ISSAI 4100. Leitlinien Ordnungsmäßigkeitsprüfung. für Prüfungen, die außerhalb von Abschlussprüfungen durchgeführt werden I N T O S A I



Ähnliche Dokumente
Formulierung des Bestätigungsvermerks gemäß 274 UGB des Abschluss/Bankprüfers zum Rechenschaftsbericht

ÜBER DIE ANWENDUNG DER GRUNDSÄTZE DER SUBSIDIARITÄT UND DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

Personal-Vorsorgestiftung der Aluminium-Laufen AG Liesberg Liesberg. Bericht der Revisionsstelle an den Stiftungsrat zur Jahresrechnung 2014

Häufig wiederkehrende Fragen zur mündlichen Ergänzungsprüfung im Einzelnen:

Jahresrechnung zum 31. Dezember 2014

Sicherheitsbewertungsbericht

Carl Schenck Aktiengesellschaft Darmstadt. Testatsexemplar Jahresabschluss 31. Dezember Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

RECHT AKTUELL. GKS-Rechtsanwalt Florian Hupperts informiert über aktuelle Probleme aus dem Beamten- und Disziplinarrecht

Angenommen am 14. April 2005

Ziel- und Qualitätsorientierung. Fortbildung für die Begutachtung in Verbindung mit dem Gesamtplanverfahren nach 58 SGB XII

Prüfungsbericht. IDEAL Lebensversicherung a.g. Berlin

D.3.3. Betriebsleitfaden zur Zuweisung/Vergabe von ECVET Krediten. EUCoopC. PROJEKT Nr.: LLP IT-LEONARDO-LMP

Grundsätze zur Ausgestaltung von Qualitätsmanagementsystemen. im gesundheitlichen Verbraucherschutz formuliert.

Zwischen Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz abgestimmte deutsche Übersetzung

Änderung des IFRS 2 Anteilsbasierte Vergütung

Dok.-Nr.: Seite 1 von 6

Bericht über die gesetzliche Prüfung der. Bauverein Schweinfurt eg

Die vorliegende Arbeitshilfe befasst sich mit den Anforderungen an qualitätsrelevante

Erläuterungen zur Untervergabe von Instandhaltungsfunktionen

Verfahrensordnung für die Durchführung der Compliance-Zertifizierung der ICG

Amtsblatt für die Stadt Büren

Managementbewertung Managementbewertung

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

(beschlossen in der Sitzung des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision am 1. Dezember 2010 als Fachgutachten KFS/VU 2) Inhaltsverzeichnis

Pensionskasse des Bundes Caisse fédérale de pensions Holzikofenweg 36 Cassa pensioni della Confederazione

Öffentlichen Versicherung Bremen, Bremen Landschaftlichen Brandkasse Hannover, Hannover Provinzial Lebensversicherung Hannover, Hannover

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) Nr.../.. DER KOMMISSION. vom

Mitteilung der Kommission. Muster für eine Erklärung über die zur Einstufung als KMU erforderlichen Angaben (2003/C 118/03)

HAFTUNG AUS FEHLERHAFTEN GUTACHTEN

Pensionskasse der Burkhalter Gruppe Zürich. Bericht der Revisionsstelle an den Stiftungsrat zur Jahresrechnung 2013

INTERREG Central Europe 6. Informations- und Schulungsseminar zur 'First Level Control' 17. und 18. September 2014 in Dresden EU-FINANZKONTROLLE

Wirtschaftsstrafrecht Besonderer Teil Juniorprofessor Dr. Isfen

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

Lösung Fall 8 Anspruch des L auf Lieferung von Panini á 2,-

4. Qualitätssicherungskonferenz des Gemeinsamen Bundesausschusses am 27. September 2012 in Berlin

ÜBER DIE ROLLE DER NATIONALEN PARLAMENTE IN DER EUROPÄISCHEN UNION

Risikomanagement Gesetzlicher Rahmen SAQ Sektion Zürich: Risikomanagement ein Erfolgsfaktor. Risikomanagement

Wissenswertes über die Bewertung. Arbeitshilfe

Abweichungen. Anforderungen / Zitate aus den Rechtsvorschriften

10 Bundesverkehrsministerium verstößt gegen haushaltsrechtliche Vorschriften und unterrichtet den Haushaltsausschuss unzutreffend

Studie über Umfassendes Qualitätsmanagement ( TQM ) und Verbindung zum EFQM Excellence Modell

Maintenance & Re-Zertifizierung

EMPFEHLUNG DER KOMMISSION. vom

IT-Governance und Social, Mobile und Cloud Computing: Ein Management Framework... Bachelorarbeit

Prüfungsbericht über die Prüfung des Jahresabschlusses 2013

Übungsbeispiele für die mündliche Prüfung

Quality Assurance Review der IT-Revision (QAR-IT) -Ein Leitfaden -

Fachnachmittag Sexuelle Grenzüberschreitung Impulse zum professionellen Umgang in der Kita Bürgerhaus Zähringen 16. Mai 2013

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

DAS NEUE GESETZ ÜBER FACTORING ( Amtsblatt der RS, Nr.62/2013)

Questico Seminare. Voraussetzungen und Qualitätsrichtlinien für das Anbieten von Seminaren. Stand:

Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten. Wenn ein Pflichtteilsanspruch besteht, muss dieser auch durchgesetzt werden können.

Was taugt der Wertpapierprospekt für die Anlegerinformation?

StarDSL AG, Hamburg. Jahresabschlusses zum 31. Dezember und

GDV-Verhaltenskodex für den Vertrieb von Versicherungsprodukten: Durchführung der Prüfung WP StB Dr. Klaus-Peter Feld

SOZIALVORSCHRIFTEN IM STRAßENVERKEHR Verordnung (EG) Nr. 561/2006, Richtlinie 2006/22/EG, Verordnung (EU) Nr. 165/2014

Änderung der ISO/IEC Anpassung an ISO 9001: 2000

Beispielfragen L4(3) Systemauditor nach AS/EN9100 (1st,2nd party)

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

DE 1 DE EUROPÄISCHER VERHALTENSKODEX FÜR MEDIATOREN

Reformbedarf im UWG: Zur Umsetzung der UGP-Richtlinie. 10 Jahre UGP-Richtlinie: Erfahrungen und Perspektiven

D i e n s t e D r i t t e r a u f We b s i t e s

Vorschlag für eine DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG DES RATES

Internet- und -Überwachung in Unternehmen und Organisationen

U R T E I L S A U S Z U G

Dienstleistungen Externer Datenschutz. Beschreibung der Leistungen, die von strauss esolutions erbracht werden

Offenlegung von Abschlussunterlagen. I. Größenklassen und Offenlegungspflichten

Wann ist eine Software in Medizinprodukte- Aufbereitungsabteilungen ein Medizinprodukt?

Management von Beschwerden und Einsprüchen

Konzernrichtlinie der TÜV AUSTRIA HOLDING AG. zum Thema. Beschwerdeverfahren

Wie funktioniert ein Mieterhöhungsverlangen?

