Mietwagenkosten - Schwacke vor allem im ländlichen Raum überlegen AG Rosenheim, Urteil vom 25.10.2013, AZ: 15 C 1439/13



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Transkript:

BVSK-RECHT AKTUELL 2013 / KW 50 Prognoserisiko im 130 %-Fall gilt auch bei Mietwagenkosten LG Köln, Urteil vom 30.04.2013, AZ: 11 S 290/12 Vorliegend entschied sich der Kläger für eine Reparatur seines Fahrzeugs, da die kalkulierten Reparaturkosten innerhalb der 130 %-Grenze lagen. Während der Reparatur stellte sich jedoch heraus, dass Reparaturkosten die 130 %-Grenze übersteigen würden. Daraufhin entschied sich der Kläger gegen eine Reparatur und bestellte ein typengleiches Ersatzfahrzeug für sein Unfallfahrzeug. Streitig waren nun die sich durch die Ersatzbeschaffung bedingten höheren Mietwagenkosten.... (weiter auf Seite 2) Zulässigkeit der Verweisung auf günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit LG Siegen, Urteil vom 05.11.2013, AZ: 1 S 32/12 Die Parteien streiten über restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem der sieben Jahre alte Pkw des Klägers beschädigt wurde. Das Fahrzeug war nicht nachweislich scheckheftgepflegt bzw. sonst regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert und gewartet worden. (weiter auf Seite 3) Kürzung der Sachverständigenkosten geht nicht zulasten des Geschädigten; für eine günstigere Reparaturmöglichkeit muss ein konkretes annehmbares Angebot vorgelegt werden AG München, Urteil vom 20.08.2013, AZ: 343 C 1379/13 Das AG München hatte in dem vorliegenden Rechtsstreit über die Erstattungsfähigkeit des Sachverständigenhonorars sowie restliche Reparaturkosten zu entscheiden. (weiter auf Seite 5) Unfallbedingte Reinigungskosten sind erstattungsfähig AG Neresheim, Urteil vom 29.10.2013, AZ: 1 C 137/13 Im vorliegenden Rechtstreit ging es um die Frage der Erstattungsfähigkeit von unfallbedingten Reinigungskosten im Haftpflichtschadenfall. Es ging hier um die Fahrzeugwäsche vor der Lackierung. Diese war erforderlich, um die Treffsicherheit beim Farbton zu beurteilen. Der Versicherer behauptete, eine solche Wäsche sei in den Grundkosten der Lackierung enthalten. (weiter auf Seite 7) Mietwagenkosten - Schwacke vor allem im ländlichen Raum überlegen AG Rosenheim, Urteil vom 25.10.2013, AZ: 15 C 1439/13 Die Klägerin forderte vor dem AG Rosenheim gegenüber der Beklagten restliche Mietwagenkosten für einen Anmietzeitraum von 14 Tagen ein. Bei der Beklagten handelte es sich um die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Die Eintrittspflichtigkeit des Unfallgegners dem Grunde nach zu 100 % stand fest. Vorgerichtlich kürzte die Beklagte die geltend gemachten Mietwagenkosten um 388,52. (weiter auf Seite 8)

