Was haben volle Flüchtlingsboote vor Europas Küsten mit der Geschichte von Sklavenhandel und Kolonialismus zu tun?

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Transkript:

Was haben volle Flüchtlingsboote vor Europas Küsten mit der Geschichte von Sklavenhandel und Kolonialismus zu tun? Begleitbroschüre zur gleichnamigen Ausstellung

1 Immer wieder verwendeter, bildhafter Satz, wenn es um Flucht / Zuwanderung geht. Viele Spitzenpolitiker*innen haben ihn so oder ähnlich bereits verwendet. Warum so tief in der Geschichte eintauchen? Es ist unmöglich, das Phänomen der Migration nach Norden zu erklären, ohne den negativen Einfluss zu bedenken, den die europäische und amerikanische Vorherrschaft auf die arabischen und afrikanischen Länder ausgeübt hat (Chalid al-chamissi, Schriftsteller)

2 Bilder im Kopf: Vor Europas Aufstieg herrschte ein anderes Afrikabild. Ebenfalls in diesem Zusammenhang sehenswert ein in Europa um 1440 entstandenes Bild:http://www.mfa.org/collection s/object/tapestry-wild-men-andmoors-106003 Bis heute haben es Afrika und Menschen afrikanischer Abstammung schwer, das durch Sklavenhandel und Kolonialismus geprägte, negative Afrikabild zu korrigieren.

3 Als Mittelpassage wurde die verlustreiche Überfahrt der zumeist in Ketten gelegten Afrikaner*innen (wobei die Ketten primär den Männern galten) bezeichnet. Schiffe wurden im Laufe der Zeit für den möglichst ökonomischen Transport der als Ware betrachteten Menschen perfektioniert und konnten Körper an Körper gequetscht bis zu 600 Menschen fassen. Die Überfahrt konnte je nach Wetterbedingungen und genauer Distanz zweieinhalb Monate dauern. Man geht von ca. 60 Millionen Menschen aus, die Afrika geraubt wurden. Zwölf Millionen wurden auf dem amerikanischen Doppelkontinent zu Sklaven bzw. Sklavinnen. Von den restlichen knapp 50 Millionen Menschen starb ein bedeutender Teil auf der Mittelpassage.

4 Einerseits tätigt die EU Absichtserklärungen zur Überwindung von Fluchtursachen. Andererseits subventioniert man die eigene Wirtschaft etwa die Landwirtschaft und sichert sich durch Freihandelsabkommen wie den EPAs (Economic Partnership Agreements, also sogenannte wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen ) seine eigene Vormachtstellung, die nicht zuletzt Resultat der in dieser Ausstellung behandelten Geschichte ist. Man konserviert also eine historisch gewachsene Rollenverteilung. Fluchtursachen bekämpfen sieht anders aus.

5 Das Massaker von Thiaroye (Senegal) Ende 1944 veranschaulicht die Doppelmoral der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs besonders deutlich: Gerade vom menschenverachtenden Nationalsozialismus befreit, richtete Frankreich ein Blutbad unter den sogenannten tirailleurs sénégalais (Sammelbegriff für afrikanische Kolonialsoldaten) an. Nachdem diese afrikanischen Soldaten in einer Kaserne in Thiaroye kurzzeitig einen französischen General als Geisel nahmen (und wieder freiließen), um ihren ausstehenden Sold und ihre Entlassungsprämien einzufordern, umstellten in der Nacht Panzer die Kaserne und feuerten auf die wehrlosen Soldaten. Filmtipp: Camp de Thiaroye (1989) vom senegalesischen Regisseur Ousmane Sembène (entleihbar etwa bei Filminitiativ Köln e.v. / www.filmeaus-afrika.de).

6 Ob beispielsweise Libyen, Ägypten oder Marokko: Bei entsprechender finanzieller Einigkeit hielten oftmals autoritäre Regime das Flüchtlingsproblem lange von Europas Grenzen fern. Flüchtlinge fanden sich dann oft LKW-weise im Sandmeer der S a h a r a w i e d e r, a n s t a t t i n überfüllten Booten auf dem Mittelmeer. Für die Kooperationsbereitschaft mit der EU gab es entwicklungspolitische Zusagen, Finanzspritzen, Lieferungen von Militär- und Überwachungstechnik, Aussichten auf VisaErleichterungen für die eigenen Bürger*innen und dergleichen verlockende Angebote. Dass die EU dadurch aber erpressbar wurde, illustriert das in der Überschrift gewählte GaddafiZitat. Mehr zu den SDGs unter: http://www.lernplattformnachhaltigeentwicklungsziele.de/ Mehr zur Weltdekade unter: http://www.un.org/en/events/afric andescentdecade/

Liebe Leserinnen und Leser, aktuelle Phänomene mit Nord-Südbezug lassen sich kaum ohne einen Blick auf die Geschichte erklären. Wie entstand das transatlantische System, das durch Wirtschaft, Politik und Werte verbunden ist? Wo hat unsere aktuelle globale Arbeitsteilung ihren Ursprung? Wer profitiert von ihr und wer nicht? Was haben zwangsrekrutierte Kolonialsoldaten in beiden Weltkriegen mit der Etablierung der Demokratie in Deutschland zu tun? Diese und andere Fragen versucht die Ausstellung Schwarz ist der Ozean Was haben volle Flüchtlingsboote vor Europas Küsten mit der Geschichte von Sklavenhandel und Kolonialismus zu tun? zu beantworten. Ohne einseitige und wenig zielführende historische Schuldzuweisungen will die Ausstellung veranschaulichen, dass ahistorische Betrachtungsweisen immer auch politisch motiviert sind. Das Infoblatt, das Sie in der Hand halten, ist quasi eine Expo to go also die Ausstellung zum Mitnehmen. Auf unserer Internetseite finden Sie die Ausstellung auch im PDF-Format. Auch eine textintensivere Fassung ist dort verfügbar. Zudem finden Sie dort eine umfangreiche Broschüre mit vielen Hintergrundinformationen für Interessierte und Multiplikator*innen. Noch Fragen? Dann melden Sie sich gerne. Serge Palasie (Fachpromotor Flucht, Migration und Entwicklung, Dezember 2016) Kontakt: E-Mail: serge.palasie@eine-welt-netz-nrw.de Tel.: 02 11-60 09-11 2 / 01 51-41 20 64 14 www.eine-welt-netz-nrw.de Bild Vorderseite: Punkt ohne Wiederkehr auf der ehemaligen Sklaveninsel Gorée / Senegal Bild Rückseite: Mahnmal für den transatlantischen Sklavenhandel des Künstlers Laurent Valère / Martinique Träger der Fachstelle: Die Fachstelle ist Teil des Eine Welt-PromotorInnen-Programms. mit der Unterstützung von im Auftrag des und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen