Koordinierungsstelle für. Handbuch für die Zuordnung von formalen Qualifikationen. zum Nationalen Qualifikationsrahmen

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Transkript:

Koordinierungsstelle für den Nationalen Qualifikationsrahmen Handbuch für die Zuordnung von formalen Qualifikationen zum Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) - Kriterien Jänner 2011

Herausgeberin: Nationale Koordinierungsstelle für den NQR in Österreich (NKS) c/o Nationalagentur Lebenslanges Lernen OeAD (Österreichische Austauschdienst)-Gesellschaft mit beschränkter Haftung Austrian Agency for International Cooperation in Education and Research (OeAD-GmbH) Ebendorferstraße 7 A-1010 Wien Tel: +43/1/534 08-0 Fax: +43/1/534 08-699 E-Mail: nqr@oead.at Firmenbuchnummer: FN 320219 k ATU64808925 DVR: 4000157 Für den Inhalt verantwortlich: Ernst Gesslbauer Redaktion Udo Bachmayer und Karl Andrew Müllner Das Handbuch basiert auf einer Forschungsstudie des IBW (Projektleitung: Sabine Tritscher- Archan) im Auftrag des BMUKK.

Inhaltsverzeichnis Vorwort... 2 1 Präambel... 3 1.1 Was ist der Europäische und Nationale Qualifikationsrahmen?... 3 1.2 Auf welcher Basis erfolgt die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR?... 6 1.3 An wen richtet sich das Handbuch?... 6 2 Anforderungen an Qualifikationen... 7 2.1 Was ist eine Qualifikation?... 7 2.2 Welche Mindestanforderungen sind mit Qualifikationen verbunden?... 9 2.3 Welche Schritte sind zu setzen, um diese Mindestanforderungen zu erfüllen?... 13 3 EQR-Deskriptoren und Erläuterungen...14 3.1 Wie sollen die Deskriptoren und Erläuterungen gelesen werden?... 15 3.2 Was sind Referenzqualifikationen?... 18 4 Beschreibung von Qualifikationen...37 5 Serviceteil...43 5.1 Kontaktstellen... 43 5.2 Weiterführende Links, Publikationen und Projekte... 43 5.3 Glossar... 45 5.4 Deskriptoren zur Beschreibung der Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR)... 49 1

Vorwort Das vorliegende Handbuch ist als eine vorläufige Version zur Verwendung in der Simulationsphase zu betrachten. Es stellt das Ergebnis der NQR Entwicklungsarbeiten im Jahr 2010 dar. Das Handbuch soll Organisationen bei der Erstellung ihres Antrags auf Zuordnung von Qualifikationen aus ihrem Verantwortungsbereich zum NQR unterstützen sowie als Grundlage bei der Argumentation der NQR Zuordnung dienen. Die Simulationsphase soll zur Testung des Handbuches genutzt werden. Die Erfahrungen werden in eine Weiterentwicklung des Handbuches einfließen. Vorbemerkungen zur Klärung des Kontextes: Das Handbuch ist kein rechtlicher Text bzw. gesetzmäßig formuliert. Es soll einfach formuliert sein und für antragstellende Organisationen klar aufzeigen, welche Inhalte für eine valide und vertrauensbildende NQR Zuordnung bereit gestellt werden müssen. Dabei steht die Transparenz von Qualifikationen und deren Zuordnung im Vordergrund und nicht deren Regulierung innerhalb der österreichischen Bildungslandschaft. Die ordentlichen Studien Bachelor, Master, PhD werden automatisch zugeordnet, deshalb brauchen Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen für diese Abschlüsse keinen Antrag um Zuordnung einreichen. Der Umgang mit Qualifikationen außerhalb von ordentlichen Studien, aber innerhalb von hochschulischen Einrichtungen wird noch diskutiert, deshalb werden solche Qualifikationen in der Simulationsphase noch nicht bearbeitet. Ausgangspunkt des gesamten Ansatzes ist der EQF. Das heißt die Kriterien bzw. die Erläuterungen der einzelnen Niveaus sollen immer im Hinblick auf den EQF gelesen werden und sektor- und bildungsbereichsneutral interpretiert werden. Der NQR will keine neue Bildungshierarchie schaffen, sondern als Beitrag zum EQR als europäisches Transparenzinstrument gesehen werden. Dem IBW, dem ÖIBF, der Nationalen Koordinierungsstelle sowie allen Mitgliedern der NQR Steuerungsgruppe, die sich aktiv in die Diskussion eingebracht haben, soll an dieser Stelle herzlich gedankt werden. für die Nationale Steuerungsgruppe NQR Theodor Siegl (BMUKK) Friedrich Faulhammer (BMWF) 2

1 Präambel 1.1 Was ist der Europäische und Nationale Qualifikationsrahmen? Im April 2008 hat das Europäische Parlament und der Rat die Empfehlung zur Errichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen* (EQR*) angenommen. Primäres Ziel des EQR ist es, nationale Qualifikationen* europaweit transparent zu machen und damit die Mobilität zwischen den Bildungssystemen sowie auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern. Qualifikationen werden dazu in einem acht Niveaus* umfassenden Raster abgebildet, wobei die Zuordnung zu einem Niveau auf Basis von Lernergebnissen* erfolgt. Lernergebnisse sind jene Kenntnisse*, Fertigkeiten* und Kompetenz*, über die Lernende am Ende einer Lernperiode nachweislich verfügen. Das Konzept des EQR sieht vor, dass nationale Qualifikationen nicht direkt dem EQR sondern zuerst einem Nationalen Qualifikationsrahmen* (NQR)* zugeordnet werden. Jedes Land kann dabei die Struktur seines NQR selbst bestimmen, d.h. Anzahl der Niveaus, Definition der Deskriptoren*, Art und Anzahl der Dimensionen*. Aufgrund der unterschiedlichen nationalen Zugänge kann daher erst durch die Verknüpfung der NQR- mit den EQR-Niveaus die Vergleichbarkeit von Qualifikationen ermöglicht werden. Der EQR fungiert daher als Metarahmen zur Übersetzung der NQR-Niveaus (vgl. Abb. 1). *) Die bei der ersten Nennung mit * gekennzeichneten Begriffe sind im Glossar ( 5.3) erklärt. 3

Abbildung 1: EQR als Metarahmen NQR Land A EQR Niveau 8 NQR NQR Land B Niveau 8 Q 1 NQR Niveau 6 EQR Niveau 7 NQR Niveau 7 Q 1 Q 2 NQR Niveau 5 NQR Niveau 4 EQR Niveau 6 EQR Niveau 5 NQR Niveau 6 NQR Niveau 5 Q 2 Q 3 NQR Niveau 3 NQR EQR Niveau 4 EQR Niveau 3 NQR Niveau 4 NQR Niveau 3 Q 3 Q 4 Q = Qualifikation Niveau 2 NQR Niveau 1 EQR Niveau 2 EQR Niveau 1 NQR Niveau 2 NQR Niveau 1 Q 4 Die Entwicklung des österreichischen Nationalen Qualifikationsrahmens wurde mit der Annahme des NQR-Positionspapieres durch den Ministerrat Ende 2009 offiziell eingeleitet. Diesem Ministerratsbeschluss ging ein intensiver Diskussionsprozess unter VertreterInnen wichtiger Institutionen der österreichischen Qualifikationslandschaft voraus, in dem man sich schließlich auf folgende Struktur des österreichischen NQR geeinigt hat (vgl. Abb. 2): Der NQR wird insgesamt acht Niveaus umfassen, wobei Qualifikationen der Niveaus 6 bis 8 auf Basis unterschiedlicher Beschreibungssätze zugeordnet werden. Während hochschulisch erworbene Qualifikationen der Bologna-Architektur (d.h. Bachelor, Master und PhD) nach den Dublin Deskriptoren* zugeordnet werden, basiert die Zuordnung aller anderen Qualifikationen auf den EQR-Deskriptoren ( Kap. 3). Die Ebenen 1 bis 5, die ebenfalls durch die EQR-Deskriptoren charakterisiert werden, werden Qualifikationen aus allen Bildungskontexten umfassen. 4