Prognoserisiko im 130 %-Fall gilt auch bei Mietwagenkosten LG Köln, Urteil vom 30.04.2013, AZ: 11 S 290/12 Vor dem LG Köln klagte der Halter eines Fahrzeugs, der unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, auf Zahlung von restlichem Schadenersatz. Der mit der Schadenermittlung beauftragte Sachverständige kalkulierte Reparaturkosten in Höhe von 10.050,00 bei einem Wiederbeschaffungswert von 8.950,00. Insoweit lagen die kalkulierten Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert, jedoch innerhalb der 130 %-Grenze. Daraufhin entschied sich der Kläger für eine Reparatur seines Fahrzeugs. Während der Reparatur stellte sich jedoch heraus, dass statt der kalkulierten 10.050,00 die Reparatur nur mit einem Betrag von 12.500,00 fachgerecht durchgeführt werden kann. Daraufhin entschied sich der Kläger gegen eine Reparatur und bestellte ein typengleiches Ersatzfahrzeug für sein Unfallfahrzeug. Dieses wurde drei Wochen später ausgeliefert, woraufhin der Kläger sein nach dem Unfall angemietetes Mietfahrzeug zurückgab. Die beklagte Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers lehnte die Erstattung der geltend gemachten Mietwagenkosten über den gesamten Mietzeitraum mit der Begründung ab, der Eintritt eines wirtschaftlichen Totalschadens sei dem Geschädigten von Anfang an bekannt gewesen. Das LG Köln entschied: Von einem offensichtlichen Totalschaden konnte der Kläger nicht ausgehen, da aufgrund der Prognose des Sachverständigen eine Reparatur durchaus in Betracht kam. Die Tatsache, dass die Reparaturkosten nachträglich höher eingeschätzt wurden, könne nicht zulasten des Geschädigten gehen, so das LG Köln. Vielmehr trage dieses Prognoserisiko der Schädiger. Diese Erwägungen würden nicht nur für die Reparaturkosten gelten, sondern seien auch auf die Fragen von Mietwagenkosten zu erstrecken. Insofern sprach das LG Köln dem Kläger die Mietwagenkosten für den Zeitraum von zwei Wochen gemäß Gutachten zu. Dass die Wiederbeschaffung des Ersatzfahrzeugs schließlich drei Wochen dauerte, könne dagegen nicht zulasten des Schädigers gehen. Häufig stellt sich erst bei Durchführung der Reparatur heraus, dass weitere Schäden am verunfallten Fahrzeug eingetreten sind, sodass das Schadengutachten insoweit zunächst eine Prognose der voraussichtlich entstehenden Reparaturkosten darstellt. Stellt sich eine solche Überschreitung der prognostizierten Reparaturkosten heraus, hat der Haftpflichtversicherer gleichwohl die tatsächlich entstehenden höheren Reparaturkosten auszugleichen, er trägt das sogenannte Prognoserisiko. Insofern sollte der Geschädigte eines unverschuldeten Verkehrsunfalls einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadengutachtens beauftragen, da bei Einreichung lediglich eines Kostenvoranschlags die Gefahr besteht, dass eine etwaige Reparaturerweiterung nicht durch den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers getragen wird, sondern aufgrund der Verbindlichkeit des Kostenvoranschlags durch den Kfz-Betrieb zu tragen wäre. Vorliegend hat das LG Köln dieses Prognoserisiko auch auf die Mietwagenkosten ausgeweitet. 2

Zulässigkeit der Verweisung auf günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit LG Siegen, Urteil vom 05.11.2013, AZ: 1 S 32/12 Die Parteien streiten über restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem der sieben Jahre alte Pkw des Klägers beschädigt wurde. Das Fahrzeug war nicht nachweislich scheckheftgepflegt bzw. sonst regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert und gewartet worden. Das AG Siegen (Urteil vom 16.03.2012, AZ: 14 C 1073/11) entschied vorinstanzlich, dass die Beklagten verpflichtet sind, den vom Kläger geltend gemachten Reparaturbetrag zu zahlen, welcher auf den Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt beruhte, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger ermittelt hatte. Eine Verweisung auf eine günstigere, in einem Prüfbericht der Beklagten benannte Werkstatt wurde vom AG Siegen abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme kam die Kammer zu der Überzeugung, dass es sich bei den im Prüfbericht benannten Betrieb um einen mustergültig ausgestatteten Betrieb handelt, bei dem die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs vom Qualitätsstandard zumindest der Reparatur einer markengebundenen Toyota-Fachwerkstatt entspreche und auch Original-Ersatzteile verwendet werden. Im Prüfbericht waren zudem allgemein zugängliche Stundenverrechnungssätze enthalten und keine Sonderkonditionen. Die Kammer hielt die Vorlage eines konkreten Kostenvoranschlages bzw. einer konkreten Reparaturzusage nicht für erforderlich, da es sich vorliegend um einen Fall fiktiver Schadenabrechnung handele. Die Beklagten waren im Ergebnis daher lediglich verpflichtet, die im Prüfbericht veranschlagten Kosten zu tragen. Das LG Siegen führt zur Begründung aus, dass der Geschädigte im Reparaturfall dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen genüge, wenn er der Schadenabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Der Geschädigte hat aufgrund der im Schadenersatzrecht geltenden Dispositionsfreiheit einen Anspruch auf Ersatz dieser Kosten unabhängig davon, ob und in welcher Qualität er das Fahrzeug reparieren lässt. Allerdings ist unter Umständen ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder freien Fachwerkstatt möglich, wenn der Schädiger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen. Der Geschädigte, der fiktiv abrechnet, übt seine Dispositionsfreiheit nämlich dahingehend aus, dass er sich mit der Abrechnung auf objektiven Grundlagen zufrieden gibt. 3

