Grußwort. Parlamentarischer Staatssekretär Klaus Kaiser. Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen

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Transkript:

Grußwort Parlamentarischer Staatssekretär Klaus Kaiser Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen Arbeitstagung Gedenkstättenarbeit mit multiethnischen Lerngruppen 11. September 2017, Essen Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Dr. Kaufmann, sehr geehrte Frau Hartmann, sehr geehrter Herr Prof. Kenkmann, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, für einen der Mitveranstalter, die Landeszentrale für politische Bildung, heute zu Ihnen sprechen zu können. Gern überbringe ich Ihnen die Grüße von Herrn Ministerpräsidenten Armin Laschet und von Frau Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, der Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit der Neubildung der Landesregierung im Juni / Juli 2017 ist die Landeszentrale für politische Bildung dem Ressort von Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen zugeordnet, in dem ich Parlamentarischer Staatssekretär bin. Der Austausch mit Israel hat in Nordrhein-Westfalen Tradition. Er ist seit Jahrzehnten ein Anliegen jeder Landesregierung. Der ehemalige Ministerpräsident Heinz Kühn war der erste Vorsitzende der Jerusalem Foundation Deutschland. Heute ist es der ehemalige Ministerpräsident dieses Landes, Dr. Jürgen Rüttgers. Aber was ich fast noch wichtiger finde: Die Beziehungen Nordrhein- Westfalens zu Israel sind keine primär staatliche Angelegenheit. Sie waren von Beginn an wesentlich zivilgesellschaftlich getragen. Zivilgesellschaftliche Initiative und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger waren und sind die Basis der Beziehungen zwischen Israel und unserem Bundesland. Das ist so gewollt und das wird vom Land Nordrhein-Westfalen auch weiterhin unterstützt. 2008 hat der damalige Ministerpräsident, Dr. Jürgen Rüttgers, eine Vereinbarung mit der israelischen Regierung unterzeichnet, die die Programme zur Zusammenarbeit mit Israel im Jugendbereich zusammengefasst und wesentlich verbessert hat. Auf dieser Grundlage wurde das Programm des Landes Nordrhein-Westfalen zur Förderung von Begegnungen 2 / 8

und des Austausches junger Menschen mit Israel entwickelt und in Dortmund eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Die Grundlage für staatliche Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel hat Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer 1952 mit der Durchsetzung des sogenannten Luxemburger Wiedergutmachungsabkommens mit Israel und der Jewish Claims Conference gelegt. Zur Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Staat Israel kam es dann während der Kanzlerschaft Prof. Dr. Ludwig Erhards im Mai 1965. Schon lange vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen gab es allerdings bereits persönliche Kontakte und zivilgesellschaftliche Beziehungen, die vielfach vom Rheinland und von Westfalen ausgegangen sind. Stellvertretend seien hier die Gewerkschaften und die stark von den beiden großen Kirchen unterstützten Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit genannt. Oftmals auf Anregung der örtlichen Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit kam es seit den 60er Jahren in vielen Städten in Nordrhein-Westfalen zu Partnerschaften mit israelischen Städten und zu einem aktiven kommunalen Jugendaustausch. Die Anfänge zivilgesellschaftlicher Beziehungen gingen sehr oft von den nach dem Krieg neu gegründeten Gewerkschaften aus. Einige Funktionäre und prominente Gewerkschafter waren in der Zeit des Nationalsozialismus nach Palästina geflohen und hatten sich aktiv am Aufbau des Staates Israel beteiligt. Manche der Gewerkschafter der ersten Stunde in Deutschland hatten noch aus der Zeit der Weimarer Republik, der Zeit der politischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten oder der Emigration kollegiale oder freundschaftliche Beziehungen zu diesen Deutsch- Israelis. Das gilt zum Beispiel für den deutsch-jüdischen Gewerkschafter Ludwig Rosenberg. Rosenberg, 1945 aus dem Londoner Exil zurückgekehrt, gehörte seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Jahr 1949 dessen Geschäftsführendem Vorstand in Düsseldorf an und war von 1962 bis 1969 Vorsitzender 3 / 8

