra (I)). Da L c (V, W ) aus den stetigen Abbildungen von Hom R (V, W ) besteht, und eine Linearkombination von stetigen Abbildungen wieder stetig ist (siehe 33.36(i), (iii)), ist L c (V, W ) ein Untervektorraum von Hom R (V, W ), also ein R-Vektorraum. Wir zeigen nun: liefert eine Norm für L c (V, W ). L c (V, W ) A A [0, [ Es ist für A L c (V, W ): A = 0 Av = 0 für v 1 Für α R gilt: Av = 0 für v 1 A homogen Av = 0 für v V A = 0. α A = sup{ (αa)v : v 1} = sup{ a Av : v 1} = a sup{ Av : v 1} = α A. Sind A, B L c (V, W ) so gilt: A + B = sup{ (A + B)v : v 1} sup{ Av + Bv : v 1} sup{ Av : v 1} + sup{ Bv : v 1} = A + B. 34.4 Äquivalente Normen sind gegeneinander abschätzbar Seien 1 und 2 zwei Normen für den R-Vektorraum V. Dann gilt: 1 ist äquivalent zu 2 c 1, c 2 R + mit ( v 2 c 1 v 1 v 1 c 2 v 2 für alle v V ). [34] 4 C 1

Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit Beweis. Sei o.b.d.a. V {0}. Die Abbildung I(v) = v für v V, d.h. die identische Abbildung von V in sich, ist bzgl. (V, 2 ) und (V, 1 ) stetig, wegen T ( 1 ) = T ( 2 ). Da I auch R-linear ist, erhält man nach 34.3 mit c 2 := I R +, Entsprechend folgt v 2 c 1 v 1. v 1 = Iv 1 I v 2 = c 2 v 2. Zum Nachweis von T ( 1) = T ( 2 ) reicht es zu zeigen, daß die zugehörigen abgeschlossenen Mengen übereinstimmen. Nach der Charakterisierung von abgeschlossenen Mengen in pseudometrischen Räumen (siehe hierzu 33.26(i)) bleibt hierzu zu zeigen, daß für jede Folge (v n ) n N in V und jedes v V gilt: v n v 1 0 v n v 2 0. Dieses folgt, da nach Voraussetzung gilt: v n v 1 c 2 v n v 2, v n v 2 c 1 v n v 1. Wir wollen im folgenden zeigen, daß in einem endlich-dimensionalen R-Vektorraum je zwei Normen äquivalent sind. Der folgende Satz dient sowohl als Vorbereitung hierfür, als auch als Hilfsmittel für den Satz von Bolzano-Weierstraß für endlich-dimensionale R-Vektorräume. 34.5 Eine Maximumsnorm für endlich-dimensionale R-Vektorräume; Charakterisierung der Folgenkonvergenz Sei V ein n-dimensionaler R-Vektorraum mit n N. Sei (v 1,..., v n ) eine Basis von V. Für v = n i=1 α iv i setze Dann gilt: (i) v := max n i=1 α i. (V, ) ist ein normierter Raum. Sei (p k ) k m eine Folge inv, p V. Seien α ki, α i R mit p k = n i=1 α kiv i, p = n i=1 α iv i. Dann gilt: (ii) p k p bzgl. α ki α i für i = 1,..., n. k k (iii) (p k ) k m ist eine beschränkte Folge bzgl. (α ki ) k m sind beschränkte Folgen in R für i = 1,..., n. (iv) Jede bzgl. beschränkte Folge besitzt eine bzgl. konvergente Teilfolge. Beweis. (i) Da (v 1,..., v n ) linear unabhängig sind, ist die Definition von v eindeutig. Da (v 1,..., v n ) ein Erzeugendensystem ist, ist v auch für jedes v V definiert. Die Rechenregeln für eine Norm folgen unter Benutzung der Basiseigenschaft von (v 1,..., v n ) v = 0 max n i=1 α i = 0 α 1 =... = α n = 0 v = 0. C 1 [34] 5

