2. Vogelwelt von Oensingen und Umgebung 2.1.0 Einleitung Alle Beobachtungen, die gemacht werden, teile ich in drei Kategorien ein: A) Zufallsbeobachtungen: d. h. Exkursionen, Wanderungen, Spaziergängen, Velotouren od. mündl. Mitteilungen durch andere Ornithologen vor Ort. B) Gezielte Beobachtungen: d. h. Monitoring der Brutvögel oder regelmässige Kontrolle/Überwachung von bestimmten Gebieten. - Monitoring für gefährdete Arten [3d], wie z, B.: die Dohle, Wanderfalke und Turmfalke usw. - Monitoring häufige Brutvögel (Bearbeitungsfläche 1km2; 2-3 Rundgänge im Frühling, April/Juni [3c] - Brutvogelatlas der Vogelwarte Sempach [3aa 3a, 3b] C) Beobachtung durch Drittpersonen: Diese Beobachtungen sind mit Sorgfalt zu prüfen, da diese Meldungen oft erst sehr spät mitgeteilt werden (keine Überprüfung mehr möglich) und oft handelt es sich um Laien. Der grösste Teil der Beobachtungen können der Kategorie A zu geordnet werden. Folgende Faktoren spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle: 1. Die Struktur der Landschaft 2. Grössere Vögel sind einfacher fest zu stellen 3. Wie gross sind die Vogelpopulationen der einzelnen Arten (1.) 1. Die Struktur der Landschaft Dieses Thema wurde eingehend im Thema Umwelt [1.7.0] erörtert. Zu erwähnen ist, dass im schwerunzugänglichen Gelände oft Arten übersehen werden. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 29
2. Grössere Vögel sind einfacher fest zu stellen Wir wissen, dass der Buchfink der häufigste Vogel ist. An zweiterstelle neu der Haussperling. Auf dem Gemeindegebiet von Oensingen liegt der Buchfink nur auf Platz 3 der Häufigkeitsskala. Wenn wir nur die fünfzehn häufigsten Arten betrachten, so sind doch fast 50% grössere Arten. Warum werden kleinere Arten oft übersehen: - Werden nicht erwartet (Ort/Gegend) - Feiner Gesang - Ungünstige Witterung Wind, Regen usw. (kein Gesang) Nachfolgend sehen sie die Rangliste der häufigsten beobachteten Vogelarten seit 1895 aus über 111 126 Beobachtungen (Stand 31.12.2011und 312.12.2013). Die am häufigsten beobachteten Arten sind: 2011 2013 1. Mäusebussard 7 616 Mäusebussard 8 445 2. Rabenkrähe 5 588 Rabenkrähe 6 296 3. Buchfink 3 918 Buchfink 4 535 4. Amsel 3 846 Amsel 4 495 5. Kohlmeise 3 548 Turmfalke 4 133 6. Turmfalke 3 535 Kohlmeise 4 065 7. Rotkehlchen 2 850 Rotmilan 3 368 8. Rotmilan 2 763 Rotkehlchen 3 147 9. Haussperling 2 572 Graureiher 2 767 10. Graureiher 2 444 Haussperling 2 721 11. Bachstelze 2 418 Dohle 2 640 12. Dohle 2 389 Bachstelze 2 619 13. Hausrotschwanz 2 244 Hausrotschwanz 2 543 14. Star 2 092 Star 2 338 15. Elster 1 913 Elster 2 323 In all den Jahren wurden nur kleiner Abweichungen festgestellt. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 30
3. Wie gross sind die Vogelpopulationen der einzelnen Arten Die Struktur der Landschaft hat einen wesentlichen Einfluss auf die Fauna und Flora. D. h. wie vernetzt die umliegenden Gebiete sind. Handelt es sich um Siedlungs-, Stadt- oder Berggebiet? Aber auch die Bewirtschaftung ist ein wichtiger Faktor. Wird der Boden extensiv oder intensiv genutzt? Haben die Tiere genügend Ressourcen zur Verfügung oder nicht? Wie sind die klimatischen Verhältnisse? Gibt es Feinde in der näheren Umgebung? Hat es weitere Populationen in der näheren Umgebung? usw. Hat die Art das Potential um sich weiter auszubreiten? Richtung S N oder N S d. h. ist die Art am nördl. oder südl. Rand vom Ausbreitungsgebiet. Da wie bereits schon erwähnt wurde, fehlen zur Beurteilung der Populationsgrösse genaueren Beobachtungen aus der Vergangenheit (1900 1980). Heute kann man nur Vermuten oder aus anderen Gebieten Rückschlüsse ziehen. Bild Nr. 25 Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 31
