Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer zur Eröffnung der Ausstellung Der späte Tizian und die Sinnlichkeit der Malerei am Mittwoch, dem 17. Oktober 2007 Sehr geehrte Damen und Herren! Wien kann momentan tatsächlich nicht darüber klagen, zu wenige hochkarätige Kunstausstellungen zu offerieren. Namen, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten in der Kunstwelt einen hervorragenden Ruf haben und mit außergewöhnlicher Kunstfertigkeit und Virtuosität verbunden sind, werben auf Plakaten für die unterschiedlichen Museen und Sammlungen.
2 Unter diesen großen Namen sticht jener Tizians ganz sicherlich besonders hervor. Seine Bedeutung als einer der wichtigsten Vertreter der Renaissancemalerei wurde vor genau einem Jahr hier im Kunsthistorischen Museum mit der Ausstellung Bellini, Giorgione, Tizian gewürdigt. Damit lässt sich eine Kontinuität in der Ausstellungspolitik des Kunsthistorischen Museums erkennen, die bemerkenswert ist und vor allem für das Publikum eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Werken früherer Jahrhunderte ermöglicht.
3 Besonders gilt es auch hervorzuheben, dass die Ausstellungen häufig durch begleitende Symposien ergänzt werden in Bezug auf Tizian zuletzt 2002 die den wissenschaftlichen Zugang und Anspruch des Museums zur Kunst unter Beweis stellen. Auch diesmal wird es Vorträge geben, die erkennen lassen, dass sich große Museen trotz des wachsenden Drucks, verstärkt auf Besucherzahlen zu achten, den wichtigen wissenschaftlichen Auftrag nicht verschließen. Diesen Aspekt möchte ich aus zwei Gründen besonders betonen: Zum Einen wird oft nicht ausreichend wahrgenommen, dass Museen auch wichtige Forschungszentren sind, die in enger Zusammenarbeit mit universitären und außeruniversitären Institutionen wissenschaftliche Arbeit leisten.
4 Ich möchte daher den heutigen Anlass benützen, allen Damen und Herren des Kunsthistorischen Museums zu danken, die ihr Wissen, ihr Können und ihre berufliche Erfahrung in kunsthistorische Erschließung oder restauratorische Betreuung stecken. Sie bilden das fachliche und wissenschaftliche Fundament, auf dem es erst möglich wird, Ausstellungen wie diese zu realisieren. Aber auch die Leistung der Kuratorinnen und Kuratoren ist zu würdigen. Ihre Kompetenz entscheidet nicht selten über den Erfolg oder Misserfolg einer Ausstellung. Auch ihnen sei daher besonders gedankt und heute im Speziellen der Kuratorin von Der späte Tizian, Frau Dr. Sylvia Ferino-Pagden.
5 Der zweite Grund, weshalb die wissenschaftliche Verantwortung der Museen erwähnenswert ist, besteht darin, dass Kunstvermittlung nur auf der Basis gesicherter Erkenntnisse und einer historischen Kontextualisierung ernsthaft möglich ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse über Kunst bilden die Grundlage für jede Form der Kunstvermittlung und sind unverzichtbar, wenn der Bildungsauftrag - den Museen natürlich haben - wahrgenommen werden soll. Erfreulich ist es, in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen zu können, dass im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Kinder und Jugendliche das Kunsthistorische Museum besucht haben nicht wenige davon im Rahmen von sachkundigen Führungen.
6 Ein weiterer Dank gilt daher all jenen, die sich ob nun für junge oder erwachsene Besucher um Kunstvermittlung verdient gemacht haben. Meine Damen und Herren! Die historischen Bezüge, die in Tizians Werk vorhanden sind, machen eine Auseinandersetzung mit seiner Kunst immer wieder interessant. Als Maler, der an allen europäischen Höfen besonders angesehen war, reiste er nicht nur von einer Stadt zur nächsten, sondern vermittelt in seinen Bildern auch ein Panorama des 16. Jahrhunderts, einen Eindruck von der Gegenreformation und der Epoche Karls V.
7 Meine Damen und Herren! Die letzte Ausstellung in Wien, an der Tizian beteiligt war, die bereits erwähnte Bellini, Giorgione, Tizian -Ausstellung, war die erfolgreichste des Kunsthistorischen Museums im vergangenen Jahr. Ich wünsche der nunmehr zu eröffnenden Schau Der späte Tizian, dass sie ähnlich erfolgreich sein möge. Die Chancen stehen gut. Die Ausstellung ist eröffnet!