Abbildung 2: Struktur des österreichischen Nationalen Qualifikationsrahmens Niveau 8 PhD Niveau 7 Master Niveau 6 Bachelor Niveau 8 Niveau 7 Niveau 6 Niveau 5 Niveau 4 Niveau 3 Niveau 2 Niveau 1 Mit dem NQR soll die österreichische Qualifikationslandschaft transparent dargestellt werden. Wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass sich aus einer Niveau-Zuordnung keine Berechtigungen ableiten. Die Zuordnung zu einem bestimmten Niveau ermöglicht nicht automatisch Zugang zum Erwerb einer Qualifikation der nächst höheren Ebene ( 3.1). Der NQR hat demnach ausschließlich orientierende und keine regulierende Funktion. Zudem ist die Zuordnung von Qualifikationen freiwillig und erfolgt erst auf Basis eines formalen Antrags ( Kap. 4). Ein solcher Antrag kann nur für Qualifikationen gestellt werden, die nach dem 1. Jänner 2011 erworben werden können, d.h. der Antritt zum Feststellungsverfahren* (d.h. zur Prüfung) sowie die Ausstellung des Qualifikationsnachweises* (d.h. eines Zeugnisses, Zertifikats, Diploms etc.) müssen nach dem 1. Jänner 2011 erfolgen. Eine Zuordnung von Qualifikationen, für die es nach diesem Stichtag keine Prüfung mehr gibt bzw. für die kein Qualifikationsnachweis mehr ausgestellt werden kann, ist nicht möglich. 5

1.2 Auf welcher Basis erfolgt die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR? Die Zuordnung zum NQR basiert auf drei Kriteriensets: 1. Anforderungen an Qualifikationen ( Kap. 2): Abschlüsse, die dem NQR zugeordnet werden, müssen eine Reihe von formalen Anforderungen erfüllen. Nur solche, die diesen Anforderungen entsprechen, sind zuordnungstauglich. Die Anforderungen betreffen dabei das Feststellungsverfahren* (d.h. die Abschlussprüfung) sowie den Qualifikationsnachweis* (d.h. das Zeugnis/Zertifikat/Diplom etc.). 2. EQR-Deskriptoren und Erläuterungen ( Kap. 3): Die Hauptbasis für die Zuordnung von Qualifikationen bilden die EQR-Deskriptoren, bestehend aus lernergebnisorientiert formulierten Aussagen über Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz für jedes Niveau. Um diese Deskriptoren verständlicher und leichter handhabbar zu machen, sollen Erläuterungen die eher abstrakt gehaltenen Beschreibungen näher spezifizieren. Zudem sollen die angegebenen Referenzqualifikationen aus der österreichischen Qualifikationslandschaft als qualifikatorische Anker die Zuordnung erleichtern. 3. Beschreibung von Qualifikationen ( Kap. 4): Der Antrag um NQR-Zuordnung einer Qualifikation besteht aus einer ausführlichen Beschreibung, die auf einer für alle Qualifikationen gültigen Formatvorlage basiert. Diese Beschreibung umfasst neben qualitativen Angaben (zur Qualifikation, zum Feststellungsverfahren etc.) auch quantitative Hinweise (z.b. Daten und Fakten, die die Validität der Prüfung oder die Bedeutung der Qualifikation für den Arbeitsmarkt untermauern), die als Indizien für die Zuordnungsbegründung herangezogen werden können. Die Zusammenschau aller drei Kriteriensets bildet die Basis für die Zuordnung. 1.3 An wen richtet sich das Handbuch? Das vorliegende NQR-Handbuch richtet sich in erster Linie an antragstellende Organisationen* in allen Bildungskontexten. Nur über einen Antrag kann eine Qualifikation einem NQR- Niveau zugeordnet werden. Das Handbuch soll aber auch für Bildungsinstitutionen und zertifizierende Einrichtungen als wichtige Informationsquelle über den NQR-Zuordnungsprozess dienen. Das Handbuch soll zwei wesentliche Fragen im NQR-Zuordnungsprozess beantworten: Zum einen geht es um die Anforderungen an Qualifikation ( Kap. 2), zum anderen aber auch um wie eine Qualifikationen beschrieben sein muss ( Kap. 3), damit sie dem NQR zugeordnet werden kann. 6

2 Anforderungen an Qualifikationen Im Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) werden ausschließlich Qualifikationen abgebildet. Im folgenden Kapitel wird näher erläutert, was unter Qualifikation verstanden wird ( 2.1), welche Mindestanforderungen erfüllt werden müssen, damit Bildungsabschlüsse bzw. Prüfungen zuordnungstauglich sind ( 2.2) und welche Schritte gesetzt werden können, um Abschlüsse NQR-kompatibel zu machen ( 2.3). 2.1 Was ist eine Qualifikation? Eine Qualifikation wird als das formale Ergebnis eines Beurteilungs- und Validierungsprozesses* definiert, bei dem eine dafür zuständige Stelle* festgestellt hat, dass die Lernergebnisse* einer Person vorgegebenen Standards* entsprechen. 1 Was bedeutet diese Definition nun? Nicht alle Bildungsprogramme (d.h. Kurse, Lehrgänge, Seminare, Schulungen etc.) und daraus resultierende Prüfungen führen notwendigerweise zu einer Qualifikation im Sinne des NQR. Eine solche liegt nur dann vor, wenn in Folge eines Feststellungsverfahrens (= Beurteilungs- und Validierungsprozess) vom Qualifikationsanbieter* (= zuständige Stelle) bzw. einer von ihm autorisierten zertifizierenden Einrichtung* ein Nachweis z.b. in Form eines Zertifikates (= formales Ergebnis) ausgestellt wird, der AbsolventInnen bescheinigt, über jene Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz (= Lernergebnisse) zu verfügen, die als Anforderungen (= Standards) für die positive Absolvierung dieses Feststellungsverfahrens vom Qualifikationsanbieter definiert wurden. Beispiele: Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK = Qualifikationsanbieter) definiert in einer Verordnung jene Lernergebnisse (= Standards), die im Rahmen der Reife- und Diplomprüfung (= Beurteilungs- und Validierungsprozess) einer berufsbildenden höheren Schule (= Bildungsinstitut) von den KandidatInnen unter Beweis gestellt werden müssen, damit sie das Reife- und Diplomprüfungszeugnis (= formales Ergebnis, Qualifikationsnachweis) erhalten. Dieses Zeugnis stellt die Schule aus (= zertifizierende Einrichtung). Abbildung 3a Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ = Qualifikationsanbieter) definiert in der Prüfungsordnung jene Lernergebnisse (= Standards), die im Rahmen der Lehrabschlussprüfung (LAP = Beurteilungs- und Validierungsprozess) in jedem Lehrberuf von den KandidatInnen unter Beweis gestellt werden müssen. Die Lehrlingsstelle (= zertifizierende Einrichtung) organisiert und führt 1 ) Die österreichische Definition einer Qualifikation folgt jener der Empfehlung zum EQR ( 5.2). 7

