Diabetes mellitus: Tipps und Tricks in Diagnostik und Therapie. Dr. Niklas Thilo und Dr. Andreas Klinge

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Transkript:

Diabetes mellitus: Tipps und Tricks in Diagnostik und Therapie Dr. Niklas Thilo und Dr. Andreas Klinge

Prä-Analytik Diagnosekriterien Umgang mit Befunden an der Grenze Rationale Therapieziele Besondere Situationen Unklare BZ-Schwankungen Therapie bei Niereninsuffizienz Therapie- Versager

Diagnose-Kriterien

Diabetes-Diagnose Nüchtern- Glukose OGTT 2 h- Wert HbA1c Grenzwert 126 mg/dl 200 mg/dl 6,5 % Häufigkeit 2 mal 1 mal 1 mal Vorteil Hohe Genauigkeit Patient sieht hohen 1 h-wert Unabhängig von der Tageszeit Nachteil Patient muss zweimal kommen Sensitivität und Spezifität schlecht Teuer, Trennschärfe schlecht Glukosemessung im venösen Plasma Nach NVL Therapie des Typ 2-Diabetes, 1. Auflage, Version 4

Grenzbefunde Nüchtern-Glukose 101-125 mg/dl 2 h-ogtt-glukose 140-199 mg/dl HbA1c 5,7-6,4 %

http://goo.gl/a73j3u

Zufallsbefund BZ im Grenzbereich Risikofaktor nächste Kontrolle 0-1 in 24 Monaten 2 in 12 Monaten 3-4 in 6 Monaten Alter > 55 J, Eltern Typ 2-Diabetes, art. Hypertonie, BMI 30

Rationale Therapieziele

HbA1c Ziel-Korridor 6,5-7,5 %

Strenger Weniger streng Einstellung und Bemühung des Patienten Risiko für Hypoglykämien oder andere nachteilige Ereignisse Hohe Motivation, hervorragende Selbst-Fürsorge Niedrig Geringe Motivation, schwache Selbst-Fürsorge Möglichkeiten Hoch Diabetesdauer Neu diagnostiziert Lang dauernd Lebenserwartung Lang Kurz Wichtige Begleiterkrankungen Keine Schwere Bekannte vaskuläre Komplikationen Keine Schwere Ressourcen, Unterstützung Bereits vorhanden Nur eingeschränkt vorhanden Management of hyperglycaemia in type 2 diabetes: a patient-centered approach. Position statement of the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD) Diabetologia, DOI 10.1007/s00125-012-2534-0

8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 HbA1c Lebensstiländerung

8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 Metformin HbA1c

8,5 8,0 7,5 7,0 Sulfonylharnstoffe/Insulin 6,5 HbA1c

8,5 8,0 7,5 Patienten mit makrovaskulären Komplikationen 7,0 6,5 HbA1c

8,5 8,0 Geriatrische Patienten 7,5 7,0 6,5 HbA1c

8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 HbA1c Geriatrische Patienten Patienten mit makrovaskulären Komplikationen Sulfonylharnstoffe/Insulin Metformin Lebensstiländerung

73 Jahre 19 Jahre 1922 1936 1942 1950 1995 1997 2000 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2009 2013 Insulin Modifiziertes Insulin Sulfonylharnstoffe Biguanide Metformin in USA zugelassen Glitazone Insulin Analoga GLP1-Antagonisten DPP4-Inhibitoren SGLT2-Inhibitoren 2 6 3 3 2 Nach David Nathan, Harvard Medical School

HbA1c-Senkung Monotherapie 0-0,5-1 -1,5-2 -2,5 Insulin Sulfonylharnstoffe Metformin Glitazone GLP1 DPP4 SGLT2 Quellen: ADA-Statement, Fachinformationen Xelevia, Victoza, Forxiga

Diabetestherapie bei Niereninsuffizienz

Sicher Mit Vorsicht/DR Metformin 60 ml/min 45-59 ml/min Glibenclamid 50 ml/min 30-50 ml/min Repaglinid 39 ml/min 20-38 ml/min Sitagliptin 50 ml/min Dialyse Dapa/Empagliflozin 50 ml/min - Lira/Albi/Dulaglutid 50 ml/min 30-50 ml/min Quelle: Fachinformationen und arznei-telegramm 2015, Jg. 46. Nr. 5

