Dr. Markus Wilken. Therapie frühkindlicher Fütterstörung und Sondenentwöhnung

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Transkript:

Dr. Markus Wilken Therapie frühkindlicher Fütterstörung und Sondenentwöhnung

Bausteine der Essentwicklung Oralmotorische & sensorische Reifung Motorische Reifung Körperliche Entwicklung Entwicklung von Initiative Entwicklung von interaktiven Routinen

Störungen der Essentwicklung Fehlender Entwicklungsimpuls Warum entwickeln wir uns nicht? Entwicklungswiderstände Warum entwickeln wir uns nicht in die richtige Richtung? Störende Umwelteinflüsse Was hält uns davon ab uns zu entwickeln? Traumatische Erfahrungen Was bringt Entwicklung zum Zusammenbruch?

Beim gesunden Kind: Störung der Essentwicklung Oralmotorik und Sensorik Kaustörung, Hypersensitivität, verpasste Zeitfenster Motorische Entwicklung Haltungsstörung, KISS-Syndrom Körperliche Entwicklung GÖR-K, Allergie, Unverträglichkeiten Initiative Ich will, nur was ich will Interaktive Routine Gestörte Erziehungs- und Beziehungsarbeit

Sondierte Kinder: Störung der Essregulation Oralmotorische & sensorische Reifung Reduzierte Schluckaktivität, Erbrechen, Motorische Reifung Zerebrale Schädigung, aber auch Binden der Hände... Allgemeiner Gesundheitszustand Grunderkrankung, Komplikationen, Nahrungsintoleranz Entwicklung von Initiative Kein Hunger- Durstimpuls Entwicklung von interaktiven Routinen Trauma, Nahrungsverweigerung, Stress der Eltern, Uneinigkeiten von Therapeuten

Was ist eine Fütterstörung? Allgemein umfasst sie Nahrungsverweigerung und extrem wählerisches Essverhalten bei angemessenem Nahrungsangebot einer einigermaßen kompetenten Betreuungsperson und in Abwesenheit einer organischen Krankheit. (Dilling, Mombour & Schmidtz, 2004, S.320) There are no universally accepted definitions or validated classifications of common FDs (Feeding Disorders) of infancy. (Benoit, 1999, S. 339)...So ganz genau wissen wir es nicht.

Symptome von Fütterstörungen Wählerisches Essverhalten Bizarres Essverhalten Nahrungsverweigerung Erbrechen Prä-orale Abwehr und Schluckwiderstand Assoziiert: Nicht-organische Gedeihstörung Ausschluss: Schluckstörung Akute medizinische Erkrankung Autismus...

Diagnostik Konzept: Institute of Tube Weaning & spectrum Pediatrics

Diagnostik & Vorbereitung Intake Evaluation Fragebogen Analyse medizinischer Berichte Videoanalyse, Praxis- oder Hausbesuch Vorbereitung: Monatliche Elterngespräche bis zur Therapie Follow-ups mittels Videoaufnahmen im Internet

Fragebogen Gewichts- und Ernährungsstatus Schluck- und Essverhalten Entwicklung & Eigenschaften Traumatisierung der Eltern

Essverhaltensanalyse Direkte Beobachtung: Rahmen: Gemeinsame Mahlzeit Was macht das Kind mit dem Essen und mit seinen Eltern? Wie fühle ich mich in der Situation? Wie würde ich die Situation gerne neugestalten? Videoaufnahme: Eltern und Kind sind deutlich sichtbar (ca. 3-5 Minuten) Analyse ähnlich wie oben, jedoch: Wiederholte und strukturierte Auswertung möglich Beide Methoden haben Vor- und Nachteile und lassen sich kombinieren

Analyse Medizinischer Berichte Bericht der Initialbehandlung Alle Berichte, die mit der Ernährung im Zusammenhang stehen Analyse: Auswirkung von Erkrankung auf das Essverhalten Ist die aktuelle Ernährung veränderbar? Sind weitere Untersuchungen erforderlich Ist es eine medizinisch bedingte Nahrungsverweigerung oder eine Fütterstörung?