die LAP durch. Bei positiver Absolvierung des Verfahrens erhalten die KandidatInnen das LAP-Zeugnis (= formales Ergebnis, Qualifikationsnachweis), das die Lehrlingsstelle ausstellt. Abbildung 3b Eine Weiterbildungseinrichtung bietet einen Lehrgang an (= Bildungsinstitut) und definiert die für die Erlangung des Zertifikats geforderten Lernergebnisse. Damit ist die Einrichtung auch gleichzeitig Qualifikationsanbieter. Am Ende des Kurses führt sie die Prüfung (= Beurteilungs- und Validierungsprozess) durch und stellt bei positiver Absolvierung das Zertifikat (= formales Ergebnis, Qualifikationsnachweis) aus (= zertifizierende Einrichtung). Abbildung 3c Abbildung 3a: BMUKK Qualifikationsanbieter Schule Bildungsinstitut und zertifizierende Einrichtung definiert Standards organisiert Verfahren und führt es durch Feststellungsverfahren stellt Nachweis aus und bescheinigt damit positive Absolvierung Q Abbildung 3b: BMWFJ Qualifikationsanbieter Lehrlingsstelle zertifizierende Einrichtung definiert Standards organisiert Verfahren und führt es durch Feststellungsverfahren stellt Nachweis aus und bescheinigt damit positive Absolvierung Q Abbildung 3c: Qualifikationsanbieter, Bildungsinstitut und zertifizierende Einrichtung definiert Standards, organisiert Verfahren und führt es durch Weiterbildungseinrichtung Feststellungsverfahren stellt Nachweis aus und bescheinigt damit positive Absolvierung Q Q = Qualifikation Zentrale Aspekte einer Qualifikation sind daher das Feststellungsverfahren sowie der Qualifikationsnachweis. Für diese Elemente gibt es gewisse Mindestanforderungen, die Qualifikationen von Nicht-Qualifikationen unterscheiden ( 2.2). 8

Kein Unterscheidungsmerkmal und damit nicht entscheidend für die (Nicht-)Zuordnung zum NQR ist dagegen der inhaltliche Fokus einer Qualifikation: Es werden sowohl allgemein bildende Qualifikationen (z.b. Hauptschulabschluss), als auch berufsbildende Qualifikationen (z.b. Abschluss der berufsbildenden mittleren Schule, Staplerführerschein etc.) zum NQR zugeordnet. Ebenfalls keine Rolle spielt der Ort der Ausbildung: Qualifikationen aus dem schulischen Bildungsbereich werden im NQR ebenso abgebildet wie jene aus dem Bereich der Weiterbildung. In engem Zusammenhang mit dem Ort ist auch der Lernkontext zu sehen, in dem die Lernergebnisse erzielt werden. Für die NQR-Zuordnung ist es unerheblich, ob die Lernergebnisse im Rahmen eines Bildungsprogramms (z.b. eines Lehrgangs, einer schulischen Ausbildung) oder rein informell* (z.b. am Arbeitsplatz, im Selbststudium) erworben werden. Entscheidend für die Erlangung des Qualifikationsnachweises ist die positive Absolvierung des Feststellungsverfahrens. Der Umfang einer Qualifikation ist auch kein unterscheidendes Kriterium. Qualifikationen mit einem breitgefassten Bildungsziel (etwa der Abschluss einer allgemein bildenden höheren Schule) werden ebenso zugeordnet wie Qualifikationen mit einem eher engen, aber spezifischen Profil (z.b. Sommelier/Sommelière). 2.2 Welche Mindestanforderungen sind mit Qualifikationen verbunden? Damit Bildungsabschlüsse/Prüfungen zu Qualifikationen im Sinne des NQR führen, müssen eine Reihe von Anforderungen beachtet werden ( umseitige Checkliste). Wenn all diese Anforderungen erfüllt sind, handelt es sich um eine NQR-kompatible Qualifikation, die grundsätzlich zuordnungstauglich ist. Wenn Qualifikationsanbieter für diese Qualifikation die Aufnahme in den NQR beantragen möchten, können sie die erforderlichen Verfahrensschritte setzen ( Kap. 5). Entsprechen Bildungsabschlüsse/Prüfungen hingegen nicht allen Anforderungen, so ist die Zuordnungstauglichkeit nicht gegeben. Qualifikationsanbieter können aber, sofern sie dies wünschen, die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, um die Mindestanforderungen ( 2.3) und damit die Voraussetzungen für die NQR-Zuordnung zu erfüllen. Welche Anforderungen sind nun ausschlaggebend für die Zuordnung? Die umseitige Checkliste sowie die nachfolgenden Erklärungen sollen helfen, die Zuordnungstauglichkeit von Bildungsabschlüssen/Prüfungen festzustellen. Die Anforderungen sind dabei nach den beiden zentralen Aspekten einer Qualifikation ( 2.1) geclustert, d.h. nach dem Feststellungsverfahren und dem Qualifikationsnachweis. 9

Checkliste zur Feststellung der NQR-Zuordnungstauglichkeit Nr. Anforderungen Ja Nein Feststellungsverfahren A1* A1 A1 Es gibt ein geregeltes Feststellungsverfahren für den Erwerb des Qualifikationsnachweises. Das Feststellungsverfahren geht über eine reine Teilnahmebestätigung hinaus. Das Feststellungsverfahren beruht nicht ausschließlich auf Selbsteinschätzung der Lernenden. A2 Informationen über das Feststellungsverfahren (Antrittsanforderungen an KandidatInnen, Ablauf des Verfahrens, Prüfende, geforderte Standards, Möglichkeiten der Einsichtnahme, der Ergebnisbeeinspruchung, Wiederholung [von Teilen] des Verfahrens) sind transparent dargestellt und allgemein zugänglich. A3 Das Feststellungsverfahren wird von der durchführenden Einrichtung nachvollziehbar dokumentiert. A4 Für das Feststellungsverfahren gibt es ein transparentes Beurteilungsschema mit Informationen über den Modus und die Darstellung der Ergebnisse. A5 Für das Feststellungsverfahren ist definiert, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz der/die QualifikationswerberIn zeigen muss, um einen positiven Abschluss zu erreichen. A5 Die geforderten Standards zur Erlangung des Qualifikationsnachweises sind transparent und offen dargestellt. A6 Die definierten Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Kompetenz sind nicht auf einzelne QualifikationswerberInnen zugeschnitten, sondern müssen von allen KandidatInnen erbracht werden. A7 Die zertifizierende Einrichtung ist berechtigt, das Feststellungsverfahren zur Erlangung der Qualifikation durchzuführen. Qualifikationsnachweis A8 Bei erfolgreich absolviertem Feststellungsverfahren erhält der/die Lernende einen Qualifikationsnachweis (z.b. Zeugnis, Zertifikat, Diplom). A9 Der Qualifikationsnachweis enthält den Namen des/der Qualifikationsinhabers/-inhaberin, die Bezeichnung der Qualifikation sowie den Tag der Ausstellung. A10 Aus dem Qualifikationsnachweis geht die ausstellende Einrichtung hervor. Er ist zudem vom zuständigen Organ (z.b. DirektorIn, PrüferIn) unterschrieben. *) A1 = Anforderung 1; nähere Informationen zu jeder Anforderung sind auf den folgenden Seiten angegeben 10

