Kurzfassung der DZHW-Studie zum Studienabbruch in BW

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Transkript:

Qualitätsmanagement Studium und Lehre Margit Buschle Kurzfassung der DZHW-Studie zum Studienabbruch in BW Im Frühjahr 2015 wurden Exmatrikulierte (ausschließlich des Erststudiums) des SS14 an den Hochschulen schriftlich befragt. Dabei wurden besonders die einzelnen Phasen betrachtet, die zum Studienabbruch beitragen. Bei der deutschlandweiten Umfrage beteiligten sich rund 2.400 von 25 Hochschulen aus BW (die 9 Unis, 4 PH s und 12 HAW), von der HHN beteiligten sich 81 Exmatrikulierte. Studienvorphase Bei 61% der Abbrecher (an HHN: 54%) und 55% der Absolventen eines HAW-Bachelorstudiums hat kein Elternteil einen akademischen Abschluss. Demnach spielt die Bildungsherkunft bei HAW s keine große Rolle, da ohnehin eher Studierende aus einem nichtakademischen Elternhaus an HAW s studieren. Männer brechen ihr Studium wahrscheinlicher ab als Frauen. Mit zunehmendem Alter sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Studienabbruchs. Der Erwerb der HZB hat bei den Studienabbrechern an HAW s mit 44% (z. Vgl. Absolventen: 31%) eher an Fach-, Berufsoberschulen oder Berufskollegs stattgefunden. 52% der Abbrecher haben ihr Abitur an allgemeinbildenden oder beruflichen Gymnasien (z. Vgl. Absolventen: 64%) erworben. Für den Studienerfolg ist außerdem entscheidend, dass die schulische Schwerpunktsetzung und Ausrichtung der Ausbildung mit dem später gewählten Studienfach samt Studieninhalten und -anforderungen korrespondiert. HAW-Bachelor-Absolventen erreichen insgesamt im Schnitt eine HZB-Note von 2,3, Studienabbrecher dagegen die Durchschnittsnote 2,7 (an HHN: 2,6). Ein deutlicher Zusammenhang zwischen Note und Abbruch fällt bei den Mathe- und Deutschnoten auf, bei Englisch ist er eher geringer. Wenn die Durchschnittsnote in diesen drei Fächern Drei oder schlechter ist, ist bei 66% der entscheidende Abbruchgrund Leistungsprobleme, aber nur bei 34% wenn die Durchschnittsnote besser als Drei ist. Nur 32% der HAW-Bachelor-Abbrecher, aber 55% der HAW-Bachelor-Absolventen fühlte sich allgemein sehr gut oder gut auf das Studium vorbereitet. Auch die Vorkenntnisse in sehr starkem Maße bei Mathe (38% - i. Vgl. Absolventen: 63%) und Naturwissenschaften (37% - i. Vgl. Absolventen: 65%) werden durchweg als weniger ausreichend beurteilt. Die abgeschlossene Berufsausbildung wirkt sich bei HAW s nicht auf den Studienerfolg aus: Sowohl 34% der Abbrecher als auch 34% der Absolventen haben eine Berufsausbildung abgeschlossen. Seite 1 von 6 Hochschule Heilbronn Max-Planck-Str. 39 D-74081 Heilbronn Telefon: +49 (0)7131/ 504-452 Fax: +49 (0)7131/ 252470 margit.buschle@hs-heilbronn.de

Studienentscheidung An HAW s spielen extrinsische Motive (z.b. gute Arbeitsmarktchancen) sowohl bei Studienabbrechern als auch bei Absolventen eine deutlich größere Rolle als an Unis. Diese Differenz dürfte sich vor allem durch das unterschiedliche Fächerprofil ergeben. Extrinsische Motive finden 71% der Abbrecher und 61% der Absolventen an HAW s wichtig und sehr wichtig. Bei den intrinsischen Motiven (z.b. Fachinteresse) verhält es sich an beiden Hochschularten ähnlich mit 75% Abbrechern und 85% Absolventen an HAW s. Zusammenhänge zu den Zulassungsbedingungen decken sich fast mit den Zusammenhängen zum schulischen Leistungsniveau. Studieneingangsphase Studienanfänger, die am Anfang des Studiums Probleme haben, sich an der Hochschule zurechtzufinden, können häufig die Leistungsanforderungen, die bereits im ersten Semester an sie gestellt werden, nicht erfüllen. Relevante Prüfungen werden in spätere Semester verschoben und somit führen die angehäuften Leistungsdefizite im weiteren Studienverlauf nicht selten zu einer Überforderungssituation. Der Studieneinstieg gelingt an HAW s in BW besser als an Unis. 49% (z.vgl. Unis: 58%) der Abbrecher gaben Orientierungslosigkeit an. Es besteht einen Zusammenhang von der Überforderung vom fachlichen Niveau und Probleme mit dem Arbeitspensum, wenn die Vorkenntnisse und Fähigkeiten in Mathematik und Naturwissenschaften zu Studienbeginn nicht ausreichen. Noch stärker ist der Zusammenhang bei einer nicht-gymnasialen HZB. Auch die Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten und die Vorkenntnisse im Zeitmanagement sind notwendig für den Studienerfolg. Überraschend ist, dass sich die Teilnahme an Angeboten (z.b. Brückenkurs Mathe, Technik des wissenschaftlichen Arbeitens etc.) zwischen den Absolventen und Abbrechern faktisch nicht unterscheidet. D.h., es kann nicht bestätigt werden, dass mit einer Teilnahme das Studium besser bewältigt werden kann (diese Erkenntnis deckt sich mit der LUMA-Studie). Aber ohne diese Angebote könnte die Zahl der Studienabbrecher noch größer sein. Sowohl Abbrecher als auch Absolventen sind zu Studienbeginn nicht gut, aber HAW-Studierende im Vergleich zu Uni-Studierenden deutlich besser über die beruflichen Aussichten informiert. Auffällig ist, dass gerade Abbrecher der Ingenieur- aber auch der Wirtschaftswissenschaften bei Studienbeginn schlecht informiert waren. Die extrinsisch motivierte Studienfachwahl, die mit unzureichender Informiertheit einhergeht birgt ein hohes Abbruchrisiko. Die Wahrscheinlichkeit, das Studium erfolgreich zu beenden steigt um 17%, wenn man das Wunschfach studiert. Dies zeigt sich dann auch später in der Fach- und Hochschulidentifikation. Studiensituation Die durchschnittliche Dauer bis zum Studienabbruch beträgt im HAW-Bachelorstudium 3,1 Fachsemester, an der HHN sind es 3,2 Semester. Bundesweit findet der Abschluss fast ein Semester später statt. 57% aller HAW-Bachelor brechen im ersten Studienjahr ab, an der HHN sind es 56%. Über die Exmatrikulation denken die Bachelor-Studierenden durchschnittlich etwas länger als ein Semester nach bevor sie endgültig exmatrikulieren. Seite 2 von 6

Interne Einflussfaktoren Eine aktive Studienhaltung der selbstständigen und effektiven Organisation des Studiums zeigen nur 47% der Abbrecher, aber 81% der Absolventen. Die Kommunikation mit den Lehrenden ist nur dann erfolgreich, wenn auch die Studierenden bewusst den Erhalt von Feedback und Rat der Lehrkräfte anstreben, vor allem in Bezug auf die konkreten Studienleistungen. Sie trägt aber wesentlich zur Fachidentifikation bei, die ein wichtiger Studienerfolgsfaktor darstellt. Über die Kommunikation mit den Kommilitonen werden wichtige Studienerfahrungen und -informationen ausgetauscht, wird Hilfe und Unterstützung in Problemlagen vermittelt und die Identifikation mit dem Studienfach und der Hochschule verstärkt sich. Eine starke soziale Integration in die Hochschule hat auf den Studienerfolg den stärksten Einfluss: Zwei Drittel der Absolventen, aber nur ca. die Hälfte der Abbrecher stehen im intensiven Gespräch mit Kommilitonen. Ein Schlüsselproblem des Studienabbruchs stellen mangelnde Studienleistungen dar. Externe Einflussfaktoren Zu den Studienbedingungen gehören u. a. die Qualität der Lehre, Didaktik, Anforderungsgestaltung, Praxis- und Forschungsbezug des Studiums sowie die Studien- und Prüfungsorganisation. Zwei Drittel schreiben den Studienbedingungen eine wichtige Rolle für ihre Studienaufgabe zu, aber nur bei 6% gaben sie den Ausschlag für die vorzeitige Exmatrikulation. Unzulängliche Studienbedingungen führen nicht ohne weiteres zum Studienabbruch, erst im Verbund mit anderen studienbeeinträchtigenden Schwierigkeiten tragen sie zum vorzeitigen Studienende bei. Gemessen an den Problemlagen der Studienabbrecher fällt deren Nachfrage nach Beratung nicht allzu hoch aus. 80% der HAW-Abbrecher haben bspw. die zentrale Studienberatung noch nie in Anspruch genommen. Ein Zusammenhang der Besuche von Beratungseinrichtungen und Studienerfolg kann nicht festgestellt werden. Eine Erwerbstätigkeit, die mehr als zehn Stunden in der Woche umfasst, erhöht deutlich das Risiko eines Studienabbruchs (bei HHN-Abbrechern arbeiten 20% über 10h/Woche). Die fachliche Nähe einer Erwerbstätigkeit erweist sich aber für den Studienerfolg als durchaus förderlich. Studienabbrecher haben im Vergleich zu Absolventen häufiger BAföG bezogen und wurden seltener finanziell durch die Eltern unterstützt. Der Studienerfolg kann mit der (gefühlten) Sicherheit der Finanzierung zusammenhängen. Tätigkeit nach dem Studienabbruch Als sinnvolle Alternative zum Studium wurde von den Abbrechern am häufigsten mit 59% die Berufsausbildung und ein Studiengangwechsel mit 55% gesehen. Ein halbes Jahr nach Exmatrikulation haben 44% der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher in Baden-Württemberg eine Berufsausbildung aufgenommen (schulische Ausbildung: 14%, betriebliche Ausbildung: 30%) und 32% über einen Beruf aus. Seite 3 von 6

