Unfälle mit Infektionsgefahr

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Transkript:

- Schweizerische Tagung der Personalärztlichen Dienste der Spitäler und Pflegeheime - Wissenschaftliche Tagung der SGARM Unfälle mit Infektionsgefahr Auf dem Weg zur Benützung von Sicherheitsinstrumenten? Esther Graf-Deuel Pietro Vernazza Personalärztlicher Dienst Infektiologie/Spitalhygiene

Ziel und Voraussetzungen Senkung des Infektionsübertragungsrisiko: HBV / HCV / HIV Kosten 1. Hohe Durchimpfung mit Hepatitis B 2. Benutzerfreundliches Meldesystem 3. Senkung der Nichtmeldungen 4. Unfallverhütungskonzept 5. Dokumentationssystem 6. Massnahmenplanung und Umsetzung 7. Berücksichtigung der Kosten

Voraussetzungen 1. Hohe Durchimpfung mit Hepatitis B Hepatitis B-Impfung B = Voraussetzung für Arbeit mit potentieller Infektionsgefahr 2. Benutzerfreundliches Meldesystem Eine Anlaufstelle: 24h, 365 T/J. Instruktion Notfallarzt, Checklisten effizient Mitarbeiter-Information sofort melden Evaluation laufende Verbesserung Nachbetreuung der verletzten Personen

Voraussetzungen 3. Senkung der Nichtmeldungen Motivieren der Mitarbeitenden zur Meldung Benutzerfreundliches Meldesystem Hindernisse der Kommunikation abbauen Senkung der Anzahl Stichverletzungen Überzeugendes Unfallverhütungskonzept

Voraussetzungen 4. Unfallverhütungskonzept Unfallpyramide Ursachenbaum Kommunikationskultur: lernen anstatt anschuldigen lernen Ursachenanalysen nach Stichverletzungen Massnahmen individuell Massnahmen betriebsweit

Auf dem Weg zur Benützung von Wirksame Unfallverhütung setzt an der Basis an

Voraussetzungen 5. Dokumentationssystem Hepatitis B-ImpfstatusB Impfstatus-Überwachung Meldungen an Personalärztlichen Dienst Ursachenanalysen Evaluation des Meldeprozesses Periodische Auswertungen der Meldungen und Ursachenanalyse

Voraussetzungen 6. Massnahmenplanung und Umsetzung Individuell aufgrund der Ursachenanalysen Verletzte Person bespricht im Team Betriebsweit: : Zusammenarbeit mit Spitalhygiene und Sicherheitsdienst Unterstützung durch Vorgesetzte und GL: - Einbinden ins Q-ManagementQ - Einbinden ins Spitalmanagement

Voraussetzungen 7. Kosten Durchschnittliche direkte und indirekte Kosten einer gemeldeten Stichverletzung Anzahl gemeldete Stichverletzungen Kosten einer Infektionsübertragung Anzahl Infektionsübertragungen Wirksamkeit der Massnahmenumsetzung Kosten der Sicherheitssysteme

Resultate der Auswertung: KSSG 2000-2002 1. Geschlecht, Altersverteilung, Anstellungsdauer 2. Anzahl Meldungen: nach Bereiche, Berufe, Funktionen 3. Quellenresultate 4. Evaluation Meldedisziplin, Meldeprozess 5. Ursachenanalysen, Beispiele von typischen Ursachen, Verletzungsgegenstände 6. Massnahmenplanung und Umsetzung 7. Schutzmassnahmen 8. Kosten der Meldung, einer Infektionsübertragung mit HCV 9. Potentielle Kosteneinsparung bei Gebrauch von Sicherheitsinstrumenten

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 1. Geschlecht: Frauen 68 % Altersverteilung: 20-40 jährig 80 % Anstellungsdauer bei Meldung der Stichverletzung: < 6 Monate am KSSG 30 %

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 2. Anzahl Meldungen 2000 2001 2002 Total (2003) 152 156 186 494 ( 210) Bereiche - Chirurgische Kliniken inkl. Anästhesie, Notfall 66 % - Krankenzimmer 39 % OP 38 % Berufe Ärztliches Personal 38 % Pflegefachpersonal 54 % Funktionen Kaderpersonen 14 % Hilfspersonal 8 %

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 3. Quellenresultate Negative Quellen 433 87.7 % HIV positive Quellen 9 1.8 % HCV positive Quellen 27 5.5 % davon HIV + HCV positiv 4 0.8 % Unbekannte Quellen 21 4.3 %

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 4. Evaluation - Meldedisziplin Nicht sicher alle Expositionen mit Infektionsgefahr gemeldet 5 %, > 1 Exposition nicht gemeldet 2 % meist Beginn mit Meldung aller Expositionen - Meldeprozess in allem zufrieden 83 % zufrieden 12 % total 95 % Zeit bis zur Meldung bis 1 h 72 % bis 2 h 82 % Aufenthaltsdauer in der ZNA bis 30 76 % bis 60 93 %

