Schuldrecht AT Fall 1 - Unmöglichkeit K kauft bei V am 12.12. einen 5.000 werten Gebrauchtwagen mit der Fahrgestellnummer 123 9876543 zum Preis von 4.500. Gleichzeitig vereinbaren die beiden, dass die Übergabe des Pkws sowie die Zahlung des Kaufpreises am 15.12. stattfinden soll, da V noch kleinere Mängel in seiner Werkstatt beheben soll. Anfängliche, objektive, zu vertretende Unmöglichkeit 1. Wie ist die Rechtslage, wenn der Pkw bereits eine Stunde vor Vertragsschluss in Folge eines Blitzschlages völlig ausbrannte und V dies bei Vertragsschluss hätte wissen müssen, da er sich zur Zeit des Brandes nur unweit seiner Werkstatt im Büro aufhielt und die Sirenen der Einsatzkräfte für neumodische Musik seines Azubis K hielt? Nachträgliche, subjektive, vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit 2. Wie ist die Rechtslage, wenn in der Nacht nach Vertragsschluss das Auto aus der Werkstatt des V gestohlen wird, weil V das Auto nicht ordnungsgemäß verschlossen hat und sich der Dieb nicht ermitteln lässt? Nachträgliche, objektive vom Gläubiger zu vertretende Unmöglichkeit 3. Da K bisher einen Wagen anderen Typs gefahren hat, unternehmen K und V eine Probefahrt, wobei der Wagen infolge eines schweren Unfalls einen Totalschaden erleidet. Wie ist die Rechtslage, wenn K den Pkw gefahren und den Unfall verschuldet hat? Fall 2 - Schuldnerverzug Der Kaufmann Kurt Krause (K) aus Bamberg kauft beim Fabrikanten Valentin Vink (V) aus Würzburg am 22. Juli telefonisch für sein Unternehmen 1 Million Blatt Toilettenpapier. Sie vereinbaren, dass V dem K das Papier bis spätestens 29. Juli liefern soll. Als am 2. August immer noch kein Papier geliefert wurde, setzt K dem V per E-Mail eine Frist bis zum 9. August. Am 10. August liefert V das Toilettenpapier an K aus. K erklärt V erbost den Rücktritt vom Vertrag und verweigert Annahme und Bezahlung des Kaufpreises, da die Seite 1 von 1
Nachfrist überschritten sei und er inzwischen einen Händler in Hassfurt gefunden habe, der das Papier zu besseren Konditionen liefere. V verlangt von K den Kaufpreis. Kann V von K Zahlung des Kaufpreises verlangen? Abwandlung: V liefert am 6. August. K nimmt das Papier an und bezahlt. Da ihm am 3. August das Papier ausgegangen ist, hat er jedoch einige tausend Blatt bei einem anderen Händler kaufen und für diese einen Mehrpreis von 20 Euro zahlen müssen (Mindermengenzuschlag). Kann K von V Ersatz dieser 20 Euro verlangen? Fall 3 Unmöglichkeit/Gattungsschuld/Annahmeverzug Bauer B will seine Kartoffelernte verkaufen und stellt deshalb bei seiner Hofeinfahrt ein Schild an den Straßenrand, wonach ein 5-Kilo-Sack 6,- Euro kostet. Als K eilig am Hof des B vorbeifährt, sieht er das Schild, verliest sich aber und glaubt, der Sack Kartoffeln koste 5,- Euro. Zu Hause angekommen, ruft er bei B an. Am Telefon ist der 16-jährige Sohn S 1979 des B. K erklärt, er habe das Schild gesehen und wolle zehn Säcke Kartoffeln bestellen. S sagt, er notiere das, und gibt die Information abends an seinen Vater weiter. Am nächsten Morgen ruft B bei K an und teilt ihm mit, das mit den zehn Säcken zu insgesamt 60,- Euro gehe in Ordnung. K wundert sich zwar über den Preis, sagt aber, das freue ihn. Beide