Aktion oder Reaktion Qualität versus Sicherheit? Qualität ein PatientInnenrecht?

10 IDG (Gesetz über die Information und den Datenschutz, LS 170.4) 24 IDV (Verordnung über die Information und den Datenschutz, LS 170.

B&B Verlag für Sozialwirtschaft GmbH. Inhaltsübersicht

Mitarbeiterbefragung als PE- und OE-Instrument

30 Abs. 1 SGB XII - Mehrbedarf Alter und EU. 30 Mehrbedarf. (1) Für Personen, die

VfW-Sachverständigenordnung

Sicherheitstechnische Prüfungen bei Getränkeschankanlagen

Arbeitspapieren des Abschlussprüfers

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

WBH Wirtschaftsberatung GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Hannover K U R Z T E S T A T

Wenn Sie jünger als 18 sind, benötigen Sie vor dem Zugriff auf die Dienste die Zustimmung Ihrer Eltern.

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

27001 im Kundendialog. ISO Wertschätzungsmanagement. Wie Wertschätzung profitabel macht und den Kunden glücklich

Die 7 wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Einführung von Zielvereinbarungen und deren Ergebnissicherung

Muster für den Antrag auf Durchführung eines Gütestellenverfahrens

Bachelor of Laws Lösungshinweise zur Klausur Kurs SS

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

Die Umsetzung der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken in Deutschland. Dr. Birte Timm-Wagner, LL.M. Bundesministerium der Justiz

PUBLIC LIMITE DE RAT DER EUROPÄISCHEN UNION. Brüssel, den 4. Mai 2007 (25.05) (OR. en) 8935/1/07 REV 1. Interinstitutionelles Dossier: 2005/0261(COD)

Berufsqualifikationen und Ethik der Steuerberater in Europa

RSP International. Ihr Partner in Osteuropa und Zentralasien

Reisekosten-Reform (Teil 1)

Erläuternder Bericht des Vorstands der Demag Cranes AG. zu den Angaben nach 289 Abs. 5 und 315 Abs. 2 Nr. 5 des Handelsgesetzbuches (HGB)

Kursdemo zum Kurs Vertragsgestaltung und Vertragsmanagement. Prof. Dr. Inge Scherer

Verantwortung der gesetzlichen Vertreter

SEO Erfolg mit themenrelevanten Links

Leitlinien. über die bei Sanierungsplänen zugrunde zu legende Bandbreite an Szenarien EBA/GL/2014/ Juli 2014

Transkript:

ISSAI 4100 Die Internationalen Normen für Oberste Rechnungskontrollbehörden (International Standards for Supreme Audit Institutions) ISSAI werden herausgegeben von der Internationalen Organisation der Obersten Rechnungskontrollbehörden (INTOSAI). Nähere Informationen unter www.issai.org I N T O S A I Leitlinien Ordnungsmäßigkeitsprüfung für Prüfungen, die außerhalb von Abschlussprüfungen durchgeführt werden

INTOSAI Professional Standards Committee PSC-Secretariat Rigsrevisionen Landgreven 4 P.O. Box 9009 1022 Copenhagen K Denmark Tel.:+45 3392 8400 Fax:+45 3311 0415 E-mail: info@rigsrevisionen.dk I N T O S A I EXPERIENTIA MUTUA EXPERIENTIA MUTUA OMNIBUS PRODEST OMNIBUS PRODEST INTOSAI General Secretariat - RECHNUNGSHOF (Austrian Court of Audit) DAMPFSCHIFFSTRASSE 2 A-1033 VIENNA AUSTRIA Tel.: ++43 (1) 711 71 Fax: ++43 (1) 718 09 69 E-MAIL: intosai@rechnungshof.gv.at; WORLD WIDE WEB: http://www.intosai.org 2

Vorwort Die Leitlinien für die Ordnungsmäßigkeitsprüfung sind wie folgt gegliedert: ISSAI 4000: Allgemeine Einführung in die Leitlinien zur Ordnungsmäßigkeitsprüfung ISSAI 4100: Leitlinien für Ordnungsmäßigkeitsprüfungen, die außerhalb der Abschlussprüfung durchgeführt werden. Diese Ordnungsmäßigkeitsprüfungen können als Teil einer Wirtschaftlichkeitsprüfung oder als gesonderte Prüfung durchgeführt werden. ISSAI 4200: Ordnungsmäßigkeitsprüfungen im Rahmen von Abschlussprüfungen 3

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 6 2 Geltungsbereich der Leitlinien 9 2.1 Umfang und Inhalt einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung 9 2.2 Hinreichende vs. eingeschränkte Prüfungssicherheit 10 2.3 Aussagebezogene Berichterstattung vs. direkte Berichterstattung 11 3 Zielvorgaben 13 4 Definitionen 14 5 Vorüberlegungen 16 5.1 Ethische Erwägungen 16 5.2 Qualitätskontrolle 16 6 Planung und Konzeption einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung 17 6.1 Feststellung der an der Prüfung Beteiligten/der Rechtsgrundlage 17 6.2 Prüfungsgegenstand: Festlegung und Einblick 17 6.3 Prüfungskriterien 18 6.4 Einblick in Tätigkeit und Umfeld der geprüften Stelle 21 6.5 Prüfungsstrategie und -plan 21 6.6 Einblick in die internen Kontrollmechanismen der geprüften Stelle 22 6.7 Wesentlichkeit 23 6.8 Risikoabschätzung 25 6.8.1 Überlegungen zur Risikoabschätzung im Betrugsfall 25 6.8.2 Überlegungen zur Risikoabschätzung bei Beziehungen zwischen öffentlichen Stellen 26 6.9 Prüfungsplanung 27 7 Durchführung von Ordnungsmäßigkeitsprüfungen und Erhebung von Prüfungsnachweisen 28 7.1 Erhebung und Bewertung von Prüfungsnachweisen 28 7.1.1 Beobachtung 30 7.1.2 Einsichtnahme bzw. Inaugenscheinnahme 30 7.1.3 Befragung 30 7.1.4 Bestätigungen Dritter 31 7.1.5 Nachvollzug 31 7.1.6 Analytische Verfahren 32 7.2 Dokumentation 32 7.3 Kommunikation 33 7.4 Berichterstattung bei Verdacht auf rechtswidrige Handlungen 34 8 Bewertung von Prüfungsnachweisen und Erarbeitung der Schlussfolgerungen 36 4

