Keine Steuerklasse III für Arbeitslosengeld I beziehenden Ehegatten im Jahr der Heirat

Ähnliche Dokumente
EStG 40b Abs. 1 und Abs. 2, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LStDV 2 Abs. 2 Nr. 3

BUNDESFINANZHOF. EStG 7g Abs. 3, 5, 34 UmwStG 20, 22. Urteil vom 10. November 2004 XI R 69/03

Kindergeld i.s. des 33a Abs. 1 Satz 3 EStG umfasst auch nach ausländischem Recht gezahlte kindergeldähnliche Leistungen.

Finanzgericht München

FINANZGERICHT HAMBURG

Steuerfreiheit nach 3b EStG für Zulage an Polizisten für Dienst zu wechselnden Zeiten

BUNDESFINANZHOF. EStG 8 Abs. 1, 8 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Urteil vom 18. Dezember 2008 VI R 34/07

BUNDESFINANZHOF. Urteil vom 11. März 2009 XI R 69/07. Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 7. April K 5764/04 U (EFG 2008, 495)

Sonderausgabenabzug bei Basisschutz durch zeitgleiche gesetzliche und private Krankenversicherung

Zur mehrfachen Nutzung des Höchstbetrages in 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i.d.f. des JStG 2010

FG Köln Urteil vom K 2892/14

2 Einordnung in Lohnsteuerklassen

BUNDESFINANZHOF. EStG 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 1 Nr. 1. Urteil vom 17. August 2005 IX R 10/05

V 633/ Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Rechtsmittelbelehrung

Negative Unterschiedsbeträge bei Wegen zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Tenor. Tatbestand. FG München, Urteil v K 3067/12. Titel: (Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften)

Tenor. Tatbestand. FG Nürnberg, Urteil v K 1331/16. Titel: Schlagworte: Abgeltungsteuer, Erweiterter Härteausgleich

Steuertipp: Das Faktorverfahren

Nach den internationalen Besteuerungsregelungen der DBA steht Deutschland regelmäßig kein Besteuerungsrecht zu, wenn

Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung durch 56 Satz 2 EStDV

Übertragung des hälftigen Behinderten- Pauschbetrags bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

Darüber hinaus wird durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz ein einseitiger Antrag auf Steuerklassenwechsel

Organschaft: Grundlagenbescheid gegenüber Organgesellschaft ist kein Grundlagenbescheid für Organträger

Finanzgericht München.

Merkblatt zur Steuerklassenwahl bei Arbeitnehmer-Ehegatten für das Jahr 2005

Tatbestand. FG Nürnberg, Urteil v K 1836/15. Titel: Normenketten: EStG 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG 9 Abs. 4

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 78/04

BFH Beschluss v I R 69/13. EStG 46 Abs 5; EStDV 70 Satz 1; DBA CHE Art 15a

Titel: (Bescheinigung i. S. von 68 Abs. 3 EStG über ausgezahltes Kindergeld -- Steuergeheimnis)

(Umsatzsteuerliche Organschaft: finanzielle Eingliederung bei 50%iger Beteiligung der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH an einer OHG)

Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags beim Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen

Finanzgericht Köln, 14 K 2643/16

Im Namen des Volkes U R T E I L. In dem Rechtsstreit. als Beteiligte der ehemaligen Grundstücksgemeinschaft GbR,

Finanzgericht Münster, 11 K 2574/12 E

EStG 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, 8 Abs. 2 Sätze 2 ff., 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Orientierungssatz: Tatbestand: Dok.-Nr.: Finanzgericht des Saarlandes, 2-K-1290/16 Urteil vom

BFH Urteil vom VI R 48/11 (veröffentlicht am )

(Aufteilung rückständiger Steuern)

(Besteuerung der Privatnutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Kfz)

Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen müssen voraussichtliche Aussonderungsmöglichkeiten berücksichtigen

aus BUNDESFINANZHOF

Finanzgericht Münster, 11 K 3235/14 E

BFH Urteil vom IX R 46/14 (veröffentlicht am )

Die Vereinnahmung eines Reugeldes für den Rücktritt vom Kaufvertrag über ein Grundstück des Privatvermögens ist nicht steuerbar.

(Absehen von einer Steuerfestsetzung nach Treu und Glauben - Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung)

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 12/09

ProMemoria-Info-Brief (Oktober 2016)

UV Recht & Reha Aktuell (UVR) 14/2014 vom Nr. 3 SGB VI. Urteil des SG Berlin vom S 25 U 297/11

Finanzgericht München

2. Die Kürzung des Vorwegabzugs ist nicht rückgängig zu machen, wenn eine Pensionszusage in späteren Jahren widerrufen wird.