Auch eine Unzumutbarkeit kam vorliegend nicht in Betracht, da das Fahrzeug des Klägers im Schadenzeitpunkt älter als drei Jahre war, nicht regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet bzw. repariert worden ist und der benannte Reparaturbetrieb lediglich 5,6 km vom Wohnort des Klägers entfernt lag. Zudem bestand das Angebot eines kostenlosen Hol- und Bringdienstes. Nach diesen Grundsätzen musste sich der Kläger auf die günstigere Reparaturmöglichkeit aus dem vorgelegten Prüfbericht verweisen lassen. Das LG Siegen hält die Vorlage eines konkreten Kostenvoranschlages bzw. einer konkreten Reparaturzusage im Falle fiktiver Abrechnung für nicht erforderlich, da es sich hierbei um bloße Förmelei handele, welche lediglich unnötige Kosten verursacht. Das Gericht sieht die Dispositionsfreiheit des Geschädigten auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die Verweisung auf die günstigere Reparaturmöglichkeit erst nach der Reparatur in Eigenregie durch den Kläger erfolgt und schließt sich damit der aktuellen Rechtsprechung des BGH hierzu an (vgl. BGH NJW 2013, 2817). 4

Kürzung der Sachverständigenkosten geht nicht zulasten des Geschädigten, konkretes annehmbares Angebot muss für eine günstigere Reparaturmöglichkeit vorgelegt werden AG München, Urteil vom 20.08.2013, AZ: 343 C 1379/13 Das AG München hatte in dem vorliegenden Rechtsstreit über die Erstattungsfähigkeit des Sachverständigenhonorars sowie restliche Reparaturkosten zu entscheiden. Der Kläger hatte einen Sachverständigen mit der Ermittlung des unfallbedingten Schadens an seinem Fahrzeug beauftragt. In diesem Gutachten waren die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt sowie UPE-Aufschläge, Ersatzteilaufschläge und Kosten für die Beilackierung berücksichtigt. Die Beklagte verweigerte die Zahlung des Sachverständigenhonorars mit der Begründung, insbesondere die Nebenkosten seien überhöht. Zudem hatte sie den Kläger auf die günstigen Stundenverrechnungssätze einer Alternativwerkstatt verwiesen und die Reparaturkosten entsprechend gekürzt. Das AG München gab dem Begehren des Klägers im Ergebnis vollumfänglich statt. Der Geschädigte kann im Zusammenhang mit der Schadenregulierung die Kosten verlangen, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Von einem Unfallgeschädigten kann nicht erwartet werden, dass er sich vor Erstellung des Gutachtens nach Preisen erkundigt. Das Gericht geht davon aus, dass es ein ortsübliches und angemessenes Honorar nicht gibt. Jedenfalls könne das Risiko eines überhöhten Sachverständigenhonorars nicht zulasten des Geschädigten gehen. Schließlich ist auch das sogenannte Werkstattrisiko vom Unfallgegner zu tragen. Die erkennende Richterin hat in ihren Urteilen bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Versicherungen der Unfallgegner die Möglichkeit haben, sich eventuelle Regressansprüche des Unfallgeschädigten gegen seinen Sachverständigen wegen eines irrtümlich zu viel gezahlten Honorars (Rückforderungsanspruch nach 812 BGB) abtreten zu lassen. Versicherungen könnten viel besser beurteilen, ob das in Rechnung gestellte Honorar angemessen ist und gezielt Klagen gegen einzelne Sachverständige führen, wenn sie dies für erfolgversprechend halten. Nicht angemessen ist es nach Auffassung der erkennenden Richterin jedenfalls, das Prozessrisiko auf den Unfallgeschädigten abzuwälzen, da dies im Übrigen auch nicht mit den Schadenersatzregeln der 249 ff. BGB in Einklang zu bringen ist. Daher wurden im Ergebnis auch die Sachverständigenkosten in voller Höhe zugesprochen. Für die Erstattungsfähigkeit der Stundenverrechnungssätze gilt: Ein Unfallgeschädigter kann die Höhe der erforderlichen Reparaturkosten grundsätzlich durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten nachweisen. Das Gericht ist der Auffassung, dass ein mühelos anzunehmendes günstigeres Angebot für eine preiswertere Reparatur nur vorliegt, wenn der Unfallgeschädigte dem Angebot ohne weitere eigene Kalkulation und ohne weitere Nachfragen entnehmen kann, dass die 5

