Organisationsformen und Finanzierungsvarianten für die Bundesfernstraßen

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Transkript:

Vortrag zum Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zu Organisationsformen und Finanzierungsvarianten für die Bundesfernstraßen 1

Anlass des Gutachtens Interessengegensätze zwischen Bund und Ländern aus dem auftraggeber-/auftragnehmerähnlichen Verhältnis führen zu systembedingten Schwächen. Diese zeigen sich in fehlerhaften und überdimensionierten Planungen, der Umgehung und Missachtung von Regelungen bzw. Vorgaben des BMVI, Fehlern bei den Kostenteilungen zwischen den Ländern und dem Bund. Bisherige Empfehlung des BWV: Bund übernimmt die Zuständigkeit für die Bundesautobahnen mit eigener Verwaltung. Länder übernehmen Eigentum und Verwaltung der Bundesstraßen und erhalten einen finanziellen Ausgleich. 2

Mögliche Organisationsformen und Finanzierungsvarianten Organisationsformen Finanzierungsvarianten Auftragsverwaltung Eigene Verwaltung Behörde Gesellschaft in priv. Rechtsform oder AöR Klassische Finanzierung Zweckbindung LUFV Haushaltsfinanzierung Echte Privatisierung (Netzkonzessionen) Mischfinanzierung Mautfinanzierung (Lkw- + Pkw-Maut) 3

Entscheidungskriterien Organisationsformen Gestaltungsspielraum Parlamentarischer Einfluss Steuerung und Kontrolle durch den Bund Transparenz Personalwirtschaftliche Aspekte Funktionsfähigkeit Finanzierungsvarianten Parlamentarischer Einfluss Wirtschaftliche Risiken Kosten der Erhebung und Befolgung Lenkungs- und Verdrängungswirkung Verteilungswirkung 4

Gesetzesvorlage Rechtsform der Gesellschaft Artikel 90 Abs. 2 GG: Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. 1 Abs. 1 InfrGG: Das BMVI überträgt die Aufgaben der Straßenbaulast von Bundesautobahnen und deren Vermögensverwaltung auf eine Gesellschaft privaten Rechts. 2 Abs. 1 InfrGG: Die Gesellschaft privaten Rechts wird zunächst in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. 2 Abs. 3 InfrGG: Vier Jahre nach Betriebsbeginn der Gesellschaft wird der Bund die Rechtsform der Gesellschaft evaluieren und überprüfen. => Nach vier Jahren ist nur noch Wandlung in eine Aktiengesellschaft möglich. Das Parlament müsste dieser nicht zustimmen. Eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist nach InfrGG ausgeschlossen. 5

Beurteilung der Gesellschaftsform im Hinblick auf die Kriterien Die Bewertung in der Tabelle basiert auf fünf Stufen. Ein Doppelplus zeigt die weitgehende Erfüllung eines Bewertungskriteriums. Ein Doppelminus zeigt hingegen, dass eine Organisationsoder Finanzierungsform ein Kriterium vollständig verfehlt. Plus, Null und Minus stellen Zwischenstufen dar. 6

Beurteilung der Gesellschaftsform im Hinblick auf die Kriterien 7

Gesetzesvorlage Finanzierung 7 Abs. 1 InfrGG: Der Bund stellt der Gesellschaft privaten Rechts die Mittel aus dem Gebührenaufkommen nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz und dem Infrastrukturabgabengesetz zur Verfügung, soweit die Gesellschaft nicht selbst Mautgläubigerin ist. Ergänzend kann der Bund zur Finanzierung weitere Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. 8 Abs. 1 BStrVermG: Der Bund ist berechtigt, insbesondere Nießbrauchrechte zu Gunsten der Infrastrukturgesellschaft nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches einzuräumen. 2 Abs. 2 BFStrMG: Mautgläubiger ist entweder der Bund oder die Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen. Nach der Gesetzesbegründung soll sich die Finanzierung der Infrastrukturgesellschaft in drei Phasen vollziehen. 8

