Merkblatt Haftung 1. Ausgangslage, Fragestellungen Wer muss für Schäden aufkommen, die Studierende der PHZH im Rahmen eines Praktikums oder Lernvikariats oder während ihrer Lehrtätigkeit in der praxisbegleiteten Ausbildung verursachen? Wer hat für Schäden einzustehen, die Mitarbeitende der PHZH Personen zufügen, die nicht der PHZH angehören? Wer trägt die Kosten für widerrechtliche Schäden, die Angehörige und Studierende im Rahmen ihrer Tätigkeit der PHZH verursachen? 2. Haftungsregeln 2.1 Allgemein Das Haftpflichtrecht regelt die Schadenersatzpflicht, wenn Schäden gegenüber Drittpersonen verursacht wurden. Unter den Begriff Schaden fallen Sachschäden, Personenschäden (infolge Tötung oder Verletzung eines Menschen) oder sonstige Schäden (z.b. infolge Verletzung von Immaterialgüterrechten). Eine Schadenersatzpflicht wird ausgelöst, wenn sich das schädigende Verhalten als widerrechtlich und verschuldet erweist. Beim Verschulden wird zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterschieden. Vorsatz liegt vor, wenn der schädigende Eingriff absichtlich herbeigeführt oder in Kauf genommen wurde. Fahrlässigkeit bedeutet Ausserachtlassung von Sorgfaltspflichten. Die Schwere der Fahrlässigkeit misst sich nach der Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung. Bei grober Fahrlässigkeit werden elementare Vorsichtsgebote missachtet («so etwas hätte nicht passieren dürfen»). Bei leichter Fahrlässigkeit werden Sorgfaltspflichten geringfügig verletzt («so etwas kann einmal passieren»). Widerrechtlich sind Übergriffe auf absolute Rechtsgüter (Leib und Leben, Eigentum etc.) von Drittpersonen ohne Vorliegen von Rechtfertigungsgründen (Einwilligung, Notwehr, Notstand, Gesetz, etc.) sowie die Verletzung von Vermögensrechten, wenn diese von einer besonderen Schutznorm geschützt werden. Nicht jeder Schaden löst eine Schadenersatzpflicht aus. Wer sich ohne das Verschulden einer andern Person verletzt, hat in der Regel einen Unfall erlitten. Solche Ereignisse sind der Krankenkasse bzw. der Unfallversicherung zu melden. Wer eigene Sachen beschädigt, trägt den Schaden selbst. Es kann in der Regel keine Versicherung beigezogen werden.
2.2 Staatshaftung im Kanton Zürich Im Anwendungsbereich des zürcherischen Haftungsgesetzes gelten für die Haftung des Staates bzw. der öffentlichrechtlichen Organisation u.a. folgende Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Haftpflichtrecht: Primäre und ausschliessliche Staatshaftung: Der Geschädigte hat nicht die Wahl, gegen wen er vorgehen will. Er kann und muss seine Schadenersatzansprüche ausschliesslich gegen den Staat bzw. die Organisation des öffentlichen Rechts (hier also die PHZH) geltend machen. Er kann nicht gegen den Verursacher persönlich vorgehen. Dies hat für ihn Vorteile: Er hat nie das Problem, dass der Haftende zahlungsunfähig ist, was insbesondere bei Studierenden relevant sein kann. Ausserdem braucht er kein Verschulden als Haftungsvoraussetzung nachzuweisen (vgl. nächster Punkt). Staatshaftung als Kausalhaftung: Der Nachweis eines persönlichen Verschuldens ist nicht nötig. Für die Bejahung der Haftung des Staates gegenüber dem Geschädigten genügt die Verletzung einer Sorgfaltspflicht. 3. Rechtsgrundlagen Haftungsgesetz (HaG) des Kantons Zürich (LS 170.1): 3 Dieses Gesetz gilt entsprechend auch für die Organisationen des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, für die Mitglieder und Ersatzmitglieder ihrer Organe und für die in ihrem Dienst stehenden Personen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verrichtungen ausüben. 4 Soweit dieses Gesetz nicht besondere Vorschriften enthält, gelten die Bestimmungen über die Beamten für alle in 1 bis 3 erwähnten Personen, seien sie vollamtlich, nebenamtlich oder vorübergehend tätig. 6 Der Staat haftet für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung amtlicher Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. ( ) 14 Der Beamte haftet für den Schaden, den er dem Staat durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner Amtspflicht zufügt. Haben mehrere Beamte den Schaden gemeinsam verschuldet, haften sie bei Vorsatz solidarisch, bei grober Fahrlässigkeit anteilmässig nach der Grösse des Verschuldens. 15 Hat der Staat einem geschädigten Dritten auf Grund dieses oder eines andern Gesetzes Ersatz leisten müssen, steht ihm der Rückgriff auf den Beamten zu, der den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat. Haben mehrere Beamte den Schaden gemeinsam verschuldet, sind sie bei grober Fahrlässigkeit anteilmässig nach der Grösse des Verschuldens zu belangen. Bei Vorsatz kann jeder Beamte für den ganzen Schaden belangt werden. 4. Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fragestellungen 4.1 PHZH untersteht dem Haftungsgesetz Die PHZH untersteht dem Haftungsgesetz des Kantons Zürich (HaG, LS 170.1). Sie ist im Sinne von 3 HaG eine Organisation des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit.