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume αv = max n i=1 α α i = α max n i=1 α i = α v. Ist w = n i=1 β iv i, so gilt wegen v + w = n i=1 (α i + β i )v i v + w = max n i=1 α i + β i max n i=1 α i + max n i=1 β i = v + w. (ii) p k p bzgl. p k p 0 max n k 33.18 i=1 α ki α i 0 k α ki α i für i = 1,..., n. k (iii) (p k ) k m ist beschränkt ( r R + )( k Z m ) gilt p k r ( r)( k Z m ) gilt α ki r für i = 1,..., n (α ki ) k m beschränkte Folgen in R für i = 1,..., n. (iv) Sei (p k ) k m die beschränkte Folge. Dann sind nach (iii) alle Komponentenfolgen (α ki ) k m ebenfalls beschränkt. Wähle zunächst eine konvergente Teilfolge von b k := α k1 nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß (siehe 8.4) aus der nach (iii) in R beschränkten Folge b k aus. Also ist b ϕ1 (k) = α ϕ1 (k)1 konvergent für eine geeignete streng monoton wachsende Funktion ϕ 1 : Z m Z m. Nun ist wiederum nach (iii) die Folge b k := α ϕ1 (k)2 beschränkt. Also ist b ϕ2 (k) = α ϕ1 ϕ 2 (k)2 konvergent für eine geeignete streng monoton wachsende Funktion ϕ 2 : Z m Z m. Fährt man so fort, so erhält man schließlich eine streng monoton wachsende Funktion ϕ n : Z m Z m, so daß α ϕ1 ϕ 2... ϕ n(k)n konvergent ist. Insgesamt liefert daher ϕ = ϕ 1... ϕ n : Z m Z m eine streng monoton wachsende Funktion. Also sind (α ϕ(k)i ) k m Teilfolgen von (α ki ) k m für i = 1,..., n und (p ϕ(k) ) k m ist Teilfolge von (p k ) k m. Da (α ϕ(k)i ) k m Teilfolge der konvergenten Folge (α ϕi... ϕ 1 (k)i) k m ist, ist (α ϕ(k)i ) k m konvergent und somit auch (p ϕ(k) ) k m nach (ii). 34.6 Äquivalenz von Normen für endlich-dimensionale Vektorräume Sei V ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum. und je zwei Normen für V sind äquivalent. V besitzt eine Norm Beweis. Sei o.b.d.a. V {0}. Dann ist V ein n-dimensionaler R-Vektorraum mit n N. Man wähle eine beliebige, aber feste Basis (v 1,..., v n ) von V und definiere hiermit gemäß 34.5. Dann ist eine Norm für V. Sei nun eine beliebige Norm für V. Da die Äquivalenz von Normen eine Äquivalenzrelation ist (siehe 34.1), reicht zu zeigen (1). Also ist nach 34.4 zu zeigen, es gibt c 1, c 2 R + mit: (2) v c 2 v für alle v V, (3) v c 1 v für alle v V. [34] 6 C 1

Zu (2): Setze Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit (4) c 2 := n i=1 v i ( R + ). Ist v V, dann gibt es eindeutig bestimmte α i R mit v = n i=1 α iv i. Also ist nach 34.5 (5) v = max n i=1 ( α i ). Daher erhalten wir: v = n i=1 α iv i n i=1 α iv i = n i=1 α i v i v n i=1 v i = c 2 v. (5) Zu (3): Setze d 1 := inf{ w : w V w = 1}. Dann ist d 1 [0, [ und für v V \ {0} gilt: v v = 1, also d 1 v v, d.h. d 1 v v. Also gilt (natürlich auch für v = 0) (6) d 1 v v. Zu zeigen bleibt: (7) d 1 > 0. Aus (6) folgt dann nämlich (3) mit c 1 := 1/d 1. Zu (7): Zunächst gibt es nach Definition von d 1 (siehe 7.22(ii)) eine Folge (w k ) k N mit (8) w k = 1; d 1 = lim k w k. Nach (8) ist (w k ) k N eine bzgl. beschränkte Folge und besitzt daher eine bzgl. konvergente Teilfolge (v k ) = (w ϕ(k) ) (siehe 34.5(iv)). Also gibt es ein v V mit (9) v k v 0 für k. Da (v k ) Teilfolge von (w k ) gilt wegen (8) auch (10) v k = 1, d 1 = lim k v k. Aus (2) und (9) erhalten wir ferner (11) v k v 0 für k. Da aus den Normeigenschaften folgt v k v v k v, v k v v k v, erhalten wir aus (9), (10) und (11): (12) v = (9) lim k v k = (10) 1. (13) v = (11) lim k v k = (10) d 1. Aus (12) folgt v 0 und daher ist v > 0. Aus (13) folgt daher d 1 > 0. Also gilt (7). C 1 [34] 7