8.1 Allgemeine Überlegungen zur Bewertung von Prüfungsnachweisen und Erarbeitung der Schlussfolgerungen 36 8.2 Schriftliche Sachverhaltsdarstellungen zuständiger Auskunftspersonen 37 8.3 Weiterverfolgung 37 9 Berichterstattung 39 9.1 Form und Inhalt der Ordnungsmäßigkeitsberichte 39 9.1.1 Ordnungsmäßigkeitsberichte 40 9.1.2 Sonderberichte über Ordnungsmäßigkeitsprüfungen (Langfassungen) 43 9.2 Nachverfolgung 46 10 Zusätzliche Hinweise für Rechnungshöfe mit rechtsprechender Funktion 48 10.1 Prüfungen eines Rechnungshofs mit rechtsprechender Funktion 48 10.2 Kommunikation und Rechtsdurchsetzung 49 10.3 Verfahren bei verschiedenen Rechtsprechungsmodellen 49 Anhang 1 Beispiele für Prüfungsgegenstände, Informationen über Prüfungsgegenstände und Prüfungskriterien 51 Anhang 2 Beispiele für Quellen, die den Einblick in die geprüfte Stelle und die Festlegung geeigneter Kriterien erleichtern 56 Anhang 3 Faktoren für die Risikobewertung bei Ordnungsmäßigkeitsprüfungen Beispiele 58 Anhang 4 Risikofaktoren am Beispiel eines bestimmten Prüfungsgegenstandes 61 Anhang 5 Beispiele für Prüfungshandlungen bei der Ordnungsmäßigkeitsprüfung ausgewählter Gegenstände 62 Anhang 6 Beispiele für Ordnungsverstöße 64 Anhang 7 Kurzfassung eines Ordnungsmäßigkeitsberichts 66 Anhang 8 Eingeschränktes Prüfungsurteil 68 Anhang 9 Negatives Prüfungsurteil 69 Anhang 10 Nichterteilungsvermerk 70 Anhang 11 Ergänzende Hinweise und sonstige Ergänzungen 71 Anhang 12 Bericht über eine mit eingeschränkter Prüfungssicherheit erfolgte prüferische Durchsicht 72 5

1 Einleitung 1. Die INTOSAI-Deklaration von Lima sagt bei der Beschreibung des Zwecks der staatlichen Finanzkontrolle Folgendes über den Begriff der Ordnungsmäßigkeitsprüfung aus: Die Institution der Kontrolle ist der öffentlichen Finanzwirtschaft als einer treuhändigen Wirtschaft immanent. Kontrolle ist nicht Selbstzweck, sondern unerlässlicher Bestandteil eines Regelsystems, der Abweichungen von der Norm und Verletzungen der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der Gebarung so rechtzeitig aufzeigen soll, dass korrigierende Eingriffe im einzelnen Fall erfolgen, die verantwortlichen Organe haftend gemacht, Schadenersatz erlangt oder Maßnahmen ergriffen werden können, die eine Wiederholung derartiger Verstöße in Zukunft verhindern oder zumindest erschweren. 2. Bei der Ordnungsmäßigkeitsprüfung wird untersucht, inwieweit die geprüfte Stelle geltende gesetzliche und sonstige Vorschriften, politische Vorgaben, anerkannte Grundsätze oder vereinbarte Vertrags- bzw. Förderbedingungen befolgt. Der Begriff wird in den wesentlichen Prüfungsgrundsätzen der INTOSAI (ISSAI 100.38 und 39) eingeführt. ISSAI 4000 (Leitlinien Ordnungsmäßigkeitsprüfung Allgemeine Einführung) enthält eine weitere Erläuterung. 3. Im Bereich der öffentlichen Hand sind die Grundsätze der Transparenz, Rechenschaftslegung, Treuhandschaft und Good Governance von wesentlicher Bedeutung. In Gesetzen und Verwaltungsvorschriften ist dargelegt, welche Aufgaben öffentliche Stellen wahrzunehmen haben, in welchen Grenzen bzw. mit welchen Einschränkungen diese Aufgabenwahrnehmung zu erfolgen hat, welche übergeordneten Ziele zu erreichen sind und wie die Ansprüche einzelner Bürger auf rechtliches Gehör geschützt sind. Außerdem werden die öffentlichen Mittel durch staatliche Stellen treuhänderisch verwaltet. Diese Stellen sind zur Transparenz hinsichtlich ihres Handelns verpflichtet, sie haben den Bürgern für die ihnen anvertrauten Mittel Rechenschaft abzulegen und diese Mittel sorgfältig zu verwalten. 4. Darüber zu wachen, dass die Verwaltung die rechtlichen Vorgaben beachtet und der Anspruch der Bürger auf rechtliches Gehör gewahrt wird, sind bedeutende Kontrollaufgaben der öffentlichen Hand. Die staatliche Finanzkontrolle im Allgemeinen und die Ordnungsmäßigkeitsprüfung im Besonderen tragen dazu bei, dass die oben genannten wesentlichen Grundsätze eingehalten und angewandt werden. Dabei wird auch geprüft, ob Informationen zu einem bestimmten Gegenstand in allen wesentlichen Belangen mit den einschlägigen Rechtsgrundlagen wie Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Vertragsbedingungen etc. im Einklang stehen. Über das Ergebnis dieser Prüfung wird der geprüften Stelle und dem Parlament berichtet. In der Regel wird das Ergebnis außerdem der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dadurch sollen Verantwortung und Transparenz in der Verwaltung gefördert werden. 5. In den vorliegenden Leitlinien werden Aspekte der Ordnungsmäßigkeitsprüfung behandelt, für die in vielen Ländern unterschiedliche Mandate und Zielvorgaben maßgeblich sind. In einem demokratischen Staat ist die Rechenschaftspflicht 6

gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere ihren gewählten Vertretern ein vorrangiger Aspekt für das Verwaltungshandeln und ein wesentlicher Bestandteil der Good Governance. Öffentliche Stellen werden in der Regel durch Gesetz eingerichtet, die Aufgabenwahrnehmung erfolgt unter Berücksichtigung der rechtlichen Grundlagen. Die Leitung der öffentlichen Stellen ist jeweils dafür verantwortlich, dass deren Tätigkeit mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, Verwaltungsvorschriften und sonstigen Regelungen im Einklang steht. Da der Gesetzgeber die Erhebung von Einnahmen und die Leistung von Ausgaben in erster Linie durch Gesetze und sonstige Vorschriften regelt, ist die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit ein bedeutender Aspekt der Prüfungstätigkeit. Aufgrund der Vielzahl der Normen, mit denen Befugnisse erteilt werden, kann es zu Widersprüchen zwischen einzelnen Vorschriften oder zu unterschiedlichen Auslegungen kommen. Nachrangige Vorschriften stehen zum Teil auch nicht völlig mit den Vorgaben oder Beschränkungen der Gesetze im Einklang. Deshalb erfordert eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung im Sinne der Einhaltung der einschlägigen Normen erhebliches fachliches Urteilsvermögen und ist von besonderer Tragweite. 6. In den vorliegenden Leitlinien (ISSAI 4100; Leitlinien für Ordnungsmäßigkeitsprüfungen, die außerhalb der Abschlussprüfung durchgeführt werden) wird die Ordnungsmäßigkeitsprüfung als eigenständige Prüfungsart bzw. als Teil einer Wirtschaftlichkeitsprüfung behandelt. Fälle, in denen eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung im Rahmen einer Abschlussprüfung erfolgt, werden nicht behandelt. Sie bauen auf den wesentlichen Prüfungsgrundsätzen der INTOSAI auf (im vorliegenden Dokument als ISSAI 100-400 bzw. früher als INTOSAI- Prüfungsnormen bezeichnet) und sollen die externe Finanzkontrolle bei der Anwendung dieser Grundsätze unterstützen. 7

