EGBGB Art. 184 Entstehung altrechtlicher Dienstbarkeiten nach gemeinem Recht (Bayern)

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DNotI Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: 11301 letzte Aktualisierung: 16.01.2003 EGBGB Art. 184 Entstehung altrechtlicher Dienstbarkeiten nach gemeinem Recht (Bayern) I. Sachverhalt In einer Gemeinde in Bayern bestehen zwei benachbarte Anwesen. Dabei kann die Scheuer des einen Anwesens nur über den Zwischenraum zwischen der Scheuer und dem anderen Anwesen mit Fahrzeugen erreicht werden. Hierbei muss ein Teil des benachbarten Grundstücks befahren werden. Eine diesbezügliche Dienstbarkeit ist allerdings nicht im Grundbuch eingetragen. Nach Angabe des Eigentümers der Scheuer bestehen die Gebäude jedoch bereits seit mehr als 150 Jahren. Der Zugang zur Scheuer sei immer nur über das benachbarte Grundstück möglich gewesen und wurde von dessen Eigentümer auch stets geduldet. Der Eigentümer der Scheuer möchte sein Anwesen verkaufen. Der Eigentümer des benachbarten Grundstücks möchte den Erwerber nicht mehr über sein Grundstück zur Scheuer fahren lassen. II. Frage Unter welchen Voraussetzungen muss eine altrechtliche Überfahrtsdienstbarkeit entsteht und wie der Nachweis hierzu geführt werden? III. Zur Rechtslage 1. Zur Entstehung altrechtlicher Dienstbarkeiten a) Rechte, mit denen eine Sache oder ein Recht zur Zeit des Inkrafttretens des bürgerlichen Gesetzbuches belastet ist, bleiben mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt und Rang bestehen, soweit sich nicht aus den Artikeln 192-195 EGBGB ein anderes ergibt (Art. 184 EGBGB). Ob eine altrechtliche Dienstbarkeit entstanden ist, beurteilt sich nach dem alten Recht, wobei als Entstehungsgrund die Begründung durch Vertrag, Ersitzung, unvordenkliche Verjährung und Richterspruch genannt wird (BayObLGZ 1996, 286, 292; OLG Frankfurt OLGZ 1989, 88, 90; LG Stuttgart BWNotZ 1979, 68f.; Staudinger/Hönle, 13. Aufl. 1998, Art. 184 Rn. 4 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl. 2001 Rn. 1172; Fischer, AgrarR 1975, 132, 133 f.; Palandt/Bassenge, 62. Aufl. 2003, Art. 184 EGBGB Rn. 3). b) Eine eindeutige Klärung der Frage, welches Recht in der Gemeinde in Bayern vor Inkrafttreten des BGB anzuwenden war, ist anhand der uns vorliegenden Quellen nicht möglich. Jedoch war die Gemeinde in Bayern Teil des Hochstiftes Würzburg und wurde nach der Säkularisation (1803) zugunsten Bayerns im Frieden von Preßburg (1805) dem Erzherzog Ferdinand von Toskana zur Bildung des Großherzogtums überlassen, mit welchem es 1814 endgültig an Bayern fiel. Im Bistum Würz- Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon 09 31/3 55 76-0 Telefax 09 31/3 55 76-2 25 email: dnoti@dnoti.de internet: http://www.dnoti.de mr pool Gutachten/11301.doc

Seite 2 burg bestand eine gewisse Rechtszersplitterung (vgl. von Völderndorff, Civilgesetzstatistik des Königreichs Bayern, 1880, S. 58 ff.; Roth, Bayerisches Zivilrecht, 2. Aufl. 1881, S. 91 ff.). Zumindest subsidiär galt gemeines Recht (von Völderndorff, S. 61; Roth, S. 94). Da in den von Bayern neu erworbenen Gebieten die bisherigen zivilrechtlichen Regelungen aufrecht erhalten wurden (Fischer, AgrarR 1975, 132, 133), gehen wir davon aus, dass die zumindest subsidiäre Geltung des gemeinen Rechts bis zum Inkrafttreten des BGB aufrecht erhalten wurde. 