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Transkript:

Beitrag aus der Festschrift 2005 50 Jahre Landesanstalt für Pflanzenschutz Stuttgart 50 Jahre integrierter Pflanzenschutz Baden-Württemberg 1955 LANDESANSTALT FÜR PFLANZENSCHUTZ

2 DR. ZUNKER, MAREILE 1); BILLEN, WOLFGANG 2) DR. ZUNKER, MAREILE 1) ; BILLEN, WOLFGANG 2) 1) Landesanstalt für Pflanzenschutz (LfP), 2) Regierungspräsidium Freiburg Pflanzenbeschau - Gestern, heute und morgen Plant inspection Past, present and future Die Aufgaben der Pflanzenbeschau unterliegen aufgrund bindender rechtlicher Rahmenbedingungen und dem Auftreten neuer Organismen einem ständigen Wandel. Im Artikel werden die historische Entwicklung der Pflanzenbeschau und die gegenwärtige Situation erläutert. Die Kernfrage: "Kann die Pflanzenbeschau die Einschleppung eines neuen Schadorganismus verhindern?" wird kontrovers diskutiert. In der Regel kann die Einschleppung nicht verhindert, sondern lediglich zeitlich verzögert werden. Diese Zeit kann zur Erarbeitung von Bekämpfungsstrategien genutzt werden. Wie würde es jedoch heute ohne die bisherige Tätigkeit der Pflanzenbeschau in der Landwirtschaft, im Gartenbau und im Forst bestellt sein? Vermutlich würde es innerhalb kürzester Zeit viel mehr neue Krankheiten und Schädlinge zu bekämpfen geben. Die Möglichkeit, dass eine Sendung im Empfangsland kontrolliert und ggf. vernichtet, behandelt oder zurückgewiesen wird, führt in der Regel dazu, dass sich die Exportländer intensiv bemühen, von Schadorganismen freie Sendungen zu exportieren. Im Folgenden wird ein Überblick zu den derzeit erforderlichen Monitorings zu bestimmten Schadorganismen und ein Ausblick auf neue Aufgaben in der Pflanzenbeschau gegeben. Vergangenheit Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden durch den zunehmenden Handel und Verkehr verstärkt Schadorganismen nach Deutschland eingeschleppt, z. B. die Krautfäule (Phytophthora infestans, aus Südamerika, 1845) und die San-Jose-Schildlaus (Quadraspidiotus perniciosus). Etwa ab 1880 richteten daher fast zeitgleich viele Länder an den Grenzen Pflanzenquarantäne-Stationen ein, um die Einfuhren auf gefährliche und wirtschaftlich bedeutsame Schadorganismen zu kontrollieren. So gibt es seit 1890 in Deutschland, England und den USA Aufzeichnungen über Einfuhruntersuchungen und deren Ergebnisse. Es wurden z. B. 1896/97 in Hamburg 243.373 Kollis Obst aus Nordamerika untersucht, vorwiegend Äpfel aus den Oststaaten der USA. Die Einschleppung folgender weiterer, besonders gefährlicher Schadorganismen führte zum raschen Ausbau der Quarantänestationen in Europa: Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata), Reblaus (Phylloxera vastatrix, syn: Viteus vitifolii), Echter Mehltau der Rebe (Uncinula necator) 1845 und Falscher Mehltau der Rebe (Plasmopara viticola) 1878. Parallel dazu nahmen die Regelungen zur Pflanzengesundheit bei der Einfuhr von Pflanzen, Pflanzenteilen und Pflanzenerzeugnissen zu. Wenn eine Einfuhrkontrolle die Freiheit von Organismen nicht gewährleisten konnte, wurde nicht selten ein Einfuhrverbot für bestimmte Pflanzen erlassen. Bedingt durch die geografische Lage gab es in Baden-Württemberg nur im Bereich des damaligen Pflanzenschutzamtes Freiburg (Regierungsbezirk Südbaden) Pflanzenbeschaustellen. Vom Umfang her waren sie die bedeutendsten Einlassstellen für Waren aus dem südeuropäischen Raum nach Deutschland. Zur Abwicklung und Kontrolle der Einfuhren waren über 40 Personen erforderlich. Im Rahmen der Neuorganisation der Pflanzenbeschau