vereinbaren, dass K die Säcke bis 18.00 Uhr abholen soll. B füllt daraufhin aus seinem Lager zehn Säcke ab und stellt sie im Hof bereit. K vergisst allerdings über seiner Arbeit, die Säcke abzuholen, so dass B sie um 20.00 Uhr in die unmittelbar angrenzende Traktorenhalle bringt, um sie vor Regen zu schützen. Dort repariert der Angestellte des B, A, noch spät abends einen Traktor, wobei er Schweißarbeiten durchführt. Unglücklicherweise fängt durch Funkenflug einer der Säcke Feuer, so dass schließlich alle zehn Säcke verbrennen, ehe es A gelingt, das Feuer zu löschen. Am nächsten Morgen kommt K vorbei, um zehn Säcke Kartoffeln abzuholen. B erzählt ihm von dem Missgeschick. a) K meint, dann solle B ihm eben zehn andere Säcke Kartoffeln geben. Zu Recht? b) B sagt, K könne schon weitere zehn Säcke Kartoffeln bekommen. Die ersten zehn müsse K aber in jedem Fall bezahlen. Hat B Recht? Seite 2 von 2
Fall 4 - Schuldnerverzug Gebrauchtwagenhändler Valerius Vogel (V) verkauft einem Kunden, Kasimir Kaufrausch (K), am 10. Januar einen gebrauchten Opel Corsa für 3.500 Euro. Es wird vereinbart, dass K das Geld am 15. Januar vorbei bringt und der Wagen dann übergeben wird. Am 15. Januar ruft K bei V an und erklärt ihm, dass er das Geld im Moment nicht habe, sich aber bemühe, es zu beschaffen. Am 7. Februar ruft V bei K an und fordert ihn auf, endlich das Geld vorbeizubringen und den Wagen abzuholen. Nichts passiert. Am 17. Februar findet sich ein anderer Interessent, Ingo Isenstein (I), für den Wagen, der allerdings nur 3.000 Euro zahlen möchte. V ruft daraufhin bei K an und erklärt, dass er vom Vertrag zurücktrete und verkauft den Wagen dann an I. V verlangt nun von K 500 Euro, weil er den Wagen um 500 Euro billiger verkaufen musste. Zusätzlich verlangt er 12 % Zinsen auf den Betrag von 3.500 Euro für die Zeit vom 16. Januar bis zum 17. Februar, da er einen Bankkredit von über 3.500 Euro in Anspruch nehme und dafür 12 % Zinsen zahle. Den Kredit hätte er bei rechtzeitiger Zahlung des K in Höhe von 3.500 Euro zurückgeführt. Was kann V von K verlangen? Fall 5 - Fixgeschäft H hat eine Boutique mit Herrenmode in Bamberg. Da die Geschäfte im vergangenen Jahr schlecht liefen, beschließt er, die Wintersaison mit einer selbstveranstalteten Modeshow einzuläuten. Dafür bestellt er per Katalog beim Modeversand uomo vivace in Dortmund sieben hochelegante Sakkos und fünf Anzüge als Bringschuld. Er teilt dem Versandhaus mit, dass er die Kleidungsstücke bis spätestens 3. September benötige, da die Modeshow am Abend des 3. September um 20.00 Uhr im Forum in Bamberg unter Beteiligung anderer Boutiqueninhaber stattfinden werde. Um nicht allein dem Italientrend zu verfallen, bestellt H bei der deutschen Niederlassung von John Cricket in Würzburg insgesamt 30 Tweedsakkos der neuen englischen Wintermode. Die Ware soll pünktlichst zum 1. September geliefert werden. Seite 3 von 3