DBA FRA Art 2 Abs 1 Nr 4; DBA AUT Art 15 Abs 1; DBA AUT Art 4 Abs 2; FGO 100 Abs 1 Satz 4; DBA FRA Art 13 Abs 5

Merkblatt zur Steuerklassenwahl bei Arbeitnehmer-Ehegatten für das Jahr 2010

Tatbestand. Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Nachteilsausgleich gemäß 113 Abs. 3, Abs. 1 BetrVG.

I. Vorläufige Steuerfestsetzungen

Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte ab Uwe Komm Diplom-Finanzwirt Steuerberater

Der aktuelle Tipp. Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

FINANZGERICHT MÜNSTER Im Namen des Volkes U R T E I L. In dem Rechtsstreit

Erbschaftsteuerrechtliche Gleichbehandlung von Geschwistern mit Ehegatten oder Lebenspartnern verfassungsrechtlich nicht geboten

3. Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999 enthält keine Wertfestsetzung einer obersten Finanzbehörde eines Landes i.s. des 8 Abs. 2 Satz 8 EStG.

Kurzleitsatz: Ermittlung des Erhöhungsbetrags nach 8 Abs. 2 Satz 3 EStG; Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; Pendler; Erhöhungsbetrag

Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

DOK Die Bundesagentur für Arbeit ist kein Sozialversicherungsträger im Sinne des 110 Abs. 1 SGB VII.

Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VIII R 92/98

BUNDESFINANZHOF. EStG 9 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 21 Abs. 2, 52 Abs. 21 Satz 2. Urteil vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04

(Rücknahme einer verbindlichen Auskunft)

FINANZGERICHT HAMBURG

DOK 456.1:452.3:

Ein Leiharbeitnehmer verfügt typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte. EStG 9 Abs. 5, 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.


Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

Steuerberater. Merkblatt. Lohnsteuerklassen - Steuerklassenwechsel - Faktorverfahren. Inhalt. Steffen Feiereis

Wer ist zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen

BMF-Schreiben vom 27. Juni IV A 7 - S /05 -

N I E D E R S Ä C H S I S C H E S F I N A N Z G E R I C H T

Ausland: In den Niederlanden erzielte Einkünfte eines Belastingadviseurs unterliegen dem Progressionsvorbehalt

Keine Anwendung der Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 gegenüber einer adoptierten Person bei vor Erbfall aufgehobenem Annahmeverhältnis

Finanzgericht Düsseldorf, 12 K 1073/14 E

Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2018 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind

2. Eine vom Kind als Arbeitnehmer aufgesuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte dar.

Bindungswirkung einer Lohnsteueranrufungsauskunft auch gegenüber dem Arbeitnehmer

N I E D E R S Ä CHSISCHES FINANZGERICHT

Entfernungspauschale bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

BFH, , III R 86/09

Fachliche Weisungen. Arbeitslosengeld. Drittes Buch Sozialgesetzbuch SGB III 153 SGB III. Leistungsentgelt

Abziehbarkeit von Repräsentationsaufwand durch das Halten von Reitpferden. FG Baden-Würtemberg Urteil vom K 3408/13 -rechtskräftig

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 1961/14 VSt

SOZIALGERICHT HANNOVER

1 Aus der Rechtsprechung

Entgelt LSt SV. Erholungsbeihilfen pflichtig pflichtig. Erholungsbeihilfen, Pauschalierung mit 25 % bis 156 EUR / 104 EUR / 52 EUR pflichtig frei

BUNDESFINANZHOF. EStG 3 Nr. 9. Urteil vom 10. November 2004 XI R 51/03. Vorinstanz: FG Sachsen-Anhalt vom 5. Dezember K 10881/98

steuertip Info-Paket st

Ermäßigt zu besteuernder Arbeitslohn für eine mehrjährige Tätigkeit

L o h n s t e u e r - I n f o ( 1 / )

Gesetzentwurf. Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode. Drucksache 8/3995. der Bundesregierung

Transkript:

Dok.-Nr.: 5020069 Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 13-K-8328/15 Urteil vom 28.02.2017 Fundstellen Keine Steuerklasse III für Arbeitslosengeld I beziehenden Ehegatten im Jahr der Heirat Orientierungssatz: 1. Ein Ehepaar hat im Jahr der Heirat keinen Anspruch darauf, dass der Ehegatte, der Arbeitslohn bezieht, in Steuerklasse V eingereiht wird, und der andere Ehegatte, der Arbeitslosengeld I bezieht, in die Steuerklasse III eingereiht wird, um dadurch ein höheres Arbeitslosengeld zu erhalten. 2. Eine Auslegung des 38b EStG dergestalt, dass vom Arbeitnehmerbegriff auch Arbeitslose erfasst sind und dass der Bezug von Arbeitslohn dem Bezug von ALG I gleichgestellt wird, ist nicht geboten. Tatbestand: Die Kläger, die am 24.10.2014 geheiratet haben, beantragten am 5.11.2014 beim Beklagten die Änderung der Lohnsteuerklassen LSK dahingehend, dass der Arbeitslohn beziehende Kläger die LSK V und die Arbeitslosengeld I ALG I beziehende Klägerin die LSK III erhalten solle. Dies lehnte der Beklagte ab und verwies darauf, dass es bei der automatisierten LSK-Einordnung nach der Heirat von IV/IV bleibe. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Der Beklagte führte in seiner Einspruchsentscheidung zur Begründung aus, dass nach 38b Einkommensteuergesetz EStG allenfalls der Kläger die LSK III bekommen könne, weil die Klägerin kein Arbeitnehmer sei. Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger geltend, dass 38b EStG eine Einordnung in eine ungünstigere LSK zulasse. Es bestehe eine Wahlfreiheit, solange dem Staat keine Steuereinnahmen verloren gingen. Das Abstellen auf den Begriff des Arbeitnehmers in 38b EStG durch den Beklagten würde dazu führen, dass sie die Klägerin auch nicht in die LSK V eingeordnet werden dürfe und im Ergebnis LSK-los wäre. Trotz des Ziels, mit der begehrten LSK-Verteilung mehr ALG I für sie die Klägerin zu erlagen, liege kein rechtmissbräuchliches Verhalten vor. Der Arbeitnehmerbegriff müsse im Streitfall weiter gefasst werden als in der Lohnsteuer- Durchführungsverordnung LStDV. Auch in anderen Vorschriften des EStG werde davon ausgegangen, dass ein Arbeitnehmer nicht zwingend Arbeitslohn beziehen müsse, etwa in 3 Nr. 2 Buchst. a oder 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG. Zudem zeige 52 Abs. 52 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung EStG 2014, wonach nach Heirat den Ehegatten automatisiert die Steuerklassen IV/IV zugeteilt würden, dass es Dokument_5020069 Seite 1 von 5

bei der LSK-Einordnung nicht auf ein bestehendes Dienstverhältnis ankomme. Im Übrigen gehe es im Streitfall um die erstmalige Bildung einer LSK nach Heirat und nicht um einen Wechsel. Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 7.11.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.10.2015 den Beklagten zu verpflichten, ab dem 24.10.2014 für die Klägerin die Lohnsteuerklasse III und für den Kläger die Lohnsteuerkasse V zu bilden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er stützt sich auf die in der Einspruchsentscheidung vorgebrachten Gründe und führt ergänzend aus, dass die beantragte Steuerklassenverteilung auch deshalb zu versagen sei, weil sie eine unzulässige Rechtsausübung darstellen würde. Den Klägern ginge es nur um den Bezug eines höheren ALG I. Gründe: Die Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der Änderung der LSK durch den Beklagten war rechtmäßig und verletzt die Rechte der Kläger nicht (vgl. 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung FGO ). Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass die Klägerin in die LSK III und der Kläger in die LSK V eingereiht wird. Nach 39 Abs. 3 S. 3 EStG werden für Arbeitnehmer, die im Laufe des Kalenderjahres geheiratet haben, folgende Steuerklassen automatisiert gebildet: Die Steuerklasse III, wenn die Voraussetzungen des 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG vorliegen oder die Steuerklasse IV für beide Ehegatten, wenn die Voraussetzungen des 38b Abs. 1 Satz 2 Nummer 4 EStG vorliegen. Nach dieser Vorschrift hätte der Kläger in die LSK III eingeordnet werden müssen, da die Klägerin keinen Arbeitslohn bezogen hat. Die Klägerin selbst wäre in keine LSK einzureihen gewesen. Tatsächlich ist der Klägerin aber die LSK IV automatisch zugeteilt worden, was seinen Grund in 52 Abs. 52 EStG 2014 haben dürfte, wonach von 39e Abs. 3 Satz 3 EStG für jeden Ehegatten automatisiert die Steuerklasse IV gebildet wird, wenn die Voraussetzungen des 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Nr. 4 EStG vorliegen. Ob die Vorschrift insofern korrekt angewandt wurde, was wegen des personellen Anwendungsbereichs nur auf Arbeitnehmer, die geheiratet haben, zweifelhaft ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Klägerin die LSK III begehrt, was 52 Abs. 52 EStG 2014 keinesfalls gewähren kann. Den Antrag der Kläger vom 5.11.2014 auf Einordnung in die LSK V/III (Kläger/Klägerin) hat der Beklagte zu Recht abgelehnt. Nach 39 Abs. 6 Satz 3 EStG können Ehegatten, die beide in einem Dienstverhältnis stehen, einmalig im Laufe des Kalenderjahres beim Finanzamt die Änderung der Steuerklassen beantragen. Einen solchen Antrag haben die Kläger zwar gestellt, wobei unerheblich ist, dass es sich eigentlich nicht um einen Änderungsantrag im Sinne dieser Vorschrift handelt, sondern um die erstmalige Bildung einer Steuerklasse nach Heirat (vgl. BMF-Schreiben vom 7.8.2013, IV C 5-S 2363/13/10003, BStBl I 2013, 951, Rn. 16). Die Dokument_5020069 Seite 2 von 5