Pflanzenbeschau - Gestern, heute und morgen 3 wurde im Jahre 1983 an der Landesanstalt für Pflanzenschutz eine Referentenstelle zur landesweiten Koordination der Pflanzenbeschau-Aufgaben etabliert. Ende 1977 trat erstmals eine EU-einheitliche Richtlinie zur Pflanzenbeschau in Kraft. Ziel dieser Richtlinie war es, im EU-Binnenmarkt die Pflanzenquarantänebestimmungen der Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen und an allen EU-Außengrenzen die Importkontrolle hinsichtlich Intensität und Qualität anzugleichen. Am 1. Januar 1993 wurde mit der Gründung der Europäischen Union (EU) die Einrichtung des Europäischen Binnenmarktes vollzogen (Vertrag von Maastricht). Für den Warenverkehr innerhalb der EU waren fortan keine Pflanzengesundheitszeugnisse mehr erforderlich. Stattdessen wurde dafür das Pflanzenpass-System im Binnenmarkt eingeführt. Seither darf Material bestimmter Pflanzengattungen und -arten nur von amtlich registrierten Betrieben in den Verkehr gebracht werden. Der Pflanzenschutzdienst kontrolliert diese Produzenten mindestens einmal jährlich. Die Pflanzen müssen mit einem Pflanzenpass (z. B. ein Etikett mit Betriebsnummer und anderen erforderlichen Daten) versehen sein. Damit wird dokumentiert, dass die innerhalb des Binnenmarktes gehandelten Pflanzen und Pflanzenprodukte den dafür geltenden Anforderungen entsprechen. Für Exporte in Drittländer ist weiterhin ein Pflanzengesundheitszeugnis notwendig. Seit der Einführung des EU-Binnenmarktes wurden die Regelungen zur Pflanzengesundheit zunehmend der Europäischen Kommission übertragen. Zahlreiche Richtlinien des Rates sowie Verordnungen und Entscheidungen der Kommission mussten in die Praxis umgesetzt werden. Dies erforderte wiederum eine umfangreiche fachliche Koordination der Pflanzenbeschau auf Landesebene einschließlich der Organisation der Untersuchungen auf Quarantäneschadorganismen sowie die intensive fachliche Zusammenarbeit mit der Biologischen Bundesanstalt. Diese Aufgaben werden vom Sachgebiet Pflanzenbeschau an der LfP wahrgenommen. Die Tätigkeit umfasst außerdem die Erstellung verschiedener fachlicher Anleitungen z. B. zu Vegetationskontrollen in Betrieben oder zur Durchführung zahlreicher Überwachungsprogramme (Monitorings). Gegenwart Die Vorschriften der Pflanzenbeschau verlangen teilweise umfangreiche Untersuchungen von Pflanzenproben auf bakteriologische, entomologische, mykologische, virologische und nematologische Schaderreger, die einen zunehmenden Teil der Arbeit in den Diagnoselaboren beanspruchen. Während früher in der nationalen Pflanzenbeschauverordnung auf 16 Seiten etwa 50 Quarantäneschadorganismen gelistet waren, sind heute mehrere hundert Seiten Richtlinien, Verordnungen, Entscheidungen der Kommission etc. mit rund 300 Quarantäneschadorganismen zu beachten. Im Rahmen der Umstellung auf die EU-Regelungen sind zwar einige Quarantäneschadorganismen entfallen, z. B. zwei Nelkenwicklerarten, die Mittelmeerfruchtfliege, die San-José-Schildlaus, die Pfirsichmotte und der Pfirsichwickler, jedoch zahlreiche neue sind hinzugekommen. Die Pflanzenbeschau ist von der Globalisierung der Wirtschaft unmittelbar betroffen. Der weltweite Handel hat große Ausmaße angenommen. Eine sorgfältige Beschau an der EU- Außengrenze ist aufgrund der Importmengen nur stichprobenartig möglich. Zudem wird der größte Teil der Waren in Containern versandt, so dass eine umfassende Kontrolle oft nur am Eingangsort nach dem Entladen erfolgen kann. Die Transportzeiten sind drastisch verringert worden. Brauchte früher ein Schiff von Hongkong nach Rotterdam, Hamburg oder Bremen drei bis vier Monate, sind die modernen Containerschiffe nur noch drei bis fünf Wochen unterwegs. Auch die Luftfrachten haben stark zugenommen. Schadorganismen, die früher während der langen Transportzeiten abstarben, überleben den Transport

