Neues vom Gesetzgeber Neues Mutterschutzgesetz ab Neues vom Gesetzgeber Das Entgelttransparenzgesetz

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Transkript:

Newsletter Arbeitsrecht Oktober 2017

Inhalt Neues vom Gesetzgeber Neues Mutterschutzgesetz ab 01.01.2018 Neues vom Gesetzgeber Das Entgelttransparenzgesetz Neues aus der Rechtsprechung 10.000 EUR Schmerzensgeld wegen Beschattung durch eine Detektei Neues aus der Wirtschaft Zahl der Gewerkschaftsmitglieder sinkt europaweit Loschelder Praxistipp Prüfen Sie Ihre Verfallklauseln

Neues vom Gesetzgeber Neues Mutterschutzgesetz ab 01.01.2018 Am 01.01.2018 tritt das neue Mutterschutzgesetz in Kraft. Das Gesetz verpflichtet Arbeitgeber, im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz zu prüfen, ob er Gefährdungen für eine schwangere oder stillende Frau birgt. Davon abgesehen enthält das neue Mutterschutzgesetz nur wenige Änderungen, die für Arbeitgeber von Bedeutung sind. Da das bisherige Mutterschutzgesetz von wenigen Anpassungen abgesehen aus dem Jahr 1952 stammt, sah der Gesetzgeber die Zeit für eine Neuregelung gekommen. Im Ausgangspunkt kann Entwarnung gegeben werden: Der Kernbereich des bisherigen Arbeitnehmer-Mutterschutzes ändert sich nicht. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass Mütter sechs Wochen vor der Entbindung und acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden dürfen (sog. Schutzfristen, vgl. 3 MuSchG n.f.). In diesem Zeitraum erhalten die Mütter Mutterschaftsgeld von ihrer gesetzlichen Krankenkasse ( 19 MuSchG n.f.), welches wie bisher durch den Arbeitgeber bezuschusst werden muss ( 20 MuSchG n.f). Wegen besonderer Gefahrenlagen kann sich bereits außerhalb der Sechs-Wochen- Schutzfrist ein Beschäftigungsverbot für eine schwangere Mitarbeiterin ergeben. In diesen Zeiten muss der Arbeitgeber wie auch bisher den bisherigen Durchschnittslohn als sog. Mutterschaftslohn vollständig selbst weiterzahlen (vgl. 18 MuSchG n.f.). Folgende Aspekte sind neu: Mit Inkrafttreten des Gesetzes wird der Arbeitgeber verpflichtet, für jeden Arbeitsplatz im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu prüfen, ob er Gefährdungen für eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind birgt ( 10 Abs. 1 MuSchG n.f.). Dies ist auch für Arbeitsplätze erforderlich, die gegenwärtig und in Zukunft mit einem Mann besetzt sein werden (!). Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist schriftlich zu dokumentieren ( 6 ArbSchG). Diese Pflicht ist bußgeldbewehrt ( 32 Abs. 1 Ziff. 6 MuSchG n.f.). Sobald eine Mitarbeiterin mitteilt, dass sie schwanger ist oder stillt, muss der Arbeitgeber ihr ein Gespräch über die Anpassung ihrer Arbeitsbedingungen anbieten und nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung Schutzmaßnahmen festlegen ( 10 Abs. 2 MuSchG n.f.). Werden Schutzmaßnahmen nicht rechtzeitig festgelegt, droht ein Bußgeld ( 32 Abs. 1 Ziff. 7 MuSchG n.f.). Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Mitarbeiterin generell nicht auf einem Arbeitsplatz beschäftigen, auf dem ihr eine unverantwortliche Gefährdung droht ( 9 Abs. 2 MuSchG n.f.). Bevor er die Mitarbeiterin nach Hause schickt, muss er allerdings in zwei vorgelagerten Schritten prüfen, - ob der Arbeitsplatz der Betroffenen unter zumutbaren Kosten durch Schutzmaßnahmen umgestaltet werden kann oder