Gesetzesvorlage Finanzierung Phase 1 Phase 2 Phase 3 Einnahmen aus Abschluss Geschäftsbesorgungsvertrag Zuweisung der Lkw-Maut Zuweisung der Infrastrukturabgabe ggf. Zuweisung weiterer Haushaltsmittel Keine Kreditaufnahme Bestellung öffentlich-rechtlichen Nießbrauch an BAB sobald Lkw-Maut- und Pkw- Maut zur Finanzierung ausreichen. => Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums Kreditaufnahme möglich Gesellschaft wird Gläubigerin der Lkw-Maut und Pkw-Maut. Lkw-Maut und Pkw-Maut wird USt fällig Kreditaufnahme möglich Die Phasen 1 bis 3 sollen möglichst schnell durchlaufen werden, so dass bereits ab 1. Januar 2021 Phase 3 erreicht werden kann. Parlament muss dem Übergang zwischen den Phasen nicht mehr zustimmen, sondern es wird lediglich darüber informiert. 9

Beurteilung der Finanzierung im Hinblick auf die Kriterien Phase 1 Phase 2 + 3 10

Beurteilung der Finanzierung im Hinblick auf die Kriterien 11

Kreditaufnahmemöglichkeiten Die Infrastrukturgesellschaft ist als GmbH grundsätzlich kreditfähig. Das InfrGG schränkt die Kreditfähigkeit nicht ein. Der Bundesrechnungshof lehnt eine unbeschränkte Kreditfähigkeit der Infrastrukturgesellschaft ab. Der Bund könnte der Infrastrukturgesellschaft Liquiditätshilfen als Darlehen gewähren, um eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft sicherzustellen. Sollte Infrastrukturgesellschaft Darlehen bei Dritten aufzunehmen dürfen, sollte der Bund Garantien übernehmen, soweit dies mit dem EU-Beihilfen- und Wettbewerbsrecht vereinbar ist. Dadurch könnten die Fremdkapitalzinsen reduziert und dem Niveau der Refinanzierungskosten des Bundes angenähert werden. 12

Schuldenregeln Nationale Schuldenregel Die Kredite der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft werden bei der Berechnung der zulässigen Neuverschuldung nicht berücksichtigt. Europäische Schuldenregel Ausgehend vom nationalen Schuldenstand ermittelt die Deutsche Bundesbank den Maastricht-Schuldenstand. Die Schuldenstatistik basiert auf dem sogenannten Schalenkonzept, wonach der Öffentlichen Gesamthaushalts bzw. der Staatssektor vom nicht-öffentlichen Bereich abgegrenzt wird. Die Zuordnung Verkehrsinfrastrukturgesellschaft zu den Extrahaushalten und somit zum Staatssektor wird anhand eines dreistufigen Verfahrens geprüft. 13

Europäische Schuldenregel Derzeit keine verlässlichen Aussagen zur Abgrenzung möglich. Diese ist von der konkreten Ausgestaltung der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft abhängig. Maastrichtneutralität darf kein Ziel der Reform sein. 14

Gesetzesvorlage materielle Privatisierung Artikel 90 Abs. 1 GG: Der Bund ist Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich. Artikel 90 Abs. 2 Satz 2 GG: Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. 2 Abs. 2 InfrGG: Die Gesellschaft privaten Rechts richtet bedarfsgerecht regionale Tochtergesellschaften ein, die im unveräußerlichen Eigentum des Bundes stehen. materielle Privatisierung ist ausgeschlossen! 15

Gesetzesvorlage funktionale Privatisierung (Netz-ÖPP) 2 Abs. 5 InfrGG: Die Gesellschaft kann sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter bedienen. In der Gesetzesbegründung heißt es lediglich, dass eine funktionale Privatisierung nicht intendiert ist. Funktionale Privatisierung über Netz-ÖPP möglich! Probleme: Das Parlament hätte nur noch mittelbar Einfluss. Der Bund würde bei einer Privatisierung kaum noch direkte Steuerungsmöglichkeiten besitzen. Das staatliche Monopol würde auf Private übergehen. Der Mautregulierung, der Leistungsbeschreibung und -kontrolle kämen besondere Bedeutung zu. Dies gilt auch für eine Infrastrukturgesellschaft, auf die der Einfluss des Bundes gering ist (z.b. bei einer AG). 16

