Auszug aus Denkschrift zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg

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Transkript:

Auszug aus Denkschrift 2016 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg Beitrag Nr. 22 Geothermische Anlagen in Landesgebäuden RECHNUNGSHOF

Rechnungshof Baden-Württemberg Denkschrift 2016, Beitrag Nr. 22 Landtagsdrucksache 16/122 Geothermische Anlagen in Landesgebäuden (Kapitel 1208) In Landesgebäuden wurden 13 geothermische Anlagen errichtet. Der Betrieb der Anlagen ist unwirtschaftlich. Geothermische Anlagen an Standorten mit Fernwärme sind ohne zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz. 1 Ausgangslage Seit 2000 investierte das Land 4 Mio. Euro für 13 geothermische Anlagen in Landesgebäuden. Der Rechnungshof prüfte die Baukosten sowie den Betrieb der letzten drei Jahre. Die fünf ältesten Anlagen waren Pilotprojekte an Universitäts- oder Forschungsstandorten. Bei diesen wurden geringere Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit gestellt. Die Pilotprojekte wurden bislang nicht evaluiert. Durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz wurden Bauherren 2009 verpflichtet, einen Anteil des Wärmebedarfs durch solare Strahlungsenergie, Biomasse, Geothermie oder Ersatzmaßnahmen wie (Fern-)Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplung zu decken. Hierdurch begünstigt sollten geothermische Anlagen im Neubau eingesetzt werden. Zwei weitere Anlagen für die Landesvertretung in Brüssel und die Erweiterung der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart sind projektiert. 2 Prüfungsergebnisse 2.1 Falsche Wahl der Standorte und Redundanzen Bei 11 von 13 Gebäuden wurden neben geothermischen Anlagen auch Wärmeversorgungsanlagen beziehungsweise Fernwärmeanschlüsse eingebaut. Hier wurden die geothermischen Anlagen bezogen auf die Wärmeleistung redundant errichtet, obwohl bereits eine ausreichende, kostengünstige Wärmeleistung zur Verfügung stand. Bei 10 von 13 Gebäuden dienen die geothermischen Anlagen der Kälteversorgung. Bei 4 von diesen 10 geothermischen Anlagen ist die Kälteversorgung der Hauptzweck. Bei 9 von diesen 10 war eine Kälteversorgung aus Fernkälte oder Kältemaschinen vorhanden. 187

Tabelle: Geprüfte geothermische Anlagen Redundanz zu Ort Nutzer Fernwärme * Fernkälte ** Wärmepumpe Pilotprojekt Heidelberg Landesversuchsanstalt Freiburg Institut für Umweltmedizin Karlsruhe Musikhochschule Tübingen ZMBP Universität Tübingen Psychiatrie UKT Stuttgart Hochschule für Technik Stuttgart Raumfahrtzentrum Univers. Stuttgart Hochschule der Medien Mannheim Hochschule Langenargen Institut für Seenforschung Konstanz Sporthalle Universität Karlsruhe Landesbibliothek, Magazin Mössingen Polizeiposten * ** Bzw. vorhandene Kesselanlagen; Bzw. Kältemaschine. Für die redundanten Anlagen mussten zusätzliche Investitionskosten aufgewendet werden, ohne einen wesentlichen zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz durch einen geringeren Primärenergieverbrauch zu erzielen. Lediglich in drei Gebäuden verringert die geothermische Anlage den Primärenergieverbrauch. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) definiert den Umrechnungsfaktor von Endenergie in Primärenergie. Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung hat einen sehr günstigen Primärenergiefaktor von 0 bis 0,7. Für den elektromotorischen Betrieb von Wärmepumpen dagegen betrug der Primärenergiefaktor 2,4 (Stand: 2015). Ab 2016 gilt ein Primärenergiefaktor von 1,8. Bei 9 von 13 Gebäuden verschlechtert die geothermische Anlage deshalb die Primärenergiebilanz. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz fordert für die Ersatzmaßnahme Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplung einen Anteil von mindestens 50 Prozent am Gesamtwärmebedarf. Bei 8 von 13 Gebäuden steht eine hundertprozentige Wärmeversorgung aus Kraft-Wärme-Kopplung zur Verfügung. Die Errichtung der geothermischen Anlagen war in diesen Gebäuden somit nicht erforderlich. 188