- ob er die Mitarbeiterin auf einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz versetzen kann. Schickt der Arbeitgeber die Mitarbeiterin ohne vorherige Prüfung nach Hause, drohen zwar i.d.r. keine Sanktionen, insbesondere kein Bußgeld. Allerdings muss der Arbeitgeber dann Mutterschaftslohn zahlen, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Das Mehrarbeits-, Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot für schwangere und stillende Mitarbeiterinnen wurde spürbar gelockert. Bislang benötigten Ausnahmen fast durchgehend eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Um eine größere Flexibilität zu belassen, darf bei volljährigen Mitarbeiterinnen Mehrarbeit neuerdings auch ohne Genehmigung bis zum Umfang von 8,5 Stunden täglich angeordnet werden ( 4 MuSchG n.f.). Sonn- und Feiertagsarbeit darf ohne Genehmigung angeordnet werden, wenn die schwangere oder stillende Mitarbeiterin ausdrücklich zustimmt, die allgemeinen Voraussetzungen des 10 ArbZG vorliegen und keine unverantwortbare Gefährdung besteht ( 6 MuSchG n.f.). Daneben hat der Gesetzgeber eine Reihe von Detailänderungen vorgenommen. Vor allem die Listen der besonderen Beschäftigungsverbote ( 11, 12 MuSchG n.f.) wurden angepasst.

Neues vom Gesetzgeber Das Entgelttransparenzgesetz Das neu in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz soll verhindern, dass Unternehmen Arbeitnehmerinnen wegen ihres Geschlechts niedrigere Löhne zahlen. Ab dem 06.01.2018 können Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch geltend machen, um Vergleichsentgelte ihrer Kollegen zu erfahren. Textförmlich geltend gemachte Auskunftsansprüche sollten durch Arbeitgeber ernst genommen werden. Davon abgesehen bietet das Entgelttransparenzgesetz wenig Neues. Das Entgelttransparenzgesetz ist um den politischen Slogan Gleicher Lohn für gleiche Arbeit gestrickt: Verhindern soll es, dass ein Arbeitgeber die Arbeit einer Mitarbeiterin wegen des Geschlechts schlechter vergütet, als eine gleiche oder gleichwertige Arbeit eines männlichen Kollegen. Mit Benachteiligungen bei Beförderungen oder Einstellungen befasst sich das Gesetz hingegen nicht. Die im Gesetz enthaltenen Diskriminierungs- und Maßregelungsverbote gehen inhaltlich nicht über das bereits geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hinaus und bieten daher wenig Neues. Zahlt ein Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin wegen ihres Geschlechts einen niedrigeren Lohn als ihren männlichen Kollegen (oder umgekehrt), kann die benachteiligte Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Lohnaufstockung bis auf das Niveau der bevorzugten Kollegen geltend machen. Das Herzstück des Gesetzes ist ein neu geschaffener Auskunftsanspruch, der ab dem 06.01.2018 erstmals geltend gemacht werden kann. Auskunftsverlangen sollten vom Arbeitgeber ernst genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich wie wohl die meisten Arbeitgeber sicher ist, dass er bei seiner Entgeltgestaltung nicht nach Geschlechtern benachteiligt. Falsches Agieren kann nämlich zu einer Beweislastumkehr führen. Im Fall einer Beweislastumkehr wird eine Entgeltbenachteiligung solange vermutet, bis der Arbeitgeber mit Erfolg einen Entlastungsbeweis führt. Den Beweis, dass das Geschlecht bei der Lohnfestlegung keine Rolle gespielt hat, ist außerhalb starrer Vergütungssysteme jedoch kaum zu erbringen. Kommt es zur Beweislastumkehr, werden auch redliche Arbeitgeber bei Lohnaufstockungsklagen regelmäßig verlieren. Bis zu diesem Punkt sollte man es also nicht kommen lassen. Der Auskunftsanspruch steht nur Beschäftigten in Betrieben mit mindestens 200 Mitarbeitern bei demselben Arbeitgeber zu. Für alle anderen Arbeitgeber kann Entwarnung gegeben werden ( 12 Abs. 1 EntgTranspG). Besteht kein Betriebsrat, muss der Arbeitgeber den Auskunftsanspruch selbst erfüllen. Hierzu muss der Arbeitgeber Medianentgelte (Bruttodurchschnittsmonatslohn sowie bestimmte Entgeltbestandteile) einer Gruppe von Arbeitnehmern des jeweils anderen Geschlechts offenlegen, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit ausüben, wie der/die Auskunftsersuchende. Dies gilt aus datenschutzrechtlichen Gründen nur, wenn dieser Gruppe mindestens 6 Mitarbeiter angehören. Außerdem muss der Arbeitgeber Angaben