4.2 Staatshaftung setzt kein Anstellungsverhältnis voraus Von 4 sind alle für die PHZH tätigen Personen erfasst. Der im Gesetz genannte Begriff «für den Staat tätig sein», setzt kein Anstellungsverhältnis voraus. In der Weisung zur Revision des Haftungsgesetzes im Jahre 1988 hält der Regierungsrat explizit fest, dass die Staatshaftung keineswegs einen Anstellungsvertrag oder eine förmliche Anstellungsverfügung erfordert. «Nicht etwa nach 4a (persönliche Haftung des Beauftragten), sondern nach 1-4 (Staatshaftung) richtet sich die Haftung beispielsweise bei Praktikanten, Seminaristen in der Übungsschule, freiwilligen Helfern bei Klassenlagern.» (Amtsblatt des Kantons Zürich 1988, S. 1723 f.). 4.3 Haftung der PHZH Die PHZH haftet für widerrechtliche Schäden, die Studierende im Rahmen ihrer Studienaufträge (z.b. Praktika, Schulhausprojekte etc.) Dritten (z.b. Kindern, Schulgemeinde etc.) verursachen, die Mitarbeitende im Rahmen ihrer PHZH-Tätigkeit Dritten verursachen, die Studierende im Rahmen ihrer Studienaufträge der PHZH verursachen, sofern die Schäden nicht vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht wurden (Beschädigung eines Gerätes der PHZH), die Mitarbeitende der PHZH im Rahmen ihrer PHZH-Tätigkeit der PHZH verursachen, sofern die Schäden nicht vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht wurden (z.b. Beschädigen eines Notebooks), Schäden sind widerrechtlich, wenn sie Rechtsgüter (Leib und Leben, Eigentum) von Drittpersonen ohne Rechtsfertigungsgründe (Einwilligung, Notwehr, Notstand, Gesetz etc.) verletzen. Die Nichtbeachtung oder Verletzung von Sorgfaltspflichten wird als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schwere der Fahrlässigkeit misst sich nach der Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung. Bei grober Fahrlässigkeit werden elementarste Vorsichtsgebote missachtet («so etwas hätte nicht passieren dürfen»). Bei mittlerer oder leichter Fahrlässigkeit werden Sorgfaltspflichten geringfügig verletzt («so etwas kann einmal passieren»). 4.4 Haftung der PHZH bei Lernvikariaten und in praxisbegleiteten Ausbildungen Bei Schäden, die Studierende im Rahmen von Lernvikariaten und praxisbegleiteten Ausbildungen verursachen, stellt sich die Frage, ob die Gemeinde oder die PHZH für den Schaden aufkommen muss. Gemäss Weisung des Regierungsrates zur Änderung des Haftungsgesetzes haftet die Körperschaft, deren Personal gehandelt hat, nicht jene, deren Aufgaben erfüllt wurden (Amtsblatt des Kantons Zürich, 1988. S. 1722). Da bei Lernvikariaten die PHZH die Studierenden in die Gemeinden zur Vikariatstätigkeit, bzw. Unterrichtstätigkeit abordnet, ergibt sich, dass die PHZH und nicht die Gemeinden für Schäden, die Studierende im Rahmen eines Lernvikariats widerrechtlich verursachen, aufzukommen hat.
