Wissenswert. Wie gelingt Inklusion? Drei Jahre Inklusion in Hessen eine Bilanz. von Susanne Schierwater. Sendung:

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Transkript:

Hessischer Rundfunk hr-info Redaktion: Heike Ließmann Wissenswert Wie gelingt Inklusion? Drei Jahre Inklusion in Hessen eine Bilanz von Susanne Schierwater Sprecher: Sendung: 07.09.14, hr-info Copyright Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.b. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks. Seite 1 von 8

Auszug aus der UN-Konvention Bei der Verwirklichung dieses Rechts stehen die Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, haben Zugang zu hochwertigem und unentgeltlichem Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen Anmod.: Inklusion ein Begriff, der es fast schon auf die Rangliste der Unwörter schafft. So sehr scheint Artikel 9 der UN-Menschenrechtscharta in Lager der Befürworter, der Ablehner und der Aussitzer zu spalten. 2009 hat Deutschland die Behindertenrechtskonvention unterschrieben: Die sieht u.a. das Recht des gemeinsamen Schulunterrichts von behinderten und nicht-behinderten Kindern vor: Seitdem wird viel gestritten und diskutiert, wie weit Inklusion gehen kann. Einzelne Bundesländer - darunter auch Hessen - haben begonnen, die Idee in oft - so scheint es - überstürztem Eifer in den Regelschulen, also Haupt-, Realschulen und Gymnasien umzusetzen. Mit der Folge, dass die Grabenkämpfe um Ressourcen erbitterter werden, Verunsicherung und Desillusion größer. Susanne Schierwater hat sich drei Jahre Inklusion in Hessen angesehen und sich gefragt, ist Hessen mit Inklusion auf dem Holzweg? Hinweis auf die Band Blind Foundation und ihren Song Inklusion (damit startet der Beitrag): Seite 2 von 8

Regie: Song der Frankfurter Band Blind Foundation Einstieg bei ca. 1 25: "Die Vielfalt aller Unterschiede ist der Reichtum dieser Welt ( ).Inklusion nimmt uns in unseren Stärken wahr... O-Ton Lorz: Ich betrachte Inklusion einfach als einen Prozess, der auf eine sehr lange Zeit angelegt ist und bei dem es vor allem darauf ankommt, dass wir ihn kontinuierlich in die richtige Richtung beschreiten. Mit dem Verlauf bin ich zufrieden. (...) Regie: Musik hoch, mit Textzeile es ist in anderen Ländern bis trotz viel Mühe, Zeit und Geld, ist Inklusion hier nicht in Sicht Autorin: Deutschlandweit gilt sie, die Behindertenkonvention der UN, unterschrieben 2009 Inklusion ist damit seit 2011 in Hessen Pflicht auf dem Papier. Hessens Kultusminister Alexander Lorz von der CDU führt fort, was seine Vorgängerin Nicola Beer (FDP) angefangen hat: Inklusive Beschulung steht nun im Schulgesetz und heißt: Kinder und Jugendliche, ob behindert oder nicht behindert werden, haben einen Anspruch darauf, gemeinsam unterrichtet zu werden. O-Ton Beer: Die Zahl der Schüler und Schülerinnen steigt kontinuierlich: 14, 8 Prozent in 2010/2011, 17,3 Prozent in 2011/2012. Nachdem noch nicht endgültig geklärt ist, sind es 2012/2013 rund 20 Prozent." (Regie: Stimme geht runter). Seite 3 von 8

Autorin: sagte Nicola Beer. Das war 2013 und klang nach Erfolg. Im Schuljahr 2013/14 waren es schon 23.000 Kinder und Jugendliche, die mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf an Regelschulen, und nicht mehr in Spezialeinrichtungen unterrichtet wurden. Aber laut Bertelsmann-Stiftung liegt Hessen damit dennoch auf dem vorletzten Platz im Vergleich der Bundesländer. Und ein weiterer Punkt schmälert Hessens angeblich so erfolgreiche Bilanz erheblich: Kritiker merken an, dass gleichzeitig die Zahl der Kinder gestiegen sei, die an Förderschulen verwiesen wurden. 5, 4 Prozent laut statischem Bundesamt. Wie passt das zusammen? Gibt es in Hessen plötzlich überdurchschnittlich viele Kinder mit Förderbedarf? Hessen hält mit der schwarz-grünen Regierung auch am Konzept der Förderschulen fest. Kein Wunder also, dass Elternverbände den Inklusionsprozess in Hessen kritisieren, ja sogar als Fehlentwicklung sehen: Frauke Ackfeldt von der Frankfurter Elterninitiative Netzwerk Inklusion: O-Ton Ackfeldt: Es ist nicht so, dass ich eine Aufbruchsstimmung erlebe, die wir alle geglaubt haben, die jetzt kommt, die jetzt kommt mit einer schwarz-grünen Regierung. (...) Es ist ein guter Wille da, aber ich sehe keine Konzepte und ich sehe nicht, das, was wir schon vorher bemängelt haben: Dass Schulen alleine gelassen werden, dass es keine Konzepte gibt zum Thema Lehrerausbildung. Es gibt keine Öffentlichkeitsarbeit und da erwarte ich auch Zeichen. Seite 4 von 8

