3. Koordinatensysteme, Zeit und Kalender

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3.1 Erdumlaufbahn steininger@astro.univie.ac.at Folie 1

Ellipsen: a, b sind die großen, bzw. kleinen Halbachsen Exzentrizität e = f/a A = Aphel P = Perihel Folie 2

Exzentrizität der Erdumlaufbahn = 0,0167 (Im Dezember ist die Sonne näher) Sternzeit: 365 Sonnentage = 366 Sterntage (genau 1 Tag Unterschied). 24 h mittlerer Sonnenzeit = 24h 03m 56.555s Sternzeit oder 24h Sternzeit = 23h 56m 04.0912 mittlere Sonnenzeit. Folie 3

Tierkreiszeichen: exakt 30 lange Stücke der Ekliptik, die nach den ursprünglichen Sternbildern benannt sind. Tierkreissternbilder: die tatsächlichen Sternbilder, durch die unsere Sonne wandert (heutzutage 13 Sternbilder im Jahr)! Folie 4

3.2 Ekliptik und Äquator: Tag und Nacht gleiche 23.9. Ekliptik Schiefe der Ekliptik ist 23 27 Wintersonnen wende Sommersonnenwende Himmelsäquator Tag und Nacht gleiche 21.3. Folie 5

Jahreszeiten Frühling auf der Nordhalbkugel Herbst auf der Südhalbkugel Winter auf der Nordhalbkugel Sommer auf der Südhalbkugel Sommer auf der Nordhalbkugel Winter auf der Südhalbkugel Herbst auf der Nordhalbkugel Frühling auf der Südhalbkugel Folie 6

3.3 Koordinatensysteme Horizont des Beobachtungsortes Folie 7

Rechenbeispiele: * Ein Stern, der am 21. 3. (Frühlingsonnenwende) mittags im Meridian steht, hat welchen RA Wert? * Welche Sternzeit ist am 21. 6. um lokale Mitternacht? * Welche Sternzeit ist am 23. 9. um lokale Mitternacht? * Welche Sternzeit ist am 21.12. um lokale Mitternacht? * Ein Stern steht 30 Grad westlich vom Meridian. Wie groß ist der Stundenwinkel, HA? (Stundenwinkel=HA=Sternzeit-RA) * Wenn das bei Sternzeit 0 Uhr geschieht, was ist die RA des Sternes? Folie 8

Weiteres Beispiel: Regulus hat RA = 10h 07m, δ = 12 03'. Wenn Regulus im Meridian steht, ist die Sternzeit 10h 07m. An welchem Datum wäre das um Mitternacht? Folie 9

Zeitliche Änderung der Koordinatensysteme: Die Ekliptik- und Äquatorebene verlagern sich langsam mit der Zeit, wobei auch der Frühlingspunkt langsam wandert. Die Änderungen lassen sich verstehen, wenn man z. B. die Erde als einen Kreisel auffasst, auf den äußere Kräfte wirken. Folie 10

(a) Lunisolare Präzession Die Erde ist durch Zentrifugalkräfte abgeplattet (43 km) UND Äquator ist 23 27 zur Ekliptik geneigt. Sonne und Mond versuchen, Äquatorwulst in die Ekliptik zu kippen. Erdachse führt eine Präzession aus, P = 25 700 Jahre. Der Frühlingspunkt wandert 360 /25700 = 50,37 per Jahr. (Annahme: Sonne und Mond liegen in der gleichen Ebene.) Folie 11

Beispiel: Sonne, Mond: Erde als Kreisel Die Anziehungskräfte von Mond und Sonne (blaue Pfeile) versuchen, den Äquatorwulst in die Ekliptik zu kippen. Die Gravitationskraft (blauer Pfeil) versucht, den Kreisel zu kippen. Folie 12

Beispiel: Wanderung des Nordpols auf der Himmelskugel In 12000 Jahren ist Wega der Polarstern. Folie 13

(b) Nutation ist der Präzession aufgelagert. Die Mondachse ist 5,1 zur Ekliptik geneigt. Der Einfluss des Mondes ist größer bei einem großen Winkel, d. h. wenn der Winkel 23,5 + 5,1 = 28,6 ist. Knotenlinie läuft in 18,61 Jahren einmal um die Mondbahn -----> Die Lage des wahren Frühlingspunktes schwankt um einen mittleren Frühlingspunkt -----> Nutationsperiode von 18,61 Jahren. Zusätzlicher Kegel mit Öffnungswinkel von ~8,6. Folie 14