4.5 Studierende und Mitarbeitende haften für vorsätzliche oder grobfahrlässige Schädigung a) Persönliche Haftung Schädigen Studierende oder Mitarbeitende die PHZH, haften sie gemäss 14 HaG persönlich, wenn sie den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet haben. Ist das Verschulden nur als mittel oder leicht fahrlässig einzustufen, trägt die PHZH die Kosten für den Schaden. b) Rückgriffsrecht der PHZH Tritt eine Schadenersatzpflicht der PHZH ein, steht ihr gemäss 15 HaG das Rückgriffsrecht auf diejenige Person (Studierende oder Mitarbeitende) zu, die den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht hat. 4.6 Sorgfaltspflichten beachten Schadenersatzpflicht und Rückgriffe können vermieden werden, wenn die Sorgfaltspflichten bestmöglich beachtet werden. Besondere Aufmerksamkeit verlangen erfahrungsgemäss alle Schulverlegungen, d.h. Wanderungen, Exkursionen, Ski- und Klassenlager sowie Sportanlässe, insbesondere Schwimmen. Die Sorgfaltspflichten lassen sich nicht abschliessend und generell nennen. Im Haftpflichtrecht gilt das Einzelfallprinzip. «Die Frage, ob die schädigende Person die unter den konkreten Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, wird vom Betroffenen, also vom Geschädigten aus beurteilt: Welche Sorgfalt durfte der Geschädigte unter den gegebenen Umständen erwarten?» (Keller/Syz: Haftpflichtrecht, 5. A. Zürich, 2001). Von Lehrpersonen darf erwartet werden, dass sie sich gewissenhaft vorbereiten, die Klasse kennen, stufengemässen Unterricht erteilen und die Kinder nicht in Gefahr bringen. Da sich die Haftung auf mehrere Personen verteilen kann, ist es wichtig, dass sich alle beteiligten Personen ihrer Sorgfaltspflichten bewusst sind und diese beachten. Somit haben auch die Schulbehörden, Praxislehrpersonen, Mentoratspersonen, Dozierenden, Schulleitungen, Schulhausteams und weitere an der Schule beteiligte Personen Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Im Anhang sind einige Beispiele von Sorgfaltspflichten aufgeführt, die verschiedene Personen in Bezug auf die vorliegende Fragestellung zu beachten haben. Die Auflistung ist unvollständig. Da bei jedem Schaden die Haftungsfrage im Einzelfall geklärt wird, sind die Sorgfaltspflichten nur beispielhaft, niemals aber rezept- oder checklistenmässig erfassbar. Checklisten zur Beachtung von Sorgfaltspflichten sind wertvoll. Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu machen, dass Checklisten im Haftpflichtrecht nie vollständig sein können, weil jedes schädigende Ereignis im Einzelfall auf die Schadenersatzpflicht geprüft wird. Zürich, 23. Mai 2006 Pädagogische Hochschule Zürich Prof. Dr. Walter Bircher Prorektor Ausbildung
Anhang zum Merkblatt Haftung der PHZH Beispiele von Sorgfaltspflichten der Studierenden in der berufspraktischen Ausbildung (Praktikum, Lernvikariat, Kooperationsschulen etc) bzw. Unterrichtstätigkeit in der praxisbegleiteten Ausbildung: Gewissenhafte Vorbereitung des Unterrichts und der Projekte Beachtung der aktuellen Situation und Stimmung der Klasse (Tagesform) Heterogenität der Gruppe beachten Alters- und stufengerechte Aufträge erteilen Sind Kinder genügend beaufsichtigt? Sorgfältige Rekognoszierung Beachtung der Spezialsituationen (Wald, Baden, Klassenlager, Exkursion) Begleitpersonen mitnehmen Notfallszenario überlegen Umsichtiges und fachgerechtes Handeln bei Unfällen (1. Hilfe) Beispiele von Sorgfaltspflichten der Dozierenden und Mentoratspersonen, etc. Ist der Ausbildungsstand der Studierenden ausreichend? Kontrolle der erteilten Aufträge Studierende auf allfällige Gefahren aufmerksam machen Falls nötig intervenieren Evtl. bei den Studiengangverantwortlichen Meldung erstatten, Massnahmen veranlassen Beispiele von Sorgfaltspflichten der Praktikumslehrpersonen und Lehrpersonen der Kooperationsschulen Überprüfen, ob konkrete Unterrichtsabsichten für die Klasse zumutbar, alters- und stufengerecht sind Wird die Klasse richtig eingeschätzt? Studierende auf allfällige Gefahren aufmerksam machen Tätigkeit der Studierenden kontrollieren und überwachen Falls nötig, intervenieren Evtl. Meldung an PHZH erstatten Überprüfung des Notfallkonzeptes Sorgfaltspflichten der Schulhausteams (Schulleitung, Lehrpersonen) und Gemeindeschulpflegen bei Lernvikariaten und Unterrichtstätigkeit in der praxisbegleiteten Ausbildung: Studierende besuchen Auf Gefahren aufmerksam machen Wenn nötig intervenieren Evtl. Meldung an PHZH (Studiengangverantwortliche) erstatten Beraten und unterstützen, wenn fachliche Ausbildung fehlt oder nicht genügt (z. B. Programm einer Turnstunde gemeinsam erstellen) Hinweis auf die Notfalldispositionen Zürich, 23. Mai 2006 5