Heidearten benötigen Management Lebensraumspezialisten im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide

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Transkript:

Heidearten benötigen Management Lebensraumspezialisten im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide Th. Aßmann 1, C. Drees 1,2, K. Homburg 1, H. Krause 1, A. Taboada 1,3, E Völler 1 & A. Schuldt 1 1 Institut für Ökologie, Leuphana Universität Lüneburg 2 Zoologisches Institut und Museum Universität Hamburg 3 Department of Biodiversity and Environmental Management, University of León

Übersicht Molekulare und ökologische Ansätze für ein Heidemanagement Beispiele: Genetische Erosion in Heidefragmenten Habitateignungsmodelle und heterogen strukturierte Heiden Halboffene Korridore

Landschaftsgeschichte Nordwest-Deutschlands ~1800: hochgradig fragmentierte Wälder, großflächige Heiden Heute: Waldfläche ist größer, Heiden stark fragmentiert Braun: Hochmoore (1800) bzw. Hochmoortorflagerstätten (1980)

Laufkäfer: Genetische Erosion Poecilus lepidus Hat die Habitatfragmentierung von Heiden während der letzten Dekaden einen Einfluss auf die genetische Variabilität und Differenzierung von dieser Heideart?

Laufkäfer: Genetische Erosion Heiden (und Sandtrockenrasen) von 0.15 bis 810 ha über 1500 Individuen von 39 Fangstellen Allozym Polyacrylamid Elektrophoresen, 5 variable Loci wurden analysiert: Glucose-6-Phosphate Osomerase (GPI) Isocitrate dehydrogenase (IDH) Mannose-6-Phosphate Isomerase (MPI) Phosphoglucomutase-2 (PGM-2) 6-Phosphogluconat- Dehydrogenase (6-PGDH) Drees, de Vries, Haerdtle, Matern, Persigehl, Assmann 2011 Conservation Genetics 12: 105-117

Laufkäfer: Genetische Erosion Beziehungen zwischen Habitatgröße und a) beobachteter Heterozygotie H o (r=0.396; p 0.05), b) festgestellte Allele A s (r=0.757;p 0.001), und c) Allelreichtum (allelic richness) R s (r=0.787; p 0.001)

Laufkäfer: Genetische Erosion Populationen in Habitaten kleiner als 10 ha zeigen genetische Erosion! Für größere Heiden ist die Flächen-Allelreichtum- Beziehung nicht nachweisbar. Wenn bereits diese kleinen Käfer einen Verlust genetischer Variabilität zeigen, dann müssen wir für größere Tierarten, die kleinere Populationen aufweisen, postulieren, dass sie ebenfalls genetische Variabilität und damit Anpassungspotenzial verlieren.

Habitateignungsmodelle Einige Heidearten werden extrem selten, auch in relativ großen Heiden (z.b. Naturschutzgebiet Lüneburger Heide, >3,000 ha Heiden) Spezifische Mikrohabitate? Habitateignungsmodelle (Fänge aus Barber-Fallen, Vorkommensdaten, multiple logistische Regressionsanalysen), mehrere Arbeiten (s.a. Matern et al. 2007 Biological Conservation 136: 618-627)

Habitateignungsmodellierung Cicindela sylvatica (Taboada et al. 2013. PLoS ONE 8(7): e70038). Carabus nitens (Assmann & Janssen 1999. J. Insect Cons.) Maculinea alcon (Habel et al. 2007. Ecolog. Entomology 32: 536-543) Eresus kollari

Habitatmodellierung Parameter, die das Vorkommen der Art am besten erklären (multiple logistische Regressionsanalyse) Variable Regression coefficient SE Wald Z p Soil temperature at 10 cm depth Thickness of organic layer 0.591 0.226 2.61 0.009-0.360 0.159-2.27 0.023 Krause et al. 2012. Journal of Arachnology 39: 384-392.

Habitatveränderungen Hohe Temperaturen im Boden, aber nicht unbedingt an der Oberfläche, kein Rohhumus! Calluna höher als 10 cm und niedriger als 50 cm Solche offenen Stellen werden in Heiden immer seltener ( Vermoosung ) Ähnlich ephemere, kleinräumig offene Mikrohabitate haben auch viele andere stenotope Arten, die sehr stark zurückgehen, zb Cicindela sylvatica, Maculineon alcon, Carabus nitens)!

Habitatveränderungen Ähnlich ephemere, kleinräumige Mikrohabitate haben auch andere stenotope bedrohte Arten, z.b. Cicindela sylvatica (unter älterer großer Calluna und kleinen Freiflächen),

Habitatveränderungen z.b. Maculinea alcon,

Habitatveränderungen und Carabus nitens.

Halboffene Korridore Heiden waren verbunden, heute fragmentiert. Wälder waren fragmentiert, sind heute aber verbunden.

Halboffene Korridore klassische Korridore: schmale Streifen eines Lebensraumtyps verbinden zwei isolierte Lebensräume miteinander erleichtern Austausch der Arten und Individuen zwischen Flächen konnektive Funktionen Reduzierung der Auswirkungen von Habitatfragmentierung

Halboffene Korridore mögliche Probleme: Heide Wal d Heide durch Vernetzung eines Lebensraums erfolgt Fragmentierung eines anderen Lebensraums Wal d z.b. Wald fragmentiert Offenland Barriere für Arten anderer Lebensraumtypen ausbreitungsschwache und stenotope/stenöke Arten halboffene Korridore: eine Lösung?

Halboffene Korridore halboffene Landschaften wie z.b. halboffene Weidelandschaften, Hutewälder simultanes und syntopes Vorkommen von Wald- und Offenlandarten Übergänge zwischen Wäldern und Offenlebensräumen (Ökotone) Wald Halboffener Lebensraum Offenland Wald verbindende Struktur zwischen Wald und Offenland Heide Wald Heide

Was sind halboffene Korridore? weicher Übergang mindert Randeffekt zwischen unterschiedlichen Lebensräumen verbindet gleiche Lebensräume miteinander ohne Fragmentierung eines anderen ausbreitungsschwache Wald- und Heidelaufkäferarten in halboffenen Korridoren nachgewiesen

Halboffene Korridore Fang-Wiederfang-Experimente, 143 Lebendfallen Heidearten: Poecilus lepidus, Carabus nitens Waldarten: Carabus auronitens, Abax parallelepipedus Wald Halboffen 1Heide Halboffen 2

Halboffene Korridore Wir fanden stenotope Arten beider Lebensraumgruppen in denselben Fallen. Für einzelne Individuen konnten wir zeigen, dass sie mindestens bis zu ca. 150 m (gilt für Waldarten) bzw. 30 m (gilt für Heidearten) in die halboffenen Lebensräume hineingehen. Eggers et al. 2010. Conservation Biology 24: 256-266. doi: 100.1111/j. 1523-1739.2009.01295.x

Halboffene Korridore 1. Lüneburger Heide 2. Grünes Band 3. Elbtalaue 4. Schwäbische Alb 5. Lausitz 3 5

Halboffene Korridore in Kooperation mit:

Halboffene Korridore Andere Lebensräume / Habitate (Beispiel aus 60 Jahresfallen) Vielleicht Im nächsten Jahr erste Ergebnisse vorstellen? 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 Brachinus crepitans Carabus irregularis Carabus problematicus offen halboffen beschattet

Zusammenfassung Heiden sollten groß sein (>10 ha), sollten einen Komplex aus unterschiedlichen Heide-Entwicklungsstadien beherbergen. und sollten über (halboffene?) Korridore miteinander verbunden werden.