Ergebnisse der rbeitsgruppe Antibiotikaresistenz der DVG zur Standardisierung der Resistenzprüfung und zur Festlegung veterinärspezifischer Grenzwerte S. Schwarz, A. Böttner, C. Kehrenberg, M. Kietzmann, D. Klarmann, G. Klein, P. Krabisch, T. Kühn, G. Luhofer, A. Richter, C. Sigge, W. Träder, K.-H. Waldmann, J. Wallmann, C. Werckenthin
Bestimmung und Bewertung der antimikrobiellen Empfindlichkeit bakterieller Infektionserreger ist ein vielschichtiges Problem, das nur in einem interdisziplinären Ansatz zu lösen ist Industrie Hochschulen Zulassungsbehörde Untersuchungsämter Bundesforschungseinrichtungen
Grundlegende Fragen: 1. Welches Verfahren sollte zur Bestimmung der in-vitro- Sensitivität eines bakteriellen Erregers zum Einsatz kommen? 2. Wie ist das entsprechende Verfahren korrekt durchzuführen (Methodik)? 3. Wie sind die ermittelten Ergebnisse zu interpretieren (sensibel, resistent - Grenzwerte Breakpoints )? Empfehlungen seitens der DVG- Arbeitsgruppe Antibiotikaresistenz
Verfahren zur Empfindlichkeitsbestimmung Prinzipiell stehen drei Gruppen von Verfahren zur Auswahl: - Diffusionsverfahren - Dilutionsverfahren (Bouillon- oder Agardilution) - E-Test DVG-Arbeitsgruppe Antibiotikaresistenz sieht Dilutionsverfahren (insbes. Microbouillondilution als Methode der Wahl für Routinediagnostik, Forschung und Monitoring an.
Mikrodilution
Makrodilution Konzentrationen in µg/ml MHK 16 8 4 2 1 0.5 0.25 0.12 0.06 0.03 - +
Der MHK-Wert stellt die niedrigste Konzentration des Wirkstoffes in einer zweifachen Verdünnungsreihe dar, die das sichtbare Wachstum des Erregers verhindert.
Dilutionsverfahren (Bouillondilution) - geringere Flexibilität bei der Resistenztestung zusätzliche Testung weiterer Wirkstoffe ist bei bereits gefertigten Mikrotiterplatten nicht möglich - höhere Kosten und höherer Zeitaufwand Vorteile gegenüber Agardiffusion: - besser standardisierbar geringere individuelle Fehlerrate bei Versuchsdurchführung und Ablesen der Ergebnisse - quantitative Daten - aussagekräftig MHK-Werte statt einer groben Einteilung in qualitative Kategorien (empfindlich - resistent) Nachteile gegenüber Agardiffusion:
Belegung der Mikrotiterplatten Mikrotiterplatten werden gemäß den Vorgaben der Auftraggeber von diversen Firmen hergestellt, aber: Mindestabnahmemengen ( ~ 2500 Platten pro Charge) begrenzte Haltbarkeit (max. 18 Monate) Eine Einigung bezüglich der Belegung der Mikrotiterplatten ermöglicht die Verwendung der gleichen Platten durch mehrere Institutionen: bezüglich der Methodik und der Durchführung standardisierte Resistenztestung Generierung valider und vergleichbarer Daten in unterschiedlichen Diagnostiklabors deutschlandweit
Belegung der Mikrotiterplatten Welche Wirkstoffe sollen getestet werden? tierartliche Herkunft der Bakterien zugelassene Wirkstoffe für Haus- und Heimtiere versus zugelassene Wirkstoffe für Nutztiere befallenes Organsystem / Indikation / Bakterienspezies zugelassene Wirkstoffe für diverse Organsysteme / Indikationen Eignung der Wirkstoffe zur Bekämpfung bestimmter Bakterien Kreuzresistenzen zwischen Wirkstoffen Auswahl geeigneter Wirkstoffe unter Berücksichtigung von Kenntnissen über Vorkommen und Verbreitung von Resistenzgenen (z.b. Aminoglycosidresistenzgene) und die von ihnen vermittelten Resistenzen/Kreuzresistenzen