Reparatur in der anderen Werkstätte tatsächlich insgesamt günstiger durchgeführt werden kann. Dazu ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts ein Kostenvoranschlag der aufgezeigten Werkstatt erforderlich, weil sich eine Kostenkalkulation nicht nur aus Stundenverrechnungssätzen zusammensetzt. Insbesondere die in Rechnung gestellten Arbeitswerte und Aufschläge beeinflussen die Gesamtrechnung. Dies kann dazu führen, dass in Abrechnungen von Alternativwerkstätten andere Positionen statt der Stundenverrechnungssätze höher ausfallen können. Die Höhe des Ersatzanspruches ist unabhängig davon, wie der Geschädigte den erhaltenen Schadenersatzbetrag verwendet, ob er also eine Reparatur durchführen lässt oder nicht. Da die Beklagtenseite kein Alternativangebot vorgelegt hat, konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts vorgetragen werden, ob bei der günstigeren Reparaturmöglichkeit UPE-Aufschläge, Ersatzteilaufschläge und Beilackierungskosten anfallen bzw. wie die Arbeitswerte kalkuliert werden. Der Anspruch auf die restlichen Reparaturkosten war daher auf der Grundlage des klägerischen Sachverständigengutachtens begründet. Eine Kürzung von Sachverständigenkosten zulasten des Geschädigten hält das Gericht für nicht angemessen und verweist die Versicherungen auf etwaige Rückforderungsansprüche aus 812 BGB aus abgetretenem Recht. Dem Geschädigten könne jedenfalls aufgrund der Schadenersatzregeln das Prozessrisiko nicht angelastet werden. Nach dem AG München liegt nur dann eine mühelos zugängliche günstigere Reparaturmöglichkeit vor, auf die sich der Geschädigte verweisen lassen muss, wenn ein konkretes annahmefähiges Angebot vorgelegt wird, aus dem sich nicht nur die Höhe der Stundenverrechnungssätze ergeben, sondern auch sämtliche Arbeitswerte und Aufschläge. 6

Unfallbedingte Reinigungskosten sind erstattungsfähig AG Neresheim, Urteil vom 29.10.2013, AZ: 1 C 137/13 In dem vor dem AG Neresheim verhandelten Rechtstreit ging es um die Frage der Erstattungsfähigkeit von unfallbedingten Reinigungskosten im Haftpflichtschadenfall. Es ging hier um die Fahrzeugwäsche vor der Lackierung. Diese war erforderlich, um die Treffsicherheit beim Farbton zu beurteilen. Der Versicherer behauptete, eine solche Wäsche sei in den Grundkosten der Lackierung enthalten. Mit wenigen und klaren Worten sprach sich das AG Neresheim für die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten aus. Zwar treffe es durchaus zu, dass es Werkstätten gebe, die solche Reinigungskosten nicht berechnen und diese im Regelfall zu den Lackierkosten gehören können. Im vorliegenden Fall habe der Kläger jedoch eingehend dargelegt, weshalb die Reinigung erforderlich war und eine solche eben nicht in der Kalkulation der Werkstatt enthalten ist. Das AG Neresheim führt weiterhin aus: Die vom Kläger beauftragte Reparaturwerkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfin des Klägers im Sinne des 278 BGB gewesen. Wenn sie in geringfügigem Umfang eine überhöhte Rechnung erstellt hat, welche aber im Ergebnis doch vertretbar ist, konnte der Kläger bzw. seine Werkstatt die Rechnung in vollem Umfang an die Beklagte weitergeben. Diese hätte gut getan, sie auch voll zu bezahlen statt was leider fast versicherungstypisch geworden ist wegen eines Streitwertes von 65,45 einen kostspieligen Rechtsstreit herbeizuführen. Sofern Kosten für die Innen- bzw. Außenreinigung gesondert geltend gemacht werden, sollten diese im Streitfalle detailliert und nachvollziehbar begründet werden. Insbesondere im Fall einer Verbringung zum Lackierbetrieb ist eine Darlegung wohl unproblematisch möglich. 7