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 5. Ursachenanalysen Ausreichende Technik (T) 82 % Ausreichende Organisation (O) 19 % Keine menschliche Ursachen (M) 4 % Beispiele von typischen Ursachen T fehlendes, ungeeignetes Material, zu wenig Platz O ungeübt, Entsorgungsbox nicht benützt, Ablauf nicht definiert, Zeitmangel, falsche Box oder Box falsch benützt M Menschl.. Versagen Drittperson (71%), unkonzentriert (34%), Hektik (33%), Gefahr unterschätzt (23%), 2-händig 2 recapped (15%), unsichere Handlung (13%), abgelenkt (11%), wenig Routine (11 %)

Verletzungsgegenstände Blutentnahmenadeln Nähnadeln s.c. Nadeln Venenverweilkanülen Skalpelle Schleimhautkontakte Lanzetten Butterfly-Nadeln Port-a-cath cath-nadeln Katheter 23 % 16 % 10 % 10 % 7 % 6 % 5 % 5 % 3 % 3 %

6. Massnahmenplanung und Umsetzung Team-Besprechungen Audits Mitarbeiter- Ideen-Potential umsetzen Ursachen erkennen Massnahmen ableiten dokumentieren, weiterleiten rückmelden ans Kader Integration ins (Qualitäts-) Management des KSSG

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 7. Schutzmassnahmen Hepatitis B-ImpfschutzB vollständig 96 % Nonresponder < 1 % Handschuhe empfohlen getragen in 71 % Sicherheitsinstrumente: KSSG keine Hohe Kosten gerechtfertigt?

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 8. Schätzung direkte / indirekte Kosten der Meldung von Stichverletzungen Kosten Verletzung an negativer Quelle: SFr. 526 / 1000 total: SFr. 1526 Kosten Verletzung an HCV positiver Quelle: SFr. 1008 / 2017 total: SFr. 3025 Kosten Verletzung an HIV pos. Quelle: SFr. 5119 / 10 240 total: SFr. 15 359

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 8. Schätzung direkte / indirekte Kosten Infektionsübertragung mit HCV: SFr. 48 628 / 97 256 total: SFr. 145 884 Total Kostenschätzung 2000-2002: SFr. 363 755 / 703 708 total: SFr. 1 067 463 Durchschnittliche Kosten pro Meldung: SFr. 735 / 1425 total: SFr. 2160

gemeldete Stichverletzungen KSSG 2000-2002 9. Potentielle Kosteneinsparung bei Gebrauch von Sicherheitsinstrumenten (* berechnet) - Mehrkosten von Sicherheitssystemen, Schulungsaufwand - Kosten von Meldungen, Infektionsübertragung, Risiko - Anzahl Meldungen / eingekaufte Menge - Injektionsnadeln 1 / 5420 - Blutentnahme-Nadeln 1 / 4500 * - Venenverweilkanülen 1 / 3700 * - Arterien-,, Venenkatheter 1 / 3700 - Butterflies 1 / 2500 - Port-a-Caths 1 / 500 * Mehrkosten 0-100 000 000 SFr. für f r das KSSG / J.

Sicherehitssysteme - Johnson & Johnson Medical Switzerland Rotzenbühlstr. 55 CH- 8957 Spreitenbach: Frau Mireille Félix mfelix@cscch.jnj.com Tel. 056 417 32 03 oder 079 639 80 76 Fax 056 417 35 24 - greiner bio-one VACUETTE Schweiz St. Leonhardstr. 31 CH-9000 St. Gallen: Herr Urs Mauretter urs.mauretter@gbo.com www.gbo.com Tel. 071 228 55 22 oder 079 218 69 00 Fax 071 228 55 21 - BD Binningerstr. 94 CH-4123 Allschwil: Herr Icaro Calabresi icaro_calabresi@europe.bd.com www.bd.com Tel. 061 485 22 24 oder 079 659 17 47 Fax 061 485 22 81 - B. Braun Medical AG Seesatz CH-6203 Sempach-Station: Herr Marco Melillo marco.melillo@bbraun.com www.bbraun.com Tel. 0848 83 00 44 oder 079 788 56 65 Fax 0800 83 00 43.

Schlussfolgerungen 1. Komplexes System 2. Viele Faktoren beeinflussen das Ergebnis 3. Verschiedene Faktoren verschiedene Gewichtung und Kosten 4. Je weniger Massnahmen getroffen werden, umso wirksamer sind Sicherheitssysteme 5. Je mehr Massnahmen greifen, umso weniger fallen teure Sicherheitssysteme ins Gewicht

Diskussion