Belegung der Mikrotiterplatten Welche Konzentrationen der Wirkstoffe sollen getestet werden? Routinediagnostik kleine MHK mit vier Verdünnungsstufen, die die Grenzwerte für Resistenz bzw. Empfindlichkeit einschließen Kostenfrage: je mehr Verdünnungsstufen eines Wirkstoffes getestet werden, umso weniger verschiedene Wirkstoffe können auf der gleichen Mikrotiterplatte getestet werden. Forschung / Monitoring ausgedehnte Verdünnungsreihen, bestehend aus 12 und mehr Verdünnungsstufen Erkennen von Trends in der Resistenzentwicklung gegenüber einem Wirkstoff (wichtig im unteren Wirkstoffbereich)
Belegung der Mikrotiterplatten AG Antibiotikaresistenz hat Vorschläge zu Platten- Layouts fü Routinediagnostik erarbeitet Abstimmung dieser Vorschläge mit interessierten Diagnostikund Forschungseinrichtungen Verhandlungen mit Herstellern von Mikrotiterplatten bezüglich Abnahmemengen und ~konditionen für teilnehmende Diagnostik- und Forschungseinrichtungen
Layout für Groß- und Nutztiere Wirkstoff Konzentratio 0,0625 0,125 0,25 0,5 1 2 4 8 16 32 64 128 Breakpoint Quelle 1 Amoxicillin + Clavulansäure 5 x x x x x NCCLS 2 Ampicillin 9 x x x x x x x x x NCCLS 3 Apramycin 3 x x x 4 Benzylpenicillin 9 x x x x x x x x x NCCLS 5 Cephalotin 4 x x x x NCCLS 6 Cefquinom 4 x x x x Hersteller 7 Ceftiofur 4 x x x x NCCLS 8 Colistin 4 x x x x DIN 9 Enrofloxacin 6 x x x x x x NCCLS 10 Erythromycin 7 x x x x x x x NCCLS 11 Florfenicol 4 x x x x NCCLS 12 Gentamicin 4 x x x x NCCLS 13 Clindamycin 5 x x x x x NCCLS 14 Spectinomycin 5 x x x x x NCCLS 15 Neomycin 3 x x x eigene Berechnung 16 potenzierte Sulfonamide 5 17 Tetracyclin 5 x x x x x NCCLS 18 Tiamulin 4 x x x x NCCLS 19 Tilmicosin 4 x x x x NCCLS 0,25/4,75 0,5/9,5 1/20 2/38 4/76
Layout für Mastititisuntersuchungen Wirkstoff Konz. 0,0625 0,125 0,25 0,5 1 2 4 8 16 32 Breakpoint Quelle 1 Amoxicillin + Clavulansäure 4 x x x x NCCLS 2 Benzylpenicillin 7 x x x x x x x NCCLS 3 Cefazolin 4 x x x x NCCLS 4 Cefoperazon 4 x x x x Hersteller 5 Cefquinom 4 x x x x Hersteller 6 Erythromycin 7 x x x x x x x NCCLS 7 Gentamicin 4 x x x x NCCLS 8 Pirlimycin 3 x x x NCCLS 9 Oxacillin 3 x x x NCCLS 10 Tetracyclin 5 x x x x x NCCLS
Layout für Heimtiere Wirkstoff Konz. 0,0635 0,125 0,25 0,5 1 2 4 8 16 32 64 128 Breakpoi nt Quelle 1 Amoxicillin + Clavulansäure 8 x x x x x x x x NCCLS 2 Ampicillin 9 x x x x x x x x x NCCLS 4 Benzylpenicillin 9 x x x x x x x x x NCCLS 5 Cephalotin 8 x x x x x x x x NCCLS 6 Clindamycin 8 x x x x x x x x NCCLS 7 Enrofloxacin 8 x x x x x x x x NCCLS 8 Erythromycin 8 x x x x x x x x NCCLS 9 Gentamicin 8 x x x x x x x x NCCLS 10 Nitrofurantoin 6 x x x x x x DIN 0,12/2, 0,25/4, 0,5/9,5 1/20 2/38 4/76 11 potenzierte Sulfonamide 6 NCCLS 12 Tetracyclin 8 x x x x x x x x NCCLS 13 Chloramphenicol 8 x x x x x x x x NCCLS
Durchführung der Empfindlichkeitsprüfung AG Antibiotikaresistenz hat eine Arbeitsanweisung zur methodisch korrekten Durchführung von Dilutionstests (inkl. Qualitätssicherung) erarbeitet Orientierung am NCCLS-Dokument M31-A (= internationaler Standard) Sofern notwendig, Erweiterung der Arbeitsanweisung zur Lösung spezifischer Probleme, die bei der Testung einzelner veterinärspezifischer Erreger / Substanzen auftreten.