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume Da der R n ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum ist, sind also je zwei Normen im R n äquivalent. Insbesondere sind also alle Normen p für 1 p (siehe 33.2) äquivalent. Benutzt man die Norm, so sieht man, daß eine Menge O R n genau dann offen ist, wenn gilt: (1) Zu jedem Punkt p = (p 1,..., p n ) O gibt es ein ε R + mit ]p 1 ε, p 1 + ε[... ]p n ε, p n + ε[ O. Andere äquivalente Bedingungen für die Offenheit einer Menge O in R n sind: (2) Für jeden Punkt p O gibt es offene Intervalle J 1,..., J n von R mit p J 1... J n O. (3) Für jeden Punkt p O gibt es offene Teilmengen O 1,..., O n von R mit p O 1... O n O. Beweis. Zu zeigen ist, daß (1), (2) und (3) äquivalent sind. Aus (1) folgt (2). Da offene Intervalle offene Mengen sind, folgt aus (2) auch die Aussage (3). Aus (3) folgt aber auch (1), da sich aus p = (p 1,..., p n ) O 1... O n zunächst p i O i und dann ]p i ε i, p i + ε i [ O i mit geeigneten ε i R + ergibt. Wähle dann ε := min n i=1 ε i. Ein wichtiges Kriterium zum Nachweis der Konvergenz von Folgen in R oder von Folgen in B(D) war das Cauchy-Kriterium (siehe 8.5 und 20.7(i)). In beliebigen pseudometrischen oder auch normierten Räumen gilt das Cauchy- Kriterium nicht. Räume, die dieses Cauchy-Kriterium erfüllen, bekommen einen besonderen Namen, sie heißen vollständig, und wenn sie zusätzlich normierte Räume sind, heißen sie Banach-Räume. Banach (1892 1945) wird allgemein als einer der Hauptbegründer der Funktionalanalysis angesehen. 34.7 Cauchy-Folgen und Vollständigkeit Sei (X, d) ein pseudometrischer Raum. (i) (ii) (iii) Eine Folge (p n ) n m in X heißt Cauchy-Folge oder Cauchy-konvergent, wenn es zu jedem ε R + ein n 0 Z m gibt, so daß d(p n0 +n, p n0 ) < ε für alle n N ist. Ein pseudometrischer Raum heißt vollständig, wenn jede Cauchy-Folge gegen ein Element von X konvergent ist. Ein normierter Raum, der, bzgl. der von der Norm abgeleiteten Metrik, ein vollständiger Raum ist, heißt Banach-Raum. Es ist jede konvergente Folge eine Cauchy-konvergente Folge: Aus p n p folgt nämlich mit ε R +, daß d(p k, p) < ε/2 für alle k n 0 ist. Also gilt: d(p n0 +n, p n0 ) d(p n0 +n, p) + d(p, p n0 ) < ε für alle n N, d.h. (p n ) ist Cauchy-konvergent. [34] 8 C 1

Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit Im Gegensatz zu R oder B(D) ist aber in einem beliebigen pseudometrischen Raum nicht jede Cauchy-Folge konvergent, d.h. nicht jeder pseudometrische Raum ist vollständig. Ein einfaches Beispiel wird geliefert durch: (Q, d Q ) ist ein metrischer Raum (siehe 33.10), wenn d die Metrik von R bezeichnet. Wählt man nun(p n ) n N als Folge rationaler Zahlen, die gegen eine irrationale Zahl konvergiert (dies ist nach 7.23 möglich), so ist (p n ) n N als in R konvergente Folge eine Cauchy-Folge in (R, d) und wegen p n Q auch eine Cauchy-Folge in (Q, d Q ). In Q gibt es aber kein Element q mit d Q (p n, q) = p n q 0, da p n gegen eine irrationale und somit nicht auch noch gegen eine rationale Zahl konvergieren kann. Im folgenden Satz sammeln wir gewisse Eigenschaften, die zwar nicht mittels der Topologie alleine formulierbar sind, aber wegen Satz 34.4 nur von der Äquivalenzklasse der Norm abhängen. 