Ernährt per Sonde oral ernährt Diagnostik Kein (weiterer) Behandlungsbedarf Ernährung per Sonde Schlucktherapie Sondenentwöhnung Esstherapie Sondenmanagement Logopädie ambulant oder stationär? Wer bildet bitte schon das ganze Kontinuum ab?

Therapie Konzept entwickelt von: Institute of Tube Weaning & Spectrum Pediatrics

Grundannahmen Essen und trinken wird vom Selbst reguliert. Selbstregulationsfähigkeit wird durch äußere Störungen beeinträchtigt Diese Störungen müssen diagnostiziert und dann beendet und integriert werden. Dann verbessert sich das Essverhalten. Kinder müssen nicht das Essen lernen, können zum Essen gebracht, gezwungen oder vorm essen überzeugt werden. Sie tun es einfach.

Therapieziele Interventionsziel beim Kind: Selbstregulation Initiativem beim Kind wecken Ausreichende Ernährung Stabile Eltern-Kind-Beziehung Interventionsziele für Eltern Ernährungsgewissheit Sicherheit gewinnen Selbstsicherheit stärken Wie lautet Ihr Auftrag?

Therapiephasen Diagnostik (1 Monat) Hungerinduktion & Vorbereitung (3-6 Monate) Intensivphase (7-10 Tage) Nachsorge (6 Monate)

Vorbereitung Diagnostik besprechen Regelmäßige Follow-ups Möglichkeiten Spielen Genießen Nahrung anpassen Ziele definieren: Symptomatik reduzieren

Hungerinduktionsschema Start Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 10.00 130 50 13.00 130 130 130 120 90 60 17.00 130 130 130 130 130 130 nachts 400 400 370 300 250 200 Summe 790 710 630 550 470 390 Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Getrunken Gegessen Ausscheidung Gewicht Schlaf

Spieltherapie Grundannahmen: Entwicklung wird erspielt Beziehung wird erspielt Simply Playing: Den Initiativen und Interessen des Kindes folgen In die Welt des Kindes eintauchen und einen Einblick erhalten Symptomorientiertes Spiel Identitäts-, Ess- und Beziehungskonflikte aufgreifen und auflösen Spielthemen in die Esssituation übertragen

Let the children play: Spielpicknick Everything goes: Breite Palette verschiedener Nahrungen Kinder geben die Regel vor Initiative geht vom Kind aus Mitspielen: Nicht so tun als ob Keine Zielsetzung Watch, Wait and Wonder Lassen sie sich überraschen

Begleitung in der Esssituation Bevor gegessen wird Bedeutung von Symptomen erfassen? Warum geht es: Autonomie, Trauma, Bindung, Angst. Signale von Eltern und Kind erläutert und interpretiert. Nahrungsverweigerung akzeptiert Fokus auf spezifische Stress- und Verweigerungsauslöser um diese aus dem Esskontext herauszulösen.

Begleitung in der Esssituation Das Essen beginnt Umgestaltung der Esssituation damit keine Notwendigkeit für Nahrungsverweigerung besteht. Langsam füttern, bewegen, denken. Stresssignale des erkennen und Stress regulieren. Den Kindlichen Signalen in der Esssituation zu folgen.

Nachsorgephase Konsolidierungsphase Zunahme oraler Einfuhr Ausgangsgewicht wird wieder erreicht Normalisierung des Essverhaltens Kontakt über mindestens ein halbes Jahr Gestaltung der Ess-Situation, Zeiten Stabilität der Nahrungsaufnahme Kurzfristige Nahrungsverweigerung, Krisen

Erfolgskriterien Kurzfristig Spielerische Aktivität Ausscheidungen Signale von Hunger und Durst Abnahme der Füttersymptomatik Langfristig Stabilisierung des Essverhaltens Wachstum Körper + Kopfumfang kognitive & motorische Entwicklung Entfernen von PEG-Sonde o.ä.

Haben Sie noch Fragen? Was möchten Sie gerne diskutieren? Was sind Ihre ganz konkreten Erfahrungen?