Conni Lechner Paintings 2016
Zur Abstraktion von Conni Lechner Wenn man Bilder in Worten schildern will, bekommt man es immer wieder mit der Angst zu tun. Man fühlt, was man sagen möchte, versagt aber. Entweder es ist in wenigen Worten alles gesagt, oder man braucht hundert Seiten dazu. Ob man die Entstehung eines Bildes schildert oder das fertige Bild beschreibt. Kann abstrakte Form und reine Farbe etwas ausdrücken, obwohl sie sich von jeder Gegenständlichkeit freigemacht hat? Die Gefühle und Empfindungen in Formen und Farbe übertragen, die es in der Natur überhaupt nicht gibt? Es entstehen auf der Leinwand genau solche Farben mit diesem dramatischen Ausdruck, die sie immer wieder neu erfinden muß, verzichtet somit auf irgendwelche Identifikation mit einem bekannten Gegenstand, es würde den Charakter der abstrakten Aussage verfälschen und denaturieren. Damit bekommt das Werk die Fähigkeit etwas anzubieten und mitzuteilen, eine Botschaft zu verbreiten. Dieses verleiht dem Kunstwerk etwas lebendiges. Es wird nicht vorher ausgedacht, sondern entwickelt sich immer wieder zu einem neuen Abenteuer. Ich war doch überrascht, wie sich Lechner im Laufe der Jahre weiter vertieft, ihre Vielfalt ausgearbeitet hat. Farbe dort setzt, wo sie gebraucht wird oder weglässt. Die Vielfalt in Anwendung der Formensprache und deren Farb- und Tiefen-Akzentuierung den Betrachter förmlich ins Bild zieht. Lechner arbeitet sicher an mehreren Bildern gleichzeitig, aber diese können grundsätzlich verschieden sein. Während das eine blumig, kann das nächste gestisch und heftig sein, wie es sich auf der Leinwand ergibt oder wie ihr momentaner Gemütszustand ist. Was hat sie erlebt, deprimiert, aufgeheitert oder welche Musik begeistert? Damit komme ich zu dem Punkt, der mich veranlasst hat diese Abhandlung für Conni Lechner zu verfassen. Sie hat viel mit musikalischen Menschen zu tun wie auch ich, wenn ich Rezensionen zu Rockneuerscheinungen verfasse. Selbst Kandinsky behauptet, dass die unterschiedlichen Künste voneinander lernen können, um etwas Neues zu erschaffen. Als ein Beispiel des gegenseitigen Lernens führt er die Musik im Vergleich zur Malerei auf. Musik hat die Zeit beziehungsweise die Ausdehnung der Zeit zur Verfügung, während die Malerei in einem Augenblick den gesamten Inhalt des Werkes ihrem Betrachter offenbaren kann.
Durch das Vergleichen beider Künste sollen sie einander näher kommen und voneinander lernen. Für Kandinsky ist die Musik in gewisser Weise eine Vorreiterin der Malerei. Ihr großer Vorteil besteht darin, dass sie losgelöst und frei von einem Vorbild erschaffen werden kann. Das Gleiche wünscht er sich auch für die Malerei, sie soll frei und aus sich selbst heraus entstehen. Mithilfe dieser Loslösung von vorgegebenen Formen und Mustern rückt die Farbe als wesentliches Element in den Betrachtungsfokus. So sollen auch die Eigenschaften und der Klang jeder einzelnen Farbe besser zur Geltung kommen. Kandinsky enthebt die Farbe ihrer bloßen Funktion als Mittel. Er stellt fest, dass sie einen direkten Einfluss auf die Seele des Betrachters nehmen kann. Die Farbe ist die Taste. Das Auge ist der Hammer. Die Seele ist das Klavier mit vielen Saiten und der Künstler ist die Hand, welche durch diese oder jene Taste zweckmäßig die menschliche Seele in Vibration bringt. Zu den Bildern von Conni Lechner Die Bilder im Katalog sind in Blöcke unterteilt, die eine gewisse malerische Einheit darstellen. Fast alle haben das Maß 80 x 60 cm. Conni Lechner hat immer ein liebenswürdiges Lächeln im Gesicht, aber sie malt Bilder, die komplizierter sind als im ersten Moment des Betrachtens. Als würde sie demjenigen den Mut nehmen, in ihre gemalte Welt einzudringen. Ihre Bilder sind farbig und pastos, zu diesem inneren Leuchten erscheint der schwarze Halt - mit Zeichen oder Flecken. Den Kontrast hart steigernd zu den warmen Tönen die auch Blau oder Violett sein können. Das Strenge und fließende erscheint als Verdichtung. Die Alchemie vermittelt den Eindruck von Frische und Improvisation, aber auch Grazie. Ihre Formen werden niemals brutal, sondern mit höchster Feinheit aus dem Ganzen des Bildes herausgearbeitet und durch Zwischenräume aufgelockert. Überschneidungen beleben diesen Raum. Bilder: 958, 945, 069, 126, 135, 056. Der nächste Block mit acht Gemälden ist dichter, wie aus kalter Jahreszeit mit leicht gedämpfter Farbigkeit, als würde sie einen herbstlichen Garten darstellen. Alles wächst ineinander und vergeht. Die Bilder wirken in sich geschlossen und kompakt wie ein Ausschnitt des Wachstums.