Ergebnisse der Empfindlichkeitsprüfung Resultate der Empfindlichkeitsprüfung werden als Minimale Hemmkonzentration (MHK-Wert) in µg/ml angegeben. Zur Einstufung von MHK-Werten in die Kategorien empfindlich oder resistent sind Grenzwerte = breakpoints notwendig. Ohne valide Grenzwerte sind keine Aussagen zur Empfindlichkeit bzw. Resistenz eines Erregers möglich!
Grenzwerte Grenzwerte sollten zieltierartgerichtet und ggf.auch für eine Indikation (Organsystem) festgelegt werden. Grenzwerte gelten u.u. nicht uneingeschränkt für Wirkstoffe (Bioequivalenz Pionierprodukt / Generikum). Viele der derzeit verfügbaren Grenzwerte stellen entweder nur mikrobiologische Grenzwerte dar oder aber klinische Grenzwerte, die auf Daten aus der Humanmedizin basieren. Kritische Hinterfragung dieser Grenzwerte ist erforderlich!
Grundlegende Fragen Für welche Substanzen liegen veterinärspezifische Grenzwerte vor? Wie valide sind die derzeit verwendeten Grenzwerte? Wo besteht Handlungsbedarf?
Veterinärspezifische Grenzwerte Grenzwerte aus der Humanmedizin sind für die Veterinärmedizin nur bedingt bzw. nicht anwendbar. fi veterinärspezifische Grenzwerte gemäß NCCLS für Ceftiofur, Enrofloxacin, Difloxacin, Sarafloxacin, Penicillin/ Novobiocin,, Tilmicosin, Tiamulin, Pirlimycin, Florfenicol, Spectinomycin fi alle weiteren in dem NCCLS-Dokument angegebenen Grenzwerte basieren auf Daten aus der Humanmedizin fi Grenzwerte aus anderen Methodensammlungen (DIN, CA-SFM, BSAC) basieren ausschließlich auf Daten aus der Humanmedizin
Validität derzeit verwendeter Grenzwerte Die wenigsten der derzeit verfügbaren veterinärspezifischen Grenzwerte stellen valide Breakpoints für eine verlässliche Empfindlichkeitsbeurteilung der Bakterien dar. Die aus der Humanmedizin übernommenen Grenzwerte stellen meist Werte dar, die nur bedingt eine Empfindlichkeitsbeurteilung und eine Einschätzung des Therapieerfolges erlauben. Bsp. Sulfadiazin/Trimethoprim erreichbare Gewebekonzentration (Hund) (12 Std. nach Behandlung): ca. 2-5 / 0.2 µg/g Grenzwerte für empfindlich : 38 / 2 µg/ml resistent : 76 / 4 µg/ml
Handlungsbedarf Überprüfung der verfügbaren Grenzwerte für die zur Zeit zugelassenen antimikrobiellen Wirkstoffe (insbes. Altsubstanzen) Gegebenenfalls Erstellung neuer valider Grenzwerte unter Berücksichtigung tierartspezifischer, indikationsspezifischer, pharmakologischer, mikrobiologischer und klinischer Parameter AG Antibiotikaresistenz der DVG wird als Expertengremium an diesen Aktivitäten beteiligt sein.