34.8 Metrische Begriffe, die nur von der Topologie des normierten Raumes abhängen Seien 1 und 2 zwei äquivalente Normen des R-Vektorraumes V. Sei M eine Teilmenge von V und (v n ) eine Folge von V. Dann gilt (i) M ist beschränkt bzgl. 1 M ist beschränkt bzgl. 2. (ii) (v n ) ist beschränkt bzgl. 1 (v n ) ist beschränkt bzgl. 2. (iii) (v n ) ist eine Cauchy-Folge bzgl. 1 (v n ) ist eine Cauchy-Folge bzgl. 2. (iv) (V, 1 ) ist ein Banach-Raum (V, 2 ) ist ein Banach-Raum. Seien 1 und 2 zwei äquivalente Normen eines weiteren R-Vektorraumes W. Es seien D V und f : D W. Dann gilt: (v) f ist gleichmäßig stetig bzgl. 1, 1 f ist gleichmäßig stetig bzgl. 2, 2. Beweis. Der Beweis ist trivial. Er beruht auf der Charakterisierung der Äquivalenz von Normen in 34.4. Da ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum eine Norm besitzt und je zwei Normen äquivalent sind (siehe 34.6), bezeichnet man die durch eine beliebige Norm definierte Topologie T ( ) als die kanonische Topologie für V oder auch als die Normtopologie. Diese Topologie hängt wegen der Äquivalenz zweier Normen eines endlich-dimensionalen R-Vektorraumes nicht von der speziell gewählten Norm ab. Im folgenden soll jeder endlich-dimensionale R-Vektorraum mit dieser Topologie versehen sein. Damit sind dann für jeden endlich-dimensionalen R-Vektorraum eindeutig definiert (siehe 34.2 für die topologischen und 34.8 für die metrischen Begriffe): C 1 [34] 9

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume Abgeschlossenheit, Beschränktheit, Kompaktheit, Folgenkompaktheit, Innerer Punkt, Berührungspunkt, Stetigkeit (zwischen zwei endlich-dimensionalen R-Vektorräumen), Cauchy-Folge, Vollständigkeit, Gleichmäßige Stetigkeit (zwischen zwei endlich-dimensionalen R-Vektorräumen). 34.9 Endlich-dimensionale R-Vektorräume sind Banach-Räume Sei V ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum. Jede Cauchy-Folge in V ist dann konvergent, d.h. V ist ein Banach-Raum. Beweis. Sei o.b.d.a. V {0} und betrachte die Maximumsnorm in V bzgl. einer Basis (v 1,..., v n ) vonv (siehe 34.5). Es ist die Vollständigkeit bzgl. zu zeigen. Sei also (p k ) k m eine Cauchy-Folge. Seien α ki R mit p k = n i=1 α kiv i. Wegen α n0 +k,i α n0 i p n0 +k p n0 sind (α ki ) k m für i = 1,..., n Cauchy-Folgen. Wegen der Cauchy-Vollständigkeit von R (siehe 8.5) sind alle Folgen auch konvergent. Also ist (p k ) k m eine bzgl. konvergente Folge nach 34.5(ii). 34.10 Satz von Bolzano-Weierstraß für endlich-dimensionale R-Vektorräume Sei V ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum. Jede beschränkte Folge in V besitzt dann eine konvergente Teilfolge. Beweis. Sei o.b.d.a. V {0} und betrachte für V (siehe auch den Beweis von 34.9). Dann besitzt V eine bzgl. -konvergente Teilfolge (siehe 34.5(iv)). 34.11 Satz von Heine-Borel für endlich-dimensionale R-Vektorräume Sei V ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum und sei K V. Dann sind äquivalent: (i) K ist kompakt; (ii) K ist beschränkt und abgeschlossen. Beweis. Sei V {0} und eine Norm für V. (i) (ii) Da K kompakt ist, folgt aus K p K U 1 (p), daß K p E U 1 (p) mit endlicher Teilmenge E von K ist. Daher ist K als Teilmenge einer endlichen Vereinigung von beschränkten Mengen beschränkt. [34] 10 C 1

Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit Sei nun (p n ) n N eine Folge in K, die gegen ein Element v V konvergiert. Zum Nachweis der Abgeschlossenheit von K reicht es zu zeigen (siehe 33.26(i)): (1) v K. Als kompakte Menge eines pseudometrischen Raumes ist K folgenkompakt (siehe 33.30). Daher gibt es eine Teilfolge (p ϕ(n) ) n N von (p n ) n N und ein p mit (2) p ϕ(n) p, p K. Da (p n ) n N gegen v konvergiert, konvergiert auch die Teilfolge (p ϕ(n) ) n N gegen v. Da V als normierter Raum ein metrischer Raum ist, folgt aus der Eindeutigkeit des Grenzwertes wegen (2) zunächst v = p (siehe 33.20). Da nach (2) aber p K ist, ist somit v(= p) K, d.h. es gilt (1). (ii) (i) Nach 33.30 reicht es zu zeigen, daß K folgenkompakt ist. Sei hierzu eine Folge (p n ) n N in K gewählt. Zu finden ist ein p und eine Teilfolge (p ϕ(n) ) n N mit (3) p ϕ(n) p, p K. Da nach Voraussetzung K beschränkt ist, ist die Folge (p n ) n N wegen p n K beschränkt. Sie besitzt daher nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß (siehe 34.10) eine gegen ein p konvergente Teilfolge (p ϕ(n) ) n N. Da K abgeschlossen ist, gehört p zu K (siehe 33.26(i)), d.h. es gilt (3). 34.12 Auf endlich-dimensionalen R-Vektorräumen definierte lineare Abbildungen sind stetig Sei V ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum und sei (W, ) ein beliebiger normierter Raum. Dann ist jede lineare Abbildung A : V W stetig. Beweis. Sei V {0} und wähle für V bzgl. der Basis (v 1,..., v n ) von V. Ist v = n i=1 α iv i und v 1, so gilt: Av = n α i A(v i ) n α i A(v i ) v ( n A(v i ) ) n Av i. i=1 Also ist A stetig nach 34.3. i=1 Ist der Bildraum ein endlich-dimensionaler R-Vektorraum und der Urbildraum ein beliebiger normierter Raum, so gilt i.a., wie das folgende Beispiel zeigt, ein zu Satz 34.12 analoger Satz nicht. 34.13 Lineare Abbildungen von einem normierten linearen Raum in einen endlich-dimensionalen R-Vektorraum müssen nicht stetig sein. Betrachte V als die Gesamtheit der differenzierbaren Funktionen über [ 1, 1]. Dann ist V ein Untervektorraum (siehe 25.5(i)+(iv)) des Vektorraumes R [ 1,1], also ein Vektorraum. Versieht man V mit der Supremumsnorm, d.h. schränkt man die Supremumsnorm von C[ 1, 1] auf V ein (siehe 33.4), so ist V ein normierter Raum. C 1 [34] 11 i=1 i=1

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume Die Abbildung A(v) := v (0) für v V ist eine R-lineare Abbildung (siehe 25.5). Es konvergiert n 1 sin(n2 x) wegen n 1 sin(n2 x) n 1 gegen Null, aber A( n 1 sin(n2 x)) = n cos(0) = n ist nicht einmal beschränkt, also ist A nicht stetig. V ist gleichzeitig ein Beispiel für einen normierten Raum, für den keiner der drei Sätze 34.9 bis 34.11 gilt, d.h. (Beweis siehe unten): (1) V ist kein Banach-Raum. (2) Es gibt beschränkte