Anforderungen in Verbindung mit dem Feststellungsverfahren Anforderung 1: Geregeltes Feststellungsverfahren Um den Qualifikationsnachweis zu erwerben, muss es ein vom Qualifikationsanbieter geregeltes Feststellungsverfahren geben. Welche Form von Verfahren angewandt wird, ist dabei unerheblich, solange es valide und nachvollziehbar ist. Es kann sich dabei um eine schriftliche oder mündliche Prüfung handeln, um die Erstellung einer Projekt- oder Seminararbeit, um eine praktische Demonstration oder um eine Kombination verschiedener Feststellungselemente. Die Teilnahme an einer Ausbildung, die lediglich mit einer Teilnahmebestätigung abgeschlossen wird, gilt jedoch nicht als Feststellungsverfahren. Eine derartige Ausbildung führt daher nicht zu einer Qualifikation im Sinne des NQR. Ebenfalls nicht NQRkompatibel sind Feststellungsverfahren, die ausschließlich auf Selbsteinschätzung der Lernenden beruhen. Neben der Form ist auch die Zeit, die für das Feststellungsverfahren festgesetzt ist, irrelevant für die Unterscheidung von Qualifikation versus Nicht-Qualifikation. Es gibt weder eine Minimal- noch eine Maximaldauer für solche Verfahren. Anforderung 2: Transparenz des Verfahrens In Sinne der Qualitätssicherung muss das Feststellungsverfahren transparent dargestellt und die Informationen allgemein zugänglich sein (z.b über die Website des Qualifikationsanbieters). Für Ausbildungen im formalen Bereich muss es eine entsprechende Rechtsgrundlage (z.b. Gesetz, Verordnung, Erlass, Bescheid) geben. Für Ausbildungen im Weiterbildungsbereich bedarf es einer schriftlich vorliegenden und allgemein zugänglichen Beschreibung. Die Transparenz ist dann gegeben, wenn Informationen über die Antrittsanforderungen an KandidatInnen, den Ablauf des Verfahrens ( Anforderung 1), über Prüfende, über das Beurteilungsschema ( Anforderung 4), die geforderten Standards ( Anforderung 5), die Möglichkeiten der Einsichtnahme (bei schriftlichen Prüfungen), der Ergebnisbeeinspruchung sowie der Wiederholung des Verfahrens (von Verfahrensteilen) vorliegen. Anforderung 3: Dokumentation des Verfahrens Ablauf und Ergebnis des Feststellungsverfahrens müssen von der Einrichtung, die das Feststellungsverfahren durchführt, für QualifikationswerberInnen nachvollziehbar dokumentiert werden. Anforderung 4: Beurteilungsschema Dem Feststellungsverfahren muss ein transparentes Beurteilungsschema zugrunde liegen. Es muss für QualifikationswerberInnen offen dargelegt werden, nach welchem Modus (die einzelnen Verfahrensteile) beurteilt wird (werden) (z.b. aus der Notendefinition ersichtlicher Grad der Erreichung der vorgegebenen Standards, Höchstpunkteanzahl, Punktverteilung, Bildung eines Notendurchschnitts der einzelnen Verfahrensteile etc.), wer beurteilt (z.b. einzelne PrüferInnen, gesamte Prüfungskommission) und wie die Ergebnisse der Beurteilungen dargestellt werden (z.b. Notenskala, mit Auszeichnung bestanden/bestanden). 11

Anforderung 5: Standards Die Standards, d.h. jene Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz, die QualifikationswerberInnen im Rahmen des Feststellungsverfahrens unter Beweis stellen müssen, müssen transparent und offen dargestellt sein (z.b. auf der Website des Qualifikationsanbieters). Welche Art der Darstellung dabei gewählt wird (z.b. separate Darstellung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenz oder holistische Formulierungen), ist nicht von Bedeutung. Anforderung 6: Allgemeine Gültigkeit der Standards Die Standards müssen für alle KandidatInnen gleich angewandt werden und dürfen nicht individuell definiert sein. Sie dürfen nicht vom Kompetenzstand der einzelnen KandidatInnen abhängen, sondern müssen zur Erlangung der Qualifikation von allen QualifikationswerberInnen erbracht werden. Eine gesetzlich-formale Definition ist nicht erforderlich, sie könnte beispielsweise auch in Richtlinien des Arbeitsmarktservices, des Bundes oder der Länder erfolgen. Anforderung 7: Berechtigung zur Durchführung des Feststellungsverfahrens Die zertifizierende Einrichtung muss durch den Qualifikationsanbieter autorisiert sein, das Feststellungsverfahren zur Erlangung der Qualifikation durchzuführen und den Qualifikationsnachweis auszustellen. Diese Berechtigung kann entweder formal geregelt sein (z.b. in Gesetzen oder Verordnungen), auf einer Akkreditierung (z.b. Lizenzvertrag) basieren oder sich durch das Eigentum an einer Qualifikation (d.h. wenn eine Weiterbildungseinrichtung eine Qualifikation definiert und dafür auch das Feststellungsverfahren durchführt) ergeben. Anforderungen in Verbindung mit dem Qualifikationsnachweis Anforderung 8: Qualifikationsnachweis Der/Die Lernende muss nach positiver Absolvierung des Feststellungsverfahrens einen Qualifikationsnachweis in Form eines Zeugnisses/Zertifikates/Diploms erhalten. Eine Teilnahmebestätigung, die ausschließlich die Anwesenheit des/der Lernenden während des Bildungsprogramms belegt, gilt nicht als Qualifikationsnachweis. Anforderung 9: Name, Bezeichnung, Datum Der Qualifikationsnachweis muss den Namen des Qualifikationsinhabers*/der Qualifikationsinhaberin* ebenso zeigen wie die Bezeichnung der Qualifikation und den Tag der Ausstellung. Letzterer darf nicht vor dem Stichtag 1. Jänner 2011 liegen. Anforderung 10: Ausstellende Stelle und Unterschrift Die den Qualifikationsnachweis ausstellende Stelle muss am Nachweis vermerkt sein (Adresse, Stempel). Der Nachweis muss zudem rechtskonform ausgestellt und vom zuständi- 12