7. Der übliche Ablauf von Ordnungsmäßigkeitsprüfungen ist in der nachstehenden Abbildung dargestellt und in den folgenden Abschnitten beschrieben. Ablauf einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung Vorüberlegungen (Kapitel 3,4,5) Festlegung des Prüfungsziels und -umfangs Berücksichtigung ethischer Grundsätze (z. B. Unabhängigkeit und Objektivität) Gewährleistung der Qualitätskontrolle DOKUMENTATION, KOMMUNIKATION, QUALITÄTSKONTROLLE Prüfungsplanung (Kapitel 6) Prüfungsdurchführung und Erhebungen (Kapitel 7) Bewertung der Sachverhaltsnachweise und Erarbeitung von Schlussfolgerungen (Kapitel 8) Bestimmung der Beteiligten/der Rechtsgrundlage Feststellung des Prüfungsgegenstands und der Prüfungskriterien Einblick in die geprüfte Stelle und ihr Umfeld Ausarbeitung der Prüfungsstrategie und des Prüfungsplans Einblick in die interne Kontrolle Bestimmung der Wesentlichkeit für Planungszwecke Risikobewertung Planung des Prüfungsablaufs zur Gewährleistung angemessener Prüfungssicherheit Erhebung der Sachverhalte Ständige Aktualisierung der Planung und der Risikobewertung Laufende Dokumentation, Kommunikation und Qualitätskontrolle Behandlung von Ordnungsverstößen, die Hinweise auf rechtswidrige Handlungen geben Bewertung, ob ausreichende und geeignete Sachverhaltsfeststellungen getroffen wurden Erwägung der Wesentlichkeit für Zwecke der Berichterstattung Formulierung von Schlussfolgerungen Ggf. Einholung schriftlicher Stellungnahmen Ggf. Befassung mit nachfolgenden Vorgängen Berichterstattung (Kapitel 9) Erstellung des Berichts Ggf. Einarbeitung der Empfehlungen und Stellungnahmen der geprüften Stelle Ggf. Nachverfolgung früherer Berichte 8

2 Geltungsbereich der Leitlinien 2.1 Umfang und Inhalt einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung 8. Im Allgemeinen bestimmt der Prüfungsauftrag der ORKB, ob Ordnungsmäßigkeitsprüfungen durchgeführt werden. Die ORKB ist in der Regel selbst für die Bestimmung des Umfangs und der Art der Prüfung sowie des geeigneten Prüfungsansatzes zuständig. In einigen Fällen kann sie seitens des Parlaments um die Durchführung bestimmter Arten von Prüfungen ersucht werden. Diesem Ersuchen kann stattgegeben werden, soweit die Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird (ISSAI 200, 2.2.16). Jedoch sollte die Wahl des geeigneten Prüfungsansatzes und der anzuwendenden Methodik bei der OKRB liegen. 9. Bei Ordnungsmäßigkeitsprüfungen gibt es eine Fülle möglicher Prüfungsgegenstände, die sich je nach Verfahren stark unterscheiden können. Ein Prüfungsgegenstand kann sehr allgemeiner Natur, aber auch sehr konkret sein. Hinweise zu entsprechenden Prüfungsgegenständen finden sich nachstehend in Abschnitt 6.2. 10. Gemäß den wesentlichen Prüfungsgrundsätzen ist die Ordnungsmäßigkeitsprüfung von Bedeutung, weil staatliche Stellen, Programme und Maßnahmen oft durch bestimmte Gesetze oder Verwaltungsvorschriften geschaffen werden. Für Entscheidungsträger ist es wichtig, ob die einschlägigen gesetzlichen und Verwaltungsvorschriften eingehalten werden, ob die erwünschten Ergebnisse erzielt werden und falls nicht welche Änderungen notwendig sind (ISSAI 300, 3.4.2). Die Gesetze, Verwaltungsvorschriften und sonstigen Vorgaben können für die konkreten Prüfungsziele dann von Bedeutung sein, wenn zu entscheiden ist, ob die Ordnungsmäßigkeitsprüfung gesondert, im Rahmen einer Wirtschaftlichkeits- oder einer Abschlussprüfung durchgeführt werden soll. Die Prüfer planen deshalb Art und Umfang so, dass den zuständigen Stellen konstruktiv Bericht erstattet werden kann. 11. In einigen Fällen sind Gegenstand und Umfang einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung durch den Prüfungsauftrag vorgegeben. In anderen Fällen können die Prüfer diese nach fachlichem Ermessen auswählen. Faktoren, welche die Bestimmung des Prüfungsgegenstandes und -umfangs beeinflussen können, sind u. a. folgende: a) Vorgaben des Prüfungsauftrags bzw. der einschlägigen Gesetze und Verwaltungsvorschriften, wie z. B. Haushalts- oder Vergabegesetze; b) frühere Ordnungsverstöße der geprüften Stelle, z. B. solche, die bei bisherigen Prüfungen festgestellt wurden; c) Feststellungen und Empfehlungen aus Prüfungen, die nicht von der ORKB durchgeführt wurden; d) Risikoabschätzungen, die im Rahmen von Abschluss- oder Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchgeführt wurden und auf konkrete Bereiche hinweisen, in denen das Risiko von Ordnungsverstößen besteht (z. B. in ressortübergreifenden Bereichen wie Vergabe oder bei großen Programmen 9

einzelner Ressorts, wie z. B. Steuererhebung, Verteidigung, Soziales); e) öffentliches Interesse oder Erwartungen der Öffentlichkeit (z. B. Betrugsverdacht, Missmanagement oder von den Medien aufgedeckte Ordnungsverstöße); f) bestimmte Bereiche, auf die der Gesetzgeber besonderes Augenmerk legt (z. B. Umweltfragen und die Einhaltung internationaler Abkommen zum Umweltschutz); g) Prüfungsersuchen von Parlamenten, finanzierenden Stellen oder Geberorganisationen (z. B. Einhaltung von Förderbedingungen); h) bedeutende Finanzhilfen für die geprüfte Stelle von Geberorganisationen und Fortsetzung der Förderung in Abhängigkeit von der Einhaltung von Vertragsbestimmungen oder sonstigen Vereinbarungen. 12. In Fällen, in denen sich Umfang und Inhalt der Ordnungsmäßigkeitsprüfung nicht unmittelbar aus dem Prüfungsauftrag oder einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ergeben, sondern auf dem fachlichen Ermessen des Prüfers beruhen, ist es ratsam, die geprüfte Stelle schriftlich darüber zu informieren. Dies hilft ggf. bei der Klärung der Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Beteiligten, insbesondere im Hinblick auf Prüfungsumfang, bestehende Einschränkungen, die bereitzustellenden Informationen, Art und Adressaten der Berichterstattung sowie Prüfungszeitplan usw. 13. Im vorliegenden Dokument bezieht sich die Bezeichnung Ordnungsmäßigkeitsprüfung auf die externe Finanzkontrolle bzw. die Prüfungstätigkeit der ORKB. 14. Weitere Hinweise zur Unterrichtung der geprüften Stelle über Umfang und Art der Prüfung finden sich in: ISSAI 1210 und 1300; INTOSAI - Grundsätze für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen Abschnitt 2.3: Die zuständigen Stellen sind angemessen zu unterrichten; IFAC Internationaler Standard für Prüfungsaufträge ISAE 3000. 2.2 Hinreichende vs. eingeschränkte Prüfungssicherheit 15. Gemäß den wesentlichen Prüfungsgrundsätzen für die Ordnungsmäßigkeit ist bei der Prüfungskonzeption hinreichende Sicherheit darüber zu erlangen, dass Fehler, Unregelmäßigkeiten und rechtswidrige Handlungen, die einen bedeutenden Einfluss auf die Prüfungsziele haben, aufgedeckt werden (ISSAI 300, 3.4.1). 16. Bei den meisten Prüfungen gibt es zwei zu erlangende Stufen der Prüfungssicherheit: erstens die hinreichende (positive) Prüfungssicherheit und zweitens die eingeschränkte (negative) Prüfungssicherheit. Hinreichende Prüfungssicherheit 10