zum Verfahren und den Kriterien der Entgeltfindung sowie zum Geschlechterproporz machen. Bei der Bestimmung der Vergleichsgruppe bestehen erhebliche Interpretationsspielräume, die der Arbeitgeber gezielt nutzen kann. Gegebenenfalls sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Inwieweit bestimmte Auskunftsinhalte zu einer Beweislastumkehr führen können, ist bislang ungeklärt. Hier sollte die Risikovermeidung im Vordergrund stehen. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber den Auskunftsanspruch fristgerecht, d.h. grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Geltendmachung, erfüllt. Andernfalls droht eine Beweislastumkehr ( 15 Abs. 3 S. 1 EntgTranspG). Besteht ein Betriebsrat, muss der Arbeitnehmer seinen Auskunftsanspruch an den Betriebsrat richten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Betriebsrat bei der Auskunftserteilung zu unterstützen und auf Anfragen des Betriebsrats zeitnah die angeforderten Informationen zu liefern. Insbesondere muss der Arbeitgeber eine nach Geschlechtern und Entgeltbestandteilen aufgeschlüsselte Liste von Bruttogehältern vorhalten, in die der Betriebsrat Einblick nehmen kann. Hier können Arbeitgeber schon jetzt Vorbereitungen treffen. Kommt der Arbeitgeber seinen Mitwirkungshandlungen nicht nach und kann der Betriebsrat deshalb innerhalb der Frist von drei Monaten keine Auskunft erteilen, droht eine Beweislastumkehr ( 15 Abs. 3 S. 1 EntgTranspG). Das Gesetz fordert Arbeitgeber auf, ein betriebliches Prüfverfahren durchzuführen, um die eigene Lohnstruktur auf etwaige Geschlechterbenachteiligungen zu untersuchen ( 17 ff. Entg- TranspG). Hierbei handelt es sich um einen unverbindlichen Vorschlag, den der Arbeitgeber nicht umsetzen muss. Das Gesetz verpflichtet lageberichtspflichtige Arbeitgeber, als Anlage zum Lagebericht einen Bericht über Gleichstellungsmaßnahmen und Entgeltgleichheit zu erstellen. An einen Verstoß gegen diese Pflicht sind keine Sanktionen geknüpft. In Reaktion auf das Entgelttransparenzgesetz wird teilweise empfohlen, das unternehmenseigene Entgeltsystem umfassend neu zu strukturieren und mit Blick auf Geschlechtergerechtigkeit zu optimieren, typischerweise unter Einschaltung spezialisierter Beratungsunternehmen. Derart weitgehenden Handlungsbedarf sehen wir bislang nicht. Wir erwarten, dass der neu geschaffene Auskunftsanspruch nur sehr selten geltend gemacht wird. Sollte es doch dazu kommen, gibt es für eine erfolgreiche Verteidigung noch einigen Spielraum.

Neues aus der Rechtsprechung 10.000 EUR Schmerzensgeld wegen Beschattung durch eine Detektei Besonders intensive Überwachungsmaßnahmen sind im Arbeitsverhältnis datenschutzrechtswidrig, wenn der Arbeitgeber sie ohne konkretes Verdachtsmoment anordnet. Das LAG Rheinland-Pfalz hat einem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden am 27.04.2017 ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR zugesprochen, weil der Arbeitgeber ihn über einen Zeitraum von 20 Arbeitstagen durch eine Detektei beschatten ließ. Überwachung ist dem Arbeitsverhältnis wesensimmanent. Jeder Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse zu kontrollieren, ob Arbeitnehmer die Leistungen auch erbringen, für welche sie bezahlt werden. Der Arbeitgeber darf z.b. den betrieblichen Arbeitsplatz eines Mitarbeiters jederzeit zu Kontrollzwecken aufsuchen und den Mitarbeiter zu seinem Arbeitsverhalten befragen. Dies versteht sich von selbst. Besonders intensive, allen voran verdeckte Überwachungsmaßnahmen darf der Arbeitgeber allerdings nur in Ausnahmefällen anordnen. Hierzu gehören z.b. die Öffnung des Spinds eines Mitarbeiters, die Einsichtnahme in sein betriebliches E-Mail-Postfach, die heimliche Videoüberwachung eines Mitarbeiters oder die Observation eines Mitarbeiters durch einen Detektiv, auch während der Arbeitszeit. Zulässig sind diese Maßnahmen nach der immer strenger werdenden Rechtsprechung dann, wenn dokumentierte tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der betroffene Mitarbeiter im Arbeitsverhältnis eine Straftat oder eine besondere schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat. Werden die genannten Maßnahmen hingegen ins