des DGB. Der Dachverband der israelischen Gewerkschaften, die Histadrut, und der Deutsche Gewerkschaftsbund waren Gründungsmitglieder des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften, dessen Vorsitzender Ludwig Rosenberg von 1963 bis 1969 war. Dazu kam eine junge Generation, die sich bereits in den späten 50er und frühen 60er Jahren um die Aufnahme von Beziehungen zu ihren israelischen Kolleginnen und Kollegen bemühte. Eine erste Delegation der DGB-Jugend Nordrhein-Westfalens besuchte Israel Anfang der 60er Jahre. 1974 wurde ein Partnerschaftsvertrag zwischen der Histadrut Tel Aviv-Yafo und dem Deutschen Gewerkschaftsbund, Landesverband NRW, geschlossen. Damit bekamen Beziehungen und Austausch einen institutionellen Rahmen, der bis heute gelebt wird! Vielfach waren auch persönliche Begegnungen und zivilgesellschaftliche Beziehungen zwischen Deutschen und Israelis durch die Erinnerung an die beispiellosen Verbrechen Deutschlands an den Juden belastet. Aber alte freundschaftliche und kollegiale Beziehungen sowie persönliches Vertrauen, das nicht zuletzt in gemeinsamen demokratischen Überzeugungen und Werten wurzelte, erleichterten auch den Umgang mit dem Menschheitsverbrechen des Holocaust. Heutzutage diskutieren Gedenkstätten und Erinnerungsorte aus Israel und NRW untereinander wie Sie heute über alle wichtigen Fragen der Erinnerungskultur und der Erinnerungspolitik. Sie kooperieren in Forschung und Bildungsarbeit. Damit werden weit über die Erinnerungskultur hinaus wichtige Beiträge für die zukünftige Entwicklung unserer Beziehungen geleistet. Gemeinsame demokratische Werte bilden eine entscheidende Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Nordrhein-Westfalen und Israel auch auf dem Gebiet der Erinnerung. Und es ist eine Stärke der Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Nordrhein- Westfalen, die alle aus dem lokalen Engagement von Bürgerinnen und Bürgern entstanden sind. Dieses Engagement musste sich vor Ort oft gegen erhebliche 4 / 8

Widerstände durchsetzen. Aber es ist Zeichen einer menschenrechtlichen Bürgerorientierung und findet seinen Ausdruck in einem aktiven Bürgerengagement gegen jede Art von Antisemitismus. Der Kampf gegen den Antisemitismus bleibt aktuell auf der Agenda. Und wir müssen alle stärken, die sich hier engagieren. Den engagierten Bürgerinnen und Bürgern war es ein Anliegen, dass das, was in ihrem Ort, in ihrer Heimatregion während der Nazi-Herrschaft geschehen ist, erforscht und dokumentiert wird und dass die Opfer nicht vergessen werden. Und ich glaube, es ist richtig, wenn an verschiedenen Orten aktiv das Gedenken und Erinnern gehalten wird. Aktuell sind 26 Gedenkstätten im Arbeitskreis NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte Nordrhein-Westfalen organisiert und werden von der Landeszentale für politische Bildung gefördert. Die Dezentralität der Gedenkstättenarbeit sichert Vielfalt und Vitalität der wesentlich vom politischen Willen vor Ort getragenen und unterstützten Gedenkstätten. Und aus der heutigen Tagesordnung habe ich entnommen, dass gerade auch die Erinnerungs- und Gedenkens Kultur den Blick in die Zukunft werfen muss. Vor den aktuellen populistischen politischen Strömungen ist diese Arbeit umso wichtiger. Denn gerade in dieser Arbeit müssen Fakten gegen Fake-News gestellt werden. Deshalb ist die Forschung unersetzbar. Deshalb ist die Bildungsarbeit und hier meine ich insbesondere auch die Demokratieerziehung gerade auch mit jungen Menschen und mit Zugewanderten häufig ja auch aus historisch antisemitisch geprägten Gesellschaften so enorm wichtig. Daher ist ihr Programm hoch ambitioniert und trotzdem elementar wichtig. Auschwitz, Buchenwald oder Dachau sind die symbolischen Orte, die weltweit für die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschland stehen. Ich erinnere mich persönlich an einen Besuch mit meinen damals 16- und 13-jährigen Töchtern in Auschwitz und Birkenau. Die Eindrücke dieses Tages machten sie abschließend restlos resistent gegen jeden Antisemitismus und Rassismus. Die Gedenkstätten in NRW sind kleinere 5 / 8