gen Organ (abhängig von den Gegebenheiten kann dies z.b. der/die Prüfende, der/die Vorsitzende der Prüfungskommission, der/die DirektorIn etc. sein) unterschrieben werden. 2.3 Welche Schritte sind zu setzen, um diese Mindestanforderungen zu erfüllen? Wenn eine der genannten Anforderungen nicht erfüllt ist, so sind nicht alle Voraussetzungen für die NQR-Zuordnung des Bildungsabschlusses gegeben. Dies impliziert keine Aussage über die Qualität und Relevanz des Angebotes. Es bedeutet lediglich, dass das Feststellungsverfahren und der Qualifikationsnachweis des Abschlusses in der derzeitigen Form nicht den NQR-Richtlinien entsprechen. Da die Zuordnung zum NQR nicht verpflichtend ist, ist es nicht erforderlich, Schritte zur Adaptierung des Abschlusses zu setzen, um die Anforderungen zu erfüllen. Es wird auch hinkünftig Abschlüsse geben, die keinem NQR-Niveau zugeordnet sind. Was aber ist mit einer NQR-Zuordnung verbunden? Wenn um eine NQR-Zuordnung angesucht wird ( Kap. 4), wird die Qualifikation dadurch öffentlicher bzw. sichtbarer. Mit der Aufnahme in den NQR wird die Qualifikation in das so genannte NQR Register* eingetragen. Dort findet sich neben der Bezeichnung der Qualifikation und dem Namen des Qualifikationsanbieters auch eine umfassende Beschreibung der Qualifikation. Diese ist über die Website der Nationale Koordinierungsstelle für den NQR in Österreich (NKS)* ( 5.1) allgemein zugänglich. Die erhöhte Öffentlichkeit bzw. Visibilität bedeutet aber auch mehr Transparenz und eine bessere Vergleichbarkeit mit anderen Qualifikationen. Qualifikationsanbieter, welche die Aufnahme in den NQR beantragen, müssen Informationen über die Inhalte und den Status der Qualifikation sowie über das Feststellungsverfahren bekannt geben. Diese Informationen ermöglichen allen Interessierten, etwa (ausländischen) Lernenden/QualifikationswerberInnen, (ausländischen) ArbeitgeberInnen, (ausländischen) Bildungseinrichtungen etc., Einblick in die Qualifikation zu nehmen sowie ein besseres Verständnis zu gewinnen. Der mit der Beschreibung der Qualifikation verbundene administrative Aufwand kann für Qualifikationsanbieter durch die mit der NQR-Zuordnung erzielten Breitenwirksamkeit, aber auch mit der verbundenen Botschaft gerechtfertigt werden, dass der Erwerb des Qualifikationsnachweises auf einem qualitätsgesicherten Verfahren beruht. Die Angabe des NQR- Niveaus ist damit ein vertrauensbildendes Signal an die interessierte Öffentlichkeit. Wenn Qualifikationsanbieter nun nicht-nqr-kompatible Abschlüsse zuordnungstauglich machen wollen, müssen diese Abschlüsse entsprechend der fehlenden Anforderungen weiterentwickelt werden. Manche Voraussetzungen, etwa jene, die mit den Formalkriterien von Qualifikationsnachweisen zusammenhängen, können relativ einfach erfüllt werden. Andere wiederum, wie beispielsweise die Definition von Standards oder die genaue Darlegung des Beurteilungsschemas, bedürfen umfangreicherer Arbeiten und auch entsprechenden Knowhows. Erst wenn alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Antrag um Aufnahme in den NQR gestellt werden. 13

3 EQR-Deskriptoren und Erläuterungen Die Hauptgrundlage für die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR bilden die in Tabellenform dargestellten EQR-Deskriptoren ( 5.4). Diese orientieren sich an Lernergebnissen, d.h. an dem, was Lernende am Ende einer Lernperiode wissen und tun können. Da sie unabhängig von Merkmalen wie der Ausbildungsdauer, dem Lernort oder der Lernform formuliert sind, können sie gleichermaßen für die Beschreibung von Qualifikationen aus dem formalen wie auch aus dem nicht-formalen Bereich angewandt werden. Jedes der acht Niveaus, die die vertikale Ebene der Tabelle bilden, wird durch unterschiedliche Deskriptoren charakterisiert (vgl. Abb. 3). Zur Strukturierung der Beschreibungen werden die Deskriptoren drei Dimensionen zugeordnet, die die horizontale Tabellen-Ebene darstellen (vgl. Abb. 3). Diesen Dimensionen liegen die in der EQR-Empfehlung ( 5.2) angeführten Definitionen zugrunde: Kenntnisse: Im EQR werden Kenntnisse als Theorie- und/oder Faktenwissen verstanden. Fertigkeiten: Diese Dimension umfasst kognitive Fertigkeiten (unter Einsatz logischen, intuitiven und kreativen Denkens) und praktische Fertigkeiten (Geschicklichkeit und Verwendung von Methoden, Materialien, Werkzeugen und Instrumenten). Kompetenz: Kompetenz wird im EQR im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben. Abbildung 4: EQR-Deskriptoren NIVEAUS vertikale Ebene Niveau 1 Zur Erreichung von Niveau 1 erforderliche Lernergebnisse Niveau 2 Zur Erreichung von Niveau 2 erforderliche Lernergebnisse DIMENSIONEN horizontale Ebene Kenntnisse Fertigkeiten Kompetenz Grundlegendes Allgemeinwissen Grundlegende Fertigkeit, die zur Ausführung einfacher Aufgaben erforderlich sind Arbeiten oder Lernen unter direkter Anleitung in einem vorstrukturierten Kontext DESKRIPTOREN, die LERNERGEBNISSE beschreiben Die EQR-Deskriptoren bilden auf europäischer Ebene die Grundlage für die transparente Darstellung und den Vergleich von Qualifikationen ( Präambel). Um die gesamte Bandbreite an Qualifikationen abbilden zu können, sind die EQR-Deskriptoren eher abstrakt gehalten und beinhalten auch keine Begriffe aus einem bestimmten Fachjargon. Die Formulierungen sind so gewählt, dass sie eine Unterscheidung zwischen den Niveaus ermöglichen und die steigenden Anforderungen in jeder Dimension von den unteren zu den oberen Niveaus zum Ausdruck bringen. Jedes Niveau schließt dabei die Aussagen vorhergehender Niveaus 14