2.2 Kostenvergleich der Bauarten Im Wesentlichen sind geothermische Anlagen zu unterscheiden nach Anlagen mit oder ohne Wärmepumpe sowie nach der geothermischen Erschließung mit Erdsonden oder sogenannten Energiepfählen. Energiepfähle sind mit Rohrschlangen thermisch erschlossene Beton- Pfahlfundamente von zumeist 6 m bis 12 m Tiefe. Die Pfahlgründung wird bei wenig tragfähigem Baugrund aus statischen Gründen benötigt (siehe Abbildung 1, linke Seite). Erdsonden bestehen aus Bohrungen mit Rohrschlangen, die mit Spezialbeton verfüllt werden. Sie werden zumeist neben Gebäuden in Tiefen bis zu 150 m gebohrt (siehe Abbildung 1, rechte Seite). Abbildung 1: Schematischer Aufbau der zwei Bauarten Flächenheizung Flächenheizung Wärmepumpe Wärmepumpe Flachgründung Pfahlgründung Tiefe: 12 m Energiepfähle 3.600 Euro je Erdsonden 1.800 Euro je kw Tiefe: 150 m Der Rechnungshof ermittelte bei den abgerechneten Maßnahmen die spezifischen Kosten für Energiepfähle und für Erdsonden. Sie betrugen für Energiepfähle im Mittel 3.600 Euro je Kilowatt thermischer Leistung und für Erdsonden im Mittel 1.800 Euro je Kilowatt thermischer Leistung. Obwohl für die Energiepfähle Bohrkosten sowie Kosten für den Spezialbeton der statischen Gründung nicht mit angesetzt wurden, waren sie teurer als die Erdsonden. Ursächlich hierfür sind hohe Aufwendungen im Rohrleitungsbau für viele Pfahlfundamente. Für eine gleiche geothermische Leistung wurden mit Erdsonden deutlich weniger Bohrungen erforderlich. 189

Abbildung 2: Aufwendiger Rohrleitungsbau für den Vor- und Rücklauf der 120 Energiepfähle beim ZMBP an der Universität Tübingen Die Kosten von Wärmepumpen sind im Verhältnis zu den Kosten von Erdsonden oder Energiepfählen unmaßgeblich. Wärmepumpen können die nutzbare geothermische Energie deutlich erhöhen. Sie wirkten sich auf die Kosten-Nutzen-Bilanz positiv aus. 2.3 Unzureichende Wirtschaftlichkeit Bei einigen Anlagen wurde im Hinblick auf ihren Pilotcharakter beziehungsweise ihre erwartete Klimafreundlichkeit auf eine Wirtschaftlichkeitsberechnung verzichtet. Soweit Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt wurden, waren sie in Teilen fehlerhaft beziehungsweise unvollständig. Für 13 in Betrieb befindliche Anlagen hat der Rechnungshof eine Energiekosteneinsparung von 43.000 Euro je Jahr festgestellt. Selbst wenn die Kapitalkosten (170.000 Euro je Jahr) nicht berücksichtigt würden, betrügen die Mehraufwendungen für die Anlagen 53.000 Euro je Jahr. Die Mehraufwendungen übersteigen die eingesparten Energiekosten auch bei dieser Betrachtung erheblich. In den meisten Fällen ist es daher wirtschaftlich, die Anlagen sofort außer Betrieb zu nehmen. Beispielsweise wurde beim Multimediakomplex in Karlsruhe für die Musikhochschule eine geothermische Anlage errichtet, die die jährlichen Energiekosten um 11.000 Euro reduziert. Dem stehen jedoch jährliche Mehraufwendungen von mehr als 20.000 Euro je Jahr gegenüber. Auch künftig ist bei deutlich steigenden Energiepreisen kein wirtschaftlicher Betrieb zu erwarten. Dies liegt am Verhältnis vom teuren Strompreis zum günstigen Erdgas- beziehungsweise Fernwärmepreis. 190