Folgen in V, die keine konvergenten Teilfolgen besitzen. (3) Es gibt beschränkte und abgeschlossene Mengen in V, die nicht kompakt sind. Während die meisten auch unendlich-dimensionalen normierten Räume, die für die Analysis wichtig sind, vollständig sind, gelten (2) und (3), wie man in der Funktionalanalysis zeigt, für unendlich-dimensionale normierte Räume immer, d.h.: Jeder unendlich-dimensionale normierte Raum besitzt eine beschränkte Folge, aus der man keine konvergente Teilfolge auswählen kann. In jedem unendlich-dimensionalen Raum ist die beschränkte und abgeschlossene Kugel {x V : x 1} nicht kompakt. Zum Beweis von (1) (3): Zu (1): Nach 30.13 gibt es eine Folge von Polynomen v n V, die gleichmäßig gegen die nicht über [ 1, 1] differenzierbare Funktion x [ 1, 1], konvergiert. Also ist v n eine Cauchy-Folge in V, die in V keinen Grenzwert haben kann, weil sonst wegen der Eindeutigkeit des Grenzwertes (in C[ 1, 1] bzgl. ) der Grenzwert x [ 1, 1] wäre, die Funktion aber nicht zu V gehört. Zu (2): Die in (1) angegebene Folge ist als Cauchy-Folge beschränkt. Sie kann aber keine gegen ein Element von V konvergente Teilfolge besitzen, weil sonst die gesamte Folge konvergent wäre, was nach (1) unmöglich ist. Zu (3): Betrachte die abgeschlossene und beschränkte Kugel {v V : v sup{ v n : n N}}. Diese Menge ist nicht folgenkompakt nach (2), und somit ist sie auch nicht kompakt (siehe (33.30)). 34.14 Stetigkeitskriterien für Abbildungen in einen endlich-dimensionalen R-Vektorraum Seien (X, d) ein pseudometrischer und W ein m-dimensionaler R-Vektorraum mit m N. Seien (w 1,..., w m ) eine beliebige Basis von W und D X sowie f : D W. Dann gilt f = m i=1 f iw i mit eindeutig bestimmten Funktionen f i : D R und es sind äquivalent: (i) f ist in p 0 stetig. (ii) Für jede R-lineare Abbildung l : W R ist l f stetig in p 0. (iii) f 1,..., f m sind stetig in p 0. [34] 12 C 1

Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit Beweis. Da (w 1,..., w m ) eine Basis von W ist, gibt es zu jedem p D eindeutig bestimmte Zahlen α i mit f(p) = m i=1 α iw i. Setze f i (p) := α i. (i) (ii) Da W endlich-dimensional ist, ist l : W R nach 34.12 stetig. Also ist l f in p 0 stetig nach der Kettenregel für stetige Funktionen (siehe 33.35). (ii) (iii) Betrachte für festes j {1,..., m} die nach linearer Algebra I existierende lineare Abbildung l, die definiert ist durch l(w i ) = δ ij für i = 1,..., m. Dann ist f j = l f stetig in p 0 nach (ii) ((l f)(p) = l(f(p)) = l( m i=1 f i(p)w i ) = m i=1 f i(p)l(w i ) = f j (p)). (iii) (i) Da f 1,..., f m stetig in p 0 ist, ist auch f = m i=1 f iw i stetig in p 0 (wende zunächst 33.36(iii) auf h := f i und die konstante und daher stetige Funktion f := w i an, danach 33.36(i)). Sind Abbildungen f i : D M i für i = 1,..., m gegeben, so versteht man unter der Abbildung (f 1,..., f m ) die punktweise definierte Abbildung von D in M 1... M m. (f 1,..., f m )(p) := (f 1 (p),..., f m (p)) 34.15 Stetigkeit für R m -wertige Abbildungen ist Stetigkeit der m-koordinatenabbildungen Sei (X, d) ein pseudometrischer Raum, D X und f : D R m (bzw. R m ). Also ist f = (f 1,..., f m ) (bzw. f =. ). Dann sind äquivalent: f m (i) f ist stetig in p 0. (ii) f 1,..., f m sind stetig in p 0. Beweis. Es ist (e 1,..., e m ) mit e i = (0,..., 1, 0,..., 0) Basis von R m (bzw. i-te Stelle (e T 1,..., et n ) Basis von R m ). Dann ist (f 1,..., f m ) = f 1 m i=1 f ie i (bzw.. = f m m f i e T i ) und die Aussage folgt aus der Äquivalenz von (i) und (iii) in 34.14. i=1 34.16 Beispiele für stetige Funktionen von R n in den R m (i) Mit x 1,..., x n bezeichnet man die n-koordinatenfunktion des R n, d.h. die Abbildungen des R n in R, die für p = (p 1,..., p n ) durch x i (p) := p i definiert sind. Als lineare Abbildung ist x i nach 34.12 stetig. Im R 2 bezeichnet man die Koordinatenfunktionen auch mit x, y und im R 3 mit x, y, z. Es ist (x 1,..., x n ) die identische Abbildung des R n. C 1 [34] 13 f 1

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume (ii) Für eine Abbildung f : D X mit D R n kann man daher wieder korrekt schreiben f = f (x 1,..., x n ), bzw. f = f (x, y) für D R 2 und f = f (x, y, z) für D R 3. Für f (x 1,..., x n ) schreibt man dann auch wieder f(x 1,..., x n ) und für f (x, y) bzw. f (x, y, z) auch f(x, y) bzw. f(x, y, z). Allgemeiner schreibt man auch wieder g(f) an Stelle von g f für zwei Abbildungen, falls dieses zu keinem Mißverständnis führen kann. Jedes reelle Polynom P in n Veränderlichen ist eine stetige Funktion: Dabei heißt P ein (reelles) Polynom in n Veränderlichen, wenn es eine endliche Teilmenge E von N n 0 gibt mit P = a (i1,...,i n)x i 1 1... x in n (i 1,...,i n) E und a i1,...,i n R. Nach Festsetzung ist also für (t 1,..., t n ) R n : P (t 1,..., t n ) = a (i1,...,i n)t i 1 1... t in n. (i 1,...,i n) E Da alle x j nach (i) stetige Funktionen sind, ist zunächst x i j j stetig (benutze 33.36(iii) mit V 2 := R). Nochmalige Anwendung von 33.36(iii) und (i) zeigt die Stetigkeit von P. Beispiel für Polynome in zwei bzw. drei bzw. vier Veränderlichen sind 7 + 9x 1 16x 2 + 23x 1 x 2 + 4x 2 1 + 7x2 2, x + y + 2z + 9xyz x 3 y 4 z 6, x 1 x 2 x 3 x 4 + 37x 4 1 + 11x6 1 x3 2 x4 3 x9 4. (iii) Ist P ein Polynom von n Variablen, so sind nach 33.35 auch exp(p ), (= exp P ), sin(p ), cos(p ) stetige Funktionen von R n in R. Somit ist für drei Polynome P 1, P 2, P 3 von n Veränderlichen (exp(p 1 ), sin(p 2 ), cos(p 3 )) eine stetige Funktion vom R n in den R 3 (siehe 34.15). Die Funktion ln(x 1 x 2 x 3 x 4 +37x 4 1 +11x6 1 x3 2 x4 3 x9 4 ) ist dort, wo sie definiert ist, nach 33.35 ebenfalls stetig. (iv) Eine rationale Funktion R in n Veränderlichen ist dort, wo sie definiert ist, stetig: R heißt dabei eine rationale Funktion in n Veränderlichen, wenn es Polynome P, Q in n Veränderlichen mit R = P Q gibt. Da P, Q : Rn R nach (iii) stetig sind und P Q = P 1Q ist, reicht es wegen 33.36(iii) zu zeigen: 1 Q ist auf D := {p Rn : Q(p) 0} stetig. [34] 14 C 1