Es gelingt ihr, landschaftliche Phänomene wie Licht und Pflanzen in atmosphärisch aufgeladene Bilder zu übertragen. Lechner erinnert darin an die abstrakte Malerin Joan Mitchell. Auch dort, wo sich die Farbe in kraftvoll-ungestümen Malhandlungen über die Bildfläche ausbreitet, stößt sie immer wieder auf Gebilde, die dieser Malerei Dynamik, aber auch Ruhe und Ordnung geben. Bilder: 119, 341, 046, 879, 795, 799, 713, 040, 332, 329. Der nächste Block mit zwei Papierarbeiten und einem Gemälde ist ein Verzicht auf Üppigkeit. 283 besteht aus eckigen schwarzen, harten Formen, die nur durch einen roten Klecks etwas Farbe bekommen und der damit die Düsternis wegnimmt. Der Durchblick auf den Untergrund in grauen Tönen bringt wieder Weichheit in die malerische Komponente. Die Versperrung wird aufgehoben. Das Blatt 061 ist improvisierter im Aufbau. Über blaugraue Farbbahnen schiebt das schwarze Geflecht mit rhythmischen Schüben. Nicht die Ordnung schafft die Bildwirkung, sondern die Handschrift, wo sie ganz vital und spontan angesetzt wird. Verve und Rhythmus treten an die Stelle nüchterner Komposition. Die Hand triumphiert. Bild 119_A mit einem Feuerwerk von spontanen Bildgesten auf einem ähnlichen grauen Bildgrund wie Blatt 283. Spuren überziehen locker die Leinwand, aufsteigend bis zum schwarzen Irgendwas, als würden sie dort ausgespuckt und abgeworfen. In den Bildern 302-395 kommt wieder ungestüme Farbgebung auf die Leinwände. Aus den gegenseitigen Beziehungen der Farben entsteht Bewegung und Vibration. Diese entsteht aus der unterschiedlichen Vitalität bzw. Energie in der Malweise. Zusammen - und einander entgegenwirkende Konstellationen erzeugen unterschiedliche Energiefelder. Die freche Dynamik verweigert sich dem Hübschen und schafft dennoch Farbkombination, die atmosphärischen Raum zaubert. Aufregend, wie ihre Bilder spontan gelingen, der Pinsel sich auf der Leinwand oder dem Papier mal tanzend, mal sensibel suchend bewegt. Man darf gespannt sein, wie dieser Prozess weitergeht. - Charly Bayer, im Juni 2016
958
945
069
126
135
056
119
341
046
879
795
799
713
040
329
332
283 Acrylic on Paper, 56 x 42 cm
061 Acrylic on Paper, 56 x 42 cm
119_A
302 Acrylic on Canvas, 100 x 70 cm
235 Acrylic on Canvas, 100 x 70 cm
876
932
133
227
223
144
395
192
207
280
214
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2016 Conni Lechner