Unklare BZ- Schwankungen

Lipohypertrophie Veränderungen der Haut durch ständiges Spritzen in dieselben Stellen

Bei NPH-Insulin kann die applizierte Insulinmenge durch unzureichende Durchmischung zwischen 5-214% schwanken Jehle PM et al., Lancet, 1999; 354: 1604-1607

Therapie- Versager

HbA1c-Anstieg, trotz adäquater Therapieeskalation

Progression des Diabetes schneller als unsere Therapieanpassung Schwere Insulinresistenz Geheimnisvolle Widerstände auf Seiten des Patienten

Mehr Substanzen lösen meist nicht das Problem Schuldzuweisungen helfen nicht weiter Situation ertragen lernen

Neues zu Empagliflozin

Studien Design Placebo (n=2333) Screening (n=11531) Randomised and treated (n=7020) Empagliflozin 10 mg (n=2345) Empagliflozin 25 mg (n=2342) Study medication was given in addition to standard of care Glucose-lowering therapy was to remain unchanged for first 12 weeks Treatment assignment double masked The trial was to continue until at least 691 patients experienced an adjudicated primary outcome event 29

HbA1c Adjusted mean (SE) HbA1c (%) 9,0 8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 6,0 0 12 28 40 52 66 80 94 108 122 136 150 164 178 192 206 Week Placebo Empagliflozin 10 Empagliflozin mg 25 mg Placebo 22942272 2188213321132063 200819671741 145612411109 962 705 420 Empagliflozin All patients 10 mg (including 22962272 those 2218 who 2150discontinued 21552108 2072 study 2058drug 1805 or 1520 initiated 12971164 new 1006 749 488 Empagliflozin therapies) 25 were mg 2296 included 2280 2212 in this 2152 mixed 21502115 model 2080 repeated 20441842 measures 15401327 analysis 11901043 (intent-totreat) X-axis: 795 498 timepoints with reasonable amount of data available for pre-scheduled measurements 151 170 195 30

Systolischer Blutdruck Adjusted mean (SE) systolic blood pressure (mmhg) 145 143 141 139 137 135 133 131 129 127 125 0 16 28 40 52 66 80 94 108 122 136 150 164 178 192 206 Week Placebo Empagliflozin 25 Empagliflozin mg 10 mg Placebo2322 2235220321612133 207320241974 1771149212741126 981 735 450 Empagliflozin All patients 10 mg (including 2322 2250 those 22352193 who 2174 discontinued 212520952072 study 1853 drug 1556 or initiated 13271189new 1034 790 518 Empagliflozin therapies) 25 were mg2323 included 22472221 in 2197 this 2169 mixed 2129 model 2102repeated 2066 1878measures 157113511212 analysis 1070(intent-to- treat) X-axis: 842 528 timepoints with reasonable amount of data available for pre-scheduled measurements 171 199 216 31

Primärer Endpunkt 3-Punkt MACE HR 0.86 (95.02% CI 0.74, 0.99) p=0.0382* Cumulative incidence function. MACE, Major Adverse Cardiovascular Event; HR, hazard ratio. * Two-sided tests for superiority were conducted (statistical significance was indicated if p 0.0498) 32

Kardiovaskulärer Tod HR 0.62 (95% CI 0.49, 0.77) p<0.0001 Cumulative incidence function. HR, hazard ratio 33

Hospitalisation wg. Herzinsuffizienz HR 0.65 (95% CI 0.50, 0.85) p=0.0017 Cumulative incidence function. HR, hazard ratio 34

Meine (!) Schlussfolgerungen Der Effekt von Empagliflozin kommt nicht von der BZ-Senkung Empagliflozin ist ein mildes Diuretikum mit additiver Wirkung zu anderen Diuretika Empagliflozin ist ein sehr mildes Antidiabetikum mit unangenehmem NW-Spektrum Der Effekt ist kostengünstiger mit anderen Medikamenten erzielbar Der Effekt ist nur bei schwerst herzkranke Patienten erlebbar Für die in der EMPA-REG nachgewiesene Wirkung ist das Medikament nicht zugelassen Cave: Schlaganfallrisiko/Exsikkose Cave: euglykämische Ketoazidose