Schließlich bestellt er bei der Firma Wäsche für ihn 100 Unterhosen und Unterhemden. Sie sollen bis zum 1. Oktober geliefert werden. Auf dem Weg nach Bamberg wird der Lieferwagen der Firma uomo vivace schuldlos in einen Unfall verwickelt. Durch die dadurch entstandene Verzögerung trifft die Ware erst am Morgen des 4. September in Bamberg ein. H verweigert die Annahme und die Bezahlung. Ebensowenig trifft die Ware der englischen Firma und der Firma Wäsche für ihn rechtzeitig ein. Gegenüber der englischen Firma erklärt H ohne zu mahnen sofort am 5. September den Rücktritt und teilt ihr später mit, sie könne die am 10. September eingetroffene Ware wieder abholen. Am 8. November ruft H wegen der Unterwäsche an und teilt mit, er warte auf seine Ware, werde aber nicht mehr lange warten, und wenn er die Unterwäsche nicht bis zum 1. Dezember habe, werde er sich anderweitig versorgen. Bereits Mitte Oktober hätte er an einen befreundeten Händler die halbe Lieferung abverkaufen können. Dieser hat sich inzwischen anderweitig eingedeckt. H wartet bis zum 9. Dezember vergeblich. Nun kann er sich nur noch bei der schnell liefernden Firma Siesser eindecken, was ihn allerdings 450 mehr kostet. Er verlangt diese 450 sowie 1.150 entgangenen Gewinn von der Firma Wäsche für ihn erstattet. Von seiner Tochter, der BWL-Studentin T, möchte er wissen, ob er an uomo vivace und John Cricket zahlen muss und außerdem, ob er von Wäsche für ihn Schadensersatz verlangen kann. Bearbeitervermerk: In einem Gutachten ist die Antwort der T umfassend vorzubereiten. (Fall nach Müchhausen Skripten, Band 3 Schuldrecht AT I) Fall 6 Erfüllungsgehilfe, Haftung für Zufall Der Kunstsammler Klaus (K) aus Frankfurt will ein Bild von Dürer erwerben, das im Katalog eines Antiquariats (A) in München zum Preis von DM 5.000,- angeboten wird. Er beauftragt seinen Freund F, zu diesem Antiquariat zu fahren und das Bild für maximal DM 4.000,- zu erstehen. Diesem gelingt es nicht ganz, seinen Auftrag auszuführen, aber immerhin kann er das Bild am 3.11. nach zähen Verhandlungen im Namen des K für DM 4.200,- erwerben. Entgegen der Erwartung des F ist K nicht begeistert und weigert sich, die ihm von F Seite 4 von 4
vorgelegte Rechnung zu bezahlen. A, dem nach einer Woche ohne Zahlungseingang Bedenken kommen, ruft am 11.11. bei K an, um sich der Genehmigung des Rechtsgeschäfts zu versichern. Er trifft K in bester Sektlaune und damit verbundener Großzügigkeit an. K teilt A mit, alles sei in Ordnung, und er werde das Geld umgehend überweisen. A und K vereinbaren, dass A das Bild bis 30.11. auf seine Kosten nach Frankfurt versenden soll. Am 24.11. tritt A eine Auslandsreise an und vergisst, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Erst bei seiner Rückkehr am 4.12. erinnert er sich an K und beauftragt seinen Angestellten Bernd (B), das Bild zum Frachtunternehmen Fahrgut zu bringen. Auf der Fahrt zu Fahrgut wird B unverschuldet in einen Unfall verwickelt; das Bild wird zerstört. Der betrunkene, aber reiche Unfallgegner gibt B sofort DM 10.000,- für das beschädigte Auto und DM 6.000,- für das zerstörte Bild, die B umgehend bei A abliefert. K, der sich nach dem Verfliegen der Sektlaune doch wieder über den hohen Preis geärgert hat, hatte das Bild bereits am 15.11. für DM 4.800,- an einen Japaner weiterverkauft. Frage 1: Kann K von A Zahlung der ihm entgehenden DM 600,- verlangen? Frage 2: Außerdem fragt sich K, ob er nicht von der Zahlung des Unfallgegners profitieren könnte. Seite 5 von 5