bedeutet einen hohen Grad an Sicherheit, aber keine absolute. Wegen der mit einer Prüfung verbundenen Beschränkungen (s. u. den Abschnitt zur Risikoabschätzung) ist in der Regel keine 100%-ige Prüfungssicherheit möglich. Im Allgemeinen werden Prüfungen, bei denen eine hinreichende Prüfungssicherheit zu erreichen ist, so konzipiert, dass das Prüfungsergebnis in einer positiven Aussage dargestellt werden kann, z. B.: Nach unserer Auffassung steht die betreffende Angelegenheit in allen wesentlichen Belangen (nicht) im Einklang mit den genannten Kriterien. Wird nur eingeschränkte Prüfungssicherheit angestrebt, spricht man nicht von einer Prüfung, sondern eher von einer prüferischen Durchsicht. Mit ihr gewinnt man eine geringere Prüfungssicherheit als mit einer Prüfung; sie führt zu einem negativ formulierten Prüfungsurteil, wie z. B.: Nach unseren Feststellungen gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Angelegenheit in irgendeinem wesentlichen Punkt gegen die Kriterien verstößt. 17. Sowohl die Prüfung mit hinreichender Sicherheit als auch die prüferische Durchsicht mit eingeschränkter Prüfungssicherheit erfordern eine Kenntnis des Gegenstands wie auch Erhebungen ausreichender und geeigneter Prüfungsnachweise zur Stützung des Bestätigungsvermerks. Prüfungen mit hinreichender Prüfungssicherheit umfassen Risikoabschätzungen, Prüfungshandlungen unter Zugrundelegung der festgestellten Risiken sowie eine Bewertung, ob die gewonnenen Prüfungsnachweise ausreichend und geeignet sind. Die prüferische Durchsicht mit eingeschränkter Prüfungssicherheit beschränkt sich in der Regel lediglich auf analytische Verfahren und Erhebungen. Art, Zeitpunkt und Umfang der Prüfungsverfahren mit hinreichender Sicherheit wie auch der prüferischen Durchsicht mit eingeschränkter Prüfungssicherheit werden von den Prüfern nach pflichtgemäßem Ermessen festgelegt. Eine solche prüferische Durchsicht ist ggf. geeignet, wenn ein Gegenstand querschnittlich untersucht werden soll und eher komplexere Fragen als nur einzelne Gegenstände innerhalb einer konkreten geprüften Stelle zu betrachten sind. 18. Die vorliegenden Leitlinien gelten für Prüfungshandlungen, durch die ausreichende und geeignete Prüfungsnachweise zur Stützung der Feststellungen gewonnen werden sollen. Das Prüfungsurteil kann als formelles Testat oder in ausführlicherer Form abgegeben werden. 2.3 Aussagebezogene Berichterstattung vs. direkte Berichterstattung 19. Zum Teil gibt die Leitung der geprüften Stelle eine konkrete Aussage bzw. eine Entsprechungserklärung ab, zum Teil ist die Aussage implizit. 20. Die Aussage kann bei Ordnungsmäßigkeitsprüfungen, die gesondert oder im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchgeführt werden, in Form einer Entsprechungserklärung erfolgen, welche sich auf die Einhaltung der gesetzlichen bzw. sonstigen Vorschriften oder Vertragsbedingungen bezieht. Sie kann auch in Form einer Erklärung über die Wirksamkeit eines einzelnen Verfahrens oder Systems abgegeben werden. Eine implizite Aussage liegt z.b. vor, wenn wesentliche Leistungsindikatoren geprüft und dies anschließend dargestellt wird, und zwar in der stillschweigenden Annahme, dass bei der Erreichung des vorgegebenen Leistungsniveaus keine unaufgedeckten Ordnungsverstöße vorliegen. 11

21. Oftmals macht die geprüfte Stelle keine konkreten Aussagen zur Ordnungsmäßigkeit. Stattdessen sind die entsprechenden Informationen in den Prüfungsbericht integriert entweder in Form von Daten/Informationen oder als ausdrückliche Erklärung in Form eines Prüfungsurteils. Dies wird dann als Prüfung mit direkter Berichterstattung bezeichnet. Über die Prüfungsfeststellungen werden die zuständigen Stellen wie die geprüfte Stelle und das Parlament in geeigneter Weise unterrichtet. In der Regel werden die Berichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 22. Bei der Frage nach der Form der Berichterstattung wird nach fachlichem Ermessen entschieden, wie mit den Berichtsadressaten am wirksamsten kommuniziert werden kann. Es können Kurz- oder Langfassungen der Berichte verfasst werden. Weitere Hinweise finden sich im Abschnitt über die Berichterstattung. 23. Die vorliegenden Leitlinien gehen von einer direkten Berichterstattung aus, lassen sich aber auch auf eine aussagenbezogene/-gestützte Berichterstattung anwenden. 12

3 Zielvorgaben 24. Die Ziele einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung sind nach Maßgabe des Prüfungsgegenstandes und der anzuwendenden Kriterien den Umständen des Einzelfalls anzupassen. Bei Ordnungsmäßigkeitsprüfungen werden in der Regel die folgenden Ziele verfolgt: a) Erhebung ausreichender und geeigneter Prüfungsnachweise, zwecks Beurteilung, ob die Informationen zu einem bestimmten Prüfungsgegenstand in jeder wesentlichen Hinsicht mit dem Kriterienkatalog im Einklang stehen sowie b) Unterrichtung des Parlaments und/oder anderer zuständiger Stellen über die getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen. 25. Ziel einer ORKB mit rechtsprechender Funktion ist auch die Anzeige von Ordnungsverstößen bei den zuständigen Stellen bzw. die Einleitung eines Verfahrens zur Herbeiführung eines förmlichen Urteils, mit dem die zuständige Behörde bzw. Person und das Vorliegen einer bestimmten Straftat festgestellt wird. 13