Erinnerungsorte, die aber gleichwohl als Bildungsort nachhaltig wirken. Vor kurzem erst hatte ich die Gelegenheit, in Münster die Ausstellung in der Villa ten Hompel - anlässlich einer Lesung der jüdischen Schriftstellerin Deborah Feldman - kennen zu lernen. Diese Gedenkstätte kann man nicht ohne Nachdenken verlassen. Das gilt ebenso für die anderen Orte in Nordrhein-Westfalen. Yad Vashem ist eine nationale Einrichtung Israels und weltweit eine der bekanntesten und bedeutendsten Gedenkstätten an die Shoa. Es macht mich stolz, dass die Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen zu ernsthaften Partnern von Yad Vashem und zu so traditionsreichen und vitalen Einrichtungen wie Givat Haviva und dem Ghetto Fighter Haus geworden sind. In Folge der Gemeinsamen Absichtserklärung zur weiteren Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen und Yad Vashem aus dem Jahr 2014 hat sich tatsächlich eine gleichberechtigte, intensive Kooperation in Fragen der Forschung und der Bildungsarbeit zwischen der International School for Holocaust Studies, Yad Vashem und den Gedenkstätten in Nordrhein- Westfalen entwickelt. Die Arbeiten an gemeinsamen Projekten bestätigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Forschung und der Bildungsarbeit gibt. Grundlage gedenkstättenspezifischer Bildungsarbeit ist es, zu wissen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort geschehen ist. So kann man klären, wer an NS-Verbrechen beteiligt war, welche Handlungs- und Entscheidungsspielräume bestanden haben und wie diese genutzt worden sind oder auch nicht. Auch unter extremen Bedingungen haben Menschen Entscheidungen getroffen und haben unterschiedlich gehandelt. Die Frage nach der Verantwortung jedes Einzelnen ist eine Kernfrage des historisch-politischen Lernens und jeder demokratischen Bildung. 6 / 8

Solche Grundfragen der Demokratie haben für viele demokratische Gesellschaften in den letzten Jahren wieder an Aktualität gewonnen. Auch in Deutschland hat sich wie in vielen westlichen Gesellschaften eine populistische Bewegung als neue Partei etabliert. Im Unterschied zu Neonazis und anderen Extremisten wollen die Protagonisten dieser Bewegungen und Parteien nach ihrer Programmatik und ihren Verlautbarungen die Demokratie nicht abschaffen. Allerdings sehen sie sich als Vertreter eines wirklichen Volkswillens, der mit ihnen umzusetzen sei. Ein solches Demokratieverständnis wirft sogleich die Frage nach den Rechten und dem Schutz von Minderheiten auf. Ebenso ist fraglich, ob durch eine solche Politik die unveräußerlichen Menschen- und Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben. Während moderne Demokratien auf den Menschen- und Bürgerrechten aufbauen, spricht Vieles dafür, dass hier ein grundsätzlich anderes Demokratieverständnis vertreten wird. Populistische Bewegungen und Parteien wollen sich offenkundig und erklärter Maßen mit Pluralität und Vielfalt nicht abfinden. Stattdessen mobilisieren sie Ängste gegen die moderne Gesellschaft. Als Demokraten müssen wir solche Ängste ernst nehmen. Bei allen Unterschieden in Entstehung und Gegenwart: Israel und Deutschland sind besonders exponierte Beispiele für vielfältige und pluralistische moderne Gesellschaften. In unseren beiden Staaten leben Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Glaubens, mit unterschiedlichen formalen Bildungsabschlüssen und auch in sehr verschiedenen ökonomischen Situationen neben- und miteinander. Deshalb ist das Thema dieser Tagung, der Austausch über historisch-politisches Lernen in multiethnischen Lerngruppen so aktuell und wichtig! Für die notwendige Auseinandersetzung mit solchen Grundfragen der Demokratie ist die Auseinandersetzung mit der NS-Herrschaft und dem Holocaust nicht unbedingt zwingend aber die Auseinandersetzung damit kann durchaus dazu beitragen, für solche Fragen zu sensibilisieren. Ich wünsche der Arbeitstagung einen guten Verlauf und viel Erfolg. Ich bin mir sicher, dass die Ergebnisse über den Bereich der Erinnerung und der 7 / 8

Erinnerungspolitik hinaus von Bedeutung sein werden! Und ich versichere Ihnen, dass ich persönlich sehr an den Ergebnissen Ihrer Tagung interessiert bin. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 8 / 8