Blaue hinein angeordnet, stellen sie einen Verstoß gegen geltendes Datenschutzrecht ( 32 Abs. 1 BDSG bzw. 26 Abs. 1 BDSG n.f.) dar. Gewonnene Erkenntnisse unterliegen dann einem Beweisverwertungsverbot. Der Mitarbeiter kann vom Arbeitgeber Schmerzensgeld verlangen. Hat der Arbeitgeber z.b. Zweifel an der Richtigkeit einer vom Arbeitnehmer vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, darf er den angeblich kranken Mitarbeiter zu Hause allenfalls dann durch einen Detektiv beschatten lassen, wenn er diese Zweifel auf greifbare gewichtige Anhaltspunkte stützen kann. Intuition reicht nicht. Solche Anhaltspunkte fehlen in den meisten Fällen. Die Maßnahme ist dann entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben rechtswidrig und wegen drohender Beweisverwertungsverbote auch ungeeignet. Über einen vergleichsweise schwerwiegenden Verstoß hatte das LAG Rheinland-Pfalz am 27.04.2017 (5 Sa 449/16) zu entscheiden. Der Arbeitgeber ließ einen Gesamtbetriebsrats- und Betriebsratsvorsitzenden über einen Zeitraum von 20 Arbeitstagen durch eine Detektei beschatten. Greifbare Anhaltspunkte für einen Verdacht konnte der Arbeitgeber nicht darlegen. Das Arbeitsgericht sprach dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden ein Schmerzensgeld i.h.v. 10.000 EUR zu. Die Höhe des Betrages rechtfertigte es mit einem Abschreckungseffekt: Der Arbeitgeber hatte der Detektei ein Honorar von fast 40.000 EUR zzgl. USt gezahlt. Erschwerend wurde durch das Gericht gewertet, dass der Arbeitgeber die Maßnahme während eines laufenden Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht angeordnet und dadurch in die Arbeit des Betriebsrats eingegriffen hatte. Wenn die EU-Datenschutz-Grundverordnung am 25.05.2018 Geltung erlangt, spricht viel dafür, dass die Arbeitsgerichte die Schmerzensgeldbeträge weiter anheben. Hierfür sprechen die ausdrückliche Regelung immaterieller Schadensersatzansprüche (vgl. Art. 82 Abs. EU- DSGVO und 83 Abs. 2 BDSG n.f.) sowie die erheblich höheren Bußgelddrohungen (Art. 82 Abs. EU-DSGVO). Dies bleibt abzuwarten. Vorsichtiges Handeln ist geboten.

Neues aus der Wirtschaft Zahl der Gewerkschaftsmitglieder sinkt europaweit Die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder sinkt europaweit. In den jüngeren Arbeitnehmergenerationen ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad besonders niedrig. Dies gilt auch für Deutschland. Im September 2017 hat das Institut der Deutschen Wirtschaft eine Studie mit eindeutigen Zahlen veröffentlicht. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat die gewerkschaftlichen Mitgliederstrukturen europaweit verglichen. Die untersuchten Datenbestände stammten aus den Jahren 2002, 2008 und 2014. Das Ergebnis ist eindeutig: Der gewerkschaftliche Organisationsgrad nimmt europaweit kontinuierlich ab. Nur in Belgien und Spanien gab es 2014 prozentual mehr Gewerkschaftsangehörige als 2002. In den anderen 14 untersuchten Ländern verringerte sich der Anteil. Dass sich dieser Trend auch in Zukunft fortsetzt, wird erwartet: Bei den jüngeren Beschäftigten ist der Anteil der Gewerkschaftsangehörigen besonders gering. 2014 hatte die Altersgruppe der zwischen 41- bis 50- Jährigen den höchsten Anteil an Gewerkschaftsangehörigen. Die Generation der 31- bis 40-Jährigen war in allen untersuchten Ländern deutlich seltener gewerkschaftlich organisiert. Die Generation der 16- bis 30-Jährigen noch seltener. Deutschland ist keine Ausnahme. In der Zeit von 2002 bis 2014 fiel der gewerkschaftliche Organisationsgrad von 18,9 auf 15,6 Prozent. Während in der Altersgruppe zwischen 41 und 50 Jahren noch 18,8 Prozent der Beschäftigten Mitglied einer Gewerkschaft waren, trifft dies nur noch auf 13,5 Prozent der Beschäftigten zwischen 31 und 40 Jahren zu. Unter den 16- bis 30-Jährigen gehören nur noch 9,8 Prozent der Beschäftigten einer Gewerkschaft an. Saskia Dieke / Hagen Lesch: Gewerkschaftliche Mitgliederstrukturen im europäischen Vergleich, in Institut der Deutschen Wirtschaft: IW-Trends 3/2017