Unabhängig von der Art der jeweils ausgeübten Tätigkeit äußern sich Studienabbrecher in Baden-Württemberg überraschenderweise in fünf von acht Dimensionen zufriedener als Absolventen, in erster Linie bei der Arbeitsplatzsicherheit. Entscheidender Abbruchgrund Leistungsprobleme HAW s: 40% (z.vgl. Unis: 27%) zu viel Studien- und Prüfungsstoff 3% Studienanforderungen waren zu hoch 8% habe den Einstieg ins Studium nicht geschafft 3% war dem Leistungsdruck im Studium nicht gewachsen 3% Zweifel an persönlicher Eignung für das Studienfach 2% endgültig nicht bestandene Prüfungen 19% (HHN: 19%) konnte fehlende Vorkenntnisse nicht ausgleichen 4% mangelnde Studienmotivation HAW s: 17% (z.vgl. Unis: 20%) falsche Erwartungen in Bezug auf das Studium 9% (HHN: 10%) Desinteresse an den Berufen, die das Studium ermöglicht 1% nachgelassenes Interesse am Fach 6% (HHN: 6%) schlechte Arbeitsmarktchancen in meinem Fach 0% Wissenschaft liegt mir nicht 0% persönliche Gründe HAW s: 14% (z.vgl. Unis: 14%) fühlte mich im Studium diskriminiert 1% fühlte mich am Studienort nicht wohl 2% (HHN: 9%) Krankheit/psychische Probleme 11% (HHN: 11%) praktische Tätigkeit HAW s: 9% (z.vgl. Unis: 14%) fehlender Berufs- und Praxisbezug des Studiums 3% Wunsch nach praktischer Tätigkeit 6% will schnellstmöglich Geld verdienen 0% finanzielle Situation HAW s: 5% (z.vgl. Unis: 7%) finanzielle Engpässe 3% Studium und Erwerbstätigkeit waren nicht mehr zu vereinbaren 2% Studienbedingungen HAW s: 3% (z.vgl. Unis: 7%) überfüllte Lehrveranstaltungen 0% gewünschte Lehrveranstaltung nicht erhalten 0% mangelhafte Organisation des Studiums 2% mangelhafte Didaktik der Lehrveranstaltungen 0% ungenügende Betreuung durch Dozenten 0% Anonymität in der Hochschule 0% familiäre Situation HAW s: 6% (z.vgl. Unis: 5%) Studium und Kinderbetreuung waren nicht mehr zu vereinbaren 0% Schwangerschaft 0% familiäre Gründe 5% berufliche Alternative HAW s: 4% (z.vgl. Unis: 5%) Seite 4 von 6

