Vergleichende Politik

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Transkript:

Vergleichende Politik Session 5 (Konsoziationalismus gegen Zentripetalismus) Nenad Stojanović Universität Freiburg, 1.5.17

Outline Session 5 Lijphart (2012: Kap. 3; Stojanović 2013: Kap. 4) 13.15-13.30 Rückblick Session 4 & Aktualität 13.30-14.45 Konsoziationalismus 14.45-15.15 Pause 15.15-16.30 Kritik; Zentripetalismus 16.30-16.45 Diskussion

Einführung (1) Hauptfrage: Ist Demokratie in einer multikulturellen Gesellschaft überhaupt möglich? Antwort: Ist sehr schwierig (next to impossible; Mill 1861), aber machbar (Lijphart 2004).

Einführung (2) a. Es ist schwieriger, Demokratie in einer kulturell heterogener (Lijphart: plural society) als in einer homogener Gesellschaft aufzubauen. b. Kulturelle Cleavages stellen v.a. in den neuen Demokratien ein Problem dar. c. Demokratie ist trotzdem unter zwei Bedingungen realisierbar: Power Sharing und Autonomie für Gruppen (group autonomy) das konsoziationale Modell.

Konsoziationale Theorie: Methode Zuerst induktiv, danach deduktiv. Fallstudien beobachten (NL, B, CH, A) konsoz. Theorie danach Anwendung auf konkrete Fälle (Nordirland, Bosnien, Kosovo, Irak, etc.) Lijphart (1977: 1): «Consociational theory is both an empirical and a normative model»

Kontextialisierung Vergleichende Politik; Neo-Institutionalismus, institutional design bzw. constitutional engineering. Konsoziationalismus: seit Ende1960er Jahren entwickelt (v.a. Arend Lijphart). Weitere Autoren: Gerhard Lembruch, Jürg Steiner, Kenneth McRae, John McGarry, Brendan O Leary, etc. Zentripetaler (bzw. integrativer) Ansatz: entwickelt seit 1980er (v.a. Donald Horowitz). Andere Autoren: Benjamin Reilly, Stefan Wolff, etc.

Plurale Gesellschaft Plural society: ein wichtiger Konzept bei Lijphart. Auch «(deeply) divided society» gennant. Zwei Aspekte: 1. Die Gesellschaft ist geteilt durch «segmentale Cleavages» (Religion, Ethnie, Sprache, Kultur, etc.) 2. Politische Parteien, Vereine, Schulen, Medien sind ebenfalls segmentiert.

Konsoz. Ansatz 1. Power Sharing: die wichtigsten Segmente (Gruppen) sind in der Regierung (Exekutive) vertreten. 2. Autonomie: Gruppen-Selbstverwaltung (v.a. im Bereich der eigenen Kultur). Kann auch territorial sein ( Föderalismus, Session 6). 3. Proporz: (a) als Wahlsystem, (b) als allgemeines Instrument, um öffentliche Stellen und Ressourcen zu verteilen. 4. Veto für Minderheiten (v.a. bei «vitalen» Interessen).

Günstige Bedingungen 1. Multiple Gleichgewichte: (a) zwischen Gruppen, (b) mehrere Gruppen nötig (v.a. mehr als zwei). 2. Pluralismus in der Parteienlandschaft (v.a. mehr als zwei). 3. Grösse des Landes. Vorteil für kleinere Länder, weil (a) die Eliten sich besser kennen (b) interne Solidarität (wegen externen Drohungen) stärker ist. 4. Struktur von Cleavages: besser, wenn crosscutting. 5. Verfassungspatriotismus. 6. Berührungspunkte: besser, wenn nicht zu viele. (Blankart: Les Suisses s entendent bien, parce qu ils ne se comprennent pas ).

Kritik des Konsoziationalismus Kritische Autoren: Brian Barry, Donald Horowitz, Benjamin Reilly, Matthijs Bogaards, Donald Rothchild, Ian Lustick, etc. Cleavages werden noch stärker. Ethnische bzw. radikale Parteien werden gefördert. Multiethnische bzw. Moderate Parteien werden gebremst. Zu viel auf die Eliten fokussiert. Nur eine Dimension der Identität (z.b. Sprache Ethnie, etc.) wird betont. Kann nur dort funktionieren, wo die Kultur des Konsensus bereits vorhanden ist..

Zentripetaler Ansatz Ein alternativer Ansatz (aber weniger in der Literatur sowie in der Empirie vertreten). Man sucht Institutionen, die die inter-ethnische Moderation fördern, v.a. via multi-ethnischen Parteien, Wahlanreize, Dialog. Ziel ist, die Rolle der Ethnizität im politischen Wettbewerb zu mildern und die multi-ethnischen Parteien zu fördern, anstatt die ethnischen Identitäten zu kristallisieren (vgl. Lijphart), [cf. Reilly, Benjamin. 2012. Institutional Designs for Diverse Democracies, European Political Science 11, p. 260]

Zentripetale Institutionen Majorz-Wahlsystem (vgl. USA, Kanada). Direkte Demokratie (vgl. Schweiz). Ethnisch gemischte Wahlkreise (vgl. Vorschlag der Pavia-Gruppe in Belgien).

Vergleich [Reilly 2012: 269]