ein, auch wenn diese um Wiederholungen zu vermeiden in den Beschreibungen nicht explizit angeführt sind. Alle drei Dimensionen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz sind gleich bedeutend und müssen bei der Charakterisierung von Qualifikationen berücksichtigt werden. Die Anordnung der Dimensionen spielt bei der Interpretation der Deskriptoren keine Rolle ( vgl. dazu auch 3.1, Best fit *). Um die Deskriptoren zu verstehen, ist es erforderlich, sie in ihrer Gesamtheit zu erfassen: Weder die Aussagen in den einzelnen Spalten der Tabelle, noch in den Zeilen können isoliert voneinander betrachtet werden. Aussagekraft erlangen sie nur, wenn die Relationen untereinander betrachtet werden. Daher ist es unerlässlich, zum Verständnis der Beschreibungen die gesamte Tabelle zu betrachten. Nicht nur der EQR, auch der NQR basiert auf lernergebnisorientiert formulierten Deskriptoren. Während einige europäische Länder eigene Deskriptoren für ihre NQRs entwickelt haben, liegen dem österreichischen NQR die EQR-Deskriptoren zugrunde. Die Entscheidung, die EQR-Deskriptoren für den NQR zu verwenden, ist das Ergebnis eines im ersten Halbjahr 2008 durchgeführten NQR-Konsultationsprozesses, in dem sich die Mehrheit der ExpertInnen gegen die Entwicklung eigener Österreich spezifischer Deskriptoren ausgesprochen hat. Stattdessen sollten die eher abstrakt gehaltenen EQR-Deskriptoren durch Formulierungen, die sich aus der Analyse österreichischer Qualifikationsbeschreibungen (z.b. Lehrpläne, Ausbildungsordnungen, Gesetzestexte etc.) implizit oder explizit ergeben, handhabbarer und leichter verständlich gemacht werden. Dadurch sollten auch die Niveauunterschiede deutlicher sichtbar werden. 3.1 Wie sollen die Deskriptoren und Erläuterungen gelesen werden? Auf den folgenden Seiten sind für jedes NQR-Niveau die EQR-Deskriptoren und die österreichischen Erläuterungen aufgelistet. Nach einer zusammenfassenden Darstellung der wichtigsten Beschreibungsmerkmale werden die EQR-Deskriptoren in jeder Dimension näher erläutert/spezifiziert. Daran anschließend werden eine Reihe von Referenzqualifikationen angegeben ( 3.2), die der weiteren Illustration der Anforderungen der Niveaus dienen sollen. Im Rahmen des Antrags um Zuordnung einer Qualifikation zum NQR ( Kap. 4) ist das angesuchte Niveau unter Verweis auf die EQR-Deskriptoren ausführlich zu begründen. Die Erläuterungen, aber auch die Referenzqualifikationen können dabei unterstützend herangezogen werden. Worauf ist bei der Begründung zu achten? Folgende Überlegungen und Zuordnungsprinzipien sind bei der Erstellung des Antrags zu berücksichtigen: 15

Grundlagen für die Zuordnung Die Grundlagen für die Zuordnung von Qualifikationen zu einem NQR-Niveau bilden die (zum Stichtag TT.MM.20JJ) geltenden Rechtsgrundlagen (d.h. Gesetze, Verordnungen, Erlässe etc.) im formalen Bereich sowie die (ebenfalls zu diesem Stichtag) aktuellen Beschreibungen von Qualifikationen im nicht-formalen Bereich. Erfordernisse an die Beschreibung von Qualifikationen Um die Inhalte einer Qualifikation mit den lernergebnisorientierten Deskriptoren in Bezug setzen zu können, sollten auch die Qualifikationen lernergebnisorientiert formuliert sein. Die Lernergebnisorientierung ist jedoch in Österreich noch nicht vollständig umgesetzt. Bei vielen Qualifikationen sind Lernergebnisbeschreibungen noch nicht explizit vorhanden. Trotzdem ist die Zuordnung solcher Qualifikationen zum NQR möglich. Wichtig dabei ist, diese Qualifikationen lernergebnisorientiert zu betrachten, d.h. die implizit vorhandenen Lernergebnisse im Zuordnungsantrag ( Kap. 4) darzulegen. Auf diese Weise kann der Bezug zu den EQR-Deskriptoren (unter Zuhilfenahme der Erläuterungen) hergestellt und eine Niveauzuordnung argumentiert werden. Individuelle Bildungsbiografie versus Qualifikationen Im NQR werden keine individuellen Bildungsbiografien abgebildet, sondern Qualifikationen. Die Deskriptoren beziehen sich nicht auf den Kenntnis-, Fertigkeiten- und Kompetenz- Status von Individuen, sondern auf jene Lernergebnisse, die alle Lernenden am Ende einer Lernperiode zum Erwerb einer bestimmten Qualifikation nachweisen müssen. In der Praxis wird es Personen geben, die die Lernergebnisse besser bzw. weniger gut meistern für die Zuordnung der Qualifikation ist diese Tatsache jedoch irrelevant. Betrachtungszeitpunkt der Qualifikation Für die Zuordnung einer Qualifikation zum NQR sind jene Lernergebnisse entscheidend, die bei der Erbringung des Qualifikationsnachweises (d.h. am Tag [an den Tagen] der Absolvierung des [mehrteiligen] Feststellungsverfahrens) gezeigt werden müssen. Es ist für die Niveau-Zuordnung nicht relevant, was QualifikationsinhaberInnen nach einigen Praxisjahren wissen und können ausschlaggebend ist, über welche Lernergebnisse sie zum Zeitpunkt der Ausstellung des Zertifikats nachweislich verfügen. 16

Best fit-prinzip Ein wesentliches Prinzip der Zuordnung ist jenes des Best fit. Best fit bedeutet, dass eine Qualifikation jenem Niveau zugeordnet wird, dessen Beschreibungen am besten auf die Qualifikation zutreffen ( Überwiegungsprinzip ). Es ist davon auszugehen, dass nicht immer alle Deskriptoren, die ein Niveau ausmachen, zu einer Qualifikation gleichermaßen passen. So kann es z.b. möglich sein, dass bei Niveau 4 das selbstständige Tätigwerden in der Kompetenz-Dimension eine bestimmte Qualifikation charakterisiert, die Beaufsichtigung von Routinearbeiten anderer Personen aber eher weniger zutrifft. Weiters kann es sein, dass in einer Dimension die Beschreibungen einer anderen NQR-Ebene für eine Qualifikation treffender sind als dies für die anderen Spalten der Fall ist. Beispiel: Eine Qualifikation wird durch die Beschreibungen in der Fertigkeiten- und Kompetenz-Spalte des Niveau 5 definiert, in der Kenntnis-Spalte treffen eher die Deskriptoren des Niveau 4 zu. Es ist daher wichtig, immer die gesamte Deskriptorentabelle zu lesen und dann abzuwägen, zu welchem Niveau eine Qualifikation insgesamt betrachtet am besten passt ( best fit ). Diese Art, die Deskriptoren zu lesen, hilft bei der Ermittelung des Schwerpunktes der betreffenden Qualifikation und ermöglicht so, zu entscheiden, wo sie eingeordnet werden kann. Auch die Erläuterungen, die die EQR-Deskriptoren näher spezifizieren, sind im Sinne von Best fit anzuwenden. So ist es möglich, dass nicht alle Erläuterungen eines Niveaus auf eine Qualifikation zutreffen. Bei der Zuordnung ist jedoch auf die bestmögliche Übereinstimmung zu achten. Dabei ist es erforderlich, eine gewisse seriöse Großzügigkeit in der Handhabung der Deskriptoren und Erläuterungen anzuwenden und einen Interpretationsspielraum zuzulassen. Die Anwendung des Best fit-prinzips ist im Zuordnungsantrag argumentativ zu begründen ( Kap. 4). Es soll klar herauskommen, welche Deskriptoren/Erläuterungen auf welcher Ebene auf die Qualifikation zutreffen und welchem Gesamtniveau sie zugeordnet werden kann. Gleichwertigkeit, aber nicht Gleichartigkeit Qualifikationen, die einem Niveau zugeordnet werden, werden unabhängig von ihrem spezifischen Arbeits- oder Lernbereich als gleichwertig betrachtet, auch wenn sie sich in vielen Aspekten etwa in Bezug auf die Dauer des Erwerbs, den Lernort, den Bildungssektor, in dem sie erworben werden etc. unterscheiden und damit nicht gleichartig sind. Bei der Zuordnung spielen diese unterschiedlichen Aspekte keine Rolle ausschlaggebend sind die Lernergebnisse, die mit diesen Qualifikationen verbunden sind. Inklusionsprinzip Die Formulierungen der Deskriptoren folgen grundsätzlich dem Inklusionsprinzip ( Einleitung zu Kap. 3). Das heißt, dass die Beschreibungen der unteren Niveaus in den oberen Niveaus enthalten sind, nicht aber explizit mehr erwähnt werden. Was fachliche/berufsbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten betrifft, so heißt dies jedoch nicht, dass in jedem Fall 17