Aufgrund der Prüfung des Rechnungshofs wurde im Herbst 2015 eine bereits projektierte geothermische Anlage für einen Neubau des Interfakultären Instituts für Biochemie an der Universität Tübingen wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit nicht weiter verfolgt. 3 Empfehlungen 3.1 Bestehende Anlagen evaluieren Bevor weitere geothermische Anlagen geplant beziehungsweise errichtet werden sollen, sind die bestehenden Anlagen zu evaluieren. Anhand von Wirtschaftlichkeitsberechnungen und dem Primärenergieverbrauch sollte eine Erfolgskontrolle durchgeführt werden. 3.2 Redundanzen vermeiden An Standorten mit Fernwärme beziehungsweise Fernkälte soll auf die Nutzung von Geothermie verzichtet werden. Fernwärme aus Kraft-Wärme- Kopplung muss gegenüber der Geothermie aus wirtschaftlichen Gründen bevorzugt werden. Gleiches gilt für Fernkälte aus Kraft-Wärme-Kälte- Kopplung. 3.3 Unwirtschaftliche Anlagen abschalten Anlagen in redundanter Ausführung, deren betriebliche Mehraufwendungen nicht aus den eingesparten Energiekosten gedeckt werden können, sollten abgeschaltet werden. 4 Stellungnahme des Ministeriums Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft teilt die Auffassung des Rechnungshofs, dass der wirtschaftliche Betrieb der geothermischen Anlagen derzeit nicht nachgewiesen werden könne. Es geht davon aus, dass die Anlagen optimiert und künftig wirtschaftlich betrieben werden können. Hierfür sei ein Monitoring geplant und Maßnahmen initiiert. Die Feststellung des Rechnungshofs, dass Fernwärme aus Kraft-Wärme- Kopplung primärenergetisch günstiger sei, wird vom Ministerium nicht geteilt. Es führt aus, dass geothermische Anlagen mit optimiertem Betrieb primärenergetisch ähnlich gut wie Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung seien. Das Ministerium teilt mit, es werde in Abhängigkeit der statischen Anforderungen an die Gründung des Bauwerks jeweils die zweckmäßige bauliche Variante von geothermischen Anlagen gewählt. Der Kostenvergleich der Bauarten von Energiepfählen und Erdsonden sei daher nicht ausschlaggebend. 191

Entgegen der Darstellung des Rechnungshofs erwartet das Ministerium bei steigenden Energiepreisen einen wirtschaftlichen Betrieb der geothermischen Anlagen. Es werde angestrebt, unabhängig von einer Evaluation der bestehenden Anlagen, neue Anlagen zu errichten, sofern eine Wirtschaftlichkeit vorliege, dies gelte auch an Standorten mit Fernwärme beziehungsweise -kälte. Das Ministerium geht davon aus, dass eine Optimierung der Anlagen einen wirtschaftlichen Betrieb sicherstelle. Nur im Einzelfall sei eine Abschaltung der Anlage sinnvoll. 5 Schlussbemerkung Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft legt für seine Berechnungen einen optimierten Betrieb der Wärmepumpen zugrunde, der zum Zeitpunkt der Prüfung von keiner Anlage erreicht wurde. Der Rechnungshof bleibt bei seiner Position, dass Erdsonden wirtschaftlicher sind als Energiepfähle, selbst wenn eine Pfahlgründung statisch erforderlich ist. Die vom Ministerium erwarteten Energiepreissteigerungen für Wärme entsprechen nicht der langfristigen Entwicklung. Eine Sensitivitätsanalyse des Rechnungshofs ergab, dass nur bei stark steigenden Wärmepreisen von jährlich mehr als 5 Prozent geothermische Anlagen wirtschaftlich werden. Dies wurde in den letzten 30 Jahren nicht erreicht. Das Ministerium berücksichtigt bei seiner Aussage nicht, dass auch die zum Betrieb der Anlage notwendige elektrische Energie eine Preissteigerung erfährt. 192