4 Definitionen 26. Für die vorliegenden Leitlinien werden einige Fachtermini wie folgt definiert: 1. Aussage explizite oder implizite Angabe, die in den Maßnahmen, Finanzvorgängen und Informationen der geprüften Stelle enthalten ist und im Zuge der Prüfung bei Hinweisen auf mögliche Ordnungsverstöße herangezogen wird. Im Rahmen einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung würde eine Entsprechungserklärung bedeuten, dass die geprüfte Stelle einschließlich der zuständigen Beamten im Einklang mit den geltenden Rechtsgrundlagen handelt (bzw. bei Prüfungen der Korrektheit: im Einklang mit den entsprechenden Erwartungen der Öffentlichkeit). Aussagen können Bestandteil von Sachinformationen sein, die von der geprüften Stelle vorgelegt werden oder explizit in einer Stellungnahme der geprüften Stelle enthalten sind. 2. Rechtsgrundlagen einschlägige Gesetze oder Parlamentsbeschlüsse, Verwaltungsvorschriften sowie aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch öffentliche Stellen erlassene nachrangige Normen, deren Einhaltung der geprüften Stelle obliegt. Für diese Normen wird gelegentlich der Oberbegriff Rechtsgrundlagen verwendet. 3. Ordnungsmäßigkeitsprüfung Es wird untersucht, inwieweit die geprüfte Stelle Regeln, gesetzliche und sonstige Vorschriften, politische Vorgaben, anerkannte Grundsätze oder vereinbarte Vertrags- bzw. Förderbedingungen usw. befolgt. Die Gegenstände der Ordnungsmäßigkeitsprüfung können vielfältig sein. Im Allgemeinen hat sie den Berichtsempfängern anhand geeigneter Prüfungskriterien zuverlässige Bewertungs- bzw. Messungsergebnisse zu liefern. Im Rahmen der wesentlichen Prüfungsgrundsätze von INTOSAI ist dabei eine bedeutende begriffliche Unterscheidung zu beachten: a) Rechtmäßigkeit die Maßnahmen, Finanzvorgänge und Informationen, die in den Jahresabschlüssen einer geprüften Stelle ausgewiesen sind, stehen mit den gesetzlichen Vorschriften, den Kraft gesetzlicher Ermächtigung erlassenen sonstigen Normen sowie den getroffenen Vereinbarungen einschließlich haushaltsrechtlicher Vorgaben im Einklang und wurden ordnungsgemäß gebilligt. b) Korrektheit im Sinne korrekter Haushalts- und Wirtschaftsführung und eines einwandfreien Verhaltens der öffentlichen Bediensteten. Je nach Prüfungsmandat kann eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung auch nur einen der beiden o. g. Aspekte behandeln. Da sich die Korrektheit nur schwer objektiv verifizieren lässt, ist es unter Umständen schwierig und in manchen Fällen unmöglich, sie so zu prüfen, dass ein hinreichendes Maß an Prüfungssicherheit gewonnen wird. Klare und objektive Maßstäbe (Benchmarks) fehlen oft. Was in einem Verwaltungsbereich akzeptabel ist, ist es möglicherweise in einem anderen nicht. 14

Liegt ein Auftrag zur Prüfung der Korrektheit vor, kann es sein, dass die Kriterien zunächst noch nicht klar definiert sind. Auf diese Frage wird in den folgenden Abschnitten noch im Einzelnen eingegangen. Soweit eine Prüfung der Korrektheit erforderlich ist, können die hier niedergelegten Grundsätze unter Umständen als geeignet betrachtet und angewandt werden. Form und Inhalt der entsprechenden Berichte können je nach Prüfungsauftrag und Einzelfall variieren. 4. Ordnungsverstoß Nichteinhaltung der folgenden Vorgaben durch die geprüfte Stelle: a) Rechtsgrundlagen im Falle der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit im engeren Sinne; oder b) allgemeine Grundsätze der korrekten Haushalts- und Wirtschaftsführung und des Verhaltens öffentlich Bediensteter im Falle der Prüfung der Korrektheit. 5. Prüfungsurteil Der Prüfungsbericht enthält in der Regel eine Beurteilung, die sich auf die durchgeführten Prüfungshandlungen stützt. Erfolgt die Ordnungsmäßigkeitsprüfung im Rahmen der Abschlussprüfung, kann das Prüfungsurteil als Bestätigungsvermerk (s. Bestätigungsvermerk) formuliert werden. Es kann aber auch eine ausführlichere Antwort auf konkrete Prüfungsfragen sein. 6. Parlament Das Legislativorgan eines Staates. Im Rahmen der Ordnungsmäßigkeitsprüfung werden auch andere Organe mit haushaltsrechtlichen Normsetzungsbefugnissen in öffentlichen Haushaltsangelegenheiten unter diesem Begriff subsumiert. 7. Bestätigungsvermerk Der Abschlussprüfungsbericht kann zusätzlich zum Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss einen Bestätigungsvermerk zur Ordnungsmäßigkeit (der zugrunde liegenden Vorgänge) enthalten. Eine uneingeschränkte Erteilung ist möglich, wenn die Prüfer zu dem Schluss kommen, dass das im Jahresabschluss vermittelte Bild der Maßnahmen, Finanzvorgänge und Informationen in allen wesentlichen Belangen mit den Rechtsgrundlagen im Einklang steht. 8. Stakeholder Personen, Gruppen, Organisationen oder andere Stellen, die von Maßnahmen und Vorgängen in der Verwaltung sowie von der Finanzierung und dem Erfolg der Aufgabenerfüllung betroffen bzw. daran interessiert sind. 15

5 Vorüberlegungen 5.1 Ethische Erwägungen 27. Die wesentlichen Prüfungsgrundsätze enthalten ethische Grundsätze, die bereits vor Beginn der Prüfung zu berücksichtigen sind (ISSAI 200, 2.2.1). Sie beziehen sich auf: a) Unabhängigkeit der ORKB, der Prüfer und deren politische Neutralität; b) Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen Prüfern und geprüfter Stelle; c) Anforderungen an die nötige Sachkompetenz der Prüfer und ORKB; d) angemessene Sorgfalt und entsprechendes Engagement auf Seiten der ORKB und der Prüfer zur Einhaltung der wesentlichen Prüfungsgrundsätze. 28. Können aus irgendeinem Grund die ethisch bedeutsamen wesentlichen Grundsätze nicht befolgt werden, sind Maßnahmen erforderlich, um Risiken eines Verstoßes gegen diese Grundsätze vor Beginn der Prüfung auszuräumen. Dies kann z. B. durch Abzug von Prüfungspersonal von der betreffenden Prüfung, zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen oder Hinzuziehung von Sachverständigen geschehen. 29. Weitere Hinweise finden sich in: INTOSAI - Pflichten- und Verhaltenskodex; INTOSAI - Grundsätze für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Abschnitte 2.2 und 2.3; IFAC ISAE 3000. 5.2 Qualitätskontrolle 30. Wie bei anderen Prüfungsarten sind auch bei Ordnungsmäßigkeitsprüfungen geeignete Verfahrensweisen anzuwenden, damit eine ausreichende Arbeitsqualität gewährleistet und die erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten seitens der Prüfer sowie die geeignete Leitung und Überwachung sichergestellt sind, einschließlich der Dienst- und Fachaufsicht der Prüfungsteams. In den wesentlichen Prüfungsgrundsätzen der INTOSAI sind Vergleichsmaßstäbe (Benchmarks) und Hinweise für die Qualitätssicherung enthalten (ISSAI 200, 2.1.26 und 2.2.36). 31. Weitere Hinweise zur Qualitätskontrolle: Qualitätskodex der INTOSAI und ISSAI 1220 (in Planung); INTOSAI-Grundsätze für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Anhang 4; IFAC - International Standard on Quality Control (ISQC)1; IFAC ISAE 3000. 16