Probleme bei der Leistungsbeschreibung bei Netz-ÖPP und AG Neu- und Ausbaumaßnahmen Grundsätzlich kann die Umsetzung der (Bedarfsplan-) Maßnahmen vorgegeben werden. Der gesamtwirtschaftliche Nutzen einer Maßnahme kann sich deutlich von deren betriebswirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit unterscheiden. => Privater oder staatliche AG würden entsprechende Vergütung fordern. Problem: Wie kann die Vergütung berechnet / reguliert werden. Erhaltung Zustand der Strecke ist nur durch Oberflächenzustände rechtssicher zu beschreiben. Problem: Zum Ende der Vertragslaufzeit kann vertraglich geforderter Zustand durch kosmetische Maßnahmen erreicht werden. 17

Problem Preisregulierung bei Netz-ÖPP und AG Preisregulierung kostenorientiert anreizorientiert Rentabilitätsregulierung Kostenzuschlagsregulierung Bei Netz-ÖPP oder einer AG ist eine Mautregulierung notwendig. Es gibt hierfür verschiedene Preisregulierungsansätze: Preis-Cap- Regulierung Revenue-Cap Alle Preisregulierungsansätze sind bei der Mautregulierung mit erheblichen Problemen verbunden. Yardstick- Competition Die bestehenden europäischen Vorgaben zur Lkw-Maut (Kostenzuschlagsregulierung) reichen nach Auffassung des Bundesrechnungshofes nicht aus, ein privates Monopol effizient zu regulieren. 18

Gesetzesvorlage Übergang 5 Abs. 1 InfrGG: Der Gesellschaft privaten Rechts werden ab dem 1. Januar 2021 die Ausführung von Aufgaben der Straßenbaulast übertragen. 1 Abs 1 ÜberleitungsG: Die Länder müssen innerhalb eines Jahres die Mitarbeiter benennen, die seit dem 1. Januar 2014 Aufgaben der Straßenbaulast an den Bundesautobahnen ausschließlich, überwiegend oder teilweise wahrgenommen haben. Überdies sind die sächlichen Betriebsmittel, die Grundstücke und die Verträge zu erfassen. 3 und 5 ÜberleitungsG: Zum 1. Januar 2021 sollen die benötigten Mitarbeiter der Länder von den Infrastrukturgesellschaft übernommen werden. 19

Beurteilung der Übergangsregelungen im Hinblick auf das Kriterium Funktionsfähigkeit Angesichts der Bedeutung der Bundesfernstraßen für den Wohlstand und das Wirtschaftswachstum in Deutschland muss die Funktionsfähigkeit sowohl der Bundesautobahnen als auch der Bundesstraßen durchgehend sichergestellt sein. Der Bund ist als Straßenbaulastträger auch weiterhin für die Bundesstraßen verantwortlich und haftet daher gegenüber Dritten für durch ihn bzw. die Auftragsverwaltung verursachte Schäden. Zum 1. Januar 2021 soll die Infrastrukturgesellschaft für die Bundesautobahnen die gesamten Aufgaben und das dafür notwendige Personal von den Ländern übernommen haben. 20

Beurteilung der Übergangsregelungen im Hinblick auf das Kriterium Funktionsfähigkeit Die Infrastrukturgesellschaft wird für die Verwaltung der Bundesautobahnen ca. 11.000 bis 12.000 Mitarbeiter benötigen. Die Gesellschaft wird den Personalbedarf im Wesentlichen durch die Übernahme von Mitarbeitern aus der bestehenden Straßenbauverwaltungen decken müssen. Die Organisation der bisher zuständigen Straßenbauverwaltungen unterscheidet sich in den 16 Bundesländern erheblich. Es konnte bisher durch den Bund keine umfassende Organisations- und Aufgabenanalyse bei den Landesverwaltungen durchgeführt werden. => keine umfassenden Informationen zu den Länderverwaltungen vorhanden. 21

Organisation Straßenbauverwaltung Beispiel Autobahndirektion Nordbayern 22

Organisation Straßenbauverwaltung Beispiel Baden-Württemberg 23

Zeitlicher Ablauf der Neuorganisation Gesetz in Kraft Länder müssen ein Jahr nach in Kraft treten des Gesetzes Daten zu - Personal, - Sachmitteln, - Verträgen liefern. Betriebsbeginn 01.01.2017 01.01.2018 01.01.2019 01.01.2020 01.01.2021 - Daten der Länder prüfen, - Personalgespräche führen, Personal den geplanten Strukturen zuordnen, Personalentscheidung mitteilen (3 Monate Widerspruchsrecht), - Verträge abschließen (bspw. Mietverträge, Wartungsverträge) - IT-Strategie entwickeln, -.. 24

