Weiterentwicklung der internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD-10-GM: LAHS-NVP-Fehlbildungen Witten/Herdecke 12. Juni 2010 Prof. Dr. Dr. J. Koch
Grundlagen der Weiterentwicklung 1. Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit, (AHP, SGB IX, Teil 2) des Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bonn, 1983, 1996, 2008 2. Das Bio-psycho-soziales Modell der WHO, 2001 mit der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ICF 3. Systematisches Verzeichnis ICD-10-GM 2009, Q35.- bis Q37.- vom 24. September 2008, Herausgeber: DIMDI, Deutscher Ärzteverlag, Köln, S. 569 571 4. UN-Konvention vom Februar 2009 Rechte der Menschen mit Behinderung 2
Grundlagen der Weiterentwicklung UN-Behindertenrechtskonvention stärkt den Anspruch der Behinderten auf Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Teilhabe, Gesundheit, Rehabilitation und Habilitation. Folge: Widersprechende Gesetze, Verordnungen und Praktiken müssen geändert, ergänzt oder aufgehoben werden. 3
Grundlagen der Weiterentwicklung Die Kassenärztliche Vereinigung stellte 2010 fest (Dt. Ärzteblatt, 107/15): dass die Ärzte häufig Diagnosen und Prozeduren zu allgemein verschlüsseln, so dass u.a. der Schweregrad einer Fehlbildung nicht erkennbar ist. Dadurch ist auch ihr erhöhter Behandlungsbedarf nicht nachvollziehbar. 4
Diagnose und Therapie Die Diagnose ist einer der Fundamentalbegriffe der Medizin und der zentrale Orientierungspunkt des Arztes. Die genaue Diagnose der Lippen-, Kiefer-, Gaumen-, Segel- sowie der Nasen-, Vomer-, Rachen-Fehlbildungen ist Voraussetzung für die morpho-physiologische Therapie der Fehlbildungsfolgen. Therapeutische Fehlleistungen beruhen fast immer auf der Grundlage von Fehl- bzw. zu allgemeinen Diagnosen. 5
Befundung und Dokumentation nach AHP Das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales schreibt seit 1983 in den Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit folgende orale Befundung vor (AHP, SGB IX, Absatz 8, 8, S. 10ff). Bei Zahnschäden ist ein genauer Zahnstatus mit exakter Angabe der festgestellten Veränderungen in ein Schema einzuzeichnen: Zu achten ist auf Narbenbildungen oder andere Veränderungen in den Weichteilen des Mundes oder an den Kiefern.... z. B. LKGS-Fehlbildungen... Die Angabe der Körperseite darf nie vergessen werden. 6
AHP LKGS/LAHS-Fehlbildungen Die Dokumentation und Kommunikation über die oralen Befunde zwischen Zahnärzten, Chirurgen und Kostenträgern erfolgt seit Jahrzehnten komplikationslos mittels des international anerkannten FDI-Zahn-Schemas, das Ausgangspunkt für die Entwicklung der Dokumentation bei LKGS-/LAHS-Fehlbildungen wurde. 7
Systematisches Verzeichnis ICD-2009 Zur eindeutigen Definition der Schlüsselnummern des ICD- 10, Q35.- bis Q37.- wurde der LAHS-Kode eingeführt. Großbuchstaben kennzeichnen die betroffenen anatomischen Regionen in Deutsch/Englisch : L Lippe Lip L K Kiefer Alveolus A G Gaumen Hard palate H S Segel Soft palate S Kleinbuchstaben und Stern (*) sind/ist nicht vorgesehen. Nicht betroffene anatomische Teile werden durch einen Mittestrich (-) dargestellt. 8
Verbesserungsmöglichkeiten für Q35 - Q37 Berücksichtigung der ätiologischen Topographie Korrekte Dokumentation der Seitigkeit Darstellung der Schweregrade als Grundlage für die Qualität der Therapie. 9
ICD-Klassifikation Ätiologiekonformität primärer Gaumen: L- und/oder K- Fehlbildungen. primärer und sekundärer Gaumen: LK- und/oder GS- Fehlbildungen. sekundärer Gaumen: G- und/oder S- Fehlbildungen. 10
ICD-Klassifikation Ätiologiekonformität primärer Gaumen: L- und/oder K Fehlb. Q37.- Q.35.- primärer und sekundärer Gaumen: LK-und/oder GS-Fehl. Q36.- Primärer Gaumen sekundärer Gaumen: G- und/oder S- Fehlbildungen. Q35.- Q.37.- Sekundärer Gaumen 11
ICD-Klassifikation Ätiologiekonformität Z. B.: Q37.0 Spalte des harten Gaumens mit beidseitiger Lippenspalte ist mit LA---AL fehlerhaft beschrieben und fehlerhaft verschlüsselt. Korrektur: Beidseitige Lippen-Kieferspalten müssen als Fehlbildungen des primären Gaumens unter Q35.2 verschlüsselt werden, weil sie in die Gruppe der Fehlbildungen des primären Gaumens Q.35 gehören. 12