4 DR. ZUNKER, MAREILE 1); BILLEN, WOLFGANG 2) heute. Ein aktuelles Beispiel für eine Verschleppung ist der Westliche Maiswurzelbohrer, der auf dem Transportweg von Nordamerika nach Europa gelangte. Als Ergebnis dieser Entwicklung werden vermehrt neue Schadorganismen in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern gefunden wie beispielsweise Fusarium foetens an Elatior Begonien, Buchsbaumspinnmilbe (Erytetranychus buxi) an Buxus sempervirens (Buchsbaum) und Stephanitis takeyai (Andromeda-Netzwanze) an Pieris japonica (Japanische Lavendelheide). An Saintpaulia ionantha (Usambaraveilchen) und Pelargonien wurde der in Deutschland nicht heimische Falter Chrysodeixis chalcites entdeckt. Aus dieser Entwicklung heraus ergeben sich immer wieder neue Aufgaben für die Pflanzenbeschau, die zunehmend mehr Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Einen neuen wichtigen Schwerpunkt der Importkontrollen bildet die Beschau von Holzverpackungen, nachdem festgestellt wurde, dass Verpackungsholz Hochrisikomaterial im Sinne der Pflanzenquarantäne darstellt und mit ihm schon einige sehr gefährliche Schadorganismen verschleppt wurden, z. B. die Platanenwelke von den USA nach Europa, der Asiatische Laubholzbockkäfer von China in die USA und nach Europa sowie der Kiefernholznematode nach Asien und Europa. Bedeutende Einfuhrländer für Sendungen mit Verpackungsholz sind China, Japan und die USA. Bei Importen von Verpackungsholz aus China traten tote Holzwespen (Tremex spec.) und Larven mit Verdacht auf Anoplophora glabripennis auf. Sinoxylon senegalense und Sinoxylon anale (Bohrkäfer) wurden an Verpackungsholz aus Indien festgestellt. Wichtigste Exportgüter der letzten Jahre waren Verpackungen aus Holz nach China, Australien und Mexiko sowie Saatgut, Gemüse- und Zierpflanzen in die Schweiz. Aufgrund von Richtlinien und Entscheidungen der Kommission sind derzeit folgende Monitorings vorgeschrieben, deren Ergebnisse der EU zu berichten sind: Ralstonia solanacearum (Schleimkrankheit der Kartoffel) an Pelargonien: Visuelle Kontrolle, Überprüfung der Verdachtsfälle im bakteriologischen Labor Bursaphelenchus xylophilus (Kiefernholznematode) an Nadelgehölzen: Entnahme von Holzproben speziell an Kiefern; Untersuchung im nematologischen Labor Diabrotica virgifera virgifera (Maiswurzelbohrer): Überwachung mit Hilfe von Pheromonfallen, speziell an Risikostandorten z. B. Flugplätze, Maisfelder usw. Anoplophora spp. (Asiatischer Laubholzbockkäfer): Visuelle Kontrolle an Risikostandorten, speziell solchen, an denen Ware aus China umgeschlagen wird Phytophthora ramorum (Sudden Oak Death and Associated Diseases, verursacht das Absterben diverser Gehölze, problematisch ist der Befall an Eiche und Buche): Visuelle Kontrolle in Baumschulen und öffentlichem Grün; Untersuchung der Verdachtsfälle im phytopathologischen Labor Quarantänebakteriosen der Kartoffel (Ralstonia solanacearum, Clavibacter michiganensis ssp. sepedonicus): Hier sind besonders umfangreiche und aufwendige Überwachungssysteme vorgeschrieben Pepino mosaic virus an Tomaten: Beprobung von Tomaten- und Tomatenjungpflanzen-Produzenten, Untersuchung der Proben im virologischen Labor. Die Diskussion über die Effektivität der Pflanzenbeschau, im Besonderen die der Einfuhruntersuchungen sowie der Zweckmäßigkeit der Gesetze und Verordnungen, ist so alt wie die Pflanzenbeschau selbst. Schon vor der Globalisierung der Wirtschaft war eine völlige Verhinderung der Einschleppung von Schadorganismen nicht möglich. Lediglich eine zeitliche Verzögerung der Ausbreitung konnte erreicht werden. Als Beispiel können die Maß-