6 Planung und Konzeption einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung 32. Laut den wesentlichen Prüfungsgrundsätzen hat die Planung so zu erfolgen, dass eine hochwertige, sparsame, wirtschaftliche und wirksame sowie zeitnahe Prüfung gewährleistet ist (ISSAI 300 3.1.1). Weiterhin müssen die mit der Planung betrauten Prüfer wissen, welche Anforderungen hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit an die geprüfte Stelle gestellt werden (ISSAI 300, 3.4.3). 33. Bei der Prüfungsplanung und -durchführung wahren die Prüfer eine fachlich begründete kritische Einstellung. 6.1 Feststellung der an der Prüfung Beteiligten/der Rechtsgrundlage 34. Die Erfüllung der für eine wirksame Prüfungsdurchführung erforderlichen Voraussetzungen obliegt den Prüfern. Bei der Planung kann es erforderlich sein, zunächst festzustellen, wer die Beteiligten sind. Dies ist für die Bestimmung der gesetzlichen Vorschriften wichtig, auf deren Grundlage die Prüfung durchzuführen ist (z. B. Prüfungsauftrag und Prüfungsbefugnisse der ORKB sowie verfassungsrechtliche Stellung und Aufgaben der geprüften Stelle). 35. Auch die Empfänger des Prüfungsberichtes sind festzustellen. Die Prüfer entscheiden nach ihrem fachlichen Ermessen über die wirksamsten Kommunikationswege mit dem Empfänger und bestimmen somit Form und Inhalt des Berichts. Die Bedürfnisse der Empfänger richten sich danach, ob es sich dabei um das Parlament, eine finanzierende Stelle, eine Geberorganisation, die Öffentlichkeit oder andere Stakeholder handelt. 6.2 Prüfungsgegenstand: Festlegung und Einblick 36. Die Bestimmung des Prüfungsgegenstandes und die Datensichtung gehören zu den ersten Schritten bei Prüfungsplanung und -durchführung. 37. Prüfungsgegenstände haben vielfältige Formen und Merkmale. Sie können allgemein oder sehr spezifisch sein. Einige sind quantifizierbar und oft leicht zu messen (finanzielle Leistung oder Finanzlage), andere wiederum haben eher qualitative Merkmale und sind stärker subjektiv geprägt (z. B. Verhalten). Sie sollten jedoch bestimmbar und anhand geeigneter Kriterien bewertbar sein. Außerdem sollte der Prüfungsgegenstand so beschaffen sein, dass über ihn Prüfungsnachweise gesammelt werden können, die als Belege für die Stützung eines Prüfungsurteils ausreichend sind. 38. Der Prüfungsgegenstand kann in einschlägigen Gesetzen oder im Prüfungsauftrag festgelegt sein, seine Bestimmung kann aber auch eine strategische Entscheidung sein und auf einer Risikoabschätzung sowie fachlichem Ermessen beruhen. 39. Erfolgt eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung haushaltsrechtlicher Bestimmungen oder unter Zugrundelegung von Beschlüssen 17

des Haushaltsgesetzgebers, werden sowohl Einnahmen und Finanzierung als auch Ausgaben der geprüften Stelle einbezogen. 40. Die Befugnisse können sich aber auch auf die dokumentierten, dem Haushalt zugrunde liegenden Annahmen und Voraussetzungen erstrecken, die zeitlich vor den Beschlüssen des Haushaltsgesetzgebers liegen. 41. In Anhang 1 sind beispielhaft einige Prüfungsgegenstände mit den jeweils relevanten Informationen aufgeführt. 6.3 Prüfungskriterien 42. Festzustellen sind auch die Kriterien bzw. Maßstäbe (Benchmarks), anhand derer die Bewertung der Prüfungsgegenstände erfolgt. Dies ist ein wesentlicher Schritt in der Phase der Prüfungsplanung. Einige Beispiele hierfür sind in den Anhängen 1 angeführt. 43. Die Prüfungskriterien können formaler Art sein und beispielsweise als Gesetz, Verordnung, Ministerialerlass oder als Bedingungen eines Vertrags oder Abkommens vorliegen. Es können aber auch weniger formale Kriterien wie ein Pflichten- und Verhaltenskodex oder eine Geschäftsordnung in Betracht kommen oder bestimmte Erwartungen an das Verhalten, wie z. B. bezüglich der Wahl der Klasse bei Bahnoder Flugreisen oder bei der Höhe des Bewirtungsaufwandes auf Staatskosten (sofern dies nicht explizit geregelt ist). Werden Verwaltungsvorschriften als Kriterien benutzt, sollten sie mit den Gesetzen und Verordnungen im Einklang stehen. Die Quellen, die als Grundlage für die Bestimmung der Prüfungskriterien genutzt werden, können selbst Gegenstand der Ordnungsmäßigkeitsprüfung sein. 44. Die Prüfungskriterien sollten einschlägig und geeignet sein und folgende Merkmale aufweisen: a) Relevanz damit sie einen sinnvollen Beitrag zur Deckung des Informations- und Entscheidungsbedarfs der Berichtsempfänger darstellen. b) Zuverlässigkeit damit sie auch bei Verwendung durch verschiedene Prüfer unter den gleichen Umständen zu ausreichend schlüssigen Ergebnissen führen. c) Vollständigkeit im Hinblick auf Prüfungszweck und relevante Faktoren. Sie sind für den Informations- und Entscheidungsbedarf des Berichtsempfängers sinnvoll und ermöglichen ihm einen praktischen Überblick. d) Objektivität bzw. Neutralität, d. h. weder die Prüfer noch die Leitung der geprüften Stelle sind voreingenommen. Die Kriterien sollten nicht so subjektiv sein, dass eine Bewertung der prüfungsrelevanten Informationen bei anderen Prüfern zu einer völlig unterschiedlichen Würdigung führen könnte. e) Verständlichkeit klare Formulierungen als Beitrag zu eindeutigen Schlussfolgerungen. Für die Berichtsempfänger sollten sie nachvollziehbar sein und keinen Raum für stark unterschiedliche Auslegungen lassen. 18