Voraussetzungen von 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a EStG für die gewünschte Steuerklassenwahl lagen aber nicht vor. In die Steuerklasse III, die die Klägerin für sich beansprucht, gehören nur Arbeitnehmer, die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und entweder der Ehegatte des Arbeitnehmers keinen Arbeitslohn bezieht ( 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) oder der Ehegatte des Arbeitnehmers auf Antrag beider Ehegatten in die Steuerklasse V eingereiht wird ( 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Der die damalige berufliche Situation der Kläger erfassende Tatbestand ist 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, wonach der Kläger die LSK III erhalten müsste und die Klägerin gar keine LSK benötigt. 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ermöglicht nur für den Fall die Zuordnung der LSK III zur Klägerin, dass der Kläger auf Antrag der gestellt worden ist in die LSK V eingereiht wird. Hierfür ist aufgrund der personellen Bezugnahme von 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG auf Nr. 4 der Vorschrift nötig, dass beide Ehegatten Arbeitslohn beziehen. Da dies nicht der Fall war, konnte der Kläger nicht in die LSK V eingereiht werden, so dass für die Klägerin die LSK III ausscheidet. Hieraus folgt auch, dass die Kläger sich nicht mit Erfolg auf 38b Abs. 3 EStG berufen können, wonach auf Antrag des Arbeitnehmers auch eine ungünstigere Steuerklasse gebildet werden kann. Eine Auslegung des 38b EStG dergestalt, dass vom Arbeitnehmerbegriff auch Arbeitslose erfasst sind und dass der Bezug von Arbeitslohn dem Bezug von ALG I gleichgestellt wird, ist nach Auffassung des Gerichts nicht geboten. Die Klägerin unterfiel nicht dem ausdrücklich genannten Anwendungsbereich von 38b EStG. Nach 38b Abs. 1 Satz 1 EStG werden für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs nur Arbeitnehmer in Steuerklassen eingereiht. Die Einreihung in Steuerklassen gilt damit in personeller Hinsicht nur für Arbeitnehmer (Tillmann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 38b Rn. 7; Thürmer in Blümich, EStG, 38b Rn. 6). Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist nicht mit dem arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Begriff identisch. Eine gesetzliche Begriffsbestimmung fehlt, jedoch lässt sich der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff aus 1 LStDV entnehmen (Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, ABC der Lohnsteuer "Arbeitnehmer"). Nach 1 Abs. 1 Satz 1 LStDV sind Arbeitnehmer Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin als Arbeitslose nicht, weil sie keinen Arbeitslohn, sondern Sozialleistungen bezog. Entgegen der Ansicht der Kläger geht das EStG in den von ihnen aufgeführten Vorschriften nicht davon aus, dass Arbeitslosengeldbezieher Arbeitnehmer sind oder sein können. So bezieht sich die Erwähnung von Arbeitnehmern in 3 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht auf das Arbeitslosengeld, sondern auf die dort ebenfalls genannten Leistungen nach dem SGB III und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder. Gleiches gilt für 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, bei dem sich der Arbeitnehmerbegriff auf das Insolvenzgeld bezieht und nicht auf das Arbeitslosengeld. Auch auf 52 Abs. 52 EStG 2014 können die Kläger ihre Rechtsansicht nicht stützen. Diese Vorschrift regelt eine Abweichung von 39e Abs. 3 Satz 3 EStG, der nach der Heirat von Arbeitnehmern im Laufe des Dokument_5020069 Seite 3 von 5