2. Entstehung durch Vertrag: Begründung bei Grundstücksteilung a) Nach gemeinem Recht konnten Dienstbarkeiten vor allem durch Vertrag begründet werden, wobei die Einhaltung besonderer Formen nicht erforderlich war (BGH NJW 1964, 2016; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., Ergänzungslieferung September 1993, B 36 I 3; Staudinger/Hönle, Art. 184 Rn. 5; Fischer, AgrarR 1975, 132, 134). In Bayern war allerdings seit dem Inkrafttreten des bayerischen Notariatsgesetzes (1.7.1862) notarielle Beurkundung erforderlich (Fischer, AgrarR 1975, 132, 134; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 7. Aufl. 1986, 32 Rn. 14). b) Denkbar war auch eine Bestellung durch stillschweigenden Vertrag (BayObLGZ 11, 455, 467; Dehner, Nachbarrecht, B 36 I 4; Staudinger/Hönle, Art. 184 Rn. 5). Eine derartige stillschweigende Vereinbarung wurde insbesondere dann angenommen, wenn zwei Grundstücke in einer Hand waren, das eine tatsächlich zum Vorteil des anderen genutzt und später eines der beiden veräußert wurde. Voraussetzung hierfür soll gewesen sein, dass das eine Grundstück zum Vorteil des anderen benutzt wurde, und zwar nicht nur infolge des zufälligen Umstandes, dass hierbei beide Grundstücke unter einem Besitzer vereinigt waren, sondern wegen eines wesentlichen Bedürfnisses des Grundstücks, zu dessen Vorteil die Benutzung des anderen stattfand. Ob zudem erforderlich war, dass die beiden Grundstückflächen schon in Besitz des gleichen Eigentümers verschiedene Grundstücke waren und dass der dienende Zustand des einen Grundstücks und der Grund dieses Dienens erkennbar waren, war umstritten (vgl. BayObLGZ 11, 455, 367 f.; RGZ 38, 268, 287 f.; Dehner, Nachbarrecht, B 36 I 4). c) Später wurde die Entstehung der Dienstbarkeit in diesen Fällen allerdings nicht mehr auf eine stillschweigende Einigung zurückgeführt, sondern auf einen ergänzenden Rechtssatz (BayObLGZ 11, 455, 467 f.; Dehner, Nachbarrecht, B 36 I 4). Als weitere Voraussetzung für die Begründung der Dienstbarkeit nach diesen Grundsätzen wird verlangt, dass die Veräußerung des Grundstücks bzw. Grundstücksteil durch einen notariellen Vertrag erfolgte (Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 17). Ob diese Voraussetzungen - insbesondere die erforderliche Grundstückveräußerung bzw. Teilung - im vorliegenden Fall gegeben sind, lässt sich allerdings dem Sachverhalt nicht entnehmen. 3. Begründung der Dienstbarkeit durch Ersitzung a) Voraussetzung für die Begründung einer Dienstbarkeit durch Ersitzung nach war gemeinem Recht zunächst ein ununterbrochener, fehlerloser Besitzstand, der während bestimmter Fristen aufrecht zu erhalten war (BayObLGZ 1996, 286, 292; BayObLGZ 1959, 478, 480; Dehner, Nachbarrecht, B 36 II 3; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 18). Ein ununterbrochener Besitzstand dürfte

Seite 3 vorliegend gegeben sein, da der Zugang zur Scheune über das Nachbargrundstück in den letzten 150 Jahren dauerhaft genutzt wurde (vgl. Dehner, Nachbarrecht, B, 36 II 3a). Fehlerhaft ist der Besitzstand, wenn er heimlich, gewaltsam oder bittweise ausgeübt wird. Die Beweislast für die Fehlerhaftigkeit des Besitzstandes trägt allerdings der Eigentümer des dienenden Grundstücks (vgl. Dehner, Nachbarrecht, B, 36 II 5; BayObLGZ 1996, 286, 292). Bittweise wird der Besitzstand ausgeübt, wenn er nach den Umständen des Einzelfalles auf einer Gefälligkeit des Eigentümers beruht (Dehner, Nachbarrecht, B, 36 II 5). Angesichts der Beweislast dürfte mangels entgegenstehender Sachverhaltsangaben vom Vorliegen dieser Voraussetzungen auszugehen sein. b) Weitere Voraussetzung ist eine Ausübung des Besitzstandes in gutem Glauben und in der Überzeugung, ein privates Recht auszuüben (BayObLGZ 1996, 286, 292; BayObLGZ 1962, 24, 32; OLG Hamm NJW-RR 1987, 137; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 19; Dehner, Nachbarrecht, B, 36 II 3). Für das Vorliegen des guten Glaubens soll eine tatsächliche Vermutung sprechen (Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 19 Fn. 72), ebenso für die Überzeugung, dass ein privates Recht ausgeübt wird (BayObLGZ 12, 208, 216; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 19; Dehner, Nachbarrecht, B, 36 II 3). Eine genaue Kenntnis von der Natur des Recht soll nicht erforderlich sein. Ungenügend ist allerdings ein guter Glaube lediglich daran, dass mit der Ausübung kein materielles Unrecht begangen wird (zum