2.2.0 Brutvögel Die Brutvögel der letzten zwanzig Jahren, war kein Problem zum Bestimmen. Ab was war in den Jahren davor? Durch OH und HH, sowie ED, wussten wir, welche Arten aus unserer Region verschwunden sind. Bevor der Brutvogelatlas aus den 50er Jahren erschien, hatten wir schon festgestellt, dass das Artsterben schon in den frühen vierziger, wenn nicht sogar schon in den dreissiger Jahren begonnen hat. Wir untersuchten die Beobachtungsdaten nach folgen Kriterien: 1. Standvogel (ganzjährlich an zu treffen) 2. Zugvogel a) Möglicher Brutvogel (Ja/nein) b) Brutvogel - Ankunft im Frühlingc) Brutvogel - Wegzug im Sommer/Herbst d) Aufenthaltsdauer in einem Brutgebiet e) Brut- /Nestdauer Dies war der aufwendigste Teil unserer Untersuchung. Uns interessiert wie es sich verhält mit der Anzahl Beobachtungen mit der Anzahl Brutvögel. 1. In welchen Jahren wurden >70 Brutvögel gezählt 2. Wie viele Beobachtungen wurden pro Jahr getätigt Jahr/e Anzahl Brutvögel Beobachtungen/Jahr 1937 85 365 1962 87 3 963 1995 87 2 541 1989 1994 81 84 2 059 3 048 1960 1961 79 80 1 909 4 049 1963 1965 75 80 252 2 564 1932 1936 68 74 187 282 Aus den oben erwähnten Zahlen ist ersichtlich, dass genaue Beobachtungen zur Brutzeit wichtig sind. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 32
Früher war der Störungsfaktor Mensch noch nicht so gross wie heute. Damals spürten die Leute sogar während der Brutzeit die Nester seltener Arten auf, was OH bestätigte. Damals waren manche Vogelarten noch weiter verbreitet als heute. Abb. 1 Abb.1 Aus der Grafik ist zu entnehmen, dass in den 10er bis 20er Jahren sehr viele Brutvogelarten fehlen (unwichtige Arten). Auch ist eine Abnahme ersichtlich zwischen den 40er und 50er Jahren. Dann bleibt die Linie der Brutvögel ziemlich Linear. Viele Durchzügler wurden mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht erkannt oder waren zur selben Zeit nicht interessant! Dies sind nur Vermutungen oder Spekulationen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass zu da maligen Zeit viel weniger Ornithologen gab als heute. In den späteren 90er Jahren hatte die Ornithologie einen plötzlichen Aufschwung zu verzeichnen Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 33
2.3.0 Zugvögel Wenn wir zurückblicken in die frühen 20-iger bis 70-iger Jahren wurden Durchzügler kaum registriert [2.2.0/Abb.1]. Es ist zu vermuten, dass gewisse Arten kaum bekannt oder nicht beachtet wurden. Das Gäu muss schon immer ein bedeutender Rastplatz für allerlei Durchzügler gewesen sein. Im Frühling und im Herbst hat es immer wieder grössere Wasserflächen, wo man verschiedene Limicolen und Reiher beobachten kann. Erst in jüngerer Zeit stieg die Anzahl der Beobachtungen stetig an. Im Jahr 1984 mit 10 Arten, sind es heute bis zu 55 Arten, die auf dem Zug zu beobachten werden. Wie schon in der Einleitung erwähnt ist dies auf die Zunahme von Vogelbeobachter zurück zu führen. Weiter Informationen können sie unter 5.1.0 5.8.4. oder im Anhang unter G1-3 nachlesen. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 34
2.4.0 Zu- und Abgänge Dass einige Brutvögel verschwinden und nur noch auf dem Durchzug zu beobachten sind, kann verschiedene Gründe haben: 1. Biotopverluste durch Siedlungen (Umzonung) 2. Veränderung der Landschaft, Wald, Feld und Flur. 3. Veränderung der Lebensgewohnheiten (mehr Freizeit/Störfaktor Mensch) 4. Äusserstes Brutareal in der Region (Schweiz/Kt./Region) 5. Klimaveränderungen 1. Zunahme der Bevölkerung allgemein Durch das Wachstum einer Gemeinde, muss immer mehr Land in Wohnzonen umgewandelt werden. Das führt dazu, dass die Ganze Infrastruktur neu angepasst werden muss. Das kann zur Folge haben, dass bestimmte Tierarten kein geeignetes Brutareal mehr vorfinden. Auch die Industrie sucht Günstige Standorte mit Autobahnanschluss und guter Infrastruktur. Zunahme der Mobilität Der Individualverkehr hat in den letzten Jahren sehr stark zugenommen. Das hat zur Folge, dass die Autobahnen auf sechs Spuren ausgebaut werden. Für etliche Gemeinden werden Umfahrungsstrassen zur Entlastung gebaut. 2. Veränderung der Landschaft, Wald, Feld und Flur. Wald Würden wir die Zeit um 100 Jahre zurück drehen, so würden wir kaum das Gebiet von der Ravelle bis zum Roggen wieder erkennen. Auf alten Kupferstichen ist ersichtlich, dass die ganze Ravelle kahl aussieht. Da die Ackerflächen nicht ausreichten die Bevölkerung und Tiere mit Nahrung zu versorgen, so durften die Bauern Rüttenen benutzen. Die Rütten war eine spezielle Landschaftsform die wie folgt beschrieben werden kann: Das Vorgesehene Gebiet wurde kahl geschlagen und soweit gesäubert, dass entweder das Vieh etwas zu fressen fand oder Ackerbau betrieben werden konnte. Die Nutzung war nur für eine unbestimmte Zeit. Ganz ähnlich war die Waldweide, wo die Kühe vor allem in Buchen- und Eichenwäldern ihre Nahrung fanden. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 35