Qualifikationen höherer Niveaus die Lernergebnisse niedrigerer Niveaus desselben Arbeitsoder Lernbereiches einschließen. Kein Stufen-Prinzip im Qualifikationserwerb Der NQR ist zwar hierarchisch strukturiert, dennoch bedeutet dies nicht, dass auch der Erwerb von Qualifikationen im Stufen-Prinzip erfolgen muss. Eine Qualifikation, die auf einem höheren Niveau zugeordnet wird, setzt nicht zwingend den Erwerb einer Qualifikation auf einer niedrigeren Ebene voraus. Derartige Bestimmungen werden nicht über den NQR geregelt. Daher sind die NQR-Niveaus auch nicht im Sinne von Stufen zu verstehen. Jede Qualifikation ist für sich zu betrachten. Selbst wenn eine Qualifikation die Voraussetzung für die Erlangung einer anderen Qualifikation ist so setzt beispielsweise der Erwerb der Berufsreifeprüfung u.a. einen Lehr- oder Fachschulabschluss voraus heißt dies nicht, dass die Aufbau-Qualifikation unbedingt auf einem höheren Niveau zugeordnet werden muss als die Voraussetzungs-Qualifikation. Es ist denkbar, dass beide Qualifikationen auf demselben Niveau zugeordnet werden. Mit der Zuordnung einer Qualifikation zu einem Niveau wird zudem keine Zugangsberechtigung zum Erwerb einer Qualifikation der nächst höheren Ebene erworben. Der NQR ist ausschließlich ein Transparenz- und kein regulatorisches Instrument ( Präambel). 3.2 Was sind Referenzqualifikationen? Neben den Erläuterungen, die die abstrakten EQR-Deskriptoren verständlicher machen sollen, werden auf den folgenden Seiten zu jedem Niveau (mit Ausnahme der Niveaus 1 und 8) 2 Referenzqualifikationen aus dem Bereich der formalen Bildung angegeben. Diese haben sich zunächst aus der implizit vorhandenen Bildungshierarchie in der österreichischen Qualifikationslandschaft ergeben. So fungierten bislang in Österreich schon die Großkategorien der Bildungsebenen (Pflichtschule Lehre/Fachschule Matura Akademie Hochschule) als impliziter Qualifikationsrahmen (vgl. Schneeberger et al. 2007, S. 1). Die Referenzqualifikationen lehnen sich an diese implizite Hierarchie an. Weiters hat es im Rahmen von Diskussionen mit ExpertInnen anlässlich einer Reihe von Pilotprojekten ( 5.2), die im Vorfeld der NQR-Entwicklung durchgeführt wurden, breite Zustimmung für die Niveauzuordnung der angegebenen Referenzqualifikationen gegeben. Nicht zuletzt hat auch die lernergebnisorientierte Betrachtung der Lehr- und Ausbildungspläne sowie der weiteren Rechtsgrundlagen den Ausschlag für die Zuordnung dieser Referenzqualifikationen unter Beachtung der in Punkt 3.1 angeführten Überlegungen und Zuordnungsprinzipien gegeben. Die Referenzqualifikationen sollen als qualifikatorische Eckpfeiler eine Orientierungshilfe bei der Zuordnung weiterer Qualifikationen bilden. Sie dienen der Illustration und dem besseren Verständnis der mit den Niveaus verbundenen Anforderungen. 2 ) Aus der gewählten Vorgangsweise für die Ermittlung der Referenzqualifikationen haben sich bislang für die Niveaus 1 und 8 keine Referenzqualifikationen (außerhalb der Bologna-Architektur) ergeben. 18

Wichtige Zuordnungsprinzipien auf einem Blick: Als Basis für die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR fungieren ausschließlich die EQR-Deskriptoren. Die Erläuterungen sollen die EQR-Deskriptoren besser verständlich machen. Sie können, müssen aber nicht in der Zuordnungsargumentation im Rahmen des Antrages berücksichtigt werden. Sowohl die EQR-Deskriptoren, als auch die Erläuterungen sind sektorneutral formuliert. Damit soll ermöglicht werden, dass alle Qualifikationen, unabhängig von der Art und dem Lernkontext, in dem sie erworben werden, beschrieben werden können. Es ist wichtig, immer die gesamte Deskriptorentabelle zu lesen. Nur so kann der Schwerpunkt der für eine Qualifikation zutreffenden Deskriptoren ermittelt werden. Auf Basis diese Überwiegungsprinzips kann festgestellt werden, welche Niveau am besten für eine Qualifikation passt (Best fit-prinzip). Alle drei Dimensionen des NQR sind gleich wichtig. Für die Einordnung ist es daher irrelevant, ob eine Qualifikation stärker auf Kenntnisse fokussiert oder eher Fertigkeiten in den Mittelpunkt stellt. Als Basis für die Zuordnung gelten ausschließlich die EQR- Deskriptoren. 19

KOMPETENZ FERTIGKEITEN KENNTNISSE Handbuch für die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR - Kriterien Erläuterungen zu den EQR-Deskriptoren des Niveau 1 Erläuterungen InhaberInnen von Qualifikationen des Niveau 1 verfügen über eine elementare Allgemeinbildung und sind mit gesellschaftlichen Normen und Wertvorstellungen sowie den akzeptierten und gebräuchlichen Umgangsformen vertraut. Dieses Wissen ermöglicht ihnen, einfache Herausforderungen des Alltags unter vorgegebenen Rahmenbedingungen und bei entsprechender Anleitung zu lösen. Erläuterungen im Detail Die EQR-Deskriptoren des Niveau 1 lassen sich durch folgende Erläuterungen näher spezifizieren: EQR-Deskriptoren Erläuterungen grundlegendes Allgemeinwissen grundlegende Fertigkeiten, die zur Ausführung einfacher Aufgaben erforderlich sind Arbeiten oder Lernen unter direkter Anleitung in einem vorstrukturierten Kontext Er/Sie verfügt über eine elementare Allgemeinbildung, einschließlich grundlegender Kenntnisse in Lesen, Schreiben, Rechnen sowie im Umgang mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien das Wissen über gesellschaftliche Normen und Wertvorstellungen Kenntnisse über die akzeptierten und gebräuchlichen Umgangsformen in alltäglichen Situationen einen Einblick in die Berufs- und Arbeitswelt, der ihn/sie zur Bildungs- und Berufswahlentscheidung befähigt die Fähigkeit, sich selbstständig verfügbares Wissen anzueignen Kenntnisse, die den Übertritt in eine weiterführende schulische Ausbildung der oberen Sekundarstufe ermöglichen Er/Sie ist in der Lage, in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich sprachlich richtig zu kommunizieren, an Gesprächen teilzuhaben und sich mitzuteilen einfache Tätigkeiten im Alltag bei vorgegebenen Rahmenbedingungen unter Anwendung maßgeblicher Kulturtechniken zu bewältigen bei einfachen Problemstellungen nach verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zu suchen, die entsprechende Lösung auszuwählen und zur Durchführung der Aufgabe anzuwenden grundlegende Informationen über einfache Themen aus gängigen, auch computergestützten Quellen zu erfassen, sich ein sach- und wertebezogenes Urteil zu bilden und Stellung zu beziehen ausgehend von den gesellschaftlichen Normen und Wertvorstellungen eine eigene Haltung zu ihn/sie betreffenden Themen zu entwickeln sich am sozialen Geschehen zu beteiligen und die eigene Rolle innerhalb einer Gemeinschaft zu finden Er/Sie ist in der Lage, in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich einfache Situationen unter vorgegebenen Rahmenbedingungen und bei entsprechender Hilfestellung zu bewältigen 20