Kalenderjahres eine automatisierte Bildung von Steuerklassen vorsieht. Die Einordnung in die LSK IV/IV ist nach der Gesetzeskonzeption von 52 Abs. 52 EStG 2014 nur für Bezieher von Arbeitslohn vorgesehen. Eine Einordnung Arbeitsloser in eine LSK sieht die Norm wegen der Bezugnahme auf 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 EStG grundsätzlich nicht vor. Insofern besteht auch bei der erstmaligen Einordnung in eine LSK nach Heirat kein erweitertes LSK-Wahlrecht der Klägerin, welches über die in 38b Abs. 1 EStG genannten Möglichkeiten hinausgeht. 52 Abs. 52 EStG 2014 und die im Wesentlichen wortgleiche Fassung in 52 Abs. 39 des aktuellen EStG beinhaltet lediglich eine vereinfachende Abweichung von 39e Abs. 3 Satz 3 EStG, weil die automatisierte Bildung der Steuerklasse III nicht möglich war und wohl bis Ende des Jahres 2017 nicht möglich ist (vgl. Reuss in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, 39e Rn. 20; BMF-Schreiben vom 7.8.2013, IV C 5-S 2363/13/10003, BStBl I 2013, 951, Rn. 15). Die Behauptung der Kläger, dass die systematische Zuteilung von LSK an Personen, die eigentlich keine hätten erhalten dürfen, gesetzlich vorgesehen sei, findet keine Stütze im EStG. Das Gericht hält es zwar für möglich, dass dies im Einzelfall tatsächlich geschehen ist. Hieraus lässt sich jedoch kein Anspruch der Klägerin auf eine freie LSK-Wahl herleiten. Aus dem Umstand, dass gemäß 153 Abs. 2 SGB III die LSK Auswirkungen auf die Höhe des ALG I hat, lässt sich im Streitfall kein erweiterter Anwendungsbereich von 38b Abs. 1 EStG auf Arbeitslose entnehmen. Die Einordnung in eine LSK dient dem Lohnsteuerabzug, dem Arbeitslose nicht unterliegen. Die von den Klägern befürchtete LSK-Losigkeit besteht im Streitfall nicht, da die Klägerin in die LSK IV eingeteilt wurde. Allerdings haben die Kläger zu Recht eingewandt, dass nach dem Verständnis des Beklagten der gesetzlichen Regelung die Klägerin eigentlich gar keine LSK hätte erhalten dürfen. Hieraus kann aber keine allgemeine Verpflichtung zur Erteilung einer LSK oder zur Wahlmöglichkeit einer anderen LSK im Falle der Arbeitslosigkeit hergeleitet werden, denn 153 Abs. 2 SGB III stellt auf die LSK ab, die zu Beginn des Jahres gebildet war, in dem der Anspruch auf ALG I entstanden ist. Da das ALG I auf Grundlage des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts in der Vergangenheit berechnet wird und vom Arbeitsentgelt im Regelfall der Lohnsteuerabzug vorgenommen wurde, wird grundsätzlich eine LSK zur Berechnung des ALG I zur Verfügung stehen, auch wenn der Arbeitslose während des Leistungsbezugs möglicherweise ohne LSK ist. Abschließend ist festzustellen, dass die Klage nicht deshalb erfolglos geblieben wäre, weil die erstrebte Steuerklassenwahl rechtsmissbräuchlich war, wie der Beklagte geltend macht. Denn das Lohnsteuerklassenwahlrecht kann unabhängig von den steuerlichen Konsequenzen nach Belieben ausgeübt werden (Tillmann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 38b Rn. 9). Knüpfen außersteuerliche Leistungsgesetze wie hier das Arbeitslosengeld an das Nettoeinkommen an, so hängt die Höhe der Zahlung auch von der eingetragenen Steuerklasse ab. Die Wahl einer Lohnsteuerklasse ist dabei grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich, auch wenn sie ausschließlich dazu dient, die Höhe der außersteuerlichen Bezüge zu erhöhen (Tillmann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 38b Rn. 8, m.w.n.). Ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch läge im Streitfall nicht vor, da die Kläger mit der angestrebten Steuerklassenwahl nicht die Durchsetzung der Einkommensteuer verhindert, sondern aufgrund der erhöhten Progressionseinkünfte eine höhere Steuerlast zu tragen hätten. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO. Normen: EStG:39e/3/3 EStG:38b/1/2/3/a/aa EStG:38b/1/2/4 EStG:52/52 EStG:39/6/3 Dokument_5020069 Seite 4 von 5

Fundstellen: EFG-2017-0840 Besprechungen dazu: Deubner Verlag StX 2017 441 Verfahrensinformationen: Rechtskraftangaben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VI B 39/17) Dokument_5020069 Seite 5 von 5