Äquivalenz von Normen; Stetigkeit und Kompaktheit Zu zeigen bleibt hierfür: Konvergiert p n D gegen p 0 D, so konvergiert. Dies folgt aber aus der Stetigkeit von Q und Analysis I. 1 Q(p 1 n) Q(p 0 ) Dieser Schluß zeigt auch, sind f : D R, g : E R stetig mit D, E R n, so ist f g (falls auf einer nicht-leeren Menge definiert) ebenfalls stetig. (v) Jede lineare Abbildung des R n in den R n ist stetig (siehe 34.12). (vi) Sei E R m, und sei g : E R k stetig. Seien m stetige Funktionen f 1,..., f m von D R n in R gegeben, dann ist g(f 1 (x 1,..., x n ),..., f m (x 1,..., x n )) (d.h. die Funktion g (f 1,..., f m )) stetig (benutze 34.15 und 33.35). In 34.16 hatten wir, ausgehend von den Koordinatenfunktionen, mit Hilfe der Rechenregeln über stetige Funktionen sowie der Kenntnis spezieller stetiger Funktionen aus Analysis I eine ganze Reihe von stetigen Funktionen gebildet. Wollen oder müssen wir in speziellen Situationen zum Nachweis der Stetigkeit auf die Definition zurückgreifen, so haben wir also z.b. für eine Funktion f : D R mit D R 2 zum Nachweis der Stetigkeit in p 0 = (t 0, u 0 ) entweder zu zeigen ( ε R + )( δ R + ) mit ((t, u) D t t 0 < δ u u 0 < δ) = f(t, u) f(t 0, u 0 ) < ε oder aber ((t n, u n ) D für alle n t n t 0 u n u 0 ) = (f(t n, u n ) f(t 0, u 0 )). (Vgl. auch mit der Erläuterung der Stetigkeit am Ende von 31). Man beachte, daß es jedoch nicht ausreicht, die simultane Gültigkeit der beiden folgenden Aussagen zu zeigen (t n, u 0 ) D für alle n t n t 0 (f(t n, u 0 ) f(t 0, u 0 )) (t 0, u n ) D für alle n u n u 0 (f(t 0, u n ) f(t 0, u 0 )). Formulieren wir dies noch einmal für D = R 2 : Sind f u0, f t0 : R R in t 0 bzw. u 0 stetig, so muß f nicht in (t 0, u 0 ) stetig sein. Hierbei sind definiert durch f u0, f t0 : R R f u0 (t) := f(t, u 0 ) für t R, f t0 (u) := f(t 0, u) für u R. Wir geben hierzu ein Beispiel: 34.17 Gegenbeispiel Betrachte f : R 2 R definiert durch f(t, u) = t u für (t, u) (0, 0) und f(0, 0) = 0. t 2 +u 2 Dann gilt für zwei Nullfolgen t n, u n von R f(t n, 0) = f(0, u n ) = 0 f(0, 0) für n. f ist aber im Punkte (t 0, u 0 ) = (0, 0) unstetig, weil z.b. (1/n, 1/n) (0, 0), aber f( n 1, n 1 ) = 1/2 1/2 und nicht gegen f(0, 0) konvergiert. Für jeden Punkt (t 0, u 0 ) (0, 0) ist übrigens f nach 34.16(iv) stetig. C 1 [34] 15

Kapitel VIII Normierte, metrische und topologische Räume Wir wollen zwei außermathematische Beispiele für das Auftreten von Funktionen mehrerer Variabler angeben: 1) Betrachtet man die Temperatur T für Punkte eines bestimmten räumlichen Bereiches, so gilt für jeden Punkt P dieses räumlichen Bereiches: T hängt von P ab. Führt man nun ein kartesisches Koordinatensystem ein, so kann man T als eine auf einer Teilmenge D des R 3 definierte Funktion auffassen, also T = f(x, y, z) mit f : D R. Hängt die Temperatur noch von der Zeit t ab, so ist T als Funktion von vier Variablen aufzufassen T = g(x, y, z, t) mit g : D R und D R 4. 2) Hat man eine elektrische Punktladung, so erzeugt diese ein elektrisches Feld E an jedem Raumpunkt, der vom Ort der Ladung verschieden ist. Denkt man sich wieder ein Koordinatensystem eingeführt, so wird das elektrische Feld E eine Funktion f : D R 3 mit D R 3, also E = f(x, y, z). Hängt das elektrische Feld noch von der Zeit t ab, so ist es beschreibbar durch eine Funktion g : D R 3 mit D R 4 als E = g(x, y, z, t). [34] 16 C 1