Zentrale oder Dezentrale Energiewende -- eine falsche Dichotomie? Klaus Eisenack WZB, Juni 2016

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Transkript:

Zentrale oder Dezentrale Energiewende -- eine falsche Dichotomie? Klaus Eisenack WZB, Juni 2016

Hintergrund: Projekt De.zentral Entwicklung von technologisch, ökonomisch und institutionell konsistenten Gestaltungsoptionen für die Energiewende Vertieftes Verständnis der Abhängigkeiten von dezentralen und zentralen Optionen Team Humboldt-Universität zu Berlin Prof. Dr. Klaus Eisenack Dr. Matteo Roggero Team Universität Oldenburg Dr. Anna Pechan Linda Neubauer Paul Neetzow Team Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Dr. Eva Schmid Christina Roolfs www.de-zentral.de Praxispartner 2

Verschiedene Merkmalsdimensionen von De.zentralität (Auswahl) Verfügungsrechte / Eigentümer Erzeugung / Anlagen Marktdesign / Preise Regulierung / Förderung zentral -- -- dezentral Nationalstaatlich Kommunal Privat Wenige Große Viele Kleine Groß Klein Lastfern Lastnah Europäisch National Regional Passive Endkunden Aktive Endkunden Europäisch National Regional Europäisch National Regional Klaus Eisenack 3

Koordinierungsleistungen im Elektrizitätssystem Warum so viele Möglichkeiten? Energiepolitisches Zieldreieck (Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit) erfordert die Sicherstellung verschiedener Koordinierungsleistungen, bspw. 1. Echtzeit-Ausgleich von Last und Erzeugung 2. Berücksichtigung von Netzengpässen 3. Vermeidung von Marktmacht 4. Berücksichtigung globaler und lokaler externer Effekte Je nachdem, wie diese Koordinierungsleistungen erfüllt werden, kann das verschiedene Verteilungswirkungen haben. Klaus Eisenack (u.a. von Künneke et al. 2010, Pechan et al. 2014, Bauknecht et al. 2015) 4

Interdependenzen zwischen Feldern der Energiewende Widersprüche in Kausalüberzeugungen der befragten Akteure Insbesondere Transportnetze / Speicher / Nachfragemanagement Kleine / große Anlagen Erneuerbare Konventionelle / große Anlagen Erneuerbare (Schmid, Mehnert, Pechan, Klaus Eisenack Eisenack, under review) 5

Anreize zur räumlich konzentrierten/ verteilten Investition in EE-Anlagen Wie beeinflussen die institutionellen Rahmenbedingungen (Subventionierung für EE und Marktdesign) die Standortwahl von Investoren in Windenergieanlagen (WEA)? Marktdesign hat einen größeren Einfluss auf die räumliche Verteilung von WEA als Fördermechanismen Winddargebot dominiert in allen Fällen die Standortwahl Marktprämie führt dazu, dass weitere Umwelteinflüsse wichtig werden: Varianz der Windeinspeisung & Korrelation mit Nachfrage/ anderen Standorten Bei ähnlichen Windbedingungen führen diese Einflüsse zu einem dezentraleren Ausbau als bei einer festen Einspeisevergütung Klaus Eisenack (Pechan 2015, IEWT conference paper) 6

Interdependenzen zwischen Speicher- und Netzausbau Sind Stromspeicher und Transportnetz Substitute oder Komplemente, wenn der EE-Anteil im System steigt? Kein einfacher Zusammenhang Je nach Standort können sich Netzausbau und Speicherausbau ergänzen oder behindern Bspw. bei Netzengpässen zu Spitzenlastzeiten: Vor Netzengpässen: Komplemente Hinter Netzengpässen: Substitute (Neetzow, Pechan, Eisenack, 2016, EAERE conference paper) Klaus Eisenack 7

Wie können in einem föderalen System Klimaschutz-Vorreiter angereizt werden? Ausgangproblem: Zentrale Mengensteuerung des EU ETS erschwert Ausdruck nationaler Ambitionen Wann kann eine übergeordnete Regierungsebene eine Pareto- Verbesserung zum dezentralen Ergebnis schaffen? wenn sie einen (i) einheitlichen CO2-Preis, (ii) einfache Transferegeln verwendet, (iii) untere Ebenen auf die Politiken der oberen Ebene reagieren? Mit bestimmten Transfers Verbesserung durch Mindestpreis möglich, abhängig von Heterogenität der Mitgliedsstaaten (Roolfs, Gaitan, Edenhofer, 2016. EAERE conference paper) Klaus Eisenack 8

Schluss Rede von Dezentraler Energiewende erfordert jedes mal Präzisierung Viele offene Fragen zur Interdependenz dezentraler und zentraler Merkmalsdimensionen Die Frage der Verfügungsrechte und Verteilung ist damit noch nicht angesprochen Koexistenz von dezentralen und zentralen Merkmalsdimensionen in einem künftigen und rationalen Energiesystem? Energieföderalismus ein Weg, dies zu implementieren? Klaus Eisenack 9

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit klaus.eisenack@hu-berlin.de www.resource-economics.hu-berlin.de Klaus Eisenack 10