Mutter-Kind-Still Förderung Kulturübergreifend Was können Fachpersonen tun?

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Transkript:

Mutter-Kind-Still Förderung Kulturübergreifend Was können Fachpersonen tun? Dr. med. Fana Asefaw Fachtagung Zürich 31. August 2017 Transkulturelle Kompetenz

Asylsuchende in der Schweiz 2015 2

Anerkennungsquote bei Asylgesuchen 2015 3

Probleme der geflüchteten Frauen Sprach- und Kultur Barrieren Belastende Erlebnisse auf der Flucht (körperliche, seelische- und sexuelle Gewalt) Isolation und Intergrationsherausforderungen in der Schweiz Kein sicherer Aufenthalts-Status Schäbige Wohnverhältnisse Perspektivlosigkeit und Zukunftsangst wirkt retraumatisierend 4

Komplexe Herausforderungen Belastete Partnerschaft, Rollenumkehr und familiäre Belastungsfaktoren Zerrissene Familienverhältnisse Junge alleinerziehende Mütter 5

Die stillen Kämpferinnen Thema Sexualität & Schwangerschaft schambesetzt. (Oft sprechen die Betroffenen erst nach der 12-15 Schwangerschaftswoche offen über ihre Schwangerschaft). Ungeplante Schwangerschaft (mangelndes Wissen über Familienplanung & Verhütung) Medizinische Frühuntersuchung und Schwangerschaftsvorsorge erschwert Aus kulturellen und religiösen Gründe nehmen sie betr. Verhütung und Schwangerschaftsabbruch eine negative Haltung ein. 6

Ressourcenmobilisierung statt Resignation Resiliente junge Frauen Auf der Flucht wurden sie häufig Opfer von körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt Hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit 7

Wünsche dieser Frauen an unser Gesundheitsund Sozialwesen? Kultursensible Schwangerschafts- und Geburtsbetreuung Einbezug von Kulturvermittlerinnen und Dolmetscherinnen Mehr Zeit für Anamnese und Gespräche vor einer medizinischen Untersuchung mit den Frauen einräumen Betreuung durch weibliche ärztliche- und Pflegefachpersonen erleichtert ihnen die Untersuchungen und Vertrauensbildung 8

Tipps für Wochenbett Sie wünschen sich eine natürliche Geburt unter natürlichen Bedingungen (Hausgeburt) Geplanter Kaiserschnitt sollte ihnen gut und ausreichend erklärt werden (viele genital infibulierte oder minderjährige Frauen in den Migrationsländern erleiden einen Kaiserschnitt) Der Einbezug von Partnern im Gebärsaal ist für beide Seiten nicht selbstverständlich aber wünschenswert 9

Was würde ihnen das Stillen erleichtern? Sie brauchen mehr Zeit für Bonding mit ihrem Kind Keine traumatische Erfahrungen während der Geburt Einbezug von Kulturvermittlerinnen und Dolmetscher für eine ausreichende Aufklärung Stillen ist für diese Frauen selbstverständlich; wenn das Stillen nicht funktioniert sind sie sehr irritiert und leiden Auch wenn das Stillen nicht sofort klappt: sie eher ermutigen, viel zu trinken und weiter zu probieren, viele junge Frauen trinken wenig und unregelmässig Wasser aus unterschiedlichen Gründen Mit Empfehlungen über Zufüttern direkt nach der Geburt eher zurückhaltend sein 10

Woher bekommen diese Frauen ihre Infos: Im Umgang mit Säuglingen besitzen die jungen Mütter wenig Wissen Sie haben in der Vergangenheit anderen jungen Frauen bei der Kindererziehung unterstützt (eigene Grossfamilie) oder Geschwister aufgezogen Oft gelingt es ihnen mit ihren Neugeborenen schnell und gut eine gute emotionale Bindung aufzubauen, trotz hoher Belastung und Integrations-Herausforderungen, besonders wenn das Kind sehr anspruchsvoll ist und viel schreit Sie erfahren viel über Freundinnen aber auch Internet, kaum von Fachpersonen, weil sie dort nicht regelmässig angebunden sind oder Termine nicht wahrnehmen 11

Empfehlungen zum ersten Stillen in diversen Kulturen In vielen Kulturen scheint das Stillen sofort nach der Geburt normal und natürlich Nur Muttermilch, eher keine andere Flüssigkeitsgaben Auch bei Frauen die kaum Schulbildung genossen haben, beobachten wir, dass sie davon ausgehen, dass die Muttermilch am nahrhaftesten für den Säugling ist und die Mutter-Kind- Bindung stärkt Eher durch aggressive Medienkampagnen über Zufütterung (westlich) können Irritationen bei ihnen entstehen 12

Unmittelbarer Haut-zu-Haut-Kontakt nach der Geburt erwünscht? Sehr wünschenswert und stärkt zudem die Mutter-Kind-Bindung Viele Frauen erleben es als beschämend, während der Entbindung Vor «allen» nackt im Kreisssaal zu liegen ist beschämend, besonders wenn männliche Geburtsbetreuer anwesend sind Dies kann ihren Wunsch ihr Neugeborenes auf den nackten Bauch zu haben, erschweren 13

Gibt es Rituale, Vorstellungen, die nach der Geburt beachtet werden müssen? Begraben des Mutterkuchens ist in vielen afrikanischen Volksgruppen üblich, viele trauen sich nicht nach der Entbindung in der Geburtsklinik, dieses Thema anzusprechen Ein Stück Nabelschnur mit nach Hause zu nehmen ist vielen arabischen oder muslimischen Gesellschaften ein Anliegen Andere berichten von Einölung und Einsalbung des Körpers mit bestimmten Ölen oder Salben um die Frau zu stärken Die Gebärende soll nach der Geburt für einige Wochen in einem geschützten Raum unter andere Frauen (gut betreut, ernährt und gepflegt werden, damit sie wieder zu Kräften kommt) 14

Kompetenz und Prävention Anstreben einer tragfähigen Beziehung - kulturspezifische Aspekte treten in den Hintergrund Möglichst gründliche Aufklärung über die Notwendigkeit von Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen und Geburtsvorbereitungskurse Transparenz und Offenheit durch Kommunikation schaffen Die sychosozialen und migrationsspezifischen Aspekte einbeziehen Mit Kulturvermittlerinnen und Dolmetscherdienst zusammen arbeiten 15

Zusammenfassung Kultursensible Mutter-Kind-Still Förderung ist für alle Frauen unabdingbar. Dafür müssen die bestehenden strukturellen und personellen Einschränkungen an die besonderen Bedürfnisse der Frauen angepasst und optimiert werden. Interkulturelles Verstehen erleichtert die Kommunikation mit den betroffenen Frauen. Dazu brauchen die Fachpersonen: Selbstreflexion Hintergrundwissen Kompetenzerwerb und Einfühlungsvermögen 16

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 17