ICD-Klassifikation Ätiologiekonformität Aktuelle Fassung Q37.- Gaumenspalte mit Lippenspalte Korrigierte Fassung Q35.- Lippen-, Kieferspalte (Fehlbildung des primären Gaumens) 37.0 Spalte des harten Gaumens mit beidseitiger Lippenspalte LAHS-Kode: LA---AL Q35.2 beidseitige Lippen-, Kieferspalte LAHS-Kode: LA----AL 13
ICD-Klassifikation Vollständige Seitigkeit Die Verwendung nur eines Segelkodes S ist für die LAHS-Kodierung nicht ausreichend, um die li. und re. Segel-Fehlbildung zu dokumentieren. Beiderseits L A H S H A L Links - - - S H A L Rechts H A L S - - - L A H S S H A L 14
ICD-Klassifikation Vollständige Seitigkeit Weiterentwicklung der Darstellung des LAHS- Kodes mit zweitem S. Beiderseits L A H S S H A L Links - - - - S H A L Rechts L A H S - - - - L A H S S H A L 15
ICD-10 Schweregraddarstellung LKGS-/LAHS- Fehlbildungen so zu verschlüsseln, dass ihr Schweregrad erkennbar ist, scheiterte bisher an fehlenden Kriterien für den Schweregrad, mangelnder Ausbildung, Schulung und Akzeptanz entsprechender Schlüssel nach AHP-Forderungen, der Einigung auf eine verfahrens- und ergebnisoptimale Verschlüsselung. 16
ICD-10 Schweregraddarstellung Darstellung und Dokumentation der Schweregrade der Fehlbildung als Voraussetzung für die Therapie, Prognose und Kontrolle ist nicht gegeben. Korrektur: Um totale, partielle, minore sowie submuköse Fehlbildungen in den vier Regionen jeder Seite differenziert angeben zu können, muss der LAHS-Kode erweitert verwendet werden: z. B. durch Verwendung von Ziffern hinter den Großbuchstaben des Regionskodes, weil Kleinbuchstaben und Stern (*) nicht vorgesehen sind. 17
Vergleich der Kodierungsmöglichkeiten: LAHS-Fehlb. und ihrer Schweregrade LKGS-Fehlbildungen und ihre Schweregraddarstellungen: Weiterentwickelter LAHS-Kode (1964 2007) Acht Regionen, Darstellung beider Segelregionen, Großbuchstabe und Ziffer total = 3, partiell = 2, minor =, 1 submukös = nachgestellte 2. Ziffer 1 LAHSHAL-System (1987) Sieben Regionen, total = Großbuchstabe, partiell = Kleinbuchstabe, minor = Stern (*), submukös = Kleinbuchstabe mit Stern (*) 18
Vergleich der Kodierungsmöglichkeiten: LAHS-Fehlb. und ihrer Schweregrade LKGS-Fehlbildungen und ihre Schweregraddarstellungen: ICD-LAHS-Kode (2004) Sieben Regionen, Großbuchstabe, keine Differenzierung des Schweregrades Minimalkodierung AK-LKG (2008) Sieben Regionen, Großbuchstabe = total, Kleinbuchstabe = partiell, keine Differenzierung der minoren und submukösen Fehlbildungen 19
Vergleich der Kodierungsmöglichkeiten: LAHS-Fehlb. und ihrer Schweregrade besser schlechter Zeitaufwand (Einarbeitung und Erhebung) Plausibilität (i.s.v. stimmig, konsistent) Genauigkeit (exakte FB- Erfassung) Ergebnis W.entw. LAHS- Kode, 1964 2007 LAHSHAL- System, 1987 ICD-LAHS-Kode, 2004 LAHS-Kode AK-LKG, 2008 20
Vergleich der Kodierungsmöglichkeiten: LAHS-Fehlb. und ihrer Schweregrade Ergebnis der überprüften 125 Diagnosen (angegebene Quelle der ICD-10-GM) Klassifikation Weiterentwickelter LAHS-Kode, 1964 2007 LAHSHAL-System, 1987 ICD-LAHS-Kode, 2004 Minimaldokumentation LAHS-Kode AK-LKG, 2008 Anzahl kodierbarer Diagnosen 125 19 11 20 Quote kodierbarer Diagnosen 100,0% 15,2% 8,8% 16,0% 21
LAHS-Kode mit Subdifferenzierung ist Prüfstein für die Qualität und Transparenz von Diagnose, Therapie und Dokumentation. Sie ist das Ergebnis der Untersuchungen, zu denen der Verfasser im März 1960 von Prof. Rosenthal angeregt wurde und die bis heute nicht abgeschlossen sind. 22
Danke für Ihre Aufmerksamkeit Professor Dr. Dr. Josef Koch Vorsitzender des Vereins zur Förderung der morpho-physio-logischen Therapie, MPL-Therapie e. V. Facharzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Facharzt für Allgemeinmedizin Sprecher des Kompetenzzentrums für LKGN-Fehlbildungen an der DRK-Kinderklinik Siegen Sekretariat: Bachstraße 21, 35753 Greifenstein Tel. (0 64 78) 9 10 33 Fax (0 64 78) 9 10 34 E-Mail: info@professor-koch.de Internet: www.professor-koch.de 23