Loschelder Praxistipp Prüfen Sie Ihre Verfallklauseln Wegen Gesetzesänderungen in den Jahren 2015 und 2016 befinden sich zahlreiche unwirksame Verfallklauseln im Umlauf. Wir raten allen Arbeitgebern, die Verfallklauseln in ihren eigenen Arbeitsvertragsmustern sorgfältig zu überprüfen. Endet ein Arbeitsverhältnis, geschieht dies vielfach im Streit. Nun werden Arbeitgeber oft mit Jahre alten Forderungen konfrontiert, von denen bislang nie die Rede war: Spesenabrechnungen, angeblich unabgegoltene Überstunden oder vermeintliche Fehlberechnungen beim Gehalt sind nur einige Beispiele. Um diesem Risiko vorzubeugen, ist es üblich, in Arbeitsverträgen sog. Verfallklauseln zu vereinbaren (auch Ausschlussfristen genannt). Verfallklauseln sehen vor, dass Ansprüche verfallen, wenn sie nicht in einer bestimmten Frist formgerecht gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Eine mögliche, bewusst einfach gehaltene Formulierung könnte z.b. wie folgt lauten: 11 Ausschlussfrist (1) Alle Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten in Textform gegenüber der jeweils anderen Partei geltend gemacht werden. (2) Dies gilt nicht bei Ansprüchen wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen sowie in Bezug auf Ansprüche, auf die nicht im Vorhinein verzichtet werden kann (z.b. Mindestlohn, unverfallbare Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung). (3) Die Ausschlussfrist beginnt, wenn der Anspruch fällig ist und der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig keine Kenntnis erlangt hat. Die Versäumung der Ausschlussfrist führt zum Verlust des Anspruchs. Zurzeit enthalten viele Arbeitsverträge fehlerhafte Klauseln. Hintergrund ist, dass es in den Jahren 2015 und 2016 zwei Gesetzesänderungen gegeben hat, wegen denen bisherige Formulierungsmuster nicht mehr verwendet werden können. Wir raten allen Arbeitgebern, die Verfallklauseln in ihren Musterarbeitsverträgen sorgfältig zu überprüfen. Fehlerhafte Verfallklauseln sind einseitig unwirksam, d.h. der Arbeitgeber kann sich nicht auf sie berufen, der Arbeitnehmer hingegen schon. Dieses Ergebnis sollte unbedingt vermieden werden. Die Kontrolle kann anhand folgender Check-Liste erfolgen: Die Verfallklausel muss unter einer eigenen Überschrift formuliert sein. Sie darf nicht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags versteckt werden.

Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche muss mindestens drei Monate betragen. Kürzere Verfallfristen können nur im Ausnahmefall zulässig sein, nämlich wenn auf eine tarifliche Ausschlussfrist Bezug genommen wird. Wichtig ist, dass die Ansprüche in Textform geltend zu machen sind, nicht hingegen in Schriftform bzw. schriftlich. Seit Oktober 2016 darf Schriftform nicht mehr verlangt werden. Mindestlohnansprüche sollten ausdrücklich von der Verfallklausel ausgenommen werden. Seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Januar 2015 spricht viel dafür, dass diese Klarstellung in allen Arbeitsverträgen erforderlich ist. Im Gesamtbild muss die Klausel transparent und eindeutig sein. Im Bereich der Verfallklauseln befindet sich die Rechtslage nach wie vor im Fluss. Über relevante Änderungen in der Rechtsprechung oder in Gesetzen halten wir Sie auf dem Laufenden.

Unser Team Arbeitsrecht Dr. Detlef Grimm +49 (0) 221 650 65-129 detlef.grimm@loschelder.de Dr. Martin Brock +49 (0) 221 650 65-233 martin.brock@loschelder.de Dr. Sebastian Pelzer +49 (0) 221 650 65-263 sebastian.pelzer@loschelder.de Arne Gehrke, LLM. +49 (0) 221 650 65-263 arne.gehrke@loschelder.de Dr. Stefan Freh +49 (0) 221 650 65-129 stefan.freh@loschelder.de Dr. Jonas Kühne +49 (0) 221 650 65-129 jonas.kuehne@loschelder.de Impressum LOSCHELDER RECHTSANWÄLTE Partnerschaftsgesellschaft mbb Konrad-Adenauer-Ufer 11 50668 Köln Tel. +49 (0)221 65065-0, Fax +49 (0)221 65065-110 info@loschelder.de www.loschelder.de