Angebot eines finanziell oder fachlich attraktiven Arbeitsplatzes 3% ursprünglich angestrebten Ausbildungs- bzw. Studienplatz erhalten 2% Studienorganisation HAW s: 2% (z.vgl. Unis: 1%) Studium war zu verschult 1% fehlende Wahl- und Vertiefungsmöglichkeiten 0% Die größte Rolle am Abbruch spielen die Leistungsprobleme an HAW s mit 88% (z.vgl. Unis: 77%) Insbesondere bei Studienabbrüchen, die vorrangig mit mangelnder Studienmotivation, der Hinwendung zu einer praktischen Tätigkeit, aber auch mit persönlichen Motiven wie Krankheit, Unwohlsein am Studienort sowie Diskriminierung begründet werden, kommt Leistungsproblemen relativ häufig Bedeutung zu. Deutlich über der Hälfte aller Studienabbrecher sind mit falschen Erwartungen in ihr Studium gestartet. Auch diese kämpfen mit Leistungsproblemen durch die mangelnde Fachidentifikation. 43% aller Studienabbrecher eines ingenieurwissenschaftlichen Studiengangs führen in erster Linie Überforderung als Abbruchgrund an, deutlich mehr als in den Wirtschaftswissenschaften (33%). Handlungsfelder für die Prävention von Studienabbruch Viele Probleme und Fragestellungen, die bereits im Rahmen der begleitenden Wirkungsforschung zu den Studienmodellen individueller Geschwindigkeit festgestellt wurden, können im Rahmen der Untersuchung zu den Motiven und Ursachen des Studienabbruchs bestätigt werden. Zu den zentralen Handlungsfeldern gehören vor allem die schulische Vorbereitung auf ein Studium o Ausgleichen der Unterschiede zwischen allgemeinbildenden Gymnasien und anderen Schularten in Bezug auf die Anforderungen in den Studiengängen o Absprachen zwischen Schulen und Hochschulen über das Wissen und die Fähigkeiten, die bis Schulende zu vermitteln sind und auf die dann in der Lehre an den Hochschulen zu Studienbeginn aufgebaut wird o cosh -Weg des Mindestanforderungskatalogs in Mathe fortsetzen o stärkere Vermittlung von wissenschaftlichen und theoretischen Grundlagen in berufsbildenden Schulen ohne Anpassung der schulischen Strukturen o studienähnliche Lern- und Lehrformen in Oberstufe o Berufsausbildung als gleichwertige Möglichkeit der beruflichen Laufbahn in Maßnahmen zur Berufs- und Studienberatung aufnehmen o besondere Sensibilität für Schüler/innen mit geringerer akademischer Affinität der Übergang von der Schule zur Hochschule o Angebote für Studienberechtigte von praktischen (Studien-)Erfahrungen zu möglichen Qualifikationswegen (Bsp. Summer University der VDE Südbaden) o Wandel von Informations- und Probeveranstaltungen hin zu wirklichen Arbeitsveranstaltungen ( Probestudium ) o Höher Grad an Verbindlichkeit für die Teilnahme an Brückenkursen, z.b. mit Tests o Möglichkeiten studienbegleitender Kurse zur Defizitbeseitigung o Self-Assessments zur eigenen Leistungseinschätzung und zur Orientierung (nicht gemeint ist was-studiere-ich.de) o Kurse in Zeitmanagement und Wissenschaftlichem Lernen und Studieren oder Kompaktangebote von Kursen Seite 5 von 6

der Einstieg in das Studium o Erhalt der vielfältigen Einführungs- und Informationsveranstaltungen, aber mit höherem Grad n Verbindlichkeit o klare Analyse des fachlichen Vorbereitungsstandes (z.b. über Studierfähigkeitstests und Self- Assessments) und Ableitung individuell abgestimmter Unterstützungsbedarfe in persönlichen Gesprächen der Lehrenden mit den Studierenden o frühzeitiges Bilden von Lerngruppen mit Mentoren o Flexibilisierung von Studienabläufen o Zur Steigerung der Fachidentifikation sollen die besten Lehrenden im Grundstudium tätig sein o Frühzeitiger Praxis- und Forschungsbezug zur Steigerung der Studienmotivation o Orientierungssemester anbieten weitere Studienverlauf bzw. die Studiensituation der Studierenden o Einführung eines Kontrollsystems für den Studienverlauf, um rechtzeitig präventiv oder intervenierend tätig werden zu können o Aufrechterhalten eines umfassenden Angebots an Unterstützungsmaßnahmen zur Bewältigung von Studienanforderungen, die von Beratung über Tutorien bis hin zu zusätzlichen Lehrveranstaltungen reichen und an denen unterschiedliche Akteure (Studierende, Beraterinnen und Berater, Lehrende) beteiligt sind o Einführung verbindlicher Absprachen in Folge von Beratungsgesprächen mit Lehrenden o Zentrale Bedeutung kommt der Entwicklung einer Feedback-Kultur zu; Studierende sollten zu jeder ihrer Studienleistungen eine nachvollziehbare Beurteilung erfahren o Beibehalten von studentischen Lern- und Arbeitsgruppen, die sowohl der studentischen Integration als auch als Betreuungsstrukturen für Mentoren dienen können o Entwicklung eines Curriculums, dessen Anforderungsgestaltung sich von stärkerer Vorgabenorientierung hin zu umfassender Eigenaktivität ändert o Frühzeitige Einbeziehung der Studierenden in Forschungs- und Praxisprojekte o Studienfinanzierung als Thema von Einführungsveranstaltungen und Beratungsgesprächen; Einrichten von temporären Notfallstipendien für Studierende mit gefährdeter Studienfinanzierung Seite 6 von 6