KOMPETENZ FERTIGKEITEN KENNTNISSE Handbuch für die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR - Kriterien Erläuterungen zu den EQR-Deskriptoren des Niveau 2 Erläuterungen InhaberInnen von Qualifikationen des Niveau 2 verfügen über eine solide Allgemeinbildung sowie über eine elementare berufliche Vorbildung in einem bestimmten Fachbereich. Dies ermöglicht ihnen, unter vorgegebenen Rahmenbedingungen und Hilfsmitteln einfache Routinearbeiten ihres Arbeits- oder Lernbereiches selbstständig durchzuführen und Standardherausforderungen eigenständig zu meistern. Erläuterungen im Detail Die EQR-Deskriptoren des Niveau 2 lassen sich durch folgende Erläuterungen näher spezifizieren: EQR-Deskriptoren Erläuterungen grundlegendes Faktenwissen in einem Arbeits- oder Lernbereich grundlegende kognitive und praktische Fertigkeiten, die zur Nutzung relevanter Informationen erforderlich sind, um Aufgaben auszuführen und Routineprobleme unter Verwendung einfacher Regeln und Werkzeuge zu lösen Arbeiten oder Lernen unter Anleitung mit einem gewissen Maß an Selbstständigkeit Er/Sie verfügt über eine solide Allgemeinbildung Kenntnisse über grundsätzliche betriebswirtschaftliche Zusammenhänge Basiswissen über die Struktur und Funktionsweise des Arbeitsmarktes eine elementare berufliche Vorbildung in einem bestimmten Fachbereich Kenntnisse, die den Übertritt in eine weiterführende schulische oder berufliche Ausbildung ermöglichen Er/Sie ist in der Lage, in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich vorgegebene Instrumente, Methoden und Verfahren sachgerecht einzusetzen einfache Routineaufgaben eigenständig zu meistern einfache Standardherausforderungen selbstständig zu lösen ein gewisses eigenständiges und logisches Denken zu entwickeln an Gesprächen mit vertrauten Themen aktiv teilzunehmen und den eigenen Standpunkt zu beziehen Informationen zur Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben aus vorgegebenen Quellen zu verstehen und zu nutzen Sachverhalte aus seinem/ihrem Erlebnisbereich in korrekter Standardsprache mündlich und schriftlich zu präsentieren Er/Sie ist in der Lage, in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich in einfachen Situationen selbstständig zu handeln einfache Herausforderungen unter vorgegebenen Rahmenbedingungen und bei gewisser Hilfestellung zu meistern bei entsprechender Begleitung und Unterweisung auch neue, spezifischere Tätigkeiten erfolgreich zu bewältigen, um damit jenes Selbstwertgefühl zu entwickeln, das für die Übernahme umfangreicherer Aufgaben erforderlich ist Qualifikationen, die in Österreich den EQR-Deskriptoren von Niveau 2 entsprechen, sind der Abschluss einer Haushaltungsschule sowie der Abschluss der Polytechnischen Schule. 21

FERTIGKEITEN KENNTNISSE Handbuch für die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR - Kriterien Erläuterungen zu den EQR-Deskriptoren des Niveau 3 Erläuterungen InhaberInnen von Qualifikationen des Niveau 3 haben eine fundierte Allgemeinbildung sowie grundlegendes Wissen in ihrem Arbeits- oder Lernbereich und sind in der Lage, einfache Tätigkeiten bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen selbstständig durchzuführen. Des Weiteren können sie Lösungen für alltägliche Herausforderungen aufzeigen und nach Rücksprache umsetzen. InhaberInnen von Niveau 3-Qualifikationen können zudem ihr Verhalten im Rahmen von Routinesituationen des Arbeits- oder Lernbereiches selbstständig anpassen und eigenverantwortlich handeln. Erläuterungen im Detail EQR-Deskriptoren Erläuterungen Die EQR-Deskriptoren des Niveau 3 lassen sich durch folgende Erläuterungen näher spezifizieren: Kenntnisse von Fakten, Grundsätzen, Verfahren und allgemeinen Begriffen in einem Arbeitsoder Lernbereich eine Reihe kognitiver und praktischer Fertigkeiten zur Erledigung von Aufgaben und zur Lösung von Problemen, wobei grundlegende Methoden, Werkzeuge, Materialien und Informationen ausgewählt und angewandt werden Er/Sie verfügt über eine fundierte Allgemeinbildung grundlegendes Wissen in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich (z.b. über Sachverhalte, Grundsätze, Materialien, Verfahren, Methoden, Zusammenhänge, Vorschriften und Normen etc.) zur eigenständigen Bewältigung einfacher Aufgaben und Herausforderungen bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen die Fähigkeit zu wirtschaftlichem Denken und kritischem Konsumverhalten Kenntnisse zur unmittelbaren Ausübung einfacher beruflicher Tätigkeiten Er/Sie ist in der Lage, in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich grundlegende Instrumente, Methoden und Verfahren auszuwählen und sachgerecht einzusetzen einfache Tätigkeiten bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen eigenständig zu meistern für alltägliche Probleme unterschiedliche Lösungsansätze aufzuzeigen und diese nach Rücksprache zur selbstständigen Lösung heranzuziehen ein eigenständiges und logisches Denken zu entwickeln an einfachen Gesprächen mit vertrauten Themen aktiv teilzunehmen sowie den eigenen Standpunkt darzulegen und zu argumentieren relevante Informationen zur Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben aus vorgegebenen Quellen selbstständig zu recherchieren, kritisch zu bewerten und nach Rücksprache einzusetzen gängige Inhalte in angemessener (d.h. der Situation und dem Zielpublikum entsprechender) sowie in fachlich und sprachlich richtiger Form darzustellen 22

KOMPETENZ Handbuch für die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR - Kriterien Verantwortung für die Erledigung von Arbeits- oder Lernaufgaben übernehmen bei der Lösung von Problemen das eigene Verhalten an die jeweiligen Umstände anpassen Er/Sie ist in der Lage, in seinem/ihrem Arbeits- oder Lernbereich in einfachen Situationen selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln einfache Herausforderungen unter gleichbleibenden Rahmenbedingungen selbstständig und eigenverantwortlich zu meistern in gängigen Situationen sein/ihr Verhalten selbstständig an die Lage anzupassen Eine Qualifikation, die in Österreich den EQR-Deskriptoren von Niveau 3 entspricht, ist der Abschluss einer Hauswirtschaftsschule. 23