Autorin: Ein Zeichen in Form von veränderter Lehrerausbildung wäre ein Schritt, sagt auch Kultusminister Alexander Lorz. Einen zeitlichen Rahmen jedoch nennt er nicht. Drei Jahre Inklusion in Hessen: Mit der veränderten Gesetzeslage entstand ein großer Erwartungsdruck, auf den die Schulen und die Politik bis heute nicht angemessen reagieren konnten. Stattdessen: Kürzungen in Schulen, die bisher schon gemeinsamen Unterricht hatten. Die Folge: hier gibt es plötzlich Aussonderung von Kindern, Verunsicherung der Eltern. Panisch beantragen Schulleiter vermehrt Förderstunden. Mit der Folge, dass sich die gute Idee von Inklusion ins Gegenteil kehrt: Kinder müssen zu Förderkindern erklärt werden, um auf die nötigen Stundenzuweisungen zu kommen. Und auch Lehrer an Regelschulen sind hin- und hergerissen. Viele fühlen sich überfordert; sagt Ellen Kapps: Sie ist stellvertretende Schulleiterin an einer Kooperativen Gesamtschule im Hochtaunuskreis: Eine von vier Modellregionen für Inklusion. Hier soll Inklusion verstärkt gefördert werden. Doch trotz vielfältiger Unterstützung durch Förderlehrer und durch das staatliche Schulamt sagt auch sie: O-Ton Kapps Die Überforderung taucht zunächst mal in der Angst auf, wenn man hört, ich muss jetzt etwas leisten, zu dem ich nicht ausgebildet wurde. Und die Überforderung taucht auch da auf, wenn ich nicht weiß, an wen wende ich mich, wenn ich Hilfe brauche. (anderer Sprecher O-Ton) Auszug aus der UN-Konvention (Autorin fragen) "Inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Anspruch auf sonderpädagogischen Förderbedarf findet als Regelform in der allgemeinen Schule statt. Seite 5 von 8

Autorin: Die UN-Behindertenrechtskonvention ist unmissverständlich, jedes Kind kann auf eine Regelschule gehen. In Hessen redet man vom sogenannten "Ressourcenvorbehalt". Das bedeutet nichts anderes, als die UN-Bestimmung zu unterlaufen. Der Anspruch muss gar nicht eingelöst werden, wenn in der Wunschschule am Wohnort entsprechendes Personal, Räume oder Ausstattung fehlen. Ruppert von Plottnitz vertritt als Anwalt Eltern, die den Anspruch auf Beschulung einklagen: Das Problem, sagt er, ist, dass es auch fünf Jahre nach der Ratifikation in Hessen keinen verbindlichen Rechtsanspruch gibt: O-Ton v. Plottnitz: Da sagen die zuständigen Gerichte, das sei ein zeitlicher Prozess, bei dem den Behörden ein zeitlich großer Spielraum zuzugestehen sei.in Hessen allerdings Gesetz geändert. In der Regel, als Regelform soll die Beschulung inklusiv erfolgen, in Folge dessen werden mehr angenommen, aber ein Rechtsanspruch ist da auch immer noch nicht anerkannt, da gibt es immer noch den Ressourcenvorbehalt, der dagegen gehalten werden kann. Autorin: Mittlerweile ist die Anzahl der Anträge auf inklusive Beschulung gesunken, bestätigt das Kultusministerium. Rupert von Plottnitz hält dagegen: Das Ganze ist auf die Ebene der Sozialgerichte verschoben. Erst wenn die Schulen das nötige Geld für Ausstattung und Lehrer erhalten, dann kann es sinnvoll umgesetzt werden. So glauben mittlerweile viele Eltern wieder, ihre Kinder seien besser in der Förderschule aufgehoben. Akzent /Schulatmo? Seite 6 von 8

Ressourcenvorbehalt an der Regelschule heißt auch: Pro Kind gibt es vier Förderstunden. Als Inklusion in Hessen noch "gemeinsamer Unterricht" hieß und an ausgewählten Grund- und Gesamtschulen stattfand, waren 18 Stunden pro Kind die Regel. Förderschullehrer waren Teil des Kollegiums. Vier Stunden Förderung sind nicht ausreichend, um pädagogisch sinnvoll und vor allem inklusiv zu arbeiten. Kein Wunder, dass Lehrer sich da überfordert fühlen. Um für mehr Kinder und vor allem im ganzen Bundesland inklusiven Unterricht anzubieten, legte man in Hessen Förderschulen zusammen zu regionalen Beratungs- und Förderzentren, kurz BFZ: Von dort aus, werden sie nun den Schulen je nach Bedarf zugeteilt: klingt erst einmal gut. Die ehemalige Schulleiterin Sigrid Trommershäuser nennt das "Köfferchenpädagogik": Die Förderlehrer sitzen nun oft länger im Auto, um von Schule zu Schule zu fahren, als dass sie pädagogisch arbeiten. Außerdem geht die nötige Bindung an die Schüler und die Schule verloren: O-Ton Trommerhäuser: "Da kommt jemand von außen und sagt jemand anderem, wie es läuft...keine Kontinuität nicht im System ist...und die Lebensumstände vor Ort kennt, dann kann sie de facto nicht richtig beraten und nicht richtig intervenieren, wenn entsprechende Krisensituationen sind." Autorin: Ist Inklusion in Hessen also auf dem Holzweg? Während Bundesländer wie Bremen etwa seit 2009 mit einem detaillierten Umsetzungsplan arbeiten, erscheint vielen Kritikern die Inklusion in Hessen als Flickwerk. Kultusminister Alexander Lorz indes glaubt Hessen in Sachen inklusiver Beschulung auf dem richtigen Weg. Allein es brauche Zeit, sagt er. Regie: Ausstieg mit Musiktitel Inklusion der Gruppe Blind Foundation: Hiphop Teil, ausblenden Seite 7 von 8

Abmod.: Die Frankfurter Band Blind Foundation, zwei Nicht-Sehende und zwei Sehende Musiker: Hinweis auf youtube, bereits mehr als 80.000 Klicks Mehr als zuvor, weil viele Eltern ihre Kinder in Förderschulen besser unterstützt sehen, als an Regelschulen. Seite 8 von 8