Forum Gesundheit und Medizin 10. März 2017 François Höpflinger Altern heute zur Lebenslage der über 80-jährigen Menschen in der Schweiz www.hoepflinger.com
Zahlenmässige Entwicklung der Zahl von 80-jährigen und älteren Menschen in der Schweiz: Referenzszenario Bundesamt für Statistik 500000 450000 400000 350000 300000 250000 200000 150000 100000 50000 0 2015 2045 80-84 J. 85-89 J. 90-94 J. 95-99 J. 100+ J.
Zahl an 100-jährigen und älteren Menschen in der Schweiz 1930-2040 12845 6256 7 17 12 23 61 179 277 787 1832 2209 1930 1941 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040
Das vierte Lebensalter ist weiblich: Anteil an Frauen in der jeweiligen Altersgruppe 1950 und 2014 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 1950 2014 20% 10% 0% 65-69 J. 70-74 J. 75-79 J. 80-84 J. 85-89 J. 90-94 J. 95+ J.
0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60 64 68 72 76 80 84 88 92 96 100 104 108 3000 Todesfälle nach Alter 1970-2014 2500 2000 1500 1000 500 0 1970 1990 2014
Anteil verheiratete Frauen und Männer im hohen Lebensalter 72% 58% 64% 34% 40% 28% 45% 30% 48% 17% 12% 20% 5% 9% 2% 3% 7% 16% 80-84 J. 85-89 J. 90+ J. Frauen 1950 Frauen 1980 Frauen 2015 Männer 1950 Männer 1980 Männer 2015
Anteil an verwitweten Frauen und Männer 1950 und 2015 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 65-69 J. 70-74 J. 75-79 J. 80-84 J. 85-89 J. 90+ Männer 1950 Männer 2015 Frauen 1950 Frauen 2015
Deutschsprachige Schweiz 2013: Angehörige im Alter 80+ 90% 80% 70% 60% zuhause befragbar im Heim 50% 40% 30% 66% 67% 84% 83% 75% 77% 20% 10% 0% Geschwister Kinder Enkelkinder
Freundschaftsbeziehungen auch im höheren Lebensalter: Enge Freunde bei zuhause lebenden 80+-Jährigen 1979 und 2011 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 17% 16% 50% 14% 15% 53% 13% 22% 1979 2011 4 und mehr F. 2-3 Freunde 1 Freund/in keine Freunde
Indikatoren zur psychischen Befindlichkeit: Zuhause lebende Personen 80+ 1979 und 2011 Männer 80+ Frauen 80+ 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% oft/immer einsam 1979 oft/immer einsam 2011 oft/immer müde 1979 oft/immer müde 2011
Wandel selbst im höchsten Lebensalter: 100-jährige in der Region Heidelberg (D) EINSAMKEITSGEFÜHLE 40% 55% SELBSTÄNDIG TELEFONIEREN 31% 52% SELBSTÄNDIG MAHLZEITEN ZUBEREITEN 6% 22% SELBSTÄNDIG ESSEN 61% 83% KEINE/GERINGE KOGNITIVEN EINSCHRÄNKUNGEN Jg. 1912 Jg. 1901 41% 52%
Fragilität (frailty) im hohen Lebensalter als Prozess und Zustand Prozess: Prozesse der Fragilisierung sind mit einem allmählichen und unvermeidlichen Verlust physiologischer und sensomotorischer Reservekapazitäten im Alternsprozess verbunden. Zustand: Eine Person gilt als fragil, wenn nachstehende Dimensionen des Alltagslebens erschwert bzw. beeinträchtigt sind: - Sensorische Fähigkeiten (Hören, Sehen) - Mobilität (Gehvermögen, Gangunsicherheit, erhöhtes Risiko einer Sturzfraktur) - Energiestoffwechsel (inkl. Appetitlosigkeit, Verdauungsprobleme u.a.) - Kognitive Einschränkungen (die aber nicht demenzieller Art sind) - Alltagsrelevante körperliche Beschwerden
Alltagsbezogen pflegebedürftig im Alter: Schweiz (%-Werte) 54.6 53.6 26.3 25.8 13.3 13 3.5 3.4 6.3 6.1 70-74 75-79 80-84 85-89 90+ Schweiz 2008 Schweiz 2014
Anteil von Frauen und Männer, die in einem Alters- und Pflegeheim leben 2002 und 2014 47% 43% 27% 30% 27% 22% 17% 12% 10% 7% 5% 12% FRAUEN 2002 FRAUEN 2014 MÄNNER 2002 MÄNNER 2014 80-84 J. 85-89 J. 90+ J.
Anteil an Pflegeheimbewohnern ohne Pflege oder mit Pflegestufe 1-3 (2014) 49% 39% 30% 9% Schweiz total Genf Zürich Glarus
Betreutes/begleitetes Wohnen (Wohnen mit Service) Für alte Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen stehen Formen betreuten/ begleiteten Wohnens vermehrt im Zentrum: Kombination von hindernisfreier Wohnform und Anbindung an gute Dienstleistungen. Das Konzept des betreuten Wohnens/Service-Wohnen erfährt in zwei Richtungen eine Ausdehnung: a) Ausdehnung auf stärker pflegebedürftige Menschen (pflegerisch orientiertes betreutes Wohnen), etwa auch für älter werdende Suchtpatienten, demenzerkrankte Menschen) b) Wohnen mit Serviceleistungen für alle Lebensalter (wellnessorientiertes Service-Wohnen)
Quelle: www.age-stiftung.ch
Wohnformen für Menschen mit Demenz Demenzwohnformen sollten folgende Faktoren begrenzen: a) Desorientierung: am besten kleine und übersichtliche Wohneinheiten, klare farbliche Gestaltung b) Passivität: ev. durch Wohnküchen mit Gerüchen, klare Tagesstruktur, offene Bewegungsräume (Garten) c) Angst, Unsicherheit: ev. Sichtkontakt zu Plege-personen, angepasste Lichtverhältnisse, keine widerspiegelnde Fensterfronten ua. d) Identitätsverlust: Vertrautheit durch Dinge aus der Vergangenheit (ev. Reminiszenzräume) Empfehlenswert: R. Welter, M. Hürlimann et al. (2006) Gestaltung von Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Demenzerkrankungen. Arbeitsbuch, Hittnau: Pagina.
Einflussfaktoren für gute Lebensqualität im hohen Lebensalter (viertes Lebensalter) - Sichere sozial-medizinische und pflegerische Versorgung und angepasste Umwelt - Selbstbestimmter Umgang mit Einschränkungen (Resilienz/Gelassenheit) - Akzeptanz der Grenzen des eigenen Lebens und des Machbaren - Offenheit für jüngere Generationen/Neugier bis ans Lebensende - Versöhnt sein mit seiner eigenen Lebensgeschichte (Wohlbefinden mit Vergangenheit)
Zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Alters heute Während das dritte junge Alter eine umfassende gesellschaftliche Neubestimmung erfährt, wird die vierte Lebensphase der Hochaltrigkeit nach wie vor mit den klassischen negativen Altersbildern versehen. In einem gewissen Sinne war die soziale Aufwertung des dritten Lebensalters entlang Leitvorstellungen eines aktiven Alters begleitet von einer verstärkten defizitorientierten Abwertung des vierten Lebensalters. Angst vor Demenz gehört heute zu den stärksten Altersängsten. Jede sechste Person, in der Westschweiz gar jede fünfte, würde mit der Diagnose Alzheimer eher nicht mehr weiterleben wollen.