Pflanzenbeschau - Gestern, heute und morgen 5 nahmen der Schweiz zur Abwehr des Feuerbrandes genannt werden. Infolge des Einfuhrverbotes von Feuerbrandwirtspflanzen und der strengen Importkontrollen, konnte die Einschleppung des Feuerbrandes in die Schweiz lange Zeit verzögert werden. Die Möglichkeit, dass eine Sendung im Empfängerland ggf. vernichtet, behandelt oder zurückgewiesen wird, führt in der Regel dazu, dass im Exportland Maßnahmen ergriffen werden, um von Schadorganismen freie Sendungen zu exportieren. Gäbe es keine Kontrollen, könnten in bedeutendem Umfang gefährliche Schadorganismen ungehindert eingeschleppt werden. Diese können sich unter günstigen Voraussetzungen (u. a. bei ausreichender Populationsdichte) etablieren und dann dauerhaft einen beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden verursachen. Auch eine gründliche Import- und Exportkontrolle kann keine absolute Garantie für eine von Schadorganismen freie Sendung sein. Von Insekten in das Gewebe abgelegte Eier sind beispielsweise in der Regel kaum festzustellen. Latenter Befall von Viren, Bakterien und Pilzen ist visuell nicht vor Ort festzustellen. Die Pflanzenbeschau muss einerseits rechtliche Vorgaben in die Praxis umsetzen, auf der anderen Seite soll der Handel nicht behindert werden. Alle Kontrollen, vor allem die an den Einlassstellen, verzögern den "freien Warenverkehr" und tangieren unterschiedliche wirtschaftliche Interessen. Oft wird die Ware dringend benötigt und eine Verzögerung der Abfertigung zieht finanzielle Einbußen nach sich. Das führt häufig zu Konflikten, die innerhalb von kurzer Zeit gelöst werden müssen. Zukunft Mit der Umsetzung der Verwaltungsreform in Baden-Württemberg im Jahr 2005 wechselte der Dienstsitz der derzeit 9 Pflanzenbeschauinspektoren/-innen an die vier Regierungspräsidien. Der Umfang der Aufgaben der Pflanzengesundheit wird sicher in den nächsten Jahren nicht abnehmen. Auch wegen des Beitritts neuer EU-Mitgliedsländer sind neue Regelungen zu erwarten. Wenn die Pflanzenbeschau auch letztendlich die Einschleppung neuer Schadorganismen nicht verhindern kann, so kann sie die Einschleppung oft um viele Jahre verzögern. Sie sorgt im Idealfall dafür, dass eventuell vorhandene Organismen am Importgut in so geringer Anzahl vorhanden sind, dass ihre Etablierung verhindert wird. In den letzten Jahren wurde ein neuer Begriff geprägt: Invasive Organismen. Damit sind Organismen gemeint, die zunächst keinen Quarantänestatus haben, sich aber nach der Einschleppung in ein neues Gebiet etablieren und entweder direkt Schäden an Kulturpflanzen verursachen oder Kulturpflanzen und heimische Pflanzen und Tiere verdrängen. Sie können sich negativ auf ein Ökosystem auswirken. Beispiele dafür sind eingeschleppte neue Unkräuter wie der Japanische Knöterich (Reynoutria japonica), die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) und das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera). Daraus ergeben sich neue und wichtige Herausforderungen an den Pflanzengesundheitsdienst.