Beurteilung des Zeitplans und alternative Lösungsvorschläge Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes ist der Zeitplan der Bundesregierung sehr ambitioniert, da die Zahl der zu übernehmenden Mitarbeiter sehr groß ist, das derzeitige Wissen des Bundes über die Straßenbauverwaltung der Länder begrenzt ist, die Mitarbeiter aus sehr unterschiedlich organisierten Straßenbauverwaltungen in eine einheitliche Organisation überführt werden müssen, die Verwaltung im laufenden Betrieb entflechtet werden muss. sollte die Gesellschaft daher die Aufgaben schrittweise übernehmen. Dazu könnten die Länder beispielweise in einer festgelegten Übergangszeit über die Organleihe für die Gesellschaft tätig sein. Die Organleihe sollte keine dauerhafte Lösung sein. 25

Modell Österreich Der vollständige Übergang der Aufgaben für die 2 200 km Autobahnen von der Auftragsverwaltung zur ASFINAG hat neun Jahre gedauert. Die Autobahnen werden über die Einnahmen aus der Lkw- Maut und der Pkw-Vignette finanziert. Die ASFINAG begibt Anleihen am Kapitalmarkt, für welche die Republik Österreich Garantien abgibt. => Günstige Finanzkonditionen werden erreicht. Die Schulden der ASFINAG werden bei den Maastrichtkriterien dennoch nicht berücksichtigt. 26

Modell Frankreich Frankreich hat seine Autobahnen im Wesentlichen funktional privatisiert. Private Konzessionäre bauen, erhalten, betreiben und finanzieren die Autobahnen. Im Gegenzug dürfen sie Maut von den Nutzern erheben (Schlagbaumvariante). 92 % des Umsatzes aller Autobahngesellschaften entfällt auf die drei Konzerne Eiffage, Vinci und Abertis. Der französische Rechnungshof (Cour des comptes) hat festgestellt, dass die Mauttarife in Frankreich nur ungenügend reguliert werden. Angesichts der deutlichen Mauterhöhungen der letzten Jahre liegt die Umsatzrendite zwischen 20 % und 24 %. 27

Modell Schweiz In der Schweiz ist das Bundesamt für Straßen (ASTRA) für Bau, Ausbau und Unterhalt der Nationalstraßen verantwortlich. Die Nationalstraßen werden Steuern und über die Einnahmen aus der Pkw-Vignette finanziert. Die Einnahmen fließen in einen Fond. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) bestätigte, dass die Übertragung der Gesamtverantwortung für die Nationalstraßen auf den Bund zu organisatorischen und qualitativen Verbesserungen geführt hat. Sie geht überdies davon aus, dass die Neuorganisation zu Effizienzsteigerungen geführt hat. 28

Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes Im Gesetz zur Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft sind bisher keine Prüfungsrechte für den Bundesrechnungshof vorgesehen. Der Bundesrechnungshof könnte die Infrastrukturgesellschaft lediglich nach 92 und 104 Bundeshaushaltsordnung prüfen. Der Bundesrechnungshof könnte somit nicht die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Infrastrukturgesellschaft prüfen. Damit wäre es ihm künftig nicht möglich, das Parlament umfassend über die Tätigkeit der Infrastrukturgesellschaft zu informieren und zu beraten. 29

Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes Der Bundesrechnungshof schlägt daher vor, in 7 des Errichtungsgesetzes einen neuen Absatz 2 mit folgendem Wortlaut einzufügen:,,(2) Unbeschadet der Regelung in 92 Abs. 1 BHO prüft der Bundesrechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gesellschaft sowie ihrer regionalen ( 4 Abs. 2) und weiterer Tochtergesellschaften. Soweit sich die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß 5 Absatz 2 Dritter bedient, stellt sie sicher, dass der Bundesrechnungshof auch bei diesen erheben kann. 91 BHO bleibt hiervon unberührt." 30