Ganzen vgl. BayObLGZ 10, 199, 205; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 19; Dehner, Nachbarrecht, 32, B II 3). Allerdings hat der BGH für eine Ersitzung eines Erbbaurechts nach dem württembergischen Sachenrecht vor 1900 gefordert, dass sich der gute Glaube nicht alleine auf das Bestehen eines Pachtrechtes beziehen dürfe (BGH BWNotZ 1963, 301). Umstände, welche die Vermutungen widerlegen können, gehen aus dem Sachverhalt nicht hervor. c) Die Ersitzungsdauer betrug bei Anwesenden 10 Jahre und bei Abwesenden 20 Jahre. Anwesend war derjenige, der seinen Wohnsitz im OLG-Bezirk des dienenden Grundstücks hatte. Zeiten des Rechtsvorgängers wurden angerechnet. Ein besonderer Titel war nach h. M. nicht erforderlich (zum Ganzen: BayObLGZ 59, 378, 480; BayObLGZ 1962, 24, 32; BayObLGZ 1996, 286, 292; Dehner, Nachbarrecht, B, 36 II 6; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 23; Arndts, Lehrbuch der Pandekten, 8. Aufl. 1874, 306 f.; Baron, Pandekten, 5. Aufl. 1885, 278). Allerdings musste die Ersitzungszeit vor Anlegung der Grundbücher - im Landgerichtsbezirk Würzburg also vor dem 1.10.1910 (Sprau, Justizgesetze in Bayern, 1999, Vor Art. 57 Rn. 7) - erfolgt sein. Nach diesem Zeitpunkt war nur noch eine Ersitzung nach 900 BGB möglich (BGH BWNotZ 1953, 301; BGH MDR 1972, 224; BayObLGZ 1962, 24, 32; Dehner, Nachbarrecht in Bayern, B, 36 II 1). Auch diese Voraussetzung dürfte hier gegeben sein, so dass jedenfalls unter Berücksichtigung der Beweislast nach der persönlichen Einschätzung des Bearbeiters die Ersitzung einer altrechtlichen Dienstbarkeit nahe liegt. Maßgeblich sind allerdings die Umstände des Einzelfalls.

Seite 4 4. Entstehung der Dienstbarkeit durch unvordenkliche Verjährung a) Die Frage, ob es sich bei der unvordenklichen Verjährung um einen eigenständigen Erwerbsgrund für Rechte handelt (so für das bayerische Recht BayObLGZ 1962, 70, 78; BayObLGZ 7, 293, 240) oder ob diese einen bloßen Beweisgrund bzw. eine widerlegliche Vermutung für eine Rechtsbegründung darstellt (LG Stuttgart BWNotZ 1979, 68; Fischer, AgrarR 1975, 132, 134; Dehner, Nachbarrecht, B 36 III; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 24 f.), kann offen bleiben. b) Unabhängig von dieser Streitfrage setzt die unvordenkliche Verjährung nämlich voraus, dass der als Recht beanspruchte Zustand innerhalb der Zeit, welche die eigene Wahrnehmung der noch lebenden Generation umfasste, bestanden hatte und dass diese Generation auch durch Mitteilung ihrer Vorfahren keine Kenntnis von dem Nichtbestehen dieses Zustandes hatte (BayObLGZ 1994, 129, 139; OLG München Rpfleger 1984, 461; OLG München OLGZ 1990, 100, 102; LG Stuttgart BWNotZ 1979, 68; Dehner, Nachbarrecht, 36, B III). In der Regel wird sowohl für den Kenntnisstand der lebenden Generation als auch für den Kenntnisstand der vorherigen Generation je eine Frist von 40 Jahren, insgesamt also eine Frist von 80 Jahren verlangt (BayObLGZ 1994, 129, 139; OLG München OLGZ 1990, 100, 102; LG Stuttgart BWNotZ 1979, 68). Da nach dem Zeitpunkt, in dem die Grundbücher als angelegt gelten, eine Ersitzung nur mehr nach 900 BGB möglich ist, müssten diese 80 Jahre vor dem 1.10.1910 abgelaufen sein (vgl. LG Stuttgart BWNotZ 1979, 68; Meisner/Ring, Nachbarrecht in Bayern, 32 Rn. 24). Eine unvordenkliche Verjährung dürfte mithin im vorliegenden Fall ausscheiden. 5. Erlöschen der Dienstbarkeit a) Eine Grunddienstbarkeit, die zu der Zeit besteht, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bedarf zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung (Art. 187 EGBGB). Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die bestehenden Grunddienstbarkeiten oder einzelne Arten zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs bei der Anlegung des Grundbuchs oder später in das Grundbuch eingetragen werden müssen (Art. 187 Abs. 2 EGBGB). In Bayern hatte zwar Art. 10 des Übergangsgesetzes zum BGB bestimmt, dass Grunddienstbarkeiten binnen einer durch Verordnung zu bestimmenden Frist im Grundbuch einzutragen sind. Eine entsprechende Verordnung wurde jedoch nicht erlassen (BayObLGZ 1959, 478, 480; Staudinger/Hönle, Art. 187 EGBGB Rn. 11). Das Übergangsgesetz wurde durch das AGBGB vom 20.9.1982, aufgehoben. Ein Eintragungszwang besteht daher nicht (Staudinger/Hönle, Art. 187 EGBGB Rn. 11), weshalb ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb gem. 892 BGB ausscheidet. b) Zwar erlischt die Grunddienstbarkeit mit Ablauf von 10 Jahren nach der letzten Ausübung (Art. 57 i. V. m. Art. 56 Abs. 2 und 3 AGBGB), die Grunddienstbarkeit wurde jedoch bis heute ausgeübt. 6. Grundbuchamtlicher Nachweis des Bestehens der Dienstbarkeit a) Eine Eintragung der altrechtlichen Dienstbarkeit ist zunächst durch Berichtigungsbewilligung des Eigentümers möglich. Da die Dienstbarkeit nur mit dem ihr zukommenden Rang eingetragen werden darf, ist auch die Bewilligung etwaiger weiterer im Grundbuch einge tragener Zwischenberechtigter erforderlich (Schö-

Seite 5 ner/stöber, Grundbuchrecht, Rn. 1173). Sofern die Bewilligung nicht erlangt werden kann, kommt eine Eintragung im Wege des Unrichtigkeitsnachweises ( 22 GBO) in Betracht, da die Eintragung eine Grundbuchberichtigung darstellt (Bay- ObLG DNotZ 1980, 103; BayObLGZ 1989, 164; BayObLG NJW-RR 1997, 466; OLG Düsseldorf MittRhNotK 1998, 95; LG Nürnberg/Fürth MittBayNot 1992, 336; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 1173; Demharter, GBO, 24. Aufl. 2001, Rn. 20; Bayer, in: Bauer/v. Oefele, GBO, 1999, AT III Rn. 434). b) Der Nachweis ist in den Formen des 29 GBO zu erbringen (BayObLG DNotZ 1980, 103, 105; BayObLG DNotZ 1989, 164, 167; BayObLG DNotZ 1993, 598; BayObLG DNotZ 1991, 160; Bayer, in: Bauer/v. Oefele, GBO, AT III Rn. 437). Dabei muss nicht nur die Begründung des Rechts nachgewiesen werden, erforderlich ist vielmehr auch der Beweis, dass die Dienstbarkeit nicht mittlerweile, etwa durch Nichtausübung, erloschen ist (BayObLG DNotZ 1993, 598, 599; BayObLG DNotZ 1991, 160, 162; BayObLG NJW-RR 1997, 466; LG Nürnberg/Fürth, Mitt- BayNot 1992, 336; Demharter, GBO, 22 Rn. 20; Bayer, in: Bauer/v. Oefele, GBO, AT III Rn. 437). Als Nachweis für die Begründung des Rechts kommt in erster Linie eine notarielle Urkunde in Betracht (BayObLG DNotZ 1980, 103, 105; BayObLG DNotZ 1993, 598; LG Nürnberg/Fürth, MittBayNot 1992, 336). Für den Nachweis des Fortbestehens soll nach Ansicht des BayObLG eine formgerechte Bestätigung des zuständigen Vermessungsamtes genügen (BayObLG DNotZ 1993, 598, 599). Ferner hat das BayObLG für den Nachweis der Ausübungsstelle der Dienstbarkeit ebenfalls eine formgerechte Bestätigung des zuständigen Vermessungsamtes genügen lassen (BayObLG DNotZ 1980, 103, 105). Es erscheint daher vertretbar, auch für die Begründung der Dienstbarkeit eine entsprechende Bestätigung genügen zu lassen. Diese Frage hat allerdings das OLG Düsseldorf (MittRhNotK 1998, 95) ausdrücklich offen gelassen. 7. Ergebnis a) Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass nach der Ansicht des Bearbeiters das Entstehen einer altrechtlichen Dienstbarkeit durch Ersitzung wenigstens aufgrund der Beweislast nahe liegt. Letztlich kann die Frage allerdings nur durch ein unabhängiges Gericht entschieden werden. Sollte das Gericht das Bestehen einer altrechtlichen Dienstbarkeit ablehen, so käme immerhin ein Notwegerecht ( 917 BGB) in Betracht. Der Notar sollte die Beteiligten daher darauf hinweisen, dass die Benutzbarkeit des Weges unsicher ist. b) Eine Eintragung der Dienstbarkeit im Grundbuch wäre ohne Grundbuchbewilligung durch Unrichtigkeitsnachweis ( 22 GBO) zu erreichen. Für den Fall, dass der Unrichtigkeitsnachweis nicht in den Formen des 29 GBO erbracht werden kann, ist eine entsprechende gerichtliche Entscheidung erforderlich.