f) Vergleichbarkeit mit Prüfungsmaßstäben, die bei gleichartigen Prüfungen ähnlicher Stellen oder Maßnahmen bzw. bei früheren Prüfungen derselben geprüften Stelle angewandt wurden. g) Akzeptanz bei unabhängigen Sachverständigen, geprüften Stellen, Parlament, Medien und der Öffentlichkeit. h) Verfügbarkeit für die Berichtsempfänger, damit diese die Art der Prüfung und die Grundlage für den Prüfungsbericht nachvollziehen können. 45. Die Kriterien beziehen sich auf Sachverhalte, die eine bedeutende Auswirkung auf die Zielsetzung einer konkreten Prüfung haben können. Es ist deshalb zu erwägen, ob die Kriterien geeignet bzw. für den Prüfungsgegenstand sowie die Prüfungsziele relevant sind. Werden anhand der oben aufgelisteten Merkmale geeignete Kriterien ermittelt, sind diese den besonderen Prüfungsumständen anzupassen, um fundierte Schlussfolgerungen zu ermöglichen. 46. Die Bestimmung der Prüfungskriterien kann recht schwierig sein. In einigen Fällen können sich Prüfer auf Checklisten stützen, um einen Überblick über die zur Anwendung geeigneten Kriterien zu erhalten. Auch kann auf eine Anzahl verschiedener anderer Quellen zurückgegriffen werden. Einige Beispiele hierfür sind in Anhang 2 aufgeführt. 47. Bei vielen Ordnungsmäßigkeitsprüfungen lassen sich die anzuwendenden Prüfungskriterien klar bestimmen, beispielsweise wenn einfache Rechtsvorschriften, ein Gesetz oder eine Verordnung herangezogen werden können. Die dokumentierten Absichten oder Annahmen, von denen der Gesetzgeber bei den Beschließungen ausgegangen ist, können bei der Festsetzung der Prüfungsmaßstäbe ebenfalls eine Hilfe sein. 48. Bei Zweifeln über die zutreffende Auslegung eines einschlägigen Gesetzes bzw. einer Verordnung oder sonstigen Rechtsgrundlage können die jeweils zugrunde liegenden Absichten und Annahmen ermittelt oder das Parlament bzw. eine andere gesetzgebende Instanz dazu befragt bzw. einschlägige frühere Gerichtsentscheidungen herangezogen werden. 49. Geht es bei der Ordnungsmäßigkeitsprüfung jedoch um die Korrektheit, kann die Bestimmung der Prüfungskriterien schwieriger sein, da sie weniger formalisiert sind und sich auf die Erwartungen der Öffentlichkeit an Handlungsweise und Verhalten von Auskunftspersonen beziehen können. In diesen Fällen bedarf es einer sorgfältigen Vorgehensweise. Bei der Festlegung der Kriterien können u. U. auch Verstöße von Auskunftspersonen gegen amtsangemessenes Verhalten aufgezeigt werden. 50. Bei der Bestimmung geeigneter Prüfungskriterien wird die Prüfungswesentlichkeit in Verbindung mit dem Risiko möglicher Verstöße im Bereich jedes Prüfungsgegenstands berücksichtigt (nach Maßgabe des Haushaltsrechts, anderer Gesetze, von Vertragsbestimmungen sowie ggf. der Ordnungsmäßigkeit im weiteren Sinne). 19

Überlegungen zur Wesentlichkeit umfassen sowohl quantitative Aspekte (Größe) als auch qualitative Aspekte (Art des Sachverhalts und Merkmale). 51. Die anzuwendenden Kriterien spiegeln den Prüfungsgegenstand in seiner Gesamtheit wider. In den seltenen Fällen, in denen der Prüfungsumfang beschränkt ist und unter Umständen nur bestimmte Teile eines Gesetzes oder einer Verordnung berücksichtigt, sollte im Prüfungsbericht klar darauf hingewiesen werden. Werden zur Bestimmung der geeigneten Prüfungskriterien Leitlinien, Checklisten oder anderes von der geprüften Stelle oder sonstigen Verwaltungsbehörden zur Verfügung gestelltes Material genutzt, ist durch geeignete Prüfungshandlungen sicherzustellen, dass diese Unterlagen die geltenden gesetzlichen bzw. Verwaltungsvorschriften erfüllen. 52. Die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften können unklar sein, z. B. wenn ein Gesetzgebungsakt vorsieht, dass eine Verwaltungsbehörde entsprechende Durchführungsbestimmungen erlassen sollte, diese aber noch nicht vorliegen. In solchen Fällen ist im Prüfungsbericht genau anzugeben, was die einschlägige Gesetzgebung nach Meinung der Prüfer vorschreibt bzw. inwieweit oder warum der Prüfungsumfang beschränkt wurde. Im Bericht ist dann z. B. auch darzulegen, dass die Prüfungskriterien durch unzureichende Klarheit der Rechtslage begrenzt angewendet wurden und entsprechende Abhilfemaßnahmen notwendig sind. 53. In seltenen Fällen können widersprüchliche Kriterien vorliegen, z. B. bei nicht zu vereinbarenden Rechtsquellen und sofern eine Entscheidung dazu seitens der zuständigen Verwaltungsbehörden oder Gerichte noch aussteht. In diesen Fällen ist es von großer Bedeutung, die Absichten hinter den konkreten Kriterien aufzudecken und alle Konsequenzen, die sich aus einem solchen Widerspruch ergeben, aufzuzeigen. Außerdem sollte im Prüfungsbericht konkret auf bestehende Widersprüche zwischen den Kriterien eingegangen werden, damit durch die zuständigen Stellen Abhilfemaßnahmen ergriffen werden können. 54. Bei diesen problematischen Fällen kann folgendermaßen vorgegangen werden: a) nach einem theoretischen Ansatz, d. h. Klärung bestimmter Fragen durch Sachverständige, wie beispielsweise: Wie sollten unter perfekten Bedingungen und bei rationaler Überlegung sowie bei Heranziehung vorbildhafter Verfahren aus der Verwaltungspraxis die idealen Ergebnisse aussehen? b) nach einem empirischen Ansatz, d. h. durch Gespräche mit Stakeholdern und Entscheidungsträgern mit dem Ziel der Festlegung fundierter und realistischer Kriterien und zur Gewinnung entsprechender Unterstützung. 55. Ebenso ist es möglich, den Prüfungsansatz zu untergliedern oder den Prüfungsumfang so zu verkleinern, dass klare Prüfungsmaßstäbe angewandt werden können. 56. Unbeschadet des Vorstehenden sollten die Kriterien Berichtsadressaten und ggf. anderen Empfängern zur Verfügung gestellt werden, z. B. durch Einbeziehung in den Prüfungsbericht oder entsprechenden Verweis, wenn die Kriterien in anderer Form leicht zugänglich sind. 57. Sofern die Prüfungskriterien, aus welchen Gründen auch immer, als nicht geeignet betrachtet werden, kann die ORKB die zuständigen Stellen dazu auffordern, die 20