Mietwagenkosten - Schwacke vor allem im ländlichen Raum überlegen AG Rosenheim, Urteil vom 25.10.2013, AZ: 15 C 1439/13 Die Klägerin forderte vor dem AG Rosenheim gegenüber der Beklagten restliche Mietwagenkosten für einen Anmietzeitraum von 14 Tagen ein. Bei der Beklagten handelte es sich um die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Die Eintrittspflichtigkeit des Unfallgegners dem Grunde nach zu 100 % stand fest. Vorgerichtlich kürzte die Beklagte die geltend gemachten Mietwagenkosten um 388,52. Das AG Rosenheim sprach noch 350,72 zu, sodass die Klage überwiegend erfolgreich war. Zunächst stellte das AG Rosenheim fest, dass die Beklagte einen Verstoß gegen Schadenminderungspflichten auf Klägerseite darzulegen und nachzuweisen gehabt hätte. Dieser Nachweis war der Beklagten im Prozess nicht gelungen. Die Klägerin hatte nämlich weitgehend zu einem erforderlichen Tarif angemietet. Dies ergab ein Vergleich mit dem Schwacke-Automietpreisspiegel. Das AG Rosenheim gab dieser Schätzgrundlage gegenüber dem sogenannten Fraunhofer-Marktpreisspiegel ausdrücklich den Vorzug. Hierzu das AG Rosenheim: "Das Gericht zieht den Schwacke-Mietpreisspiegel insbesondere im ländlichen Bereich der Fraunhofer-Liste vor im Hinblick auf die höhere Zahl der Nennungen und im Hinblick auf die exaktere Aufschlüsselung der Postleitzahlengebiete. Gerade im ländlichen Raum kann der Geschädigte nach Ansicht des Gerichts nicht auf die wenigen Großvermietstationen, die sich möglicherweise gar nicht bei ihm in der Nähe befinden, verwiesen werden, insbesondere nachdem innerhalb der nach nur zwei Ziffern der Postleitzahl gegliederten flächenmäßig sehr großen Gebieten ja nach konkretem Abholort erhebliche Preisschwankungen feststellbar sind." Darüber hinaus berücksichtigte das AG Rosenheim einen pauschalen Aufschlag für allgemeine unfallbedingte Besonderheiten in Höhe von 10 %, da die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall noch am Unfalltag den Ersatzwagen angemietet hatte und somit eine typische Eiloder Notsituation der Geschädigten vorgelegen hatte (so auch BGH NJW 2006, 1106). Interessant ist vor allem die des Gerichts zur Überlegenheit des Schwacke- Automietpreisspiegels im ländlichen Raum. Gerade hier wirken sich die massiven Fehler des Fraunhofer-Marktpreisspiegels besonders aus. Der in einer Großstadt bzw. in einem Ballungsraum anmietende Geschädigte mag hier noch mehr Auswahl an unterschiedlichen Anbietern haben. Für den Unfallgeschädigten, der im ländlichen Raum wohnt, gilt dies nicht. Für ihn verbleiben oft nur wenige Anbieter vor Ort. Vor diesem ist gerade in solchen Fällen der Fraunhofer-Marktpreisspiegel besonders kritisch zu hinterfragen. Das AG Rosenheim hat dies getan und sich letztendlich für den Schwacke-Automietpreisspiegel als Schätzgrundlage entschieden. 8