Mit dem Fortschritt nahm die Selbstversorgung ab. Für Kleinvieh blieb kaum Zeit übrig. Denn früher hatten die Arbeiter in den Fabriken längere Arbeitszeiten und weniger Ferien als heute. Durch Veränderung der Lebensweise veränderte sich auch die Landschaft. In nur wenigen Jahren eroberten die Sträucher und Bäume Lebensraum zurück. Die Grösste Waldfläche von Oensingen befindet sich am Jurasüdfuss. Die Waldgesellschaften von Pflanzen und Bäumen ist sehr vielfältig [1.6.0]. Wurde einst nur während den Wintermonaten Holz geschlagen, wird heute fast das ganze Jahr Holz geerntet. Aus dem geschlagenen Holz wird entweder Papier, Brennholz oder Schnitzelholz produziert. Feld Bis in die dreissiger Jahre bewässerten viele Bäche die Felder, welche bis ins Gebiet Schwängi reichten. Durch die Dünnernkorrektur verschwanden fast alle diese Bäche, ausgenommen der Mittelgäubach [1.3.0/1.4.0/2.1.0]. Das entwässerte Land konnte nun besser für die Landwirtschaft genutzt werden. Die Produktion konnte dem Markt angepasst werden. Durch Projekte von Bund und Kanton wird versucht die Weiden wieder Naturnaher zu bewirtschaften. 3. Veränderung der Lebensgewohnheiten (mehr Freizeit). Wie schon eingangs dieses Buches erwähnt wurde, hat der Druck auf die Natur sehr stark zugenommen. Es hat für jeden Platz in der Natur, aber man muss einfach Respekt haben vor der Natur und gegenüber den anderen Benutzern [siehe Anhang F]. 4. Äusserstes Brutareal in der Region (Schweiz/Kt./Region) Dies sind Arten, welche sehr selten sind und nur sporadisch Brüten. Solche Arten werden nicht auf der Roten Liste geführt, da sie ja grundsätzlich erst versuchen weiteres Brutareal zu erobern. Dies war so bei der Wacholderdrossel und heute beim Girlitz so. 5. Klimaveränderung Es haben noch nicht alle Leute begriffen, dass eine Klimaveränderung uns bevorsteht. Das mag nicht heissen, dass das für negative Folgen hat. In der ganzen Erdgeschichte hat das schon immer in gewissen Abständen stattgefunden. Es fragt sich nur wie wir mit dieser Situation umgehen. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 36
Zu- und Abgänge Oensingen und Umgebung. Mitte der dreissiger Jahre verschwanden die ersten Vogelarten aus unserer Region. So z.b. Weissstorch, Raubwürger, Grauammer, Rebhuhn und Wachtelkönig um nur einige zu nennen. In den sechziger Jahren verschwand das Auerhuhn aus dem Gebiet vom Roggen. Es folgten in den achtziger Jahren der Grauspecht, Wendehals, Hohltaube, Zaunammer und die Dorngrasmücke, Durch verschiedene Organisationen wurden Artenförderungsprogramme in Leben gerufen. Als bekanntestes Projekt dürfte die Storchenaufzuchtstation Altreu genannt werden. Weitere Projekte sind: Mauersegler, Wiedehopf, Spechte und Wachtelkönig usw. Auch darf nicht vergessen werden, dass verschiedene Naturreservate geschaffen wurde. Durch gezielte Biotoppfleg kann für einzelne Arten wieder den gewünschten Lebensraum geschaffen werden. Dies ist aber arbeitsintensiv. Der Bund und die Kantone finanzierten diverse Lebensraumaufwertungsprojekte. Der Brutplatz des Wanderfalken, der seit 1985 bekannt ist, blieb in den letzten zwei Jahren verwaist. Die Störungen von den Delta- und Gleitschirmfliegern von der Schwängimatt her war zu gross. Trotz eines Kletterverbots in der Wanne, gab es einige, die dort weiter kletterten. Nebst dem Verlust einzelner Arten in unserer Region, gibt es aber auch Erfreuliches zu berichten. Es gibt Vogelarten, die die Veränderung zu ihren Gunsten nutzen können und ihr Brutareal erweiterten. Die Wacholderdrossel, der Girlitz und die Türkentaube sind die Bekanntesten unter ihnen. Die Felsenschwalbe hat sich vom französischen Jura bis in unsere Region ausdehnen können. In neuster Zeit, zeichnet sich ab, dass der Karmingimpel sein Brutareal stetig erweitert. Die Beobachtungen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Auf dem Brunnersberg oberhalb von Balsthal konnte schon einer beobachtet werden. Anpassungs- und Lernfähige Arten konnten ihren Lebensraum aus eigener Kraft zurück erobern, wie zum Beispiel die Hohltaube. Arealverlust Dies wurde schon eingehend behandelt unter folgenden Punkten [1.5.0 bis 1.7.0]. Brut- und Zugvögel Oensingen Seite 37