(c) Planetenpräzession Planeten - Sonne - Erde haben nicht die gleiche Ebene. Schiefe der Ekliptik: zwischen 21,9 und 24,3 Sie nimmt gerade um 0,47 /Jahr ab. Periode ~ 40 000 Jahre. Frühlingspunkt wandert 0,125 pro Jahr den Äquator entlang. Folie 15

Zur Planetenpräzession Folie 16

Sonne Entfernungsbestimmung der nahen Sterne: Die Parallaxe Erdbahn Eine Parallaxe von 1 entspricht einem Abstand von 1 pc. 1 Parsec (pc) = 206265 AE = (360 * 60 * 60 / (2 Pi)) AE 1 Parsek 1 AE = 149 597 870 km 1 Bogensekunde = 1 Größte Parallaxe hat Proxima Centauri, p = 0,762 Entfernung: d = 1/p = 1,3 pc Folie 17

Folie 18

3.4 Zeit und Kalender: Siderische und synodische Monate Folie 19

Siderischer Monat = 27,32166d Synodischer Monat = 29,53059d Drakonitischer Monat = 27,21222d, wichtig für Finsternisbestimmungen. Dieser Monat ist relativ zur Knotenlinie und kürzer, da sich die Knotenlinie mit der 18,6a Periode (Nutation) der Mondbewegung entgegendreht. Folie 20

Wahrer Sonnentag: Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Kulminationen der wahren Sonne. Mittlerer Sonnentag: Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Kulminationen der mittleren Sonne. Mittlere Sonne ist fiktiv und bewegt sich mit gleichmäßiger Geschwindigkeit den Himmelsäquator entlang. Unterschied: 1. Erdbahn is elliptisch. Die Erde bewegt sich im Perihel (Anfang Jänner) schneller als im Aphel (Anfang Juli). 2. Wahre Sonne wandert entlang der Ekliptik, nicht Äquator. Projizierte tägliche Abschnitte am Äquator sind nicht gleich lang. Folie 21

Zeitgleichung = Wahre Sonnenzeit - Mittlere Sonnenzeit Auswirkung der Neigung der Erdachse Folie 22

Grün: Auswirkung der Neigung der Erdachse Orange: Einfluss der Erdbahnexzentrizität Zeitgleichung: Summe der beiden Effekte Folie 23

+16,4 m Anfang November Mitte Mai +3,8 m -14,4 m Mitte Februar -6,4 m Ende Juli Folie 24

Dynamische Zeit: 1 astronomische Sekunde (=1/86 400 Tag) ist nicht konstant: (a) Durch Gezeitenreibung verliert Erde an Rotationsenergie. Tageslänge nimmt in 100 000 a um 1,6 s zu. (b) Durch Verlagerung von Massen verlangsamt sich die Erddrehung im Frühsommer um 0,02 s; im Herbst nimmt sie zu. (c) Weitere kurzfristige Schwankungen der Erddrehung. Physikalische Definition der Sekunde: 1s = 9 192 631 770 Hz 2 S 1/2 Cs 133 (Internationale Atomzeit) Folie 25

Tropisches Jahr: Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der mittleren Sonne durch den mittleren Frühlingspunkt. Siderisches Jahr:. Fixstern (ohne Eigenbewegung) Anomalistisches Jahr:... Durchgänge der Erde durch das Perihel. Julianisches Jahr: 365,2500 mittlere Sonnentage. Also 11m 15s länger als ein Tropisches Jahr. Gregorianisches Jahr: Papst Gregor XIII (1582) Kalenderreform (a) Alle 4 Jahre 366d (b) Alle restlos durch 100 teilbaren Jahre haben 365d (c) Alle restlos durch 400 teilbaren Jahre haben 366d. Folie 26

Julianisches Datum Fortlaufende Zeitzählung mit Einheit Mittlerer Sonnentag. Eingeführt durch Joseph Justus Scaliger im Jahre 1582. Nullpunkt in der 1.1.4713 vor Christus um 12 UT. Aus historischen Gründen erfolgt der Tageswechsel um 12h UT (=13h MEZ) Beispiel: 1.1.2